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„Ja, ich sehe es ein, zweierlei ist möglich, man kann entweder dieses thun oder jenes;
meine aufrichtige Meinung und mein freundschaftlicher Rat ist der:
thu es oder thu es nicht, beides wird dich verdrießen.“
Søren Kierkegaard

Das Sonntagszitat 39/22

Einen wunderschönen Sonntag Euch allen!

Weil ich gerade kein aktuelles Zitat habe, gibt es heute mal eines aus meinem Zitatelager, in dem ich alles aufhebe, was mir in Büchern und sonstwo über den Weg gelaufen ist.
Schliesslich haben wir in den letzten zwei Wochen durchaus ähnliche Erfahrungen machen dürfen:

„Zu den erquickendsten Erlebnissen des Reisens gehören die Momente, in denen man auf etwas so völlig Unerwartetes stößt, etwas, was so unverhältnismäßig groß und aus dem Zusammenhang gerissen ist, dass es einen in den Grundfesten erschüttert: ein glitzernder Palast mitten im Dschungel, ein Elefant im Vorstadtgarten, ein bemalter Krieger, der plötzlich am Straßenrand auftaucht. „

(aus „Jupiters Heimkehr: Mit dem Motorroller durch England“ von Ted Simon)

Zwar sind uns keine glitzernden Paläste im Dschungel, keine Elefanten (zumindest nicht in Vorgärten) und auch keine bemalten Krieger am Wegesrand begegnet, aber die eine oder andere Entdeckung gab es da schon:

Etwa die Heidelandschaften auf Amrum, die wir da nicht erwartet hätten

– oder in Form dieser merkwürdigen, aber offenbar gut durchdachten Bushaltestellen-Möblierung mitten im Nirgendwo von Schleswig-Holstein:

– oder bei der sagenhaften Lichtstimmung am Neustädter Binnenwasser bei unserem Ausflug an die Ostsee:

Das alles vermag mich zwar nicht in meinen Grundfesten zu erschüttern, aber dennoch waren es – jedes für sich – durchaus Highlights, welche die zwei Urlaubswochen zusammen mit den vielen anderen Erlebnissen schon sehr besonders werden liessen.

Man muss sie halt nur wahrzunehmen und zu würdigen wissen ;-)


Habt alle einen erholsamen Sonntag und bleibt gesund und behütet!
Wir lesen uns :bye:

Euer Wilhelm,

der solche Erlebnisse gerne viel öfter hätte……


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- 24 Bemerkungen zu “Das Sonntagszitat 39/22

  1. Die Grundfesten müssen nicht immer erschüttert werden, es tut doch gut wenn die Überraschungen die Fundamente stärken. Ich wünsche noch einen schönen Sonntag.

  2. Wie du schon schreibst: Es geht um das Wahrnehmen. Die meisten Menschen sehen die Welt nicht mehr, für sie ist alles selbstverständlich, die schönen kleinen Dinge am Wegesrand. Und was für diese Menschen sehenswert ist, schauen sie sich durch die Technik ihres Smartphones an. Die Schönheit des Momentes entgeht ihnen dabei aber.
    Ein persönliches Beispiel: Wir hatten uns für unsere grosse Islandreise eine Videokamera gekauft. Bernd hat von den vielen tollen Aufnahmen ein wunderbares Video zusammengeschnitten, mit Musik passend zu den Übergängen unterlegt. Es ist auf YouTube hochgeladen. Von der nachträglichen Arbeit abgesehen, Bernd sagt, er macht das nie wieder. Er hat fast die ganze Reise nur durch die Videokamera erlebt. Seitdem liegt die hochwertige Kamera im Schrank (2015).

    1. Wir haben ja nun in den letzten Wochen ziemlich viel fotografiert – die Liebste meist mit ihrem grossen Equipment und ich teils mit der Kamera, teils aber auch „nur“ mit dem Handy, wobei unser Fokus auf ganz unterschiedlichen Motiven lag.
      Bei meiner Liebsten naturgemäss mehr auf den Details, bei mir eher auf dem Gesamteindruck und der Weite der Landschaft (und dafür eignet sich das Handy vorzüglich).
      Dennoch denke ich, dass beides auch zum genaueren Hinsehen verhelfen kann, zum einen durch die Suche nach Motiven, zum anderen aber auch später, bei der Bearbeitung der Bilder durch die Entdeckung von Details, die man in der Situtation gar nicht so recht wahrgenommen hat.
      Und es kommt noch ein Effekt dazu, der für Filmen und Fotografieren gleichermassen gilt:
      Mir helfen die Bilder immer, mich auch nach Jahren nochmal an Orte zurück zu versetzen, an denen wir gewesen sind. Und damit lebt dann auch die Stimmung wieder auf, die dort geherrscht hat.

