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„Ja, ich sehe es ein, zweierlei ist möglich, man kann entweder dieses thun oder jenes;
meine aufrichtige Meinung und mein freundschaftlicher Rat ist der:
thu es oder thu es nicht, beides wird dich verdrießen.“
Søren Kierkegaard

Planet der Affen – Roman

Hallo, Ihr Leseratten!

Weil ich momentan aus der Sci-Fi-Ecke wohl nicht weg komme (und noch zusätzlich verstärkt durch einen Kommentar von @Myriade unter meiner letzten Buchvorstellung) bin ich auf die Idee gekommen, auch dieses Buch von Pierre Boulle nochmal zu lesen, dass ich irgendwann als Jugendlicher auch schon mal vor der Nase hatte:

Planet der Affen
von Pierre Boulle

Mit (um das mal vorweg zu nehmen) einem ähnlichen Aha-Effekt wie auch beim braven Leviathan:
Denn auch hier war es so, dass ich das Buch als Jugendlicher eher als etwas skurrilen Sci-Fi-Abenteuerroman gelesen habe, heute aber eine Menge Dinge darin finde, die mich eher staunen lassen, mit welcher Voraussicht der Autor darin schon vor über 60 Jahren (das Buch erschien in Frankreich immerhin schon 1963) Probleme aufgreift, die in der Welt von heute in der allgemeinen Wahrnehmung sehr präsent sind.
Die Rechte von Tieren und die Fragwürdigkeit von Tierversuchen, wie sie in den 60er Jahren des vorigen Jahrhunderts sicher nicht so deutlich herausgestellt und diskutiert wurden, wie es heutzutage üblich ist. Verpackt in eine Geschichte, die das Verhältnis zwischen Tieren (in dem Fall Affen) und Menschen komplett ins Gegenteil verkehrt:

Denn auf dem am anderen Ende der Galaxie liegenden, erdähnlichen Planeten in der Nähe von Beteigeuze, auf dem Ulysse Mérou als Teilnehmer einer Expedition landet, sind nicht die Menschen die intelligenten und vernunftbegabten Wesen, sondern eine Gesellschaft aus Orang Utans, Gorrillas und Schimpansen, die sprechen können, Kleidung tragen, Wissenschaft betreiben und in Städten mit einem ähnlichen technischen Standard leben wie die Menschen auf der Erde – ja sogar im Umgang miteinander beinahe karrikaturartig überzeichnet die gleichen Standesdünkel und Laster pflegen wie die menschlichen Erdenbewohner auch.
Wohingegen die Menschen auf diesem Planeten in Horden in der Wildnis leben, von Instinkten gesteuert und ohne soziale oder manuelle Kompetenzen, unbekleidet und in ihrem Verhalten ähnlich wie Affen auf der Erde.
Was sie aber auch zu Opfern der Affen-Gesellschaft macht, die zu ihrer Belustigung und aus wissenschaftlichem Interesse heraus Menschenjagden veranstaltet, um so Ausstellungeobjekte für ihre Zoos und Versuchstiere für die Wissenschaft zu gewinnen….. ein Schicksal, das auch Ulysse Mérou ereilt, der sich unversehens in einem Laborkäfig wiederfindet, nachdem er zusammen mit einer Gruppe anderer Menschen gefangen wird….

Mehr möchte ich jetzt nicht spoilern, obwohl die Handlung in einigen Teilen vorhersehbar scheint, aber auch immer wieder unerwartete Wendungen nimmt und dabei wirklich über lange Passagen hinweg eine hohe Spannungskurve hält.
Schade dabei allenfalls, dass Boulle sich bei der Entstehungsgeschichte der Affen-Kultur am anderen Ende des Weltalls für eine Version entscheiden hat, der weitab jeglicher Evolutionstheorie schlussendlich doch darauf abhebt, dass die Fähigkeiten der vierhändigen Herren dieses Planeten im Grunde nichts anders als ein Abklatsch einer menschlichen Kultur ist, die schon lange vorher auf diesem Planeten bestanden hat und deshalb eigentlich „nur“ auf Nachahmung beruht – der Mensch also schlussendlich doch die Krone der Schöpfung sei, auch wenn er auf diesem Planeten nur noch eine durch Regradierung entstandene, untergeordnete Rolle annimmt.
Aber das dürfte vermutlich auch der Entstehungszeit des Buches geschuldet sein.

