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„Ja, ich sehe es ein, zweierlei ist möglich, man kann entweder dieses thun oder jenes;
meine aufrichtige Meinung und mein freundschaftlicher Rat ist der:
thu es oder thu es nicht, beides wird dich verdrießen.“
Søren Kierkegaard

Das Sonntagszitat 41/22

Euch allen einen schönen Sonntagmorgen!

Wann und wo ich diesen kurzen Dialog aufgeschnappt und mir notiert habe, weiss ich gar nicht mehr.

Aber als mir letztens diese Notiz wieder in den Finger fiel begann ich zu überlegen, wie oft ich ähnliches schon in meinem Leben gehört habe – meist in Situationen, wo es darum ging ein Problem oder eine Aufgabe mal anders anzugehen, als man das üblicherweise tut:

«Warum soll man das nicht können? Warum nicht?»
«Weil man es einfach nicht kann.»

Quelle unbekannt

Oft auch verknüpft mit einem kategorischen

«Das haben wir schon immer so gemacht!
Basta!»

Gute Gefühle verbinde ich deshalb mit meinem heutigen Zitat nicht unbedingt, zumal dieser Dialog in meinen Erinnerungen häufig am Ende längerer Diskussionen stand, bei dem meinem Gegenüber sichtbar die Argumente ausgegangen waren, oder es keine Lust hatte, seine Ablehnung meiner Ideen ausführlich oder so zu begründen, dass ich seine Sichtweise nachvollziehen und verstehen konnte….

Kurz und gut:
Ich habe es gehasst, wenn Gespräche so endeten, weil damit auch gelegentlich der frustrierende Gedanke aufkam, nicht ernst genommen zu werden.

-_-_-_-

Anderseits fallen mir aber ganz nebenbei auch ein paar Situationen ein, wo ich derjenige war, der jemand anderen auf diese Art abgewürgt hat. Meine Kinder etwa – oder einen der Azubis, mit denen ich ja lange Zeit zusammen „unterwegs“ war.
Oft bei Gelegenheiten, wo entweder keine Zeit für ausführlicher Erklärungen war, oder – bezogen auf die Azubis – nicht der richtige Ort. Etwa, weil das Gespräch in Gegenwart eines meiner Kunden stattfand und ich da nicht offen antworten konnte.
Sowas gibts, und zumindest dann habe ich mich meist auch bemüht, das betreffende Thema später im Auto nochmal aufzunehmen und meine Ablehnung ausführlich zu begründen.

Wobei ich im nachhinein noch hoffe, niemandem ein „Basta!“ an den Kopf geworfen oder mich gar zur Totschlags-Argumentation verstiegen haben, dass „wir“ das ja „schon immer so gemacht“ hätten.
Denn Traditionen sind ja eigentlich kein Argument, nicht auch mal was Neues auszuprobieren, wenn ausser althergebrachten Erfahrungen nichts anders dagegen spricht. Schliesslich könnten sich neue Ideen ja auch als bessere Ideen erweisen….
Warum also nicht auch mal einen Versuch damit wagen, wenn dabei niemand in Gefahr gerät?

Und ausserdem muss ja auch jeder Mensch seine eigenen Erfahrungen sammeln dürfen, auch wenn dabei mal was schief gehen kann.

-_-_-_-

Bleibt zum guten Schluss noch meine Frage an Euch, die Ihr sicher auch schon ähnliches erlebt habt und womöglich auch schon mit einem Dialog wie oben im Zitat konfrontiert worden seid.
Was ist Euch dabei durch den Kopf gegangen?
Habt Ihr das einfach so stehen lassen, habt ihr weiter gebohrt oder habt ihr – wie ich es oft gemacht habe – Euch darüber hinweg gesetzt und doch „Euer Ding“ gemacht?


Aber wie auch immer:
Habt allen einen wunderbaren Sonntag und bleibt gesund und behütet!
Wir lesen uns :bye:

Euer Wilhelm,

der manchmal auch ziemlich aufmüpfig sein konnte und es auch heute gelegentlich noch ist……


-740-

- 11 Bemerkungen zu “Das Sonntagszitat 41/22

  1. Im Laufe der Jahre habe ich mir das „Haben wir schon immer so gemacht“ komplett abgewöhnt. Zum Einen würgt es die Anderen ab, zum anderen ist es auch sachlich oft fragwürdig. Es gibt schließlich genügend Schlechtes was man auch immer schon so gemacht hat.

