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„Ja, ich sehe es ein, zweierlei ist möglich, man kann entweder dieses thun oder jenes;
meine aufrichtige Meinung und mein freundschaftlicher Rat ist der:
thu es oder thu es nicht, beides wird dich verdrießen.“
Søren Kierkegaard

Mach mir den MacGyver!

Ich nochmal, Ihr Lieben!

Die jüngeren unter uns werden sich sicher nicht mehr erinnern, aber da gab es doch mal im Nachmittagsprogramm eines Privatsenders einen Typen, der bei der Jagd auf irgendwelche Ganoven oder beim Retten der Welt immer wieder in ausweglose Situationen geriet, aus denen er sich nur durch wüste Improvisionen retten konnte. Oft mit nicht mehr Hilfsmitteln als etwas Draht, einem Taschenmesser und ein wenig Klebeband.
Und so sah er aus:


Angus MacGyver

Ein ganzer Kerl also, der vor nichts zurückschreckte und niemals die Hoffnung aufgab.

Soviel zur Vorgeschichte und jetzt kommt, was das nun mit mir zu tun hat:

Nachdem ich letzte Woche den Kampf mit einer widerspenstigen Kontrollleuchte im unserem Auto erfolgreich bestanden hatte, waren ja noch andere Baustellen offen, die es ebenfalls abzuarbeiten galt – neben dem wieder mal verstopften Abfluss in Bad und Küche auch noch ein Problem am Roller meiner Liebsten, der „komische Geräusche“ machte und immer wieder zwischendurch ausging.
Grund genug, da mal auf Ursachenforschung zu gehen, nachdem die Sache mit dem Abfluss dank der Erfahrung vom letzten Mal diesmal schnell und ohne grosse Sauerei erledigt war.
Und auch da war der Fehler schnell gefunden, nachdem ich der Lärmquelle folgend das Helmfach unterm Sitz geöffnet hatte:
Ein abgerutschter Luftschlauch zwischen Luftfilter und Kompressor, der die Einspritzpumpe mit vorkomprimierter und temperierter Luft versorgen soll – hier in der Mitte des Bildes zu sehen:

Womit sich auch der Lärm und das Ausgehen der Maschine erklärt – denn erstens wird der Schlauch so zur Orgelpfeife und zweitens stimmt mangels Widerstand durch den Luftfilter auch das Luftmanagment der Maschine nicht mehr – weshalb das Gemisch im Leerlauf zu sehr abmagert und der Motor einfach stehen bleibt, weil er nicht genug Nahrung bekommt.

Dumm halt nur, dass diese Schlauchverbindung so verbaut ist, dass ich wegen meiner dicken Finger und fehlender Werkzeuge da nicht selbst Hand anlegen kann, um den desertierten Schlauch wieder zu befestigen.
Da bleibt also nur der Weg in die Werkstatt, damit der freundliche Meister das in Ordnung bringt ….

Ergo habe ich gestern morgen erstmal unseren Autoschrauber hier in der Nachbarschaft kontaktiert, der in seinem Fach ziemlich gut und zudem auch sonst sehr hilfsbereit ist.
Aber der hat dankend abgelehnt:

„Ich könnte Ihnen das zwar machen, kann ihnen aber nicht versprechen, dass das mit ein paar Minuten abgetan ist. Wenn ich da viel abbauen muss, um an die Schlauchverbindung zu kommen, geht da schnell eine Stunde oder auch mehr drauf. Ausserdem muss ich mir auch erst das Werkstatthandbuch besorgen, und das müsste ich ihnen zum Teil auch in Rechnung stellen, weil ich keinen Kunden habe, für den ich das noch brauchen würde…“

Das fand ich zumindest mal ehrlich und fair.
Aber so kenne ich ihn auch und dafür schätze ich ihn und seine wirklich gute Arbeit :good:

Blieb als zweite Variante noch die Motorradwerkstatt, in der der Roller letztes Jahr zu Inspektion war.
Wobei mir schon klar war, dass da jetzt im Frühjahr, vor Beginn der Motorradsaison Hochbetrieb herrscht und mit einem schnellen Termin wohl nicht zu rechnen wäre.
Und genauso war es dann auch. Eigentlich – so sagte mir die Dame am Telefon – würden sie jetzt schon Termine ab Mitte April vergeben, aber sie würde mit dem Meister sprechen ob da nicht vorher was möglich wäre.
Und der rief dann ein paar Stunden später zurück, dass sie sich nächste Woche Freitag um den Roller kümmern könnten – eher ginge leider nicht – er hätte uns da schon eingeschoben, ja geradezu „dazwischen gezwängt“…

Hmmmm…..

