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„Ja, ich sehe es ein, zweierlei ist möglich, man kann entweder dieses thun oder jenes;
meine aufrichtige Meinung und mein freundschaftlicher Rat ist der:
thu es oder thu es nicht, beides wird dich verdrießen.“
Søren Kierkegaard

Das Sonntagszitat 34/22

Guten Morgen zusammen!

Wie war das mit dem blinden Huhn und dem Korn?

So etwa hat es sich angefühlt, als ich einem trivialen Krimi mein heutiges Sonntagszitat gefunden habe, bei dem ich nicht im Mindesten damit gerechnet hätte, eine derartige Erkenntnis darin zu finden:

„In letzter Zeit poppt öfter dieser Stein-im-Fluss-Gedanke hoch:

Alles fließt um dich rum.
Du bist zwar noch dabei, aber eigentlich spielst du nicht mehr mit.
Im Bus, auf der Arbeit, überall.
Alle um dich herum rödeln wie die Irren, hauen rein, brüten, bauen Häuser. Und du?
Du bist der Stein.
Ein Hindernis, an dem alle vorbei müssen, aber das sie auch nicht mehr bemerken.

(aus „00:01“ von Constantin Gillies)

Schliesslich ist das ein Gefühl, dass vermutlich jeder mal hat, wenn das aktive Arbeitsleben zu Ende geht und man beginnen muss, sich neu zu orientieren und nach Möglichkeiten zu suchen, seinen Tag auf neue Art zu füllen. Das ging auch mir so, obwohl ich ich ja durch die lange Zeit der meiner Krankschreibung einen sehr weichen Übergang hatte und nicht von jetzt auf gleich vor einem Nichts stand. Und es geht mir manchmal auch noch heute so, wenn ich sehe, wie hektisch sich manche anderen Menschen um mich herum bewegen.
Da regt sich manchmal dann schon ein wenig das schlechte Gewissen, nicht mehr Teil einer produktiven Gesellschaft zu sein. Aber wirklich nur manchmal, denn meistens überwiegt tatsächlich das Gefühl, dass es so gut ist, wie es ist. Immerhin habe ich im Lauf meines Lebens ja auch meinen Teil zum Wohlergehen der Gesellschaft beigetragen.
Insoweit kann ich also dem zweiten Teil des Zitates nicht in vollem Umfang zustimmen, zumindest nicht, was den letzten Halbsatz betrifft :

Eigentlich müsste es sich ganz schlimm anfühlen, quasi nur Statist zu sein –
doch es fühlt sich erstaunlicherweise ganz okay an.“

ebenda

Für mich fühlt es sich nicht nur „ganz okay“ an, sondern doch weitaus positiver, zumal ich auch durchaus stolz auf das bin, was hinter mir liegt – und darauf, es gegen viele Widrigkeiten bis zu meinem Ziel geschafft habe, solange zu arbeiten, wie es ging. Und damit fühlt sich meine Situation dann doch ziemlich gut an….. und ich bin meist sehr zufrieden mit dem, was jetzt ist:
Die Welt in Ruhe an mir vorbeiziehen lassen zu können und nur noch da aktiv werden zu müssen, wo ich es selbst für nötig halte.

Schliesslich bedeutet „ein Stein im Wasser zu sein“ ja auch, nicht mehr mit jeder Welle mitschwimmen zu müssen, die über mein Leben hinweg schwappt.


Habt alle einen ruhigen uns erholsamen Sonntag – und beliebt gesund und behütet!
Wir lesen uns :bye:

Euer Wilhelm,

der es auch heute ruhig angehen lässt ;-)


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- 14 Bemerkungen zu “Das Sonntagszitat 34/22

  1. Dazu passt für mich: alles hat seine Zeit und irgendwann ist auch mal die Zeit, in der man nicht mehr täglich arbeiten muss. Und wie Du schon schreibst, Du hast sehr viele Jahre gearbeitet, hast Dich um viele Mitmenschen gekümmert, die auf Deine Hilfe angewiesen waren und nun ist es auch mal gut. Ausserdem unterstützt Du ja mich auch, die noch arbeiten gehen muss, indem Du Zuhause vieles machst, was ich dann nicht mehr machen muss und so mehr Freizeit genießen kann. Dafür bin ich durchaus dankbar.
    Ausserdem muss man sich ja nicht permanent an seiner Produktivität messsen. Die ist schließlich nicht alles im Leben.