    Auf der anderen Seite gibt es auch notorische „neu und anders machen Befürworter“. Wenn die Diskussionen zu hitzig werden frage ich gelegentlich gezielt nach was am neuen Ansatz der Vorteil ist – und siehe da gelegentlich kommt dann keine Antwort ;-)

    Kommt halt wie so oft auf den konkreten Fall an.

    1. Wenn es nur so einfach wäre, die Grenze zwischen dem einen und dem anderen Extrem zu ziehen….
      Gerade, was das beruflichen angeht, hatte ich immer wieder mal das Gefühl in die Rolle des traditionalen Bremsers zu rutschen (oder gerückt zu werden), obwohl ich selbst das Gefühl hatte, neuem gegenüber eigentlich immer offen sein.
      Meist dann, wenn es dabei um „rote Linien“ im Umgang mit unseren Kunden ging, die ich aus langer Erfahrung heraus für gut und richtig empfunden habe. (Wie etwa, was Duzen/Siezen angeht, was für die jungen Kollegen völlig normal schien, für mich aber ein absolutes No-Go war)

  2. Das „haben wir schon immer so gemacht“ kenne ich noch aus meinem Berufsleben. Aber bei solchen Aussagen muss ich zugeben, reagiere ich ziemlich allergisch – und mache es dann gerade anders.
    Insgesamt bin ich immer am besten gefahren, wenn ich Altes und Neues miteinander verknüpft habe. Und interessanterweise haben danach meine Kollegen häufig mitgezogen und sich auch aufs Neue eingelassen, obwohl das vorher für viele überhaupt kein Thema war.

    Mit einer gewissen Neugierde und Offenheit für neue Dinge kann man auch im Privatleben wunderbare Überraschungen erleben – manches kann man dann, was man sich selbst vorher nicht zugetraut hat.

    1. Die Verknüpfung von altem und Neuen…
      So sollte es eigentlich idealerweise sein. Denn nicht alles alte ist schon deshalb schlecht, weil es alt ist und nicht alles Neue ist schon deshalb gut, weil es neu ist. Also dürfte der beste Weg in vielen Fällen in der Mitte liegen…. :good:

  3. Der Kollege, der mich im Job angelernt hatte war genau so ein Typ: Bloss nix ändern, auch wenn er nicht erklären konnte warum etwas überhaupt so gemacht wurde.
    Irgendwann wurde er länger krank und ich konnte die Arbeit modernisieren. Als er wieder gekommen ist arbeitete er wieder nach alt, aber ich ließ mich nicht mehr von ihm zurück quetschen.

    Ich habe mir vorgenommen es bei meinen Azubis / neuen Kollegen besser zu machen. Und hoffe das ich es auch mache. Jedenfalls hat sich noch keiner beschwert.

    🌈😘😎

    1. Ich hab von meinen Azubis auch immer viel gelernt.
      Schon weil gelegentlich die Frage aufkam warum ich Dinge so und nicht anders mache?
      Und die führte dann auch immer dazu, meine eigenen Methoden zu reflektieren und ggf anzupassen….

  4. Ich denke, es gibt tatsächlich Dinge, die eben wirklich nicht gehen, weil sie z. B. gegen physikalische Gesetze verstoßen oder sowas.
    Wenn mir jemand sowas sagt und ich merke, dass da nichts Anderes mehr drin ist, dann hake ich das im Gespräch für mich ab und mache dann doch irgendwie mein eigenes Ding.
    Bewusst kann ich mich jetzt nicht erinnern, sowas in dieser Härte gesagt zu haben, nur um „meine Ruhe“ zu haben. Was ich durchaus hin und wieder tue, dass ich sage, dass es gerade im Moment nicht anders machbar ist, wir es aber beim nächsten Mal anders versuchen können. Eigentlich versuche ich immer, auch eine Begründung zu geben.

    1. Das wichtigste an einer Ablehnung ist immer auch eine nachvollziehbare Begründung.
      So jedenfalls meine Erfahrung. Denn wenn ich verstehe, warum etwas nicht geht, fällt es mir auch leichter, damit umzugehen und mich darauf einzustellen.
      Bei allem Anderen hab ich auch immer das Gefühl, dass es da auch um reine Machtspielchen gehen könnte und darauf reagiere ich meist ausgesprochen allergisch…..

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