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„Ja, ich sehe es ein, zweierlei ist möglich, man kann entweder dieses thun oder jenes;
meine aufrichtige Meinung und mein freundschaftlicher Rat ist der:
thu es oder thu es nicht, beides wird dich verdrießen.“
Søren Kierkegaard

Das Sonntagszitat 28/22

Guten Morgen zusammen!

Gestern habe ich einen Satz im Radio aufgeschnappt, der mir durchaus Anlass für ein paar Gedanken gibt. Oder besser : Anlass für ein paar Gedanken gegeben hätte, wenn er ein paar Jahre früher und in einer bestimmten Situation gefallen wäre:

Wenn sie nichts weiter vorhaben, dann werden sie doch Lokführer!

Ulf Ansorge auf NDR 90,3

Hintergrund dafür war wohl der aktuelle Lokführermangel bei der deutschen Bahn und eine besondere Aktion, die deswegen gestern am Altonaer Bahnhof stattfand. Aber das soll jetzt gar nicht Thema meiner Betrachtung sein. Sondern der Gedanke an einen Berufswunsch, den ich vor ewigen Zeiten mal hatte.

Schliesslich hat vermutlich jeder Junge aus meiner Generation irgendwann auch mal den Gedanken gehabt, als Lokführer auf einer Dampflok – oder besser noch: auf einer grossen, modernen E-Lok – durch die Welt zu reisen. Nicht ahnend, dass das auch ein ziemlich einsames Geschäft werden kann, mit Arbeitszeiten auch Nachts und an Wochenenden und Feiertagen – und dass neben einigem technischen Wissen auch viel Disziplin dafür nötig ist und es auch einigermassen eintönig sein kann, immer nur auf den gleichen Strecken unterwegs zu sein. Schlimmstenfalls immer von Hintertupfingen nach Posemuckel hin und zurück und an jeder sprichwörtlichen Milchkanne haltend.

Also einfach einsteigen, losfahren und die Welt kennenlernen war wohl nicht…..

Was mich aber in jungen Jahren lange Zeit (und meiner Modelleisenbahn sei Dank) nicht davon abhielt, trotzdem diesen Berufswunsch zu hegen – allerdings kam es dann bekanntermassen ja doch anders, wie wir heute alle wissen:
Stattdessen habe ich – nach einen kurzen Episode in einem technischen Beruf – meinen Traumberuf in einem ganz anderen Bereich gefunden, wenn auch mit ähnlichen Anforderungen, was die persönliche Fähigkeiten und die ungünstigen Arbeitsbedingungen und -zeiten angeht. Nacht- und Wochenendarbeit hatte ich ja auch, und viel Wissen und Leidensfähigkeit war dabei auch erforderlich.

Und dennoch gabs mal eine Phase, wo ich dessen ziemlich überdrüssig war – und vielleicht dankbar gewesen wäre, wenn ich eine derartige Alternative angeboten bekommen hätte:

Werden Sie doch Lokführer!

Vielleicht hätte ich sie da sogar ganz spontan ergriffen?

Tja, aber die gab es damals ja nicht. Und wer weiss, wo ich denn heute wäre, wenn es sie gegeben hätte?

Trotzdem hat mich dieser eine Satz aus dem Radio gestern ziemlich angetriggert.
Und so war mein erster Gedanke dann auch, dass das ja auch heute noch ein Beruf für mich werden könnte. Das technische Verständnis dafür hätte ich ja, die Disziplin auch – und als sitzende Tätigkeit mit wenig Anforderungen an die Feinmotorik wären dafür auch meine Handycaps kein Problem….

Da hätte sich mein Jugendtraum vielleicht ja doch noch erfüllen können?

Dumm allerdings, dass ich dafür wohl schon ein wenig zu alt bin und auch meine Rente inzwischen dagegen spricht….


Habt alle einen schöne Sonntag und bleibt gesund und behütet!
Wir lesen uns :bye:

Euer Wilhelm,

der wenigstens gerne wieder eine Modellbahn hätte, wenn er schon keine echte Lokomotive fahren darf….


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- 14 Bemerkungen zu “Das Sonntagszitat 28/22

  1. Was wäre wenn – nun musste ich doch ein wenig schmunzeln – Lokführer wäre wohl mancher Junge gerne geworden (mein Mann auch), aber tatsächlich geworden sind es nur wenige. In meinem Bekanntenkreis gibt es einen ehemaligen Lokführer, der seinen Job an den Nagel gehängt hat, nachdem er mit den Selbstmördern (das ist hier leider eine bevorzugte Todesart) nicht mehr klar gekommen ist. Man muss ziemlich robust sein, wenn man diesen Job hat.

