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„Ja, ich sehe es ein, zweierlei ist möglich, man kann entweder dieses thun oder jenes;
meine aufrichtige Meinung und mein freundschaftlicher Rat ist der:
thu es oder thu es nicht, beides wird dich verdrießen.“
Søren Kierkegaard

Auge um Auge

Nun ist also passiert, was in den letzten Tagen befürchtet wurde:
Gestern abend gab es zwei Selbstmord-Attentate am Kabuler Flugplatz, verübt von Angehörigen des Islamischen Staaten auf wehrlose Menschen, die sich vor dem Taliban-System retten wollten. Und als „Kollateralschäden“ (oder doch als ursprünglisches Ziel der Attentäter?) waren auch dreizehn US-Soldaten unter den bisher dreiundsiebzig Toten der menschenverachtenden Anschläge.

Soweit, so schlecht.
Denn natürlich folgt darauf jetzt gleich die nächste Eskalationsstufe:

Als US-Präsident Joe Biden danach im Weißen Haus vor die Kameras tritt, ist er sichtlich betroffen. Biden spricht von einem „schweren Tag“. Der Präsident macht bei seinem halbstündigen Auftritt deutlich: „Wir werden uns von Terroristen nicht abschrecken lassen. Wir werden nicht zulassen, dass sie unsere Mission aufhalten. Wir werden die Evakuierung fortsetzen.“ Der Präsident hat versprochen, alle Amerikaner nach Hause zu holen und möglichst viele afghanische Verbündete außer Landes zu bringen. Nach Angaben des US-Außenministeriums befinden sich in Afghanistan noch immer rund 1000 amerikanische Staatsbürger. Jeder Einsatztag erhöht derweil das Risiko weiterer Anschläge.
……..
Umso wütender fällt Bidens Racheschwur aus. An die Adresse der Drahtzieher des Anschlags sagt er: „Wir werden nicht vergeben. Wir werden nicht vergessen.“

Stern.de

Womit wohl schon mal vorgezeichnet ist, wohin die Reise weiter geht:
Die USA – und Biden – werden diese Schmach nicht auf sich sitzen lassen, es wird also zumindest zu „Vergeltungsschlägen“ kommen, wenn nicht gar zu einer erneuten Invasion unter ähnlichen Vorzeichen wie der missglückte Feldzug gegen die Taliban. Falls Biden Verbündete findet, die da mit ziehen.
Die Spirale der Gewalt wird sich also weiter drehen und weiter Menschenleben kosten – auch in Ländern, die diesen Konflikt nicht als den ihren betrachten.

Aber ob das wirklich der richtige Weg ist?
Auge um Auge, Zahn um Zahn?


Dennoch:
Euch einen schönen Tag und – falls wir uns vorher nicht mehr lesen – ein angenehmes Wochenende.
Bleibt gesund und behütet!

Euer – wieder mal sehr nachdenklicher

Wir lesen uns :bye:


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- 12 Bemerkungen zu “Auge um Auge

  1. Danke für deinen Beitrag, der so ziemlich alles sagt, was meine Gedanken dazu waren und sind. Als wäre die ganze Welt mit der Pandemie nicht schon gestraft genug, als wären einzelne Länder durch Feuer, Hochwasser und Tornados etc. nicht schon genug in Mitleidenschaft gezogen, da müssen wir jetzt wieder Angst vor Anschlägen haben. Es ist doch nur noch eine Frage der Zeit …
    Ich habe auch keine Idee, was das richtige Verhalten auf dieses Attentat wäre. Auge um Auge, Zahn um Zahn ist es aber meiner Meinung nach nicht.

    Ratlose, aber herzliche Grüße und der Wunsch für ein angenehmes Wochenende.
    Maksi

    1. Es war mir einfach Wichtig, mal das zu formulieren, was mir zu dieser Entwicklung durch den Kopf geht.
      Und ich gebe auch gerne zu, dass in mir da gerade auch wieder einige Ängste hochkommen – auch angesichts dessen, was am 11. September 2001 passiert ist.

