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„Ja, ich sehe es ein, zweierlei ist möglich, man kann entweder dieses thun oder jenes;
meine aufrichtige Meinung und mein freundschaftlicher Rat ist der:
thu es oder thu es nicht, beides wird dich verdrießen.“
Søren Kierkegaard

Sonntagmorgen, 5:30 Uhr

Und nochmal:
Guten Morgen, Ihr Lieben!

Wieder mal viel zu früh wach geworden – wie so oft in den letzten Tagen…
Diesmal aber nicht, weil ich schlechte Träume gehabt hätte, sondern weil ich nach fünf Stunden Schlaf einfach ausgeschlafen hatte und nicht mehr liegen konnte…

Was ja auch nichts Schlimmes ist – im Gegenteil. Denn so konnte ich aus unserem Küchenfenster beim Kaffeemachen auch gleich mal die ersten Vorboten der aufgehenden Sonne betrachten:

Wie ruhig und friedlich die Welt doch um diese Zeit noch ist!
Und das wollte ich mir auch noch ein wenig erhalten.
Also hab ich mir die übliche Morgenroutine erst mal verkniffen und statt am Computer sitzend den ersten Kaffee stehend am Küchenfenster genossen – und, während es draussen immer heller wurde, mal ein wenig meine Gedanken schweifen lassen.
So ein Küchenfenster kann durchaus ein guter Ort zum Nachdenken sein…..

Etwa darüber, was in der kommenden Woche für mich ansteht – beispielsweise unsere Steuererklärung, für die wir ja alle Unterlagen zusammen haben oder meine Oma, die es so langsam aus dem winterlichen Koma zu holen gilt, jetzt wo die Tage wieder länger und wärmer werden und Ausfahrten auch für mich in den Bereich des möglichen rücken.
Und auch über den heutigen Tag, der ja ganz schön zu werden verspricht und was man da wohl unternehmen könnte.
Die Liebste will ja zur Demo in die Stadt und wird sicher anschliessend noch irgendwo eine Fotosession machen, aber das werde ich mir wohl verkneifen nach der Erfahrung vom letzten Wochenende und der wieder mal getroffenen Feststellung, dass „Steh-Demos“ nicht wirklich das richtige für mich sind – zumal ich ja auch nicht mitlaufen könnte, wenn sich der Zug der Demonstranten in Bewegung setzt…..

Sicher, ein Luxusproblem angesichts des Anlasses, aber so ist es nun mal…..

Bleibt aber die Frage, was ich stattdessen machen könnte?
Und dabei regt sich auch ein wenig mein alter Unternehmungsgeist, der nach der Medikamenten-Umstellung langsam wieder zum Vorschein kommt:
Die Stimmung ist seither besser, der Rheumaschub klingt ab (wie es scheint), und auch ansonsten drängt es mich wieder mehr, die häusliche Umgebung zu verlassen….

Woran – zugegeben – auch unser kleiner Flieger und meine Experimentierfreude im Umgang damit einen Anteil hat…

Inzwischen hat sich auch das Bild vor meinen Augen verändert – es ist heller geworden und man erkennt mehr Einzelheiten:

Kalt sieht es draussen aus, aber es wird wohl ein schöner , sonniger Tag werden heute – und meine Tasse ist auch leer…
Also vertage ich erst einmal die Entscheidung über meine eigenen Pläne für diesen Tag und wende mich dem zu, was heute Nacht in der Welt passiert ist.

Wahrscheinlich nichts Gutes und sicherlich kein Wunder – aber das wäre wohl auch zuviel erwartet….


Und nochmal:
Habt einen friedlichen Tag und bleibt gesund und behütet!
Wir lesen uns :bye:

Euer Wilhelm


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Das Sonntagszitat 11/22

Guten Morgen, Ihr alle!

Wie ja schon an anderer Stelle geschrieben bin ich gerade in einen „Sci-Fi“-Phase.
Oder besser gesagt, ich lese gerade „Zukunftsliteratur“, wie zuletzt auch Huxley’s „Schöne neue Welt“ – ein Buch, das mir ausnehmend gut gefallen und auch einigen Stoff zum Nachdenken geliefert hat mit seinem Blick auf eine Gesellschaft, die weit ab von dem ist, was wir alle kennen.

Spannend daran fand ich auch, wie sich Huxley etwa 15 Jahre nach Erscheinen des Buches selbst darüber geäussert hat – und noch spannender ist ein Band mit Essays aus Huxleys Feder, der wiederum 15 Jahre später erschien, und ebenfalls die Inhalte des 1932 erscheinenen Romans zum Thema hat – in Form einer kritischen Überprüfung dessen, was er selbst 30 Jahre zuvor als Utopie in den Raum gestellt hatte.