Abgesehen davon hat mir dieses Buch aber wirklich gut gefallen, weil es dank der recht aktuellen Übersetzung von 2014 wirklich flüssig zu lesen ist und bei allem Unterhaltungswert auch immer wieder menschlichem Verhalten einen Spiegel vorhält und in einigen Passagen auch nachhaltig zum Nachdenken anregt.

Insofern:

-_-_-_-

Der Klappentext der von mir gelesenen Ausgabe von 2014:

In einem Raumschiff, das mit Lichtgeschwindkeit durch das Weltall fliegt, begibt sich der Journalist Ulysse Mérou zusammen mit zwei Wissenschaftlern auf eine Mission, die die Erkundung des nächstgelegenen Sonnensystems zum Ziel hat. Zu ihrer goßen Überraschung finden sie einen Planeten, der unserer Erde gleicht. Doch eine noch größere Verblüffung erwartet sie: Auf Soror, so der Taufname durch die Entdecker, leben menschenähnliche Wesen! Diesen scheint jedoch jedwedes rationale Denkvermögen zu fehlen, und kaum ist eine erste Verständigung hergestellt, werden sie allesamt gejagt und gefangen genommen von der herrschenden Zivilisation auf dem Planeten: Affen!

Schreckliche Experimente und einen schmerzvollen Tod vor Augen muss es Ulysse gelingen, seine haarigen und hochintelligenten Entführer davon zu überzeugen, dass er anders ist, von einem fremden Planeten kommt und vor allem, dass er keine Gefahr darstellt. Besonders von Letzterem lassen sich aber nur die Wenigsten überzeugen …

Amazon

Bleibt noch zu ergänzen, dass es um den Stoff dieses Buches herum auch einige Fortsetzungen von anderen Autoren gab, die teils auf Grundlage von Drehbüchern einer ganzen Serie von Filmen entstanden sind.
Doch keines davon habe ich gelesen (und ich werde sie sicher auch nicht lesen), weil sie Boulles wirklich starke Geschichte vermutlich genauso stark verwässern wie alle Filme, die auf diesem Stoff beruhen….
Und davon habe ich leider einige gesehen. :-(


Habt alle eine feine neue Woche und bleibt gesund und behütet.
Wir lesen uns :bye:

Euer Wilhelm,

der wieder mal vor der Frage steht, was er nun als nächstes liest……….


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Das Sonntagszitat 43/22

Einen friedlichen Sonntag Euch allen!

M
al wieder Sonntag, mal wieder Zeit für ein Zitat ;-)

Dieses mal mit einem Fundstück aus einem (leider nur hinter der Bezahlschranke lesbaren) Interview des Spiegels mit der siebenundachtzigjährigen Krimi-Autorin Ingrid Noll, welches mir spontan beim lesen doch relativ bekannt vorkam:

„Was ich an mir schon feststellen kann: Materialermüdung. Ich trage ein Hörgerät, ich habe Ar­throse im Knie, meine Augen werden immer schlechter, und natürlich fällt mir dauernd irgendwas nicht ein. Ich habe einen Kasten mit vielen Schubladen im Kopf, aber die klemmen. Die kann ich nicht im richtigen Moment aufziehen, eine Stunde später fällt dann der Groschen.“

Ingrid Noll in einem Interview des Spiegel

Sicherlich keine weltbewegende Erkenntnis, denn mit steigendem Alter wird wohl schon jeder von uns diese oder ähnliche Erfahrungengewonnen haben, dass manches eben nicht mehr so geht wie früher einmal.
Die Frage ist halt nur (und so ähnlich habe ich sie in diesem Blog bestimmt schon einige Male gestellt):

Wie gehe ich damit um?
Nehme ich das einfach hin, was da mit mir passiert (zumal vieles davon auch Folge meines eigenen Lebenswandels ist) , resigniere ich und bejammere das, was ich nicht mehr kann oder was nicht mehr geht – oder versuche ich es positiv zu sehen und das Beste aus dem zu machen, was noch geht?

