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„Ja, ich sehe es ein, zweierlei ist möglich, man kann entweder dieses thun oder jenes;
meine aufrichtige Meinung und mein freundschaftlicher Rat ist der:
thu es oder thu es nicht, beides wird dich verdrießen.“
Søren Kierkegaard

1:0 für den Eisbergsalat (?)

Moin, Ihr Lieben!

Vor genau einer Woche war es, als die britische Boulevard-Zeitschrift „Daily Star“ angesichts der desatrösen Schlechtleistungen der englischen Regierung einen Wettbewerb per Youtube- Live-Stream auslobte, wer sich wohl länger halten würde – Ein Kopf Eisbergsalat oder die inzwischen gewesene Regierungschefin Liz Truss:

Ganz mein Humor, zumal sich wohl keine deutsche Zeitung so etwas mit einem unserer Politiker erlauben würde.
Wobei angesichts der Hartnäckigkeit der Dame allerdings wohl keiner ernsthaft damit gerechnet hätte, dass der Salatkopf gewinnen würde. Aber wie wir alle wissen, kam es gestern Mittag ja anders, als Frau Truss nach hartem Kampf auf allen Ebenen doch einsehen musste, dass das wohl nichts mehr wird mit ihr und einem längeren Aufenthalt in Downing-Street No.10, dem Amtssitz der britischen Premierminister.
Womit sie jetzt wohl mit der weitaus kürzesten Regierungszeit aller britischen Premiers in die Annalen eingehen wird. Für den “ Daily Star“ ein Grund zum feiern , der hämischer kaum ausfallen könnte

für die Briten aber wohl nicht, denn die Bilanz der knapp sechswöchigen Regierungszeit der Frau Truss ist buchstäblich verheerend.
Zumal ihre Partei Neuwahlen angesichts der rapide schwindenden Akzeptanz bei den Wählern um alles in der Welt verhindern will, sich aber wegen der eigenen Zerstrittenheit kaum in der Lage sieht, einen geeigneten Kandidaten für ihre Nachfolge zu benennen, so dass als Verlegenheitslösung sogar ihr Vorgänger, der wirrköpfige Boris Johnson schon wieder ins Gespräch gebracht wird – der bekanntermassen vor ein paar Wochen über seinen eigenen chaotischen Regierungsstil und seine Lügereien gestolpert ist.
Da steht also bei aller Freude über das schnelle Ende der Regierung Truss für die Bevölkerung auch die grosse Frage im Raum, wie es wohl in den aktuellen Krisenzeiten weitergehen könnte, die das Land schon seit dem Brexit heftig beuteln und jetzt zu Corona- und Kriegszeiten schnelle und von breiter Mehrheit getragene Lösungen erfordern….
Denn nur so könnte möglicherweise noch zu retten sein, was noch zu retten ist.

Was zumindest zu der ernsthaften Frage führt, ob derartige Häme (wie die Sache mit dem Eisbergsalat) wirklich zielführend ist, oder ob dadurch die Graben im Land nicht noch zusätzlich vertieft werden?

-_-_-_-

Insofern bleibt mir meine oben getroffene Feststellung, das sei „genau mein Humor“ also auch etwas im Halse stecken:
Zum einen, weil das britische Königreich trotz Brexit immer noch ein wesentlicher Faktor für die Stabilität in Europa und auch in der Nato ist, zum andern aber auch, weil diese Art von Humor im Zweifelsfall auch zu einer heftigen Spaltung und politischen Erdbeben weit über die britischen Hoheitsgebiete hinausführen kann.
Und deshalb bin ich eigentlich auch ganz froh, dass in unserer Medienlandschaft mit weniger harten Bandagen gekämpft wird und bisher noch Respektsgrenzen eingehalten werden, die wesentlich enger gezogen sind.

Auch wenn ich durchaus einige Politiker/innen wüsste, denen härtere Bandagen mal ganz gut tun würden: Etwa die von ganz rechts oder die immer gut frisierte Gallionsfigur ganz links, deren Argumente so links sind, dass sie die Rechten schon fast rechts aussen überholt.

Aber das ist dann wieder ein anderes Thema…..


Habt alle zusammen einen ruhigen Abend und bleibt gesund und behütet!
Wir lesen uns :bye:

Euer Wilhelm,

der anglophile Schrulligkeiten und britischen Humor ansonsten durchaus zu schätzen weiss……


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- 16 Bemerkungen zu “1:0 für den Eisbergsalat (?)

  1. Kaum ist die Queen tot – und das Chaos regiert.
    Frau Truss muss man zugutehalten, dass sie frühzeitig die Konsequenzen gezogen hat. Der Clown hat viel zu lange an seinem Amtssitz in Downing Street 10 gehangen. Und nun will er wohl nochmal kandidieren. Typisch Mann mit Selbstüberschätzung. Vielleicht tritt er das Amt ja nochmal an, besser wird es dadurch aber nicht werden in UK. Das Vereinigte Königreich ist zu einem Operettenstaat verkommen. Man könnte ebensogut die Gewinnerin eines Drag Race nominieren.