  2. Nein, Grund zur Freude gibt es wahrlich nicht.
    Corona, Afghanistan, Flut: es ist kaum noch auszuhalten die Nachrichten anzugucken. Ich
    kann dazu nicht viel schreiben ich versuche, mich nicht zu viel rein zu denken denn ich kann leider leider niemandem helfen.
    Was wäre ich froh, wenn ich eine Lösung wüsste, eine wirkliche gute Lösung..

    Ich verabscheue Gewalt zutiefst.

    Da gehöre ich hier zur Generation die keinen Krieg direkt erleben musste. Bleibt das so? Gerne hätte ich, dass auch andere Menschen nicht in einer Kriegszeit leben müssten.

    Trotzdem wünsche ich Euch alles Gute für das Wochenende. Hier ist es sehr kalt geworden gerade hat es noch mal geschüttet. Bis jetzt habe ich die Heizung noch nicht eingeschaltet. Noch mache ich es wie immer wenn der Herbst anfängt und ziehe mir erstmal etwas wärmeres an.

    1. Bezogen auf Gewalt als Lösung geht es mir genau wie Dir.
      Auch ich halte Gewalt und Rache keinesfalls für Möglichkeiten zur Lösung von Konflikten.
      Wenn überhaupt, dann würde der Weg dazu nur über Verhandlungen möglich sein – wozu die erste Voraussetzung schon mal gegenseitige Akzeptanz wäre.
      Aber die ist ja bisher bei keinem der Beteiligten zu erkennen…

  3. Ich hoffe nicht, dass es zu weiterer Eskalation kommt und ich bin mir auch nicht sicher, ob Biden sich da eine blutige Nase holen will.
    Und ich hoffe, die Welt guckt weiter hin, auch wenn jetzt alle abgezogen sind. Ich fürchte, die Situation wird sich weiter verschlimmern. Nicht nur, aber vor allem für Frauen und Mädchen

      1. Davon gehe ich auch aus – jedenfalls, solange man sich nicht in den USA eine andere Strategie überlegt und diese auch den Wählern plausibel gemacht hat.
        ————————–
        Wobei mir immer wieder die Diskrepanz durch den Kopf geht, die jedem gläubigen Christen auch auffallen sollte (und viele Amerikaner sind ja angeblich sehr gläubig):

        Da stehen doch auf der einen Seite das Gebot der Gewaltfreiheit, wie Jesus es in der Bergpredigt deutlich formuliert hat („…. der halte auch die andere Wange hin“) und das Verbot zu Töten, wie es in den zehn Geboten steht, im krassen Widerspruch zum alt-testamentarischen „Auge um Auge“ samt der darauf (auch in der Bibel immer wieder beschriebenen) folgenden Gewaltspiralen.

        Nun mag „keine Gewalt“ in dem Fall vielleicht nicht die ideale Lösung sein, aber die sich ewig wiederholenden Racheaktionen sind es auch nicht – und werden auf Dauer zu keinerlei Veränderung führen….

  4. Und schon ist der erste „Reaktion“ der Amerikaner erfolgt. So schnell geht das dann mit Dronen. Interessant, wie schnell sie wussten, wo sich solche IS-Ableger dort aufhalten

    1. Das habe ich eben auch mit einigem Erschrecken gelesen.

      ——————-

      Wobei ich ziemlich sicher bin, dass die Amis immer relativ genau wissen, wo sich die Führer der IS aufhalten.
      Mittel und Wege dazu haben sie ja genügend.

    1. Ja, das habe ich gelesen, wie auch, dass die Zahl der Toten sich nochmal deutlich auf über 100 erhöht hat.
      Allerdings habe ich mich gestern beim Schreiben an dem Informationsstand orientiert, der zu dem Zeitpunkt noch galt…..

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