      1. Wenn ich als Hobbyfotograf auf Motivsuche wäre, ist das natürlich ganz was anderes als wie ich als persönlicher „Reisefotograf“ oder wenn ich hier und da mal zufällig ein Motiv entdecke, was ich meine, das es sich lohnt, abzulichten.
        Ich habe ein sehr gutes „fotografisches Gedächtnis“. Wenn von Orten die Rede ist, wo wir gewesen sind, habe ich sofort die Bilder vor Augen. Mir helfen für die Erinnerung eher meine Reiseberichte oder andere Blogbeiträge. Die sind auch mit Fotos garniert, aber im Text finde ich oft Hinweise: Ach ja, so war das damals, oder: Ach guck, stimmt, daran habe ich gar nicht mehr gedacht.

        1. Dann ticken wir diesbezüglich sicher ganz unterschiedlich.
          Ich bin an der Stelle eher visuell gepolt und Bilder sind mir einen gute Gedankenstütze, auch und besonders in Situationen, wo sie mehr oder weniger zufällig entstanden sind.
          Das ich mal explizit losziehe, um ein bestimmtes Motiv zu finden oder abzulichten, das kommt bei mir eigentlich selten vor.
          (Im Gegensatz zu meiner Liebsten, die das oft ganz anders handhabt)

  3. Moin Wilhelm.
    … „Man muss sie halt nur wahrzunehmen und zu würdigen wissen.“ Genau, so sehe ich das auch. Nur können das leider wohl nicht alle und das finde ich schade. Dabei ist selbst unser Alltag voll von davon – so sehe ich das.
    Liegt das vielleicht auch an unserem deutschen Naturell? Die Frage ist eher eine rhetorische, weil ich habe aus meiner Sammlung einen Spruch von Urban Priol dazu:
    „Rentner: der Italiener geht ins Straßencafé und gönnt sich einen Cappuccino, der Franzose nimmt sich seinen Champagner und geht zu seiner Geliebten, der Engländer geht in seinen Club und nimmt sich einen Whisky – und der Deutsche nimmt Tabletten und geht weiter zur Arbeit.“
    Urban Priol am 18.02.2015 in der MuK HL, in Anspielung auf das hohe Renteneintrittsalter in Deutschland bzw. auf den Fakt, dass viele Rentner noch hinzuverdienen (müssen).
    Schönen Sonntag, wir lesen uns.

    1. Ich glaube eher weniger, dass das ein Frage des Naturells ist – und schon gar kein spezifisch deutsches Problem.
      Da musst Du nur mal in Neustschwanstein gucken, in Rüdesheim oder auch im Hamburger Hafen:
      Da laufen viele Touristen rum, die da im Stundentakt an den Sehenswürdigkeiten vorbeigeschleust werden und allenfalls einen oberflächlichen Eindruck mitnehmen können – und tausende von Bildern, von denen viele später gar nicht mehr recht wissen, wo sie entstanden sind.

      Wenn überhaupt, dann ist das wohl mehr eine Frage des Zeitgeistes von immer schneller, immer mehr und immer weiter, angefeuert durch die Zahl der Likes, die man dafür auf FB, Instagram usw. bekommt.
      Und die sind mindestens genauso schnell vergänglich wie die Augenblicke, in denen die Bilder entstanden sind.

      Insofern bevorzuge ich persönlich eine ganz andere Art des Reisens – etwa so wie wir es auf Amrum gemacht haben:
      Ein paar Tage an einem Ort bleiben und diesen möglichst ausgiebig erkunden und auch die Musse dabei zu haben, mal eine halbe Stunde oder Stunde einfach irgendwo zu sitzen und das auf mich wirken zu lassen, was es da zu sehen gibt.
      Und das manchmal auch noch verbunden mit ein paar Bildern, um mich später daran besser erinnern zu können.

  4. Gerade diese eher zufälligen Entdeckungen wie das Neustädter Binnenwasser machen auch Ausflüge in die nähere Umgebung reizvoll und spannend. Und es gibt so viel Schönes, auch direkt vor der Tür

  5. Ja, ich verstehe gut was der Bernd sagt. Mir geht es oft so wenn ich unterwegs bin und Leute mit einer Kamera vor der Nase sehe und denke wie nehmen die das wahr ich nehme die Natur direkt von der Natur zum Auge war es gibt dann keine Bilder aber ich habe meine Erinnerungen.