    1. Na, ob das nur an der Queen liegt?
      Die hätte zwar sicher missbilligend den Kopf geschüttelt (und ich bin mir sicher dass sie das auch da machen wird, wo sie jetzt ist), aber das Tohuwabohu auch nicht verhindern können, was da aus dem Zusammenspiel von Klientelpolitik der Tories, britischer Dickköpfigkeit (beim Brexit) und Schwäche der Labourpartei in den letzten Jahren entstanden ist.
      Mit dem Resultat, dass nun wohl keiner mehr so recht weiss, wie es weitergehen könnte, ohne radikale und unpopuläre Massnahmen zu ergreifen.
      Und ich fürchte, daran würden auch Neuwahlen nichts ändern, ausser dass eine erneute Aegide Johnson verhindert würde und Labour nach momentanem Stand vermutlich eine deutlich breitere Basis in der Bevölkerung hätte, aber trotzdem nicht umhin käme, beim Aufräumen wieder etliche Bürger heftig vor den Kopf zu stossen…..

      Keine guten Aussichten, fürchte ich :-(

  2. Dass es in den britischen Medien so zugeht/zugehen kann, ist vermutlich auch eine Art Spiegel für den Zustand der Gesellschaft. Häme finde ich in keinerlei Zusammenhang angemessen.

    1. Das vermute ich auch.
      Anderseits waren die Briten mit ihrem speziellen Humor da aber auch noch nie sonderlich zimperlich.
      Da wurde schon früher einiges heftig durch den Kakao gezogen, etwa mit der „Puppenshow“ Spitting Image, die auch vorm Königshaus nie Respekt hatte. Das schien damals in England schon kein Problem zu sein, wurde aber in der deutschen Fassung (Hurra Deutschland) hier heftig kritsiert, weil man die Darstellung Helmut Kohls schon beinahe als Majestätsbeleidigung auffasste…

      1. In der Tat, eine kulturelle Note ist auch immer dabei – was so üblich ist im Land. Aber eigentlich bin ich froh darüber, dass es in dieser Ausprägung bei uns (noch) nicht üblich ist.

  3. Hallo Wilhelm,

    die Briten entwickeln langsam italienische Tendenzen. Ich bin gespannt was sie als nächstes anstellen.

    Macht es euch kuschelig.
    Liebe Grüße
    Trude

    1. Im Moment sind sie auf der Insel wohl schneller als die Italiener… auch in ihren Entscheidungen.
      So werden wir nächste Woche ja schon wissen, wer der Nachfolger von Mrs. Truss wird und ob nicht vielleicht ihr Vorgänger auch auf sie folgen wird.

      Aber tatsächlich würde mich auch nicht mehr wundern, wenn es am Ende der Geschichte, in ein, zwei Jahren auch eine Kehrtwende in Sachen Brexit gibt. Für ausgeschlossen halte ich das jedenfalls nicht mehr.

  4. Moin. Von Truss vs. Eisbergsalat hatte ich unterwegs im Autoradio gehört. Eins muss man den Briten lassen: Humor haben sie. Wenn es denn nur nicht so traurig wäre. Und es ist ein Lehrstück dafür, wie sich ideologische Slogans bei einer Mehrheit verfangen können, mögen sie noch so hohl sein. Ist das nun extremer Konservatismus oder schon libertärer Radikalismus? Auf alle Fälle sind im UK die Torys krachend gescheitert. Schlimmer noch: Es gibt trotz alledem keine Neuwahlen …. Asterix würde sagen: Die spinnen, die Briten ;)

    1. Ja, die spinnen, die Briten.
      Allerdings auch nicht mehr als andere Nationen, in den auch die Politiker an ihren Sessel kleben und ihre Pfründe wahren wollen.

  5. Ich dachte immer, bei uns geht es am konfusesten zu – vielleicht nicht gerade mit der Dauer eines Politikers, aber so insgesamt. Aber die Briten übertrumpfen uns momentan – ich habe über die Eisbergsalatwette zuerst auch herzlichst gelacht, doch als ich mir dann wieder den Vorgänger als Nachfolger vorstellte, blieb es mir im Hals stecken.
    Vielleicht ist Politiker noch schmutziger im Geschäft als Müllfahrer.
    Mit Gruß von Clara

  6. Tja, da gabs wohl nicht genug trus(s)t.
    Aber jetzt ist doch mal was Spannendes passiert. Ein Brite mit indischen Wurzeln folgt ihr nach. Das finde ich immerhin mal … neu. Gabs noch nicht oder?

    1. Britische Zeitungen schreiben wohl schon vom „englischen Obama“.
      Und es mag tatsächlich sein, dass der Mann das Charisma und das glückliche Händchen hat , was nötig ist, um den Karren wieder etwas aus dem Dreck zu ziehen…
      Es bleibt also wirklich spannend….

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