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„Ja, ich sehe es ein, zweierlei ist möglich, man kann entweder dieses thun oder jenes;
meine aufrichtige Meinung und mein freundschaftlicher Rat ist der:
thu es oder thu es nicht, beides wird dich verdrießen.“
Søren Kierkegaard

Ein schöner Tresen ist nicht alles

Tagchen nochmal Ihr Lieben!

Manchmal zeigt sich halt doch, dass Dinge ganz anders sein können, als sie auf den ersten Blick erscheinen.

So wie heute, als ich zum Rezepte holen das erste mal in der Praxis meines neuen Hausarztes war, damit ich nachher in der Apotheke eine Menge Geld auf den Tresen legen darf.

Zugegeben, ein wenig misstrauisch war ich schon angesichts der schicken, aber ansonsten mageren und nichtssagenden Website, deren herausragendes Merkmal einige wenige Fotos aus der Praxis mit ihrem schicken Empfangstresen im Mittelpunkt sind,

aber fast nichts zu den Ärzten steht, die in dieser Praxisgemeinschaft tätig sind, geschweige denn, dass dort eine Möglichkeit wäre (wie bei meiner Rheumatologin) über die Website Termine zu vereinbaren oder gar Rezepte zu bestellen.

Und mein Misstrauen steigerte sich noch weiter, als ich schon im Treppenhaus der Praxis auf eine lange Warteschlange traf, die sich nur sehr langsam vorwärts schleppte.
Gut, das gabs in meiner alten Hausarztpraxis auch, da stand die Schlange allerdings seit Corona auf dem Weg im Vorgarten und an der frischen Luft, statt in einem schlecht belüfteten Treppenhaus, umgeben von hustenden und schniefenden Maskenverweigerern…

Kein gutes Setting also – und auch kein guter erster Eindruck , so dass ich kurz davor war, wieder umzudrehen und mich zuhause auf die Suche nach einer neuen Hausarztpraxis zu machen.
Doch dann ging es tatsächlich irgendwann vorwärts und kurz darauf stand ich selbst vorm Tresen, hinter dem – oh Freude! – eine Sprechstundenhilfe aus meiner alten Arztpraxis sass, die mich auch direkt wiedererkannte und sogar meinen Namen wusste, allerdings auf dem Weg zu meinen Rezepten noch einige Hürden zu überwinden hatte, weil die Patientendaten aus der alten Arztpraxis noch nicht in die in die Datenbank der neu eröffneten Gemeinschaftspraxis eingepflegt sind und momentan noch händisch übertragen werden müssen.
„Anfangsschwierigkeiten“ , wie sie meinte, als sie sich tapfer ans Werk machte, genau wie das noch nicht richtig funktionierende Terminmanagment, was „irgendwann in ferner Zukunft“ auch mal über die Website erreichbar sein soll.
Immerhin… man darf also gespannt sein, wie sich das entwickelt und ob sich aus dem unzeitgemässen AnfangsChaos noch ein funktionierendes System ohne lange Schlangen auf der Treppe entwickeln wird.

-_-_-_-

Das wahre Highlight kam aber erst, als ich die Praxis verlies:
Da lief ich dann plötzlich meinem alten Hausarzt (er hat Long-Corvid und hatte deswegen seine eigene Praxis aufgegeben) in die Arme, der sogar Zeit für ein kleines Pläuschchen hatte. Und der erzählte mir dann, dass er es doch nicht ausgehalten habe, untätig zu Hause zu sitzen:

„Wenn ich schon keine eigene Praxis mehr führen kann, dann kann ich aber trotzdem noch angestellt als Arzt arbeiten. Momentan zwar nur stundenwiese, aber nach meiner Reha dann hoffentlich auch wieder drei oder vier Vormittage in der Woche hier in der Praxis!“

Und das freut mich wirklich sehr.
Sowohl für ihn, weil es ihm offensichtlich besser geht, als auch für mich, weil ich mich nun doch weiter von ihm behandeln lassen kann…..
Und dafür nehme ich gerne auch etwas organisatorisches Chaos in Kauf.

-_-_-_-

Also wie gesagt:
Es ist nicht immer alles so, wie es auf den ersten Blick erscheinen mag…
schon gar nicht, wenn man über keine vollständigen Informationen verfügt.


Habt also alle noch einen schönen Restnachmittag und bleibt gesund und behütet!
Wir lesen uns :bye:

Euer Wilhelm,

dem vorhin wirklich ein grosser Stein vom Herzen gefallen ist


-703-

Drohnenland – Roman

Guten Morgen Euch allen !