    1. Die Frage der Produktivität ist sicher eine Seite der Medaille – und die Frage nach aussen wirkender Sinnhaftigkeit ihres Tuns die andere, wenns darum geht, wie Menschen von ihrer Umwelt wahrgenommen werden.
      Und genau das ist der Punkt, den ich so positiv empfinde: Ich muss diese beiden Ansprüche nicht mehr erfüllen, sondern brauche für mich selbst nur noch einen Massstab anlegen: meine eigene Zufriedenheit..

  2. Ich denke, wenn man 48 Jahre, inkl. 18 Monate Wehrdienst, gearbeitet hat, hat man genug für die Allgemeinheit getan, nämlich Steuern, Renten-, Kranken- und die letzten Jahre Pflegeversicherung bezahlt. Da habe ich kein schlechtes Gewissen, dass ich jetzt mein Leben so gestalten kann, wie ich es möchte. Da habe ich kein schlchtes Gewissen, dass ich von der Rente profitiere, dich ich zum Teil ja auch wieder versteuern muss. Und Krankenkassenbeiträge zahle ich ja auch weiterhin. Ich bin sehr gern Statist.

    1. Irgendwann tauchte in der allgemeinen Diskussion mal das Wort „Lebensleistung“ auf – und verschwand auch recht schnell wieder, weil damit auch (zu recht) auch die Frage aufgeworfen wurde, wessen Lebensleistung höher zu bewerten und zu honorieren wäre:
      Die der von Politikern gerne und meist auch abwertend als „fleissige Menschen draussen im Lande“ titulierten – oder die von Menschen, die nur mit virtuellen Werten jonglieren und sich auf dem Rücken der ersten Gruppe bereichern, aber oft nicht bereit sind, sich ihrer sozialen Verantwortung zu stellen…..
      Ein Hohn, wenn dann (ebenfalls aus Politikermund) auch noch Sprüche rausgehauen werden wie “ Leistung muss sich wieder lohnen“, denn auch damit ist dann ja auch meist nur die zweite Gruppe gemeint, während die erste weiter im Regen stehen gelassen wird. (Wie auch gerade wieder bei den sogenannten „Entlastungspaketen“ gut zu beobachten ist)

      Insofern habe ich auch kein schlechtes Gewissen dabei, wenn ich nun mit meiner Rente die Früchte meines Arbeitslebens ernten kann, auch wenn meine persönlich Ernte nicht sehr üppig ausfällt….

  3. Ich denke auch, dass man kein schlechtes Gewissen haben muss, wenn man in den Ruhestand geht. Unsere Gesellschaft ist nunmal so eingerichtet, dass es für nur sehr wenige Menschen möglich ist, einen langsamen „Abschied“ zu nehmen. In traditionellen Familienbetrieben war das anders. Da gab es für die Älteren immer mal was zu tun oder sie kümmerten sich um den Nachwuchs. Solange man nicht mit dem Eintritt ins Rentner/innendasein vor lauter Langerweile stirbt, was man ja mehr oder weniger selbst in der Hand hat, fühlt sich das für mich in der Vorschau eigentlich gut an.
    Allerdings hat mich das Bild vom Stein im Wasser immer wieder zum Fels in der Brandung geführt. Warum?

    1. Auf die Rückkopplung „Fels in der Brandung“ wäre ich bei dem Zitat tatsächlich nicht gekommen, schon weil ich selbst mich auch nicht mehr als solchen sehe und die Zeiten (zum Glück) vorbei sind, wo ich mal in der Brandung stand.