Eine Passage daraus möchte ich heute in meinem Sonntagszitat gerne zur Diskussion stellen:

„Im Lauf der Evolution hat sich die Natur große Mühe gegeben, jedes Einzelwesen von jedem anderen verschieden zu gestalten. Wir pflanzen unsere Art fort, indem wir die Gene des Vaters mit denen der Mutter zusammenbringen. Diese Erbfaktoren können auf unendlich vielfältige Weise kombiniert sein. Körperlich und geistig ist jeder von uns einzigartig.

Jede Kultur, die um der Leistungsfähigkeit willen oder im Namen eines politischen oder religiösen Dogmas den Einzelmenschen zu normen sucht, begeht einen Frevel an der biologischen Natur des Menschen.“

(aus „Wiedersehen mit der Schönen neuen Welt“ von Aldous Huxley)

Eigentlich ja eine Selbstverständlichkeit, aber trotzdem habe ich erst mal ein wenig gestutzt, als ich diese Sätze gelesen haben.
Nicht, weil sie eine Abkehr von Huxley’s Thesen in seiner Utopie bedeuten, die ich ohnehin eher als satirische Übertreibung ausfgefasst hatte, sondern weil er im Kontext dieses Zitates auch einige Beispiele aufführt, wo er gesellschaftliche Normierungen und Uniformität im alltäglichen Leben seiner Zeit erkennt – also speziell in der Zeit nach dem zweiten Weltkrieg bis zum Beginn der 60er Jahre des vorigen Jahrhunderts.

Manches davon gilt sicher auch heute noch – etwa die Anpassungen an die Arbeitswelt, die jeder von uns kennt (um sechs klingelt der Wecker!) und die uns alle zu Teilen eine globalen Maschine macht deren Taktgeber die Zeit und die Finanzmärkte sind – manches trifft aber so in unserer Welt auch nicht mehr (oder zumindest deutlich weniger) zu, wie etwa sehr eng definierte Geschlechterrollen oder überzogene und von Religion geprägte Sitten- und Moralvorstellungen, die sich sogar in streng formulierten Gesetzen mit härtetsen Sanktinen widerspiegelten.
Dafür finden sich bei genauerer Betrachtung inzwischen aber ganz andere, neue Normen und Zwänge, die Huxley nicht vorhersehen konnte:

Entstanden „aus der Gesellschaft heraus“ (oder doch „von oben aufoktruiert“?), beispielsweise im Zusammenhang mit Kommunikation

„Wie, Du bist nicht bei What’s App?“

oder mit neuen Medien wie „sozialen“ Netzwerken

„Ohne Facebook – Instagram- TikTok – usw. könte ich die Kontakte zu meinen Freunden nicht aufrecht erhalten. Wie sollte ich mich denn sonst mit denen verabreden?“

und in der immer mehr zunehmenden Schnelllebigkeit unserer Zeit, etwa beim Zwang ständig neue und bessere Geräte haben zu müssen, weil die alten entweder viel zu schnell kaputt gehen oder ganz und gar inkompatibel zu den neusten technischen Normen sind.

Handies beispielsweie – oder das gute alte Dampf-Radio, welches im Zeichen der Digitalisierung bald auch nicht mehr analog funktioniert.

Oder, aus einer ganz anderen Ecke kommend und gerade Quell andauernder Diskussionen:
die gendergerechte Sprache mit ihren teils skurrilen Auswirkungen, die mir manchmal vorkommen wie Grabenkämpfe, ausgefochten von Menschen, die hinter ihrem Schutzschild einer „gerechten Sache“ wenig Toleranz anderen Ansichten gegenüber zeigen und neue Normen durchdrücken wollen, von denen eine grosse Mehrheit ihrer Mitmenschen wenig überzeugt sind….

(Und nein, ich verfechte keinesfalls die These, dass alles so bleiben müsse, wie es schon immer war, sondern bin durchaus auch der Meinung, dass Geschlechtergleichheit auch in der Sprache Audruck finden muss. Allerdings halte ich „erzwungene“ Gendersternchen und künstliche Pausen vor dem *innen da nicht für den richtigen Weg, zumal es auch Alternativen gäbe, bei denen man sich nicht die Zunge brechen muss:

Etwa die Bennenung beider Geschlechterformen eine Wortes , verbunden durch ein „und“ dazwischen.

Und ja: manchmal macht auch der Ton die Musik)

Aber ich schweife ab und begebe mich vermutlich grade auf sehr glattes und sehr dünnes Eis…

Deshalb würde ich jetzt gerne den Ball an Euch weiterreichen mit der Frage, wie ihr es haltet mit Eurer Individualität – und welche Normen, Zwänge und Uniformitäten Euch in unserer Zeit am meissten nerven?


Habt alle einen ruhigen und friedlichen Sonntag und bleibt behütet und gesund!
Wir lesen uns :bye:

Euer Wilhelm


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