Das ist zwar gut, jetzt einen Termin zu haben, aber was macht die Liebste in der Zeit bis dahin?
Meine Oma taugt nicht als Ersatz, weil noch im Winterschlaf und kaltem Wetter schon deshalb abhold, weil sie nur Sommerschläppchen hat, mit dem Auto fahren geht auch nicht, weil es in Altona kaum Parkplätze gibt – und Öffis sind auch nur bedingt eine Alternative, weil meine Liebste die gar nicht schätzt……(obschon da auch immer Anlass für tolle Bilder gegeben ist)

Hmmmm???

Doch dann kam mir gestern Abend im Bett eine Idee, die möglicherweise als Provisorium taugen könnte – und damit kommt MacGyver ins Spiel:

„Was wäre denn,“

so überlegte ich,

“ wenn ich einfach eine Manschete um die offene Verbindung lege – aus Folie oder Pappe und mit etwas Gaffa-Tape um sie zu fixieren? Eigentlich müsste ich das doch auch mit meinen dicken Fingern hinbekommen können, wenn ich es schaffe, eine Art Hülse auf den Stutzen des Luftfilters aufzufädeln und dann den Schlauch von unten da rein schiebe und mit dem Klebeband fixiere?“

Und damit war klar, dass da zumindest einen Versuch lohnenswert scheint. Mehr kaputt machen würde ich damit ja nicht und auch wenns nicht klappt, wäre zumindest nichts verloren.
Ergo hab ich heute Morgen mein „Werkzeug“ und das Reparaturmaterial zusammengepackt ,

Ein stabiler Gefrierbeutel, etwas Gaffa und und Schere – mehr braucht es nicht

bin die Treppe runter und habe in die Tat umgesetzt, was im Kopf zu funktionieren versprach….

Und was soll ich sagen:

Läuft!

MacGyver wäre sicher stolz auf mich :-)

Wie immer bei Provisorien stellt sich allerdings nun wieder mal die Frage, ob die Improvisation nicht länger hält als die ganze Maschine, bei soviel Gaffa, wie ich da um Schlauch und Stutzen gewickelt habe, damit das wirklich luftdicht ist?
Aber das müssen wir ja auch nicht ausprobieren, denn die Werkstatt wird das richtig in Ordnung bringen…


Und nochmal:
Habt einen friedlichen Tag und bleibt behütet und gesund!
Wir lesen uns :bye:

Euer Wilhelm,

der normalerweise derartige Improvisationen gar nicht schätzt, aber trotzdem ganz zufrieden ist, dass die Liebste nun doch in den nächsten Tagen mit dem Roller zur Arbeit fahren kann


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Schöne neue Welt – Roman (Sci-Fi)

Hallo, Ihr alle!

Ich kann mich noch trübe erinneren:
Ich hatte dieses Buch vor Jahrzehnten schon mal in der Hand, in Zeiten, als Science-Fiction noch den grössten Teil dessen ausmachte, was ich in gedruckter Form vor die Nase nahm:

Schöne neue Welt
von Aldous Huxley

Damals noch in einer älteren Übersetzung mit eingedeutschten Namen

(also vermutlich zurückgehend auf die deutsche Ausgabe von 1957, ursprünglich übersetzt von Herberth Egon Herlitschka, 1932, die von den Nazis verboten und nach dem Krieg Grundlage mehrer Neuauflagen war, die teils unter anderen Titeln erschienen sind)

Allerdings konnte ich seinerzeit rein gar nichts damit anfangen, so dass es kurz darauf schon auf dem Stapel der Bücher lag, die ich (beinahe ungelesen) weiterverschenkt habe.

Trotzdem habe ich es mir jetzt nochmal vorgenommen, aufmerksam gemacht durch den Klappentext eines anderen Buches und nachdem ich gelesen hatte, dass die aktuelle Ausgabe von 2018 in der Übersetzung von Uda Strätling um einiges besser zu lesen und auch inhaltlich näher am Englischen Original sei – und war schon auf den ersten Seiten total in den Bann des Buches gezogen.