      Wenn ich mal beim Bild des Wassers bleibe, dann bin ich jetzt in einer Lebensphase angekommen, die sich vielleicht am ehesten mit dem Alt-Arm eines Flusses vergleichen liesse – mit ruhigem Wasser, fast ohne Bewegung, aber noch gut genug, um als Nistplatz für Mücken und Kröten (in Form der einen oder anderen schrägen Idee) zu dienen, oder als ruhiger Hafen abseits des reisssenden Stromes, falls es Menschen gibt, die einen solchen benötigen……

      1. Oh, das sind aber schöne Bilder dafür, wo/wie Du Dich hinsichtlich des Flusses positionierst :-)
        So spontan fiel mir (für mich!) da beim Lesen ein: „auf dem Weg in den großen Ozean“ Wäre dann vielleicht so die „Endstation“.

          1. Naja, gleich morgen müsste das mit dem Ozean für mich auch nicht sein. Aber so genau kann man das dann ja auch nicht wissen. Halten wir einfach an der Hoffnung fest, dass er noch etwas auf uns warten kann :-)

  4. Und wenn du nicht zufrieden bist, kannst du dir ja eine Beschäftigung suchen.
    Ich habe gerade unterwegs einen rüstigen Rentner kennen gelernt, der geführte Radtouren durchführt. Sein großes Hobby ist Fahrrad fahren.
    War eine Verwechslung. Seine neue Reisegruppe sollte sich auf der Hotelterrasse treffen. Ich trank gerade im Biergarten ein Radler. Auf seiner Liste stand eine allein Reisende Dame von Mitte 50 🚴‍♀️
    🌈😘😎

    1. Und wenn du nicht zufrieden bist, kannst du dir ja eine Beschäftigung suchen.

      Zum Glück mangelt es mir ja nicht an Ideen, wie ich mich beschäftigen kann….
      Und die haben – wenn ich ehrlich bin – momentan nur noch sehr wenig damit zu tun, irgendwas mit gesellschaftlicher Relevanz machen zu wollen. Schon weil ich mich mein ganzes Berufsleben lang um andere Menschen gekümmert habe und nur wenig Bedürfnisse habe, das jetzt als Rentner auch noch weiter machen zu müssen.
      Irgendwann ist halt auch mal gut.

      Deshalb geniesse ich es auch sehr, in dieser Richtung keine Verpflichtungen mehr zu haben und endlich das tun zu können, was ich während meines Arbeitslebens kaum mal konnte: Auf meine eigenen Bedürfnisse achten und gelegentlich auch einfach mal überhaupt nichts zu machen.
      Und das ist keineswegs langweilig – im Gegenteil…..

      BTW:
      Das trifft es ziemlich gut:

      Wobei ich allerdings zur Ehrenrettung meiner Liebsten betonen muss, dass sie mich niemals zum spazieren gehen wollen zwingen würde….. :redheart:

  5. Diesmal konnte ich mit dem Zitat nichts anfangen – auch nach längerem und mehrmaligem Nachdenken nicht.
    Und beim nächsten bin ich erstmal wieder unterwegs – Rentnerdasein sei Dank ;o)))
    So schicke ich Euch einfach liebe Grüße und wünsche angenehme Tage

    1. Danke für die lieben Grüsse ;-)

      Ist ja auch nicht schlimm, wenn es mal nicht passt…
      Ich habe ja auch nicht den Anspruch, dass die Zitate immer allgemein-Kompatibel sein müssen…

      Hab schöne Tage, wo immer Deine Reise hingeht. Das Rentnerdasein will ja ausgenutzt sein ;-)

      1. Danke für die guten Wünsche – es geht gar nicht so weit weg – in die Ortenau. Da waren wir allerdings noch nie, aber hauptsächlich geht es um ein Treffen mit Freunden, das machen wir innerhalb BaWü jedes Jahr einmal. Eigentlich sollte es Sa/So sein, aber in dieser Gegend kriegt man das Hotelzimmer nur für mindestens zwei Nächte…. Wir werden uns zu beschäftigen wissen, hoffen aber, dass es nicht so heiß wird.

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