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„Ja, ich sehe es ein, zweierlei ist möglich, man kann entweder dieses thun oder jenes;
meine aufrichtige Meinung und mein freundschaftlicher Rat ist der:
thu es oder thu es nicht, beides wird dich verdrießen.“
Søren Kierkegaard

Hinter der nächsten Ecke….

Guten Abend zusammen!

Ein wenig habe ich das in den letzten Wochen ja doch vermisst:
Mich auf Frau Honda zu setzen und einfach durch die Gegend zu bummeln – ohne ein festes Ziel zu haben, ausser am Ende wieder zuhause anzukommen.

Und so habe ich mich vorhin einfach mal auf den Weg gemacht, als die Liebste anderweitig in Sachen Motivsuche unterwegs war (dazu sicher morgen mehr in ihrem Blog). – auf der Suche nach ganz eigenen Motiven, die viel mit Perspektiven zu tun haben:

Etwa sowas mit Blick in die Weite :-)

Denn inzwischen geht es mir ja wieder deutlich besser, die Nebenwirkungen der neuen Spritzen sind so gut wie weg und ich fühle mich auch fit genug, um aktiv am Verkehr teilnehmen zu können – wobei mir ein wenig auch meine bevorzugten Strassen entgegen kommen:

Nicht in der Stadt, sondern auf Landstrassen mit wenig Verkehr südlich der grossen Sadt – und mit immer neuen, abwechslungsreichen Aussichten in die Weite:

Da bietet sich fast hinter jeder Kurve und hinter jedem Wäldchen ein neuer Anblick und zeigt, wie weit der Sommer schon fortgeschritten ist. Stoppelfelder allenthalben – bis auf den Mais, der wohl noch etwas braucht.

Doch ich habe es wirklich genossen und nebenher sogar noch eine Idee gehabt, die möglichweise unsere Wohnqualität ein wenig verbessert. Aber dazu mehr, wenn es soweit ist und auch die Liebste ihren Segen gegeben hat.
Bleibt aber festzuhalten, das einen die Inspiration nicht nur vor dem Einschlafen oder im Porzellanstudio ereilen kann (wie mein nächster Beitrag zeigen wird), sondern auch bei solchen wunderbaren Rollerfahrten über Land.

Mein heutiges Lieblingsmotiv :-)

Das ist zwar keine neue Erkenntnis, aber gut zu wissen, dass es immer noch funktioniert.
Und auf jeden Fall war es wunderschön, wieder so unterwegs zu sein und dabei auch noch den Kopf frei zu bekommen….. auch, wenn es sicher nicht sehr spektakulär war B-)


Habt alle einen schönen Rest des Abends und einen angenehmen Schlaf – und bleibt gesund und behütet!
Wir lesen uns :bye:

Euer Wilhelm,

der heute sehr zufrieden ins Bett fallen wird ;-)


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Das Sonntagszitat 29/22

Guten Morgen, Ihr Lieben!

In meinem Umfeld gab und gibt immer wieder mal Menschen, bei denen mir vor allem Eines auffällt: Dass ihr Leben anscheinend nur aus Vergangenheit besteht – und Zukunft (ausser über ein paar Tage hinaus )kaum darin vorkommt , ohne gleich pessimistisch und negativ bewertet zu werden.

Wenn diese Menschen über das erzählen, was sie bewegt und was sie ausmacht, dann spielt fast nur das „Gestern“ dabei eine Rolle und Dinge, die ihnen vor Jahren – manchmal auch auf aufgrund eigener Fehler – passiert sind.
Was oft auch als Entschuldigung dafür herhalten muss, warum sie sich nun aus ihrer – subjektiv erlebten – schlechten Lage nicht mehr selbst befreien können, die – objektiv betrachtet – meist gar nicht so schlecht ist.

Das war schon bei meinem Grossvater so, der als Heimatvertriebener in seinen späten Jahren nur noch in der Vergangenheit im fernen Pommern gelebt und an eine gute Zukunft für sich selbst nicht mehr geglaubt hat.
Das war bei einigen meiner Kunden so, die so gefesselt von erlebtem Unrecht oder Schicksalsschlägen waren, dass sie überhaupt nicht mehr darüber hinausdenken konnten.
Das lese ich auch immer wieder in einigen früher gerne gelesenen Blogs, die ich deswegen inzwischen nur noch selten besuche.
Und, ja, es ging mir in einer langen Phase meines Lebens – bevor ich meine Liebste kennenlernte und nach Hamburg kam – selbst auch schon mal ähnlich:
Während der schlimmsten Zeit meiner Depression, in der ich über das „heute“ nicht mehr hinaus denken konnte, ja manchmal noch nicht mal über die nächste Stunde hinaus.

