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„Ja, ich sehe es ein, zweierlei ist möglich, man kann entweder dieses thun oder jenes;
meine aufrichtige Meinung und mein freundschaftlicher Rat ist der:
thu es oder thu es nicht, beides wird dich verdrießen.“
Søren Kierkegaard

Die neun Leben des Herrn F. – Autobiographie

Kleine Leseprobe gefällig?

„Ob ich mich umbringen sollte? Ich war ja im Alter, in dem dieser Gedanke verlockend erscheint, weil man sich so herrlich ausmalen kann, wie die Welt endlich Kenntnis von einem nimmt und schluchzend den Sarg umringt, die Lehrer, die Familie, die alte Bibliothekarin: »Wir haben ihn verkannt!« Was man dabei vergisst: Man kann es selber nicht richtig genießen, weil man dann tot ist und das auch bleibt.“

So wie in diesem Beispiel liest sich die ganze Autobiographie des kürzlich verstorbenen Herbert Feuerstein: Wirklich unterhaltsam, nie ernsthaft langweilig werdend und immer mit leicht ironischem  Blick auf sich selbst und die anderen handelnden Personen, ohne dabei bösartig zu werden.
Und man erfährt eine ganze Menge – nicht nur über den Autor selbst, sondern auch über das Zeitkolorit, die Medienlandschaft  und die Menschen, denen er begegnet ist. Einerseits durchaus nett und informativ, anderseits aber auch gelegentlich zu kleinen „Längen“ führend, wenn er über Begegnungen berichtet, bei denen sein Gegenüber keine sehr bekannte Person der Zeitgeschichte ist. Was aber ein „Problem“ wohl aller Autobiographien ist und ich ihm nicht direkt anlasten würde….

Der Klappentext, zugleich Lebenslauf und treffendes Inhaltsverzeichnis:

1. LEBEN:
In Salzburg versucht Herbert Feuerstein aufzuwachsen, wird aber nur 1,65.
2. LEBEN:
Er studiert am Mozarteum Musik und erhält dafür Ohrfeigen.
3. LEBEN:
Kaffeehausliterat in Wien und Giftzwerg der Musikkritik.
4. LEBEN:
Zehn Jahre New York: Hobby-Tischler und Stadtneurotiker.
5. LEBEN:
Drei Jahre Buchverlagsleiter in Frankfurt. (Zählt wie dreißig Jahre Buchhalter.)
6. LEBEN:
Zwanzig Jahre Macher des Satiremagazins MAD. (Zählt wie zwei Monate FAZ.)
7. DOPPELLEBEN:
Radio, Fernsehen, Trallala sowie Theater und Oper für die restlichen fünf Prozent.
8. LEBEN:
Zurück zur Musik, wovon sein Klavierspiel aber leider nicht besser wird.
9. LEBEN:
Danke, es geht.
Aber wie lang noch?

Bemerkenswert vielleicht noch ein Thema, welches wie ein roter Faden immer wieder im Buch angerissen wird:
Die nicht geführte Auseinandersetzung mit seinem Vater, der – in der Nazi-Zeit ein nicht  ganz unbedeutender Lokalfürst im österreichischen  Salzburg – anschliessend vom Sohn geschnitten wurde, ohne dass im Buch näher begründet wird, was genau dazu geführt hat. Obschon dieser Konflikt immer wieder virulent wird, wenn es um die Auseinandersetzung mit anderen „Übervätern“ oder dominanten Persönlichkeiten (wie Harald Schmidt, mit dem ihn eine gewisse Hassliebe verband) in Feuersteins Leben geht. Was ich persönlich ein wenig schade finde, denn darüber hätte ich gerne mehr erfahren.

Zusammenfassend war diese Autobiographie dennoch eine sehr unterhaltsame Lektüre, weshalb ich auch gerne viereinhalb Sterne dafür vergebe – wobei der leichte Punktabzug sich aus den oben beschriebenen Punkten ergibt  und daraus, dass es kein Buch ist, welches ich zwingend zwei mal lesen müsste, (was aber geauso für alle anderen Autobiographien gilt, die ich bisher gelesen habe).:

Bleibt noch der Hinweis auf einen recht unterhaltsamen Nachruf,  produziert einige Jahre vor seinem Tod von Feuerstein selbst und immer noch abrufbar in der ARD-Mediathek:

Herbert Feuerstein schreibt seinen Nachruf – und lebt noch 2091 Tage

Auch der ist relativ typisch für ihn, zumindest, wenn man sein Buch gelesen hat (und niemand anders hätte das wohl besser machen können) – und damit durchaus geeignet, wenn man sich unterhaltsam eine Stunde Zeit vertreiben will.


In diesem Sinne:
Euch ein wunderbares Wochenende, bleibt gesund und bleibt behütet.
Wir lesen uns.
Der Wilhelm.


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- 2 Bemerkungen zu “Die neun Leben des Herrn F. – Autobiographie

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