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„Ja, ich sehe es ein, zweierlei ist möglich, man kann entweder dieses thun oder jenes;
meine aufrichtige Meinung und mein freundschaftlicher Rat ist der:
thu es oder thu es nicht, beides wird dich verdrießen.“
Søren Kierkegaard

Emily, allein – Roman

Nachdem ich mein letztes Buch zu Ende gelesen hatte, war es einfach logisch mit dem zweiten Buch dieser Trilogie weiter zu machen und zu erfahren, wie es Emily – inzwischen achtzig  Jahre alt – ein paar Jahre später ergeht, alleine lebend in einem eigentlich viel zu grossen Haus in einem Mittelstandviertel in Pittsburgh, die Kinder und Enkel weit entfernt, die Freunde fast alle gestorben und lediglich mit ihrer Schwägerin Arlene an ihrer Seite, die noch älter und um einiges klappriger ist als Emily selbst.

Emily, allein
Stewart O’Nan

Und obwohl in diesem Buch auch wieder nichts wirklich aufregendes passiert (die Rahmenhandlung besteht im Grunde aus Alltäglichkeiten, wie sei jeder ältere Mensch erlebt) erfährt man doch viel über Emilys Ängste und Sorgen und ihre immer noch enge Beziehungen zu Henry, ihrem verstorbenen Mann. Auch die Sorgen um ihre Kinder und Enkel spielen eine Rolle und führen Emily  wieder in die Zeit, als sie noch selbst Kind oder junge Frau war, zurück zu unausgesprochenen Konflikten und ungelebten Träumen, aber auch zu der Erkenntnis, dass ihr Leben insgesamt  gut war, so wie es war.

Der Klappentext, diesmal etwas treffender:

„Emily Maxwell, eine Witwe, deren Kinder längst eigene Familien gegründet haben, führt in ihrem schönen, überschaubaren Routine-Universum ein ziemlich unspektakuläres Leben, allein mit ihrem Hund. Dann und wann trifft sie sich mit ihrer Schwägerin Arlene zum Essen, aber das ist es dann auch schon. Als Arlene bei einem gemeinsamen Frühstück im Lieblingslokal zusammenbricht und ins Krankenhaus muss, wird für Emily alles anders. Sie verbringt ganze Tage damit, Besuche ihrer Enkel aufwendig zu planen, sie kauft sich ein kleines Auto, lernt, die bislang noch nie erfahrene Unabhängigkeit in vollen Zügen zu genießen. Auf einmal offenbart ihr das Leben neue Möglichkeiten.
Eine alte Frau wie Emily meint jeder zu kennen, und doch wurde sie in der zeitgenössischen Literatur selten so einfühlsam und treffend porträtiert. Stewart O’Nan zeigt uns ihre kräftig in alle Richtungen ausschlagenden Gefühle – des Bedauerns, des Stolzes, der Trauer, der Freude – in völlig überraschenden Zusammenhängen. Indem er das scheinbar Gewöhnliche als etwas Außergewöhnliches enthüllt und sich – heiter, ergreifend – mit ernsten Themen wie Einsamkeit, Alter und nahem Tod befasst, schärft er den Blick des Lesers, sein Verständnis.“

Bleibt noch anzumerken, dass ich auch dieses Buch (auch dieses mehr Erzählung als Roman) wieder fast verschlungen habe und es ausgesprochen lesenswert fand – zumal ich mich Emily in manchen Situationen auch als „sehr nahe“ empfunden habe und einige Gedanken auch gut aus eigener Anschauung kenne, die O’Nan ihr in den Kopf gelegt hat . Selbst, wenn unsere Lebensumstände sich in vielem unterscheiden.
Ganz klar deshalb auch, das es für dieses Buch eine Fünf-Sterne-Bewertung von mir gibt:

Gespannt bin ich nun auf den dritten Teil der Reihe, der wieder um einige Jahre in die Vergangenheit zurückspringt und in dem Henry auch selbst zu Wort kommt.
Der Titel – „Henry persönlich“ – war es übrigens auch, der mich auf diese Bücher aufmerksam gemacht hat – ohne dass ich jetzt sage könnte, was genau mich daran angesprochen hat.


In diesem Sinne:
Habt einen schönen Sonntag, bleibt gesund und bleibt behütet!
Wir lesen uns.
Der Wilhelm


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