– – tageweise unsortiertes – –
„Ja, ich sehe es ein, zweierlei ist möglich, man kann entweder dieses thun oder jenes;
meine aufrichtige Meinung und mein freundschaftlicher Rat ist der:
thu es oder thu es nicht, beides wird dich verdrießen.“
Søren Kierkegaard

Drohnenland – Roman

Guten Morgen Euch allen !

Also das war jetzt sicher mal Rekordverdächtig: 432 Druckseiten in nicht mal zwei Tagen!
Aber es dürfte auch für die grandiose Qualität dieses etwas dystopischen Sci-Fi Krimis sprechen, der irgendwann in nicht allzu ferner Zukunft in und um die Hauptstadt der Europäischen Union, in Brüssel spielt:

Drohnenland
von Tom Hillenbrand

Aber es ist nicht mehr das Brüssel, das wir kennen, denn Hillenbrand verlegt die Handlung in eine Zeit, in der die Meeresspiegel schon so weit angestiegen sind, dass grosse Teile der Niederlande unter Wasser stehen, in der es im Sommer dank Klimawandels fast permanent regnet und in der Brüssel zum Sitz einer Europäischen Zentralregierung geworden ist – und alle Mitgliedsstaaten der Union nur noch abhängige Vasallen sind, soweit sie nicht in heftigen Verteilungskriegen um Energie schon von der ihr abgefallen sind.

Und was für die politische Gliederung gilt, gilt ebenso auch für Justiz und Polizei, deren wichtigste Gruppierungen ebenfalls in Brüssel angesiedelt sind, den Behörden der Mitgliedsstaaten übergeordnet und technisch so ausgestattet, dass eine fast perfekte, computergesteuerte Überwachung aller Bürger möglich ist. Was mich anfangs ein wenig an das Orwellsche Szenario in 1984 erinnert hat, sich aber in Hillenbrands Roman noch als weitaus perfider herausstellt, zumal zur Einhaltung von „Recht und Ordnung“ auch Unmengen von Drohnen und anderen Beobachtungsmitteln zum Einsatz kommen, die jederzeit und überall präsent sind und so Polizei und Geheimdienst ermöglichen, sich in Form von „Spiegelungen“ virtuell und unbemerkt an beinahe jedem Ort der Union zu begeben, um dort auch in der Vergangeheit zu ermitteln…
Dennoch gibt es auch in dieser Welt noch Verbrechen, etwa den Mord an einem wichtigen Politiker, der mutmasslich korrupt und Teil einer Verschwörung war, was auch den Hintergrund für die wirklich fesselnde Krimihandlung um den Europol-Kommissar Aart van der Westerhuizen und seine Forensikerin Ava Bittmann liefert.

Eine Krimihandlung, die beinahe linear verläuft und bei der man als Leser immer nur soviel weis, wie die beiden Kriminalisten, die tiefer und tiefer in den Fall eintauchen, wobei Hillenbrand das Szenario und die technischen Gegebenheiten der von ihm geschaffenen Welt perfekt einbezieht, ohne dass (wie leider oft in derartigen Trillern) einem als Leser irgendein Detail unwahrscheinlich oder unlogisch erscheinen würde oder irgendwelche Brüche zutage treten.

Im Gegenteil: alles wirkt (auch gemessen an der Welt von heute) wie aus einem Guss und technisch möglich, auch wenn man manchmal über Dinge staunt, die Hillenbrand in seiner Handlung wie selbstverständlich eingebaut hat.
Und das macht auch die Besonderheit dieses Thrillers aus: Dass man sich als Leser ausgehend vom heute sehr schnell in die Logik dieser Zukunftswelt hineingezogen fühlt und auch die Bedrohlichkeit spürt, die von ihr ausgeht…

Deshalb auch klar, das es von mir dafür nur die volle Punktzahl geben kann

und es ganz sicher nicht das letzte Buch war, was ich von Hillenbrand gelesen habe.

-_-_-_-_-

Der Klappentext:

Alles wird überwacht. Alles ist sicher. Doch dann geschieht ein Mord, der alles infrage stellt.

Wozu Zeugen vernehmen, wenn all ihre Bewegungen und Gespräche bereits auf einer Festplatte archiviert sind? Warum Tatorte begehen, wenn fliegende Polizeidrohnen bereits alles abfotografiert haben? Als ein Brüsseler Parlamentarier auf einem Feld nahe der Hauptstadt ermordet aufgefunden wird, glaubt Kommissar Aart van der Westerhuizen zunächst, den Fall mithilfe des beinahe allwissenden Europol-Fahndungscomputers und der brillanten Forensikerin Ava Bittmann rasch lösen zu können. Und tatsächlich gibt es verblüffend schnell einen Verdächtigen. Doch dann entdeckt er immer mehr Hinweise darauf, dass die digitale Datenspur manipuliert wurde – und gerät in eine Verschwörung, die ganz Europa in seinen Grundfesten zu erschüttern droht.

Amazon

Habt alle einen wunderbaren und nicht zu spannenden Tag und bleibt gesund und behütet!
Wir lesen uns :bye:

Euer Wilhelm,

der schon wieder tief im nächsten Buch steckt und gerade etwas Probleme hat, sich in dessen gänzlich anderer Welt zurecht zu finden.


