– – tageweise unsortiertes – –
„Ja, ich sehe es ein, zweierlei ist möglich, man kann entweder dieses thun oder jenes;
meine aufrichtige Meinung und mein freundschaftlicher Rat ist der:
thu es oder thu es nicht, beides wird dich verdrießen.“
Søren Kierkegaard

Musik und Emotionen

Guten Tag Euch allen!

Um beim Lesen des nun folgenden Beitrags keine Missverständnisse aufkommen zu lassen:
Ich finde es gut und richtig, Menschen in Not zu unterstützen mit Dingen die sie brauchen oder mit Geld, das Hilfsaktionen möglich macht. Und das nicht nur in aktuellen Krisensituationen, sondern immer und auch für Projekte, die einen langen Atem brauchen und nicht die Schlagzeilen beherrschen: Obdachlosenhilfe beispielsweise, Ärzte ohne Grenzen oder Seawatch, allesamt langfristige Projekte, bei denen es nicht mit „pay & forget“ getan ist.

Was mir aber richtig auf den Keks geht dabei sind gross angelegte Spendenaktionen wie etwa der „Spendenmarathon“ letzten Freitag, weil sie neben dem Geldeinsammeln für den guten Zweck vor allem auch eine Selbstdarstellungs-Plattform für alle sind, die mal wieder positiv in den Schlagzeilen erwähnt werden wollen. Wobei ich nicht mal unterstelle, dass die nicht auch den guten Zweck im Sinn haben, wenn sie bei solchen Veranstaltungen fröhliche Liedchen singen. Dennoch kann ich mich des Gefühles nicht erwehren, dass da auch immer eine Hand die andere wäscht……
Der Spendenmarathon profitiert von seinen Künstlern und die wiederum vom Spendenmarathon.

Aber trotzdem scheint mir das ein wenig unangemessen, zumal auch nicht sicher ist, das die auf diese Art generierten Spendengelder nicht ohnehin und auch ohne solche herzzerreisend mit Emotionen aufgeladenen Veranstaltungen gespendet worden wären – möglicherweise sogar an kleinere Hilfsorganisationen, die ebenfalls sinnvolle Arbeit machen und nun das Geld eben nicht mehr bekommen….
Schliesslich sind die Mittel der einzelnen Spender in den meissten Fällen wohl auch limitiert und das gesamte Spendenvolumen damit auch.

Und noch ein weiterer Aspekt stösst mir gerade wieder übel auf, auch wenn er nur bedingt mit den Spendenaktionen zu tun hat – gut zu sehen in diesem Video, bei dem im Rahmen der oben angesprochenen wunderschöne getragene Musik mit Bildern aus der Ukraine kombiniert wurde:

Adagio for Strings – Samuel Barber
(Lief als Spendenaufruf im Abendprogramm des NDR zwischen Nachrichten und Krimi)

Sowas ähnliches gab es schon öfter mal, wobei mir eine derartige Kombination in Erinnerung geblieben ist, die ich besonders schlimm fand:

Damals, 2001 hat ein Privatsender eine wunderschöne Ballade (Only Time) der schottischen Sängerin Enya (zunächst wohl ohne ihr Einverständnis) effekthaschend als Soundtrack unter Bilder vom zerstörten World-Trade-Center gelegt, um die ohnehin sehr emotionsgeladene Wirkung der Bilder noch zu verstärken und hat damit – zumindest in meinem Kopf – die Musik dieser Künstlerin untrennbar mit dieser Katastrophe verknüpft.
Fraglich, ob das nötig war, denn was da zu sehen war, war auch ohne diese Verstärkung schon schlimm genug. Zumal der damals erreichte Effekt auch heute noch nachwirkt. Ich zumindest habe 9/11 und die schrecklichen Bilder sofort wieder im Kopf, wenn ich irgendwo Musik von Enya in ihrem typischen Sound höre – meist mit dem Effekt, dass ich das Radio ausschalte oder zumindest zum nächsten Titel weiterklicke, wenn sie mir irgendwo begegnet.
Was schade ist, denn vorher mochte ich ihre Musik sehr….

Und ich befürchte ein wenig, einen ähnlichen Effekt könnte das hier eingebundene Video auch haben, wenn es im Fernsehen rauf und runter liefe – denn auch diese Musik dringt zusammen mit den Bildern tief unter die Haut, zumal das Video auch „rein handwerklich“ gut gemacht ist und im Bezug auf das bezweckte Ziel genau „die richtigen“ Emotionen anspricht.

Aber das wird zum Glück wohl nicht zu passieren, denn klassische Musik ist ja nicht jedermanns Sache und acht Minuten sind auch zu lang, um sie „mal schnell irgendwo“ ins Programm einzubinden. Also steht auch nicht zu erwarten, das Samuel Barber’s Musik in Zukunft nur noch mit dem Krieg in der Ukraine verbunden wird…..

Musik übrigens, die ich zugegebenermassen lieber rein akustisch konsumiere und am besten mit geschlossenen Augen, um jeden Ton geniessen zu können.

Dennoch hoffe ich natürlich, das auch dieses Video seinen Zweck nicht verfehlt:
Geld locker zu machen für Menschen in Not – und auch für die kleineren Hilfsdienste, die nicht zum damit beworbenen Spendenpool gehören….


Habt einen friedlichen Tag und bleibt gesund und behütet!
Wir lesen uns :bye:

Euer Wilhelm


-540-