    Modellbahner gibt es in unserer Familie seit Generationen – mein Mann wollte sich in der Rente wieder damit beschäftigen, hat aber bisher keine Zeit dafür, und so schmort die Modellbahn weiter in Kisten im Keller vor sich hin.

    1. Dann ist Dein Mann schon weiter als ich. Immerhin hat er nocheine Modellbahn :good:
      (wenn auch in Kisten).

      Meine Ambitionen in dieser Richtung – bzw. das, was ich mal an Material dafür hatte – sind leider vor zwanzig Jahren meiner Trennung von meiner Ex zum Oper gefallen.
      Die hat damals stumpf alles entsorgt, was ich im Lauf der Zeit an Gleisen, Lokomotiven und Wagen dafür gesammelt hatte :-(

      Und heute, wo ich Zeit dafür hätte, scheitert es am Platz und an meiner Feinmotorik…..

  2. Lok würde ich mir wohl nicht zutrauen. Aber Straßenbahn schon. Vermutlich bleibt aber aich das nur ein schöner Gedanke :-)

    1. Im Grunde kommt beides aufs gleiche raus:
      Man kommt unter normalen Umständen von den Schienen ja nicht runter B-)
      Lokomotive hat allerdings aus meiner Sicht gegenüber der Strassenbahn noch den Vorteil, nicht im Berufsverkehr im Stau stehen zu müssen.

      1. Straßenbahnen haben aber auch eigenen Schienen und stehen eben nicht im Stau wie Busse. Schade, dass Hamburg seine abgeschafft hat

        1. Na, dann guck mal in Bielefeld.
          Da hat die Stadtbahn auf vielen Teilstrecken kein eigenes Gleisbett, sondern muss sich den Verkehrsraum mit Autos und Radfahren teilen.
          Was auch nicht immer ohne Beulen oder im Stau stehen abgeht.

          1. Wäre schon gut, wenn es welche mit eigenem Gleisbett wären. Aber Straßenbahnen mag ich einfach. So es geht, fahre ich in allen Städten, in denen ich bin und die eine Straßenbahn (oder Metro) haben, mit dieser.

            1. Davon war ich früher auch Fan :good:

              Schon, weil es in Kassel (bei meinen Grosseltern) eine Strassenbahn gab und sich eine Endhaltestelle direkt vor dem Gartentor befand.
              Anfangs noch ohne Wendeschleife, so dass der Motorwagen immer umrangiert werden musste (also abgekoppelt und übers Nebengleis wieder vor den/die Anhänger rangiert wurde,
              Bevor die neuen Fahrgäste dann einsteigen durften musste der ganze Zug dann auch noch um die Länge des Motorwagens zurück gesetzt werden, weil der Bahnsteig zu kurz war….
              Oft mit ziemlichem Hallo und viel Geschrei des mitfahrenden Schaffners verbunden, denn nicht alle Strassenbahnfahrer hatten dieses Manöver „gut drauf“….

              ———

              Anderseits gab es aber einen halben Kilometer weit weg auch den grossen Rangierbahnhof mit den „richtigen“ Lokomotiven und viel Durchgangsverkehr von Fernzügen, die nach Norden führen.
              Das war dann schon eine ganz andere Geschichte und ich weiss nicht, wieviele Nachmittage mein Opa da mit mir verbracht hat, um Züge zu gucken….
              Aber der war ja selbst Eisenbahnfan, weil er als junger Postbeamter bei der Bahnpost gearbeitet hatte und auf Fernzügen im Postwagen „Sendungen sortiert“ hat…

  3. Einer meiner Großväter war königlicher Eisenbahn-Lokomotivführer. Leider weiss ich nicht ob es sein Berufswunsch war.
    Kennengelernt habe ich ihn nicht, er starb bereits 1915 (mit 53 Jahren) damals war mein Vater erst drei Jahre alt.
    Was mir vom Großvater aus seiner beruflichen Zeit geblieben ist: eine Urkunde die er zum 25-jährigen Jubiläum erhielt. Er begann seine berufliche Laufbahn mit 18 Jahren.
    Schade, dass es aus der Zeit keine Fotos gibt. Das einzige Foto welches ich von meinem Großvater habe ist das Hochzeitsfoto der Großeltern.

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