-702-

- 10 Bemerkungen zu “Drohnenland – Roman

  1. Wow, Du mutierst ja gerade zu einem Bücher verschlingenden Leserattenwurm :-)
    Danke für die Buchvorstellung. Hört sich auch wieder sehr interessant an. Wollen wir hoffen, dass dem Europa ein solches Schicksal nicht beschieden sein wird.

    1. Ja, das wollen wir mal hoffen.
      Denn mit einigen Prognosen hat dieses (2014 veröffentlichte) Buch ja auch unrecht:
      Dass Gross Britannien längst nicht mehr Teil der Union ist, hat es z.B. nicht vorausgesehen.

  2. Hallo, meine Bibliothek hat drei Bücher und eine Hördatei von ihm, aber nicht dieses Buch. Auch die anderen Bücher (Goldenes Gift, Montecrypto, Qube) sind erst nach längerer Zeit ausleihbar.
    Ich werde mir mal die Inhalte ansehen und dann eines vorbestellen.
    Nach allen Beschreibungen der drei Bücher habe ich jetzt für den 9.9. Qube vorbestellt.

    1. Goldenes Gift habe ich auch auf meiner Leseliste, genau wie Qube…..
      Aber erst mal ist jetzt was ganz anderes dran, was zwar auch ein Zukunftsroman ist, aber dennoch in der Vergangenheit spielt ( jedenfalls aus unserer heutigen Perspektive):

      1. Das Buch von Orwell (auch „Farm der Tiere“) war ausnahmsweise eines, was ein Cousin von mir in die DDR geschmuggelt hat und ich das also schon vor langer Zeit gelesen habe. Bei mir sieht der Einband ganz anders aus.
        Eben so hat er sich getraut, das Buch „So weit die Füße tragen“ gut versteckt durch die Grenzkontrolle zu bringen.

        1. Dass sich die Einbände unterscheiden, durfte logisch sein.
          Schliesslich gab es dieses Buch über Jahrzehnte hinweg in immer wieder neuen Ausgaben und es wurde mehrfach neu übersetzt.
          Zuletzt wohl 2021, wo etliche Neuausgaben in verschiedenen Übersetzungen auf den deutschen Buchmarkt kamen, nachdem der englisch Ursprungstext 70 Jahre nach dem Tod des Autors „gemeinfrei“ wurde und eine ganze Reihe von Verlagen es neu ins Programm genommen haben.

  3. Meine Güte, du legst ja ein Tempo vor.

    Kein Wunder dass Papier knapp ist auf dem Weltmarkt ;-)

    Danke für den Tipp

    1. Sehr gerne ;-)

      Das mit dem Papier muss ich allerdings von mir weisen, da ich schon seit langem nur noch elektronisch lese.
      Wenn also, dann wäre mir höchsten vorzuwerfen, dass ich trotz Nutzung reinsten Ökostromes auch meinen Anteil an der aktuellen Energiekrise habe und somit zu den Treibern des Strompreises gehöre….

      Aber deshalb weniger lesen?
      Nö – jedenfalls nicht solange in unserer Stadt noch jede Nacht unnötig blaues Licht brennt

  4. Das klingt wirklich nach einem sehr interessanten Buch. Zumal wir alle Wissen das 1984 schon längst von der Realität überholt worden sind 🤔
    🌈😘😎

    1. Ich glaub, Du verwechselst da gerade etwas:

      „Drohnenland“, das Buch, was ich oben vorgestellt habe erschien 2014 und spielt wahrscheinlich in den 50er oder 60er Jahren unseres Jahrhunderts (so genau legt sich der Autor da nicht fest) während „1984“ , das Buch, was ich gerade angefangen habe schon 1948 erschien und aus dieser Perspektive einen Blick auf die Welt wirft, wie sie 1984 möglicherweise aussehen würde.

      Dieses Spiel mit der zeitlichen Perspektive ist eine der Gemeinsamkeiten, die beide Bücher haben, ebenso wie die Annahme der Autoren, in Zukunft in einem totalen Überwachungsstaat leben zu müssen….

      Dennoch gibt es aber einen gewaltigen Unterschied, wenn man beide Bücher liest:

      Was 1984 in Wirklichkeit war, liegt für uns Leser inzwischen in der Vergangenheit und wir wissen, dass Orwells Horrorversion nicht so eingetreten ist, wie er sie erwartet hat (wenn auch Überwachung heute ganz alltäglich ist, etwa durch Datenkraken wie die Sozialen Medien),

      Was 2050 sein wird, ist allerdings noch unklar, auch wenn angesichts der technischen Entwicklung und der Klimaproblematik einiges sehr wahrscheinlich scheint, was Hillenbrand in seiner Fiktion vorhersieht. Insofern könnte man Hillenbrands Buch durchaus auch als Warnung lesen, es nicht soweit kommen zu lassen, während bei Orwells Buch schon ein paar Jahre nach dem Erscheinen deutlich wurde, dass sich die Welt in eine ganz andere Richtung dreht, als er dachte.

Zu spät! Leider kannst Du hier nichts mehr anmerken.