Wobei Frau Noll sicher zu den Menschen gehört, die keine negative Sichtweise zu ihren nachlassenden Fähigkeiten pflegt, sondern eher versucht, ihre Ziele und damit ihr Leben daran anzupassen.
So sagt sie beispielsweise im gleichen Interview auf die Frage nach ihrer Zukunft:

„….. vor allem weil ich auch immer schlechter lesen kann. Ich habe früher ein Buch nach dem anderen verschlungen, das geht nicht mehr. Die Augen werden immer schneller müde, irgendwann werde ich auch gar nichts mehr sehen, der Sehnerv ist beschädigt. Aber das Schreiben geht noch gut, weil ich die Schrift auf meinem Mac vergrößere.“
……..
„Meine Mutter hat (immer) gesagt: Im hohen Alter machen wir keine langfristigen Pläne. Und so halte ich es auch. Ich kann mir ein Bein brechen. Ich kann blöd werden. Ich hoffe, dass man mich diskret darauf hinweist, wenn mein Schreiben schlechter wird.“

Ebenda

Was natürlich auch impliziert, dass sie nicht die Absicht hat, sich von ihren schwindenden Fähigkeiten ausbremsen zu lassen, sondern – im Gegenteil – noch Einiges vor hat.
Es könnte also gut sein, dass es noch weitere Bücher von ihr geben wird, solange sie zumindest noch schreiben kann :-)

-_-_-_-

Doch jetzt muss ich nochmal ein wenig weiter ausholen, um euch zu erklären, warum ich ausgerechnet die Ausschnitte aus dem Interview für mein heutiges Zitat gewählt habe:

Weil alte Menschen mit einer Lebenseinstellung wie Frau Noll mich immer wieder beeindruckt haben, wenn ich ihnen begegnet bin. (Was im Rahmen meines Berufes ja durchaus hin und wieder mal vorkam.)
Menschen, denen die erhaltenen positiven Anteile ihres Lebens wichtiger sind als die Nachteile, die das Älterwerden mit sich bringt.
Zipperlein hier, Zipperlein da – wen kümmerts, wenn auf der anderen Seite noch soviel Gutes zu entdecken gibt und sich daraus immer wieder neue Perspektiven ergeben können?
Selbst, wenn man da in höhreren Lebensjahren ganz anders herangehen muss als früher: Überlegter vielleicht und geplanter und manchmal auch abhängig von der Tagesform.
Aber letztendlich geht dann doch vieles, was anderen in gleicher Situation völlig unmöglich erscheint.

Damit bin ich dann plötzlich auch wieder bei mir selbst und meiner eigenen Situation, über die ich hier ja auch schon hinlänglich (und möglicherweise viel zu oft?) geschrieben habe:
Viel zu oft ertappe ich mich dabei, dass ich gelegentlich auch dazu tendiere, mehr zu jammern und etwas wehleidig auf das zu gucken, was nicht (mehr) geht, statt das zu sehen, was trotzdem noch geht….

Und dann braucht es manchmal eben auch Menschen wie Frau Noll, die mich wieder daran erinnern, den eigenen Blick weg vom hier und jetzt zu lenken und hin zu dem, was in der Zukunft noch passieren könnte.

Übrigens auch unter dem Aspekt, das dafür gelegentlich etwas Eile vonnöten ist…
Denn auch dieser Satz aus dem Interview (in dem Frau Noll einen gut gemeinten Rat ihres Freundes Tomi Ungerer zitiert) hat ja durchaus eine Berechtigung – auch bezogen auf mich selbst:

Nee, nee. Der hat schon gemeint: Beeil dich mal, du weißt ja nicht, wie lange das noch geht.

Dito

Den guten Rat sollte ich mir also gelegentlich auch mal zu Herzen nehmen :-)


In diesem Sinne:
Habt alle einen positiven und erholsamen Sonntag und bleibt gesund und behütet!
Wir lesen und :bye:

Euer Wilhelm,

dem es gelegentlich mal ganz gut tut, wenn jemand ihm den Kopf wieder gerade rückt…..


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