Aber genug der Vorrede, kommen wir zur Sache:

in der schönen neuen Welt nimmt Huxley aus der perspektive Ende der zwanziger Jahre des Letzten Jahrhunderts heraus eine Welt aufs Korn, wie sie sechshundert Jahre in die Zukunft gesehen aussehen könnte und erweist sich dabei als ausgesprochen weitsichtig mit seinen Prognosen, was technische und gesellschaftliche Entwicklungen angeht, die es seinerzeit noch nicht gab, als er das Buch geschrieben hat:

Helikopter, Überschall-Düsenflugzeuge, Fernseher, elektronische Musik, Städte, die nur aus Hochhäusern bestehen, um nur einige zu nennen.
Und auch die Menschheit hat sich verändert: es gibt keine natürlichen Geburten mehr, Babys werden am Fliessband in der Retorte gezeugt, erleben ihr Embrionalstadium auf Flaschen gezogen, werden „dekantiert“und machen ihre kindliche Entwicklung in riesigen fabrikartigen Instituten durch, wobei nicht Liebe die Grundlage ist, sondern Konditionierung durch ständige Berieselung und Indoktrination mit Parolen, die sie auf ein Leben als Teil einer Gesellschaft vorbereiten, die aus einem schon bei der Zeugung festgelegtem Kastensystem besteht:

Einige wenige, die „Alphas“ und „Betas“, sind dabei für höhere Aufgaben vorgesehen, alle anderen darunter stehenden dienen als „Massenware“ und dumm gehaltene Klone aus einer einzigen Eizelle leglich für subalterne Aufgaben bis hin zu eintönigster Fliessbandarbeit, die notwendig ist, um den künstlich hochgehaltenen, hemmungslosen Konsum aufrecht zu erhalten, der nicht auf Nachhaltigkeit, sondern auf schnellen Verbrauch ausgelegt ist.
Das gilt sowohl für alle Waren, als auch in der Freizeit mit all ihren anspruchslosen Vergnügungen, um die Menschen bei Laune zu halten,- inklusive Sex zu jeder Zeit und mit jeder Person – immer nach dem Motte: „Jeder gehört Jedem“.
Dabei sind Gefühle wie Liebe und Treue ebenso verpönt wie Individualität oder der Wunsch, alleine zu sein. Gemeinschaft ist alles, der Einzelne ist Nichts.
Auch Gott wurde abgeschaft und durch „Ford“, den Erfinder des Fliessbandes ersetzt als Musterbeispiel für Konsum, Rationalisierung und Massenproduktion.

Aber dennoch gibt es einzelne Personen in diesem System, die trotz Konditionierung nicht glücklich sind und denen die offiziell favorisierte Droge „Soma“ nicht reicht, um ihre Unzufriedenheit zu betäuben.
Wie einer der „Helden“ des Buches, Bernhard Marx, der auf der Suche nach einem Sinn für sein Leben eine Reise in eines der wenigen Reservate unternimmt, in denen noch Menschen hermetisch abgeschottet und eingezäunt natürlich leben dürfen , in einer Gesellschaft wie wir sie auch kennen:
Ohne Konditionierung von Kleinauf , aber mit Religion, Liebe, Partnerschaft und Treue und in engem Einklang mit der Natur, wenn auch technologisch weit hinter dem Level der „zivilisierten Welt“. und von dieser als „Primitive“ angesehen, deren wirtschaftliche Ausbeutung „nicht lohnt“
Eine Reise, die zur Begegnung mit einem jungen Mann führt, dessen Mutter (eine Beta aus der zivilisierten Welt) trotz Verhütung schwanger und vom Vaters des Kindes zur Verdeckung dieser „Schande“ im Reservat ausgesetzt wurde, ohne Möglichkeit der Rückkehr in die zivilisierte Welt.
Und so entschliesst sich Marx, den Jungen mitzunehmen, der ein totales Gegenmodell zu den „zivlisierten“ Menschen ist, wie Marx sie kennt… mit fatalen Folgen für den Jungen, der schnell zur Sensation für die zivilsierte Welt wird und als „der Wilde“ Schlagzeilen macht und überall herumgereicht wird….

Der Klappentext (verkürzt):

1932 erschien eines der größten utopischen Bücher des 20. Jahrhunderts: ein heimtückisch verführerischer Aufriss unserer Zukunft, in der das Glück verabreicht wird wie eine Droge. Sex und Konsum fegen alle Bedenken hinweg und Reproduktionsfabriken haben das Fortpflanzungsproblem gelöst. Es ist die beste aller Welten – bis einer hinter die Kulissen schaut und einen Abgrund aus Arroganz und Bosheit entdeckt.

