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„Ja, ich sehe es ein, zweierlei ist möglich, man kann entweder dieses thun oder jenes;
meine aufrichtige Meinung und mein freundschaftlicher Rat ist der:
thu es oder thu es nicht, beides wird dich verdrießen.“
Søren Kierkegaard

Und jetzt ?

Guten Tag, alle zusammen!

Nun ist also genau das passiert, was viele von uns befürchtet haben und gleichzeigtig gehofft, dass es nicht eintreten würde. Herr Putin hat einen Krieg gegen die Ukraine begonnen, von dem nicht absehbar ist, was dadurch noch ausgelöst wird.
Denn damit kocht wieder der alte Konflikt hoch, der die meisten von uns schon ein Leben lang begleitet: Lange Zeit als kalter Krieg zwischen Ost und West, und selbst während der vermeintlichen Phase der Entspannung ab Beginn der neunziger Jahre in Form von Stellvertreterkriegen in Asien und Afrika – also weit entfernt vom friedlichen Europa wir wir es kennen..
Trotzdem haben wir alle geglaubt, in einer friedlicheren Welt zu leben. Und daran hat nicht mal der Krieg im Kosovo etwas geändert, obwohl der auch schon fast direkt vor unserer Haustür stattgefunden hat.

Aber nun – seit heute morgen – hat sich vieles, wenn nicht gar alles geändert. Alle Diplomatie und auch die angedrohten „scharfen“ Sanktionen haben nichts genützt. Jetzt rollen die Panzer und fallen Bomben, um Putins Machtgelüste durch Fakten zu untermauern.
Und das wird sicher nicht ohne Folgen bleiben.
Auch nicht für uns.

Dabei werden „steigende Energiekosten“ und ähnliches noch die harmlosesten Auswirkungen sein, die wir angesichts der angekündigten Sanktionen zu spüren bekommen werden.

(Von denen ich inständig hoffe, dass sie ausreichend sind, um ein Umdenken in Moskau zu bewirken.
Es bleibt ja die grosse Frage, was als Nächstes kommt, wenn diese nicht die erhoffte Wirkung zeigen und sich der Konflikt noch ausweitet?)

Schliesslich ist es ja alles andere als „nur ein lokaler Konflikt“, was da heute morgen seinen realen Anfang nahm und wird deshalb auf lange Zeit das Weltgefüge beeinflussen, wie wir alle es kennen.
Umso mehr, je nervöser die Politiker und die öffentliche Meinung auf unserer Seite darauf reagieren.
Vermutlich ist es auch nur eine Frage der Zeit, bis erste Forderungen nach einem militärischen Eingreifen laut werden dürften, zumal ja jetzt schon Truppen an die Ostgrenzen der Nato verlegt werden „um die Verteidigungsbereitschaft zu erhöhen“ – während eine ehemalige Verteidigungsministerin und der Generalinspekteur der Bundeswehr laut darüber lamentieren, wie schlecht der Zustand der Bundeswehr ist.
Fraglich nur, ob Putin das nicht ebenfalls als Provokaton verstehen wird?

-_-_-_-

Und gleichzeitig kommen abseits aller „grossen Politik“ natürlich auch alte Ängste wieder hoch.
Bei mir (und vermutlich auch bei Euch) etwa die Prägung durch Erzählungen unserer Eltern und Grosseltern, die ja erlebt haben, was Krieg bedeutet. Insbesondere im Zusammenhang mit dem, was damals von russischen Truppen in unserem Land angerichtet wurde, die (berechtigterweise) Rache für die Greuel genommen haben, die Hitlers Armeen in ihrem Land verübt hatten.

Bei mir zumindest löst das gerade Urängste aus, die lange vergessen schienen – genauso wie eine Szene, die ähnlich tief haften geblieben ist und sich während meiner Verhandlung zur Anerkennung als Kriegsdienstverweiger abspielte – festgemacht an der Frage:

„Stellen Sie sich einmal vor, der Feind („die Russen“ durfte man damals ja offiziell nicht mehr sagen) ist in unser Land eingedrungen und bedroht nun auch ihre Familie. Würden Sie da nicht alles tun, um deren Leben zu verteidigen?“

Damals(1978) habe ich laut und deutlich „nein“ gesagt, obwohl ich vermutlich im wirklichen Leben ganz anders gehandelt hätte (schon der traumatischen Erfahrungen wegen, die während des Krieges in meiner Familie gemacht wurden) – ein Zwiespalt übrigens, der sich auch gerade wieder auftut, wenn ich an den Krieg in der Ukraine denke:
Denn da regt sich in mir auch der Impuls, dass Sanktionen wahrscheinlich nicht ausreichen werden, owohl mir mein Verstand sagt, dass jegliche militärische Unterstützung die Sache nur noch verschlimmern würde….