    Und zu dem Thema worüber Sven geschrieben hat ist mir kürzlich aufgefallen, dass ich meinem Sohn gesagt habe wenn es Dir zur Zeit nicht so gut geht bleib mal ein oder zwei Tage zu Hause.
    Leider hat er bei mir gelernt immer arbeiten zu gehen und wenn der Kopf unterm Arm ist 🤔 das habe ich früher für richtig befunden….. heute sehe ich vieles anders.
    Mein Sohn ist sehr gewissenhaft ich würde mir wünschen ab und zu dächte er auch mal an sich und seine Kräfte.

    Zum heutigen Thema: auf dieser Welt gibt es ganz viele Wunder große und kleine wir dürfen sie finden und uns daran erfreuen.
    Wichtig ist sie wahrzunehmen.

    1. Eine Kamera an sich ist ja nichts schlechtes.
      Es kommt halt darauf an, wie man sie benutzt. B-)

      Wie oben schon geschrieben: Bilder sind für mich (und das geht vielen anderen auch so) ein Medium, um die Stimmung wieder hoch zu holen, die ich an einem Ort erlebt habe. Ausserdem können sie „Appetithäppchen“ sein, um andere Menschen auf einen Ort aufmerksam zu machen, der Ihnen sonst vielleicht gar nicht besuchenswert erschiene.
      Und sie können auch noch mehr, weil sie immer auch den Blickwinkel des Fotografen zeigen: sie lenken den Blick des Betrachters in eine bestimmte Richtung und können damit eine Geschichte erzählen, manchmal besser als tausend Worte…..

      ——————————–

      Was Deinen Sohn angeht:

      Das Phänomen kenne ich nur zu gut aus eigener Erfahrung.
      Und deshalb weiss ich auch, das guter Rat da nichts nützt, um so weniger, je mehr ein Mensch Hummeln im Hintern hat oder seine Pflicht als Lebensinhalt betrachtet.
      Wenn überhaupt, dann kann eine Änderung in dem Fall nur aus dem Menschen selbst heraus entstehen. Etwa mit der Erkenntnis (so war es bei mir) dass zu Leben nicht nur bedeuted, seine Aufgaben zu erfüllen, sondern auch, sich um sich selbst zu sorgen und zu kümmern….

    1. Richtig…. Kaffee und Kuchen und jemand, der das am Platz serviert… :yes:

      Ich hab mal ein wenig zu diesem Ensemble recherchiert:
      Das steht da tatsächlich schon länger (mindestens seit Mitte 2018) und war ursprünglich mal als ironischer Protest gemeint, nachdem die Stadt Itzehoe beschlossen hatte, keinen Ersatz für das baufällige Wartehäuschen zu bauen, was etwas abseits der Strasse immer noch steht und von Busfahrern nicht eingesehen werden kann:

      https://tinyurl.com/yc4kbnfk

      Das Netz vergisst halt nichts :-)

  6. Hallo Wilhelm,

    ich stimme dir zu. Meist sind es die kleinen Dinge am Wegesrand, die einen Urlaub (oder Ausflug) zu einem Erlebnis werden lassen.
    Super Highlights haben sogar oft die Eigenschaft enttäuschend zu sein.

    Ich wünsche euch einen tollen Sonntag.
    Liebe Grüße
    Trude

    1. Super Highlights haben sogar oft die Eigenschaft enttäuschend zu sein.

      Ja und Nein.
      Bei den Super-Highlights weiss man ja meist schon, was einen da erwartet: Viele Touris, die das gleiche Ziel besuchen, manchmal auch Wartezeiten und oft horrende Eintrittspreise. Mich interessiert dann meist auch mehr das Drumherum, als das Highlight selbst.

      Ganz anders bei einigen unsrer Zufalls-Entdeckungen:
      Die sind meist zwar nicht sehr spektakulär, aber reizen häufig trotzdem zu wiederkommen, weil es Orte sind, an denen wir uns einfach wohl fühlen….

  7. Die kleinen Überraschungen können das Leben so bunt machen – wenn man sie wahrnehmen möchte.
    Bei Euren Touren hat mich vor allem die Lichtstimmung total fasziniert – das wäre für mich ein Wochen- oder Monatshighlight gewesen.

