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„Ja, ich sehe es ein, zweierlei ist möglich, man kann entweder dieses thun oder jenes;
meine aufrichtige Meinung und mein freundschaftlicher Rat ist der:
thu es oder thu es nicht, beides wird dich verdrießen.“
Søren Kierkegaard

Gottes eigenes Land?

Guten Morgen zusammen!

Früher (fast möchte ich sagen in grauer Vorzeit) waren die Vereinigten Staaten von Amerika – die von vielen bibeltreuen Amerikanern als „Gottes eigenes Land“ angesehen werden – mal ein grosses Vorbild für die Welt und ein Leuchtturm in Sachen Demokratie und bürgerlicher Freiheiten.
Jedenfalls, wenn man nicht so ganz genau hingeguckt hat und Dinge wie Sklaverei und – später – Rassentrennung, Todesstrafe, Kommunistenhass und beinahe ungebremsten Imperialismus einfach unter den Tisch fallen liess, die allesamt mit dem wie einen Schild vorangetragenen Christentum im Grunde nicht zu vereinbaren waren und auch immer noch nicht zu vereinbaren sind – und schon gar nicht mit dem alttestamentarischen fünften Gebot:

„Du sollst nicht töten“

Denn bei der Durchsetzung eigener Interessen zählen Menschenleben und andere christliche Werte in den USA nun mal nicht viel – früher nicht und heute auch nicht. Völlig egal, ob es dabei um wirtschaftliche Interessen im grossen oder im kleinen geht, um Macht, um den Umgang mit den Schwachen in der Gesellschaft oder auch nur um die Unversehrtheit des eigenen Grundstückes, das jeder US-Bürger mit Waffengewalt verteidigen und dabei sogar ungestraft töten darf.

Und auch mit der Demokratie scheint es inzwischen dort nicht mehr so weit her zu sein – mit einem Wahlsystem, bei dem man auch als Mehrheit verlieren kann, mit psychopathischen Präsidenten, die meinen, gottgleich über uneingeschränkte Macht zu verfügen und mit Gerichten, deren Urteile von politischen und wirtschaftlichen Interessen oder völlig falsch verstandener Religiosität bestimmt sind und deren Unabhängigkeit mit Fug und Recht bezweifelt werden darf, wie man gerade wieder überdeutlich sieht, wenn man sich anguckt, was der Surpreme Court mit seinem Richterkollegium von Trumps Gnaden in den letzten Tagen entschieden hat:

Das uneingeschränkte (Grund)Recht, überall und zu jeder Zeit Waffen tragen zu dürfen beispielsweise und die Einschränkungen im Recht auf Abtreibung, die dazu führen, dass in manchen Teilstaaten diese jetzt komplett verboten sind und die grundlegenden Interessen von Frauen (Selbstbestimmung über den eigenen Körper) wieder mal von „frommen alten weissen Männern“ unterdrückt werden, deren verquere Moralvorstellungen als einziger Massstab angelegt werden.

Letzteres mit klarem Bezug aufs oben zitierte fünfte Gebot, ersteres im absoluten Widerspruch dazu, denn wozu trägt jemand eine Waffe, wenn er nicht bereit wäre, sie auch einzusetzen?

Beides übrigens gar nicht mal soweit entfernt von dem, was die amerikanische Politik den Taliban in Afghanistan zum Vorwurf macht und für mich so oder so völlig unverständlich mit dem Widerspruch zu dem, was ich als Christ im Religionsunterricht gelernt habe und als humanistisch denkender Mensch unabhängig davon für moralisch rechtfertigbar halte.

Insofern bin ich wirklich froh, nicht in Gottes eigenem Land zu leben und auch, dass – anders als früher – der „American Way of Life“ nicht mehr das Mass aller Dinge in unserer Welt ist. Denn vorbildhaft ist der Weg zurück ins Mittelalter sicher nicht, den man dort gerade geht.

Und Gott wird wohl auch nicht wollen, dass in seinem Namen solche Dinge geschehen.


Habt alle einen schönen Tag und ein wunderbares Wochenende – und bleibt gesund und behütet!
Wir lesen uns :bye:

Euer Wilhelm,

der sich das gerade mal von der Seele schreiben musste…..


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