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„Ja, ich sehe es ein, zweierlei ist möglich, man kann entweder dieses thun oder jenes;
meine aufrichtige Meinung und mein freundschaftlicher Rat ist der:
thu es oder thu es nicht, beides wird dich verdrießen.“
Søren Kierkegaard

Das Sonntagszitat 48/21

Manchmal laufen mir uralte Satzfetzen zu, bei denen ich wirklich erstaunt bin, wie treffend sie auch heutzutage noch sind, obwohl sie sich offenbar auf Ereignisse beziehen, die lange vor unserer Zeit aktuell waren.

Beispielsweise dieses im Netz gefundene Zitat von Kurt Tucholsky aus dem Jahr 1930, dass sich seinerzeit wohl auf die Zustände beim Zerfall der Weimarer Republik und die zunehmend an Stärke gewinnenden Nationalsozialisten mit Hitler an der Spitze bezog:

Manchmal haben wir in Deutschland eine sogenannte ›politische Krise‹.
Wenn sie vor Weihnachten ausbricht, wird sie bis nach Weihnachten vertagt.
Kein Mensch merkt in der Zwischenzeit, daß es eine Krise gibt.
Man denke sich einen Fieberkranken, der zu seinem Arzt sagt:
»Wissen Sie was, Doktor, morgen habe ich Geburtstag.
Vertagen wir die Krise bis zur nächsten Woche!«

Kurt Tucholsky (1930) via Zeno.org

Zwar sind die Umstände heute anders, aber angesichts der uns gerade umgebenden aktuellen Themen und der mangelnden Entscheidungsfreude politischer Verantwortungsträger passt es rein vom Wortlaut her doch gerade wie die sprichwörtliche „Faust aufs Auge“.
Wozu ich allerdings gleich noch anmerken möchte, dass ich mit dieser Auswahl keinesfalls beabsichtige, hier nun wieder Corona zum Thema zu machen (auch wenn sich das gerade als mustergültiges Beispiel anbieten würde) – sondern vielmehr einfach mal aufzeigen wollte, dass sich offenbar in über neunzig Jahren wenig an „eingefahrenen politischen Traditionen“ geändert hat:‘

Wenn Weihnachten naht, dann passiert in der Politik nicht mehr viel – das scheint wohl auch Teil der guten Adventsrituale in unserem Land zu sein…

Oder liege ich vielleicht da falsch mit meiner Einschätzung?


Habt alle einen wunderbaren und gemütlichen ersten Adventssonntag.
Passt auf Euch auf und bleibt behütet und gesund.
Wir lesen uns :bye:

(der nicht nur angesichts der Wetterprognosen heute wohl keinen Fuss vor die Tür setzen wird)


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- 9 Bemerkungen zu “Das Sonntagszitat 48/21

  1. Die Grundprinzipien bleiben, die konkreten Ausprägungen wechseln mit den Moden. Je älter man wird, desto auffälliger scheint das zu werden.
    Wir waren heute Morgen schon ein Stündchen draußen. MD wird gleich nochmal mit einem Freund eine Runde drehen, derweil ich es mir mit einem Film, den er nicht so gern mag, auf dem Sofa bequem mache.
    Machen wir einfach das Beste aus schlechtem Wetter ;-)

    1. Genau:
      Machen wir das Beste draus!
      (das wird dann wohl auch das Beste sein, was wir Tagen wie diesem abgewinnen können – wir haben uns übrigens den ganzen Nachmittag vom Traumschiff auf ZDFneo in weite Ferne beamen lassen B-) )

  2. Nein, du liegst ganz gar nicht überhaupt nicht falsch – machen die Politiker das aus Angst, um nicht ihr schlechtes Ansehen noch mehr zu verschlechtern?
    Den könnte man noch so viel Zucker = Geld in den Hintern blasen, alles rausgeschmissene Liebesmühe!
    Ganz langsam arbeite ich meinen Feedreader ab.

    1. Dann wünsche ich Dir noch viel Spass beim Lesen :-)

      Geld ist vermutlich ein Motor dahinter – Reputation bei den Wählern (und damit : Macht) oder der „Platz im Buch der Gechichte (Zitat:H.Kohl) dürften weitere Treiber der Misere sein.

  3. Zur Versachlichung der Impfdebatte
    Kurt Tucholsky (Zeitschrift „Die Weltbühne“, 1928)
    Geimpfte sind nicht bessre Leute,
    nur weil sie solidarisch sind.
    Sie schützen sich und andre heute,
    so leben morgen Greis und Kind.
    Die Ungeimpften sind nicht schlechter,
    nur weil sie Ignoranten sind.
    Sie sind Immunsystem verfechter,
    für gute Argumente blind
    und mehrenteils verrückt geworden.
    Sie fallen allen nur zur Last.
    Und doch: Man soll sie nicht ermorden!
    Fürs erste reicht ja auch der Knast.

    Herr Tucholsky war sehr weitsichtig!

    1. DAs Zitat hatte ich auf Twitter auch gefunden – allerdings nur da und leider nicht in einer verifizierbaren Quelle.
      Fraglich also, ob der gute Kurt wirklich der Urheber ist – obschon das vom Stil her durchsua für ihn passen würde.

      ————————–

      Und dennoch:
      Was da geschrieben steht, ist unzweifelhaft richtig und bringt die Problematik sehr pointiert auf den Punkt, an dem wohl gerade viele stehen.
      Ich übrigens auch B-)

      1. Als ich gestern im Bett lag, habe ich mich geärgert, dass ich dieses Gedicht nicht recherchiert habe. Es kommt ab und an vor, dass ich zu gutgläubig bin. Mittlerweile hat sich wohl ein Titanic-Autor zu den Zeilen bekannt (Cornelius W.M.Oettle). Dieses Gedicht geht gerade viral. Ich -regere mich etwas über mich, weil ich oft diejenige bin, die Leute aus den WhatsApp-Gruppen auf Fakes aufmerksam mache und meistens den Link zu dieser Seite mitschicke https://www.mimikama.at/
        Liebe Grüße,
        Elvira

        1. Wie gesagt:
          Ich finde den Text wirklich gut – insofern ist es mir auch egal, wer der wirkliche Autor ist.

          Allerdings (und das geht keinesfalls gegen Dich) finde ich es schon ein wenig schade, dass er nun Herrn Tucholsky untergeschoben wird. Denn das wird den Inhalt leider in mancher Augen wohl auch heftig disqualifizieren….

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