Ein ehemaliger Kollege in der Klapse hat diese vergangenheitslastige Einengung des eigenen Denkes übrigens mal sehr treffend und knapp mit „gefangen in der Litfass-Säule“ beschrieben – sich damit auf einen etwas schrägen Witz beziehend, der damals, Ende der 80er, die Runde machte:

„Torkelt ein ein Betrunkener nachts über den Marktplatz und schafft es gerade noch bis zur Litfass-Säule, die mitten dararuf steht. Nach einer kurzen Pause und froh , etwas gefunden zu haben, was ihm Halt bietet, versucht er ein paar Minuten später, sich daran stützend und entlang hangelnd seinen Weg fortzusetzen.
Jedenfalls so lange, bis er nach einigen Runden seinem schwer angeschlagenen Zustand zum Trotz bemerkt, das er immer wieder an den gleichen Plakaten vorbei und anscheinend nicht mehr weiter kommt.

Kurz darauf kommt ein Polizist vorbei und spricht ihn an, ob er Hilfe benötige.

Daraufhin lallt der Betrunkene völlig verzweifelt:

>Bitte Herr Wachtmeister, helfen sie mir.
Ich bin gefangen und komme hier nicht raus!
Hier ist nirgendwo eine Tür < „

Urheber unbekannt

Ihr merkt, ich bin kein guter Witze-Erzähler, aber darauf kommt es jetzt auch nicht an ;-)

Sondern darauf, dass dieser Witz ganz gut die Situation dieser Menschen beschreibt, die sich immer nur an ihrer eigenen Vergangenheit orientieren können und gedanklich Runde um Runde immer wieder um die selben, lange zurück liegenden Ereignisse und Erlebnisse kreisen , weil sie sich nicht trauen, davon etwas loszulassen und sich damit auf den Weg zu etwas Neuem zu machen.
Neuem, was ausserhalb des Dunstkreises und der vermeintlichen Sicherheit ihrer persönlichen Plakatsäule von Erfahrungen oder Erinnerungen liegt.

Klar, dass dann irgendwann Mutlosigkeit und Verzweiflung einsetzen, weil das eigene subjektive Empfinden gar nichts anderes mehr zulässt – und schon gar nicht, den Blick auch mal in eine andere Richtung zu lenken als zu der Säule, an der plakativ das eigene Leben hängt – im Guten wie auch im Schlechten:

Sehr treffend beschreibt das auch der Text meines heutigen Zitates:

„Man sagt, dass die Persönlichkeit eines Menschen die Summe seiner Erfahrungen ist. Doch das stimmt nicht, jedenfalls nicht ganz. Wenn unsere Vergangenheit alles wäre, was uns ausmacht, würden wir es nie und nimmer mit uns selbst aushalten. Deshalb brauchen wir die Gewissheit, mehr zu verkörpern als nur die Fehler, die wir gestern gemacht haben. Die Gewissheit, uns auch über unsere zukünftigen Entscheidungen definieren zu können.“

(aus „Eine ganz dumme Idee: Roman“ von Fredrik Backman)

Und es (das Zitat) benennt auch, was oft die Ursache dieser Gefangenheit im Gestern ist:
Das abhanden gekommene Vertrauen auf die eigenen Möglichkeiten und damit die Hoffnung, dass es nochmal anders werden könnte.

Oder anders formuliert:
Da fehlt der Optimismus, da fehlt Mut und verbunden damit der Wunsch, sich auf Neues, Ungewohntes oder vermeintlich weniger Sicherheit bietendes einzulassen.
Stattdessen rotiert man jammernd lieber immer wieder um die dicke Säule, an der Plakat für Plakat die eigenen Erinnerungen und Erfahrungen kleben, statt sie loszulassen und einen Schritt in irgendeine Richtung (egal in welche) davon weg zu machen, in der sich Neues und Anderes bietet – und vielleicht auch wirklich Schönes und Positives.

Wie schlimm das ist, habe ich ja selbst lange Zeit erlebt. Und ich bin froh, dass ich es vor sechzehn Jahren geschafft habe, meine persönliche Plakatsäule loszulassen zu können – mit Hilfe durch die Frau, die mich liebt und ohne die ich vermutlich viel länger für den ersten Schritt in meine neue Freiheit gebraucht hätte.

Aber ich bin trotzdem sicher, meine Säule ist noch da.
Mit vielen Plakaten aus der fernen Vergangenheit und auch einigen aus der jüngeren.
Wenn ich wollte, könnte ich vermutlich auch dahin zurück, wo sie steht.
Aber will ich das?

Ich glaube nicht.
Denn statt mich wieder und wieder im Kreis um die Plakatsäule der eigenen Vergangenheit zu drehen finde ich persönlich viel spannender, was sich hinter der nächsten Ecke meines Weges verbirgt.
Wobei ich aber auch nichts gegen einen gelegentlichen Blick zurück habe.
Denn da ist ja auch einiges, was wirklich gut war.


Habt alle einen wunderhübschen Sonntag und bleibt gesund und behütet ;-)
Wir lesen uns morgen wieder :bye:

Euer Wilhelm,

der gestern fleissig war und schon mal auf Vorrat geschrieben hat B-)


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