Also das war jetzt sicher mal Rekordverdächtig: 432 Druckseiten in nicht mal zwei Tagen!
Aber es dürfte auch für die grandiose Qualität dieses etwas dystopischen Sci-Fi Krimis sprechen, der irgendwann in nicht allzu ferner Zukunft in und um die Hauptstadt der Europäischen Union, in Brüssel spielt:

Drohnenland
von Tom Hillenbrand

Aber es ist nicht mehr das Brüssel, das wir kennen, denn Hillenbrand verlegt die Handlung in eine Zeit, in der die Meeresspiegel schon so weit angestiegen sind, dass grosse Teile der Niederlande unter Wasser stehen, in der es im Sommer dank Klimawandels fast permanent regnet und in der Brüssel zum Sitz einer Europäischen Zentralregierung geworden ist – und alle Mitgliedsstaaten der Union nur noch abhängige Vasallen sind, soweit sie nicht in heftigen Verteilungskriegen um Energie schon von der ihr abgefallen sind.

Und was für die politische Gliederung gilt, gilt ebenso auch für Justiz und Polizei, deren wichtigste Gruppierungen ebenfalls in Brüssel angesiedelt sind, den Behörden der Mitgliedsstaaten übergeordnet und technisch so ausgestattet, dass eine fast perfekte, computergesteuerte Überwachung aller Bürger möglich ist. Was mich anfangs ein wenig an das Orwellsche Szenario in 1984 erinnert hat, sich aber in Hillenbrands Roman noch als weitaus perfider herausstellt, zumal zur Einhaltung von „Recht und Ordnung“ auch Unmengen von Drohnen und anderen Beobachtungsmitteln zum Einsatz kommen, die jederzeit und überall präsent sind und so Polizei und Geheimdienst ermöglichen, sich in Form von „Spiegelungen“ virtuell und unbemerkt an beinahe jedem Ort der Union zu begeben, um dort auch in der Vergangeheit zu ermitteln…
Dennoch gibt es auch in dieser Welt noch Verbrechen, etwa den Mord an einem wichtigen Politiker, der mutmasslich korrupt und Teil einer Verschwörung war, was auch den Hintergrund für die wirklich fesselnde Krimihandlung um den Europol-Kommissar Aart van der Westerhuizen und seine Forensikerin Ava Bittmann liefert.

Eine Krimihandlung, die beinahe linear verläuft und bei der man als Leser immer nur soviel weis, wie die beiden Kriminalisten, die tiefer und tiefer in den Fall eintauchen, wobei Hillenbrand das Szenario und die technischen Gegebenheiten der von ihm geschaffenen Welt perfekt einbezieht, ohne dass (wie leider oft in derartigen Trillern) einem als Leser irgendein Detail unwahrscheinlich oder unlogisch erscheinen würde oder irgendwelche Brüche zutage treten.

Im Gegenteil: alles wirkt (auch gemessen an der Welt von heute) wie aus einem Guss und technisch möglich, auch wenn man manchmal über Dinge staunt, die Hillenbrand in seiner Handlung wie selbstverständlich eingebaut hat.
Und das macht auch die Besonderheit dieses Thrillers aus: Dass man sich als Leser ausgehend vom heute sehr schnell in die Logik dieser Zukunftswelt hineingezogen fühlt und auch die Bedrohlichkeit spürt, die von ihr ausgeht…

Deshalb auch klar, das es von mir dafür nur die volle Punktzahl geben kann

und es ganz sicher nicht das letzte Buch war, was ich von Hillenbrand gelesen habe.

-_-_-_-_-

Der Klappentext:

Alles wird überwacht. Alles ist sicher. Doch dann geschieht ein Mord, der alles infrage stellt.

Wozu Zeugen vernehmen, wenn all ihre Bewegungen und Gespräche bereits auf einer Festplatte archiviert sind? Warum Tatorte begehen, wenn fliegende Polizeidrohnen bereits alles abfotografiert haben? Als ein Brüsseler Parlamentarier auf einem Feld nahe der Hauptstadt ermordet aufgefunden wird, glaubt Kommissar Aart van der Westerhuizen zunächst, den Fall mithilfe des beinahe allwissenden Europol-Fahndungscomputers und der brillanten Forensikerin Ava Bittmann rasch lösen zu können. Und tatsächlich gibt es verblüffend schnell einen Verdächtigen. Doch dann entdeckt er immer mehr Hinweise darauf, dass die digitale Datenspur manipuliert wurde – und gerät in eine Verschwörung, die ganz Europa in seinen Grundfesten zu erschüttern droht.

Amazon

Habt alle einen wunderbaren und nicht zu spannenden Tag und bleibt gesund und behütet!
Wir lesen uns :bye:

Euer Wilhelm,

der schon wieder tief im nächsten Buch steckt und gerade etwas Probleme hat, sich in dessen gänzlich anderer Welt zurecht zu finden.


-702-