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„Ja, ich sehe es ein, zweierlei ist möglich, man kann entweder dieses thun oder jenes;
meine aufrichtige Meinung und mein freundschaftlicher Rat ist der:
thu es oder thu es nicht, beides wird dich verdrießen.“
Søren Kierkegaard

Macht – Roman

Moin zusammen!

Nicht das erste Buch dieser Autorin, was ich gelesen habe, aber eines, das mich gleich in mehrfacher Hinsicht überrascht hat:

Macht
Von Karen Duve

Hätte ich nicht gewusst, dass dieses Buch (eine in Ich-Form aus Sicht eines ziemlich macho-haften Mannes erzählte und in der nahen Zukunft spielende Satire) von einer Frau geschrieben worden ist, dann wäre hier wohl ein ziemlicher Verriss fällig geworden, schon aufgrund einiger reichlich sexistischer und eher frauenverachtend geschriebener Passagen.
Wobei die Geschichte und der darin gewagte Blick in die Zukunft auch ohne diese Passagen schon einigen Sprengstoff enthält:

Endzeitstimmung zu Beginn der dreissiger Jahre unseres Jahrhunderts, nachdem der Klimawandels sich mit langen Trockenphasen und kurzen heftigen Unwettern in voller Härte bemerkbar macht und sich auch in heftigen gesellschaftlichen und politischen Verwerfungen niedergeschlagen hat.
Auf der einen Seite die Ökos-Fraktion, die Fleischkonsum verpönt, aber ohne mit der Wimper zu Zucken krebserzeugende Verjüngungspillen nimmt, neuerdings kleine und doch nicht ganz so umweltfreundliche E-Autos fährt und inzwischen einen Wandel zu einer feministisch geprägten Demokratie erwirkt hat, in der das passive Wahlrecht nur noch von Menschen ausgeübt werden kann, die hohe Kriterien erfüllen – und auf der anderen Seite Gruppen von Männern, welche mit allen Mitteln die alten Zustände wiederherstellen wollen, geprägt von verschiedensten Einflüssen religiöser und weltanschaulicher Art.
Und mittendrin Sebastian Bürger, der Ich-Erzähler, nach aussen hin ein „Softi“ und angepasst an die „modernen Verhältnisse“, hinter den Kulissen aber ein tief in seiner Ehre gekränkter Mann, der immer noch vergangenen Zeiten anhängend am liebsten die Uhr soweit zurück drehen würde bis wieder Zustände herrschen wie in seiner Jugend in den sechzigern des letzten Jahrhunderts – als die Frauen den Männern noch untertan waren. Diesen Gedanken treibt er auf die Spitze, indem er seine Exfrau im Keller seines Hauses über Jahre hinweg gefangenhält…..bis er auf einem Klassentreffen auf seine erste grosse Liebe trifft und erkennt, dass er was ändern muss.
Doch damit nimmt das Drama seinen Lauf, denn in der Folge geht alles schief bis hin zu einem Show-Down erster Güte

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Ich gebe zu, dieses Buch habe ich mit einigem Zwiespalt gelesen.
Denn vieles von dem, was Karen Duve in ihrem 2016 erschienenen Buch vorhergesehen hat, ist in den sechs Jahren seither schon eingetreten (beispielsweise, dass Olaf Scholz Kanzler geworden ist) und manches zeichnet sich inzwischen deutlicher ab, etwa was die immer unversöhnlicher geführte Gender-Debatte und den „Öko-Faschismus“ mancher Veganer mit all ihren Facetten betrifft.
Wobei mir allerdings manches auch unwahrscheinlich und überzogen erscheint, was die von ihr beschriebenen Auswüchse betrifft. Genau, wie die oben schon angedeuteten sexistischen Passagen, die teils so explizit in Einzelheiten gehen, die ich für den Fortgang der Geschichte als eher störend (und manchmal auch verstörend) empfunden habe.
Diesbezüglich wäre weniger vermutlich mehr gewesen.

Anderseits – und das ist wirklich positiv zu vermerken:
Das Buch ist, wie alle Werke von Duve, in sehr lockerem Ton geschrieben, voller witziger Details und bisweilen auch brüllend komisch, ohne dabei den Blick aufs Ganze zu verlieren:
Gesellschaftliche Entwicklungen, die sich bei seinem Erscheinen schon abzeichneten und sich durchaus in die von Duve vorhergesehene Richtung entwickeln könnten, wenn sie sich weiter so entwickeln, wie das zur Zeit der Fall ist. Was natürlich auch Denkanstösse gibt – etwa in Richtung des (hier satirisch auf die Spitze getriebenen) Umganges der verschiedenen Gruppen unserer Gesellschaft miteinander….

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Insofern ist mir das Buch auch durchaus noch eine halbwegs gute Bewertung wert, wenn auch mit Abstrichen, soweit es meine oben formulierte Kritik betrifft:

Was aber jetzt nicht bedeutet, dass ich nicht auch noch andere Werke der Autorin lesen würde….

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Der Klappentext:

Noch nie war Liebe so finster und Weltuntergang so unterhaltsam.
Frauen haben die Regierung an sich gerissen, Pillen geben ewige Jugend, religiöse Endzeitsekten schießen wie Pilze aus dem Boden und ein genervter Mann kettet seine Frau kurzerhand im Keller an …
Wir schreiben das Jahr 2031: Staatsfeminismus, Hitzewellen, Wirbelstürme, Endzeitstimmung und ein 50-jähriges Klassentreffen in der Hamburger Vorortkneipe ›Ehrlich‹. Dank der Verjüngungspille Ephebo, der auch Sebastian Bürger sein gutes Aussehen verdankt, sehen die Schulkameraden im besten Rentenalter alle wieder aus wie Zwanzig- bis Dreißigjährige, und als Sebastian seine heimliche Jugendliebe Elli trifft, ist es um ihn geschehen.Wen interessiert es da noch, dass die Krebsrate von Ephebo bei 60 % innerhalb der nächsten zehn Jahre liegt?
Alles könnte so schön sein, wäre da nicht Sebastians Frau, die ehemalige Ministerin für Umwelt, Naturschutz, Kraftwerkstilllegung und Atommüllentsorgung, die er seit zwei Jahren in seinem Keller gefangen hält. Dort muss sie ihm seine Lieblingskekse backen und auch sonst in jeder Hinsicht zu Diensten sein. Seiner neuen Liebe steht sie jetzt allerdings im Weg. Bei dem Versuch, sich seine Frau vom Hals zu schaffen, löst Sebastian eine Katastrophe nach der anderen aus . . .

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Habt alle noch einen wunderbaren Tag und bleibt wie immer gesund und behütet!
Wir lesen uns :bye:

Euer Wilhelm,

Der dieses Buch schon am Wochenende zu Ende gelesen hatte, aber erst mal „überschlafen“ musste, was er dazu zu schreiben hat….


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