    Wenn man viel durch die Kamera schaut, entgeht einem sicher das ein oder andere – aber ohne meinen Kamerablick würde ich im Gegenzug viele Vögel gar nicht wirklich wahrnehmen, denn ohne Zoom hätte ich nie eine Bewegung am Baumstamm als Baumläufer erkennen können oder ein Wintergoldhähnchen durchs Geäst hüpfen sehen. Insofern ermöglicht mir das Fotografieren schon eine Menge „Überraschungen“ – es wurde deshalb ein so faszinierend abwechslungsreiches Jahr wie noch nie.

    1. Das geht mir ganz genauso. Ich habe zumindest in der Natur das Gefühl, ich gucke sehr viel genauer hin, wenn auch auf der Suche nach Motiven. Aber da nehme ich eben auch ganz viel wahr, was ich ohne Kamera gar nicht sehen würde. Und ich habe Zuhause auch noch was davon. Beim oft langen Warten auf ein Motiv bin ich sehr intensiv in der Natur, beobachte, nehme wahr. Für mein Empfinden verstärkt es eher noch, als das es mich ablenkt

      1. Ja, die Motivsuche. In diesem Jahr, wo ich täglich auf Fotopirsch bin, sehe ich so vieles, was mir zuvor nie aufgefallen ist. Momentan sind die Baumfrüchte für mich ein faszinierendes Buch mit sieben Siegeln – ich kenne Walnüsse, Haselnüsse, Kastanien, Eicheln und Bucheckern – aber in unseren Parks oder auch am Straßenrand gibt es ja noch sooo viel mehr auf den Bäumen zu sehen – das finde ich spannend. Was ich dieses Jahr ziemlich vermisst habe, sind allerdings Schmetterlinge, da flogen kaum mal welche.

    2. Die Lichtstimmung:
      Genau das ist es, was mich sowohl an Amrum als auch an dem Neustädter Binnenwasser so reizt.
      Wobei es beim Binnenwasser sicher auch ein Rolle gespielt hat, das wir ganz ungeplant genau zum richtigen Zeitpunkt da waren, um dies Stimmung vorzufinden.
      Und das ist sicher ein Moment, der kaum reproduzierbar ist.
      Insofern: ja, auch für mich ist es ein Highlight des Monats…ganz bestimmt. :yes:

      1. Die Lichtverhältnisse sind oft der Grund, dass wir an Urlaubsorten morgens vorm Frühstück schon eine Runde drehen oder abends, wenn das „blaue“ Licht leuchtet – da kann ich mich immer gar nicht satt sehen. Am Meer oder in den Bergen ist das einfach gigantisch.

        Dein Sonntagszitat war diesmal wieder allererste Sahne, ich finde es auch spannend, wie Deine Mitleser das verarbeiten.

        Zum Thema Filmen – ich denke, das ist nochmals eine ganz andere Hausnummer als das Fotografieren. Wir haben das mal ganz kurze Zeit auch gemacht, aber schnell festgestellt, dass wir dabei viel zu sehr eingeschränkt sind, fotografieren ist einfacher.

        1. Vielen Dank für die Blumen :-)
          Ich finde genau das an den Sonntagszitaten auch immer spannend. Deshalb bemühe ich mich ja auch meistens, da keine konkrete Denkrichtung vorzugeben.

          Mit Filmen haben wir uns bisher nur im Zusammenhang mit ein paar kurzen Handy-Videos und mit den Aktion-Cams für unsere Roller auseinandergesetzt.
          Das kann man halt „mal“ machen, aber als Medium für unsere Blogs sind Filme in den meisten Fällen eher ungeeignet, weil ich mir – von mir selbst ausgehend – kaum vorstellen kann, dass jemand die Geduld aufbringt, sich ein Zehn-Minuten ( oder mehr) Video in Ruhe anzusehen. Von der Bearbeitungszeit dahinter mal völlig abgesehen.
          Insofern bleibts deshalb allenfalls mal bei kurzen Schnipseln oder Standbildern daraus….jedenfalls soweit es unserer Blogs betrifft.

  8. Ich weiß gar nicht, ob man die großen, grundfestenerschütternden Erlebnisse gehäuft gut vertragen kann. Da freue ich mich doch gern an den kleinen Dingen und lasse – wie das Aebby das sagt – die Fundamente stärken :-)
    Von Euren Beiträgen her würde ich sagen, dass Ihr Eure Fundamente ganz schön gekräftigt habt.

Zu spät! Leider kannst Du hier nichts mehr anmerken.