Um so mehr hoffe ich, dass sich diese Befürchtungen nicht bewahrheiten und dass es – wie auch immer – nicht zu einer Gewaltspirale kommt, die sich ohne Ende weiterdreht bis zum grossen Knall, der die ganze Welt in Brand setzt.
Denn alleine das, was jetzt gerade in der Ukraine passiert ist schon schlimm genug. Und ich hoffe sehr, dass wenigstens unsere Politiker sich einen klaren Kopf bewahren und die Eskalation nicht noch weiter treiben, bis unvermeidlich ist, was bisher vermieden wurde.

Ich selbst – wir alle in diesem kleine Kreis – können ja nicht viel tun, ausser zu beten, schwache Zeichen zu setzen und immer nur zu wiederholen, dass wir nicht wollen, was sich da gerade anbahnt:

Aber immerhin: das können wir tun!

In der Hoffnung, dass die vielen kleinen Lichter zusammen hell genug strahlen, um die, welche entscheiden werden daran zu erinnern, das Frieden das höchste Gut ist und wir von ihnen erwarten, alles dafür zu tun.


Deshalb heute mein Wunsch:
Friede sei mit uns allen (und auch mit dem Menschen in der Ukraine)!

Euer Wilhelm

(und natürlich: Bleibt gesund und behütet – wir lesen uns :bye: )


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- 13 Bemerkungen zu “Und jetzt ?

  1. Wilhelm, ohne den erklärenden Nachsatz hätte ich dir das verübelt: „… was damals von russischen Truppen in unserem Land angerichtet wurde, die (berechtigterweise) Rache für die Greuel genommen haben, die Hitlers Armeen in ihrem Land verübt hatten.“
    Ich habe immer und immer nur von den Vergewaltigungen und schlimmeren Sachen der russischen Soldaten in unserem Land gehört – aber das, was SA, SS und Soldaten auf ihrem Vormarsch in Russland alles getan haben, wurde leider so oft nicht gesehen oder verschwiegen.
    Bei mir ist es gar nicht vorrangig Angst, die mich beherrscht, es ist Fassungslosigkeit über die Ohnmacht der Politik. Der russ. Außenminister hatte doch schon gesagt, dass sie sich von Sanktionen nicht beeinflussen lassen, weil sie nicht so ein luxuriöses Leben wie hier gewöhnt sind. – Ich bin so durcheinander, dass ich heute nicht spielen gehe – ich will das (dumme) Geschwätz mancher Frauen nicht hören.
    Mein Mann war ja auch Verweigerer am Dienst an der Waffe – insgesamt konnte man das in der DDR nicht so richtig verweigern. Leider war er Bauingenieur, so dass er zu den Bausoldaten gezogen wurde und Planungsarbeiten machen musste für irgendwelche Bausachen.
    Krieg ist so eine Sch…, aber schau dir doch mal das normale Leben der Leute an, die widerwärtigen Kommentare in den soz. Medien – da können doch schon Menschen untereinander nicht in Frieden leben – und dann sollen das Völker können?
    Kotzkotzkotz

    1. Ich hatte tatsächlich zuerst überlegt, ob ich hinter das „berichtigterweise“ nicht noch ein Fragezeichen setzte, obschon für mich der Nachsatz ohne wenn und aber dahin gehört, wo er steht.

      Wobei für mich ausser Frage steht, dass die Vernichtung des teuflischen Hiltler-Regimes und damit des von den Nazis geschaffenen Deutschlands richtig und notwendig (und damit auch berechtigt) war, weil es damals vermutlich keinen anderen Weg gab, uns alle davon zu befreien.
      Fraglich allerdings, ob das auch als Berechtigung für das herhalten kann, was „drumherum“ geschehen ist – zumal davon Menschen betroffen waren, die ohne Zweifel als Individuum nicht für die Greuel in Russland verantwortlich waren oder daran auch nur im entferntesten beteiligt gewesen wären….

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      Stichwort „dummes Geschwätz“:
      Nachdem ich heute die Leserkommentare unter einigen Artikeln zum Thema gelesen habe, (Stichwort öffentliche Meinung) wurde mir schon auch ganz anders ums Herz.
      Denn genau da finden sich momentan ( noch?) die Hardliner, die lieber heute als Morgen einen grossen Krieg vom Zaun brechen wollen und für ein Eingreifen der Nato an Seiten der Ukraine plädieren. Zwar nur wenige Stimmen bisher , aber schon ziemlich laut…. genauso wie die Putin-Versteher, die das russische Vorgehen ohne wenn und aber gutheissen.
      Beides kann und will ich nicht nachvollziehen.

    2. Autokraten nehmen keine Rücksicht auf die wirtschaftlichen Befindlichkeiten ihrer Bürger/Untertanen/Sklaven – oder wie auch immer man die armen Menschen nennen kann. Den Autorkraten ist es egal, wie sie leiden, die Hauptsache ist doch, dass ihnen das Geld und die Nahrungsmittel entzogen werden, um ihre Macht, ihre Kriegsmaschinerie, zu fianzieren. Ich befürchte deshalb, dass die Sanktionen ins Leere laufen werden.

      1. Das wird sich zeigen, wie wirksam die sind.
        Klar ist aber auf jeden Fall, dass auch die einfachen Bürger davon betroffen sein werden, möglicherweise sogar mehr, als die, die eigentlich getroffen werden sollten.