Anmerkung:

Auch wenn das Buch oberflächlich gelesen und in seinen Überspitzungen wie eine Satire wirkt und dies durch viele Anspielungen im Text immer wieder unterstreicht (alleine die vielen Fussnoten geben reichlich Stoff zum Schmunzeln), sich leicht und fliessend liest und dabei recht unterhaltsam ist, enthält es einen Kern, der viel Stoff zum Nachdenken gibt, weil er deutliche Parallelen zu unserem heutigen Leben aufzeigt, wie es sich in den neunzig Jahren nach Erscheinen der ersten Ausgabe entwickelt hat:
Denn hemmungsloser Konsum als Leitmotiv der „schönen neuen Welt“ ist ja längst auch prägend für unser Leben, in dem auch viele „alte Werte“ zunehmend an Bedeutung verlieren und Individualität oder kritisches Hinterfragen oft nicht mehr opportun sind, wenn man als „in“ und „dazugehörig“ gelten will. Vordenker (Influenzer) sind „hipp“, weil sie den Konsum noch anheizen, statt ihm kritisch etwas entgegen zu setzten und Querdenker (jetzt nicht auf die Corona-Spinner bezogen) oder Miesmacher sind nicht mehr gefragt.

Das ist im Buch so und zum Teil auch in unserem heutigen Leben.

Wobei das Buch vom Aufbau her damit ziemlich subtil umgeht – beschreibt es doch am Anfang in bunten Farben die Vorzüge dieser neuen Welt, die Frieden, Glück, Genuss und Harmonie verspricht, um dann als ersten Bruch die Person des Bernhard Marx einzuführen, der als echter Miesepeterr nur wenig mit diesen Vorzügen anfangen kann. Seine Reise ins Reservat und die Begegnung mit „dem Wilden“, John Savage, wird dann der nächste Bruch, weil John alles in Frage stellt, was die vordergründige Philosophie hinter der zivilierten Welt ausmacht, gipfelnd in einer Begegnung mit dem obersten Alpha, dem „Weltcontroller“, der nach aussen hin die Werte der Zivilisierten vertritt, aber sich auch als Philosoph erweist, der viele Gedankengänge des jungen John durchaus teilt, seine Macht aber nicht dafür einsetzen will, weil er damit „die Menschen um ihr Glück bringen würde“ – was John zur Gegenfrage veranlasst, was er denn mit „Glück“ überhaupt meint…

Für mich übrigens die Szene, die hammerhart die Essenz des Buches darstellt, auch wenn ich manche von John propagierte Moral-Vorsätze für ebenso fragwürdig halte wie die Haltung des Weltcontrollers….

Aber das mag auch daran liegen, dass deses Buch schon neunzig Jahre auf dem Buckel hat und manches damals noch anders gesehen wurde, als wir das heute tun.

Huxley selbst – also der Autor – hat daran später denn auch einiges revidiert:
So schreibt er nicht ohne Bedauern selbst im Vorwort der Ausgabe von 1946, dass er manches „zu schwarz-weiss“ gemalt habe in seiner Utopie, nicht bedenkend, dass auch Zwischentöne möglich und realistisch seinen, ja sogar zu erwarten wären, wenn er die fünfzehn Jahre seit Erscheinen seines Buches mit überdenken würde. Immerhin habe es ja einen grossen Krieg gegeben, die Atombombe und noch einige andere Ereignisse, die er nicht bedacht habe..
Dieses Vorwort findet sich im Anhang der von mir gelesenen Ausgabe und ist auch in anderen Punkten recht kritisch in der Art, wie Huxley mit sich selbst und seiner Utopie umgeht….

Bleibt als Fazit für mich, dass es sehr gelohnt hat, mir dieses Buch nochmal vorzunehmen, zumal es auch den Anlass gibt, mich noch mit weiteren Werken von Huxley zu beschäftigen, die sich ebenfalls mit Utopien und gesellschaftlichen Entwicklungen auseinandersetzten.
Eiland“ etwa oder „Wiedersehen mit der schönen neuen Welt
Schaunmermal….

Fehlt zum guten Schluss nur noch eins:

Aber das dürfe nach meiner Lobeshymne wohl klar gewesen sein ;-)


Habt einen friedlichen Tag und bleibt gesund und behütet!
Wir lesen uns :bye:

Euer Wilhelm


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