  2. Mir macht das Angst. Putin hat heute schon offen mit dem Einsatz von Atomwaffen gedroht. Es ist unfassbar, wie sehr er die Dinge verdreht, um seinen Krieg zu rechtfertigen. In der Ukraine herrschen weder Nazis, noch ist das Land eine Diktatur.
    Und genau das macht Putin so gefährlich, es geht nur um seine Interessen, seine Allmachtsphantasien und um sonst gar nix.
    Ich fürchte, die Sanktionen werden ihn nicht beeindrucken. Er hat genug zum Leben und wie die Russen über die Runden kommen, interessiert ihn vermutlich nicht.
    Das ist schon alles sehr bedrohlich.

    1. Ich kann nur hoffen, dass die Ukraine viel zu dicht an Russland dran ist, um Atomwaffen einzusetzen.
      Deutschland hatte 12 Jahre so einen „GröFaZ“ an der Spitze – der hat sich auch weder um die eigenen Leute noch um die Völker anderer Länder Sorgen gemacht – Hauptsache er konnte Herrschen und siegen.

      1. In der Tat regt sich auch in Russland gerade einiger Widerstand gegen Putins Vorgehen.
        Sowohl auf den Strassen als (natürlich) auch im Netz, wo beispielsweise auf Twitter und anderen sozialen Plattformen Millionen Menschen unter dem Hashtag #нетвойне ( Nein zum Krieg) klar und deutlich ihre Solidarität mit den Menschen in der Ukraine bekennen – und Putin inzwischen ganz offen als Kriegsverbrecher bezeichnet wird – wohl wissend, dass solche Äusserungen nicht ohne Folgen für die eigene Person getroffen werden.

        Damit hat Putin jetzt vermutlich etwas losgetreten, was für ihn nur schwer wieder einzufangen sein wird, denn Millionen Menschen kann man nicht mal so eben schnell mundtot machen oder wegsperren… selbst wenn man alle diese Plattformen vorübergehend oder gar auf Dauer dicht macht.
        Schliesslich würden mögliche Sanktionen Putins gegen grosse Teile der eigenen Bevölkerung den Unmut im Lande nur noch weiter verstärken – zusätzlich zu den Problemen, die durch die Sanktionen im Ausland jetzt auch auf die Bevölkerung einwirken – wie etwa der massiv an Wert verlierende Rubel und knapper werdende Waren, die jetzt nicht mehr ins Land kommen….

        1. Danke, lieber Wilhelm.
          Ich habe gelesen, dass ca. 1700 Russen bei einer Demo gegen Putin verhaftet wurden. Ich bewundere deren Mut – den haben ja die Oppositionellen in sehr, sehr vielen diktatorisch geführten Staaten sehr nötig – und kann wirklich nur hoffen und wünschen, dass die Proteste im eigenen Land ihn bremsen und zurückrudern lassen.
          In Deutschland in den ersten Kriegsjahren war es wohl leider anders – da haben die Deutschen in vieler Hinsicht vom Krieg profitiert und in ihnen wurden Hoffnungen auf eine glorreiche Zukunft genährt. Was hat da die meisten das Schicksal der Juden oder der Leute in Konzentrationslagern gestört – die waren ja aus den Augen, aus dem Sinn.
          Das mit den Auswirkungen von Waffengewalt und Sanktionen NUR auf die Bürger eines Landes, habe ich bei mir ja auch schon erwähnt.
          Die Großkopfeten haben vorgesorgt in jeder Hinsicht, die werden nicht darben.
          Der Wohlstand der russischen Bevölkerung war ja noch nie sonderlich hoch – aber vielleicht wird das Angebot in den Geschäften jetzt so knapp, dass sich hoffentlich doch massiver Widerstand rührt.
          Ganz liebe Grüße zu euch

  3. Ich weiß noch immer nicht wirklich, was ich dazu sagen soll. Wie kann es sein, dass EIN einzelne Mensch sowas durchzieht. Wie schafft er es, so viele zum Mitmachen zu bewegen. Wer profitiert (außer ihm) noch davon?

    1. Das ist die gleiche Frage, die ich mir auch immer noch in Bezug auf Hitler stelle.

      Und die einzige Antwort, die mir darauf einfällt:

      Da hat es jemandverstanden, geschickt die Strömungen der Zeit zu nutzen und sich rechtzeitig an die Spitze einer Bewegung zu stellen. Und daraus ist anschliessend ein Machtapparat entstanden t, der ihm erlaubt hat, das zu tun, was ihm beliebt. Das trifft auch genauso auf Putin zu, der ursprünglich ja auch mal demokratisch gewählt worden ist als“starker Mann“ der ein Machtvakuum füllen sollte.
      Und ich bin ziemlich sicher, dass sich Putins Ideenwelt (mal abgesehen vom Rassenhass) ansonsten kaum von der Hiltlers oder anderer Potentaten mit Grossmachtphantasien unterscheidet. Schlussendlich ist dabei dann auch egal, was die russische Bevölkerung darüber denkt, die ohnehin kaum was zu melden hat….

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