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„Ja, ich sehe es ein, zweierlei ist möglich, man kann entweder dieses thun oder jenes;
meine aufrichtige Meinung und mein freundschaftlicher Rat ist der:
thu es oder thu es nicht, beides wird dich verdrießen.“
Søren Kierkegaard

Was mich gerade etwas wundert

Moin zusammen!

Wenn man gestern die Zeitung aufschlug, gab es meist ganz oben ein Thema, das die Schlagzeilen bestimmte: Den Tod von Michael Gorbatschow , wenig später gefolgt von der weiteren traurigen Nachricht, dass auch der Grünen-Politiker Hans-Christian Ströbele verstorben sei.

Beides Männer, die – jeder auf seine Art – prägend für die politische Entwicklung unseres Landes in den letzten Jahrzehnten waren, so dass man eigentlich auch hätte erwarten können, nicht nur in Zeitungen darüber zu lesen, sondern auch ein Echo in Bloggersdorf dazu zu finden, zumal zumindest Gorbatschow’s Glasnost-Politik ja auch massgeblich zur Überwindung der deutschen Teilung geführt hat und damit für einen riesigen Umbruch im Leben vieler Menschen in der DDR verantwortlich war, deren Land ja als Ergebnis dieser Politik vor dreissig Jahren aufhörte zu existieren.

Aber darüber habe ich gestern (und auch heute) bei meinen ausgiebigen Blogrunden buchstäblich kein Wort finden können – ausser bei den üblichen Verdächtigen und in einigen wenigen Polit-Blogs, die aber bis auf wenige, teils ziemlich verschrobene Ausnahmen auch kaum mehr als die ansonsten üblichen Nachrufe und posthumen Lobhudeleien dazu haben…

Tatsächlich frage ich mich grade , woran es liegt, das es zumindest zu Gorbatschows Tod in den allermeisten Blogs so gar kein Echo gibt – nachdem er doch damals ein Superstar der Politik war und „Gorbi, Gorbi“-Rufe allenthalben zu hören waren? Der hat doch sicher für einige Menschen Anlass geboten, nochmal zu rekapitulieren, was seine Politik für Umbrüche im eigenen Leben bedeutet hat – im guten wie im nicht so guten?

Schliesslich hatte sogar ich gestern kurz den Gedanken, darüber etwas zu schreiben. Nicht nur zu Gorbatschow, sondern auch zu Ströbele, den ich für einen durch und durch ehrenwerten Menschen gehalten habe.

Und vermutlich werde ich nicht der einzige sein, der diese Idee hatte (und wieder verworfen hat), weil ich mir eigentlich mal auf die Agenda genommen hatte, in diesem Blog keine Nachrufe auf irgendwen zu schreiben:
Weder auf Politiker, noch auf Künstler oder andere Personen des Zeitgeschehens – ganz einfach, weil ich nicht gut darin bin, nur angemessene und lobende Worte zu finden, wenns an Menschen berechtigterweise auch was zu kritisieren gibt.

Aber wie auch immer:

Jetzt habe ich ja doch darüber geschrieben, wenn auch nicht in Form eines expliziten Nachrufes, sondern lediglich als Betrachtung darüber, wie riesig die Unterschiede zwischen den grossen Schlagzeilen der Presse und der Reaktion von uns „Normalverbrauchern“ zu diesem Thema sind.
Was ich mir eigentlich (bezogen auf Gorbatschow) nur so erklären kann, dass die alten Geschichten aus der Zeit „vor der Wende“ für die meisten von uns inzwischen nur noch ziemlich weit unten auf der persönlichen Prioritätenliste auftauchen – und dass die Menschen, die damals zu den grossen Akteuren auf der weltpolitschen Bühne gehörten, heutzutage in unserem Leben keine grosse Rolle mehr spielen.

Und das ist ja vielleicht auch nur gut so.
Man muss ja auch nicht dauernd in der Vergangenheit rum graben…..


Euch allen einen guten Tag – und bleibt gesund und behütet.
Wir lesen uns :bye:

Euer Wilhelm,

der sich nun wieder erfreulicheren Dingen zuwendet


-704-

- 29 Bemerkungen zu “Was mich gerade etwas wundert

  1. „Seit wann gehen Politiker, wenn sie gelogen haben? Der Bundestag wäre leer. Ströbele würde da alleine rumsitzen.“

    Hagen Rether über Christian Ströbele…
    Er war einer der wenigen, die sich nie haben verbiegen lassen und der sich immer treu geblieben ist. Nun hat er lebenserhaltende Maßnahme abgelehnt und sein Leben noch halbwegs selbstbestimmt beendet.

    Ich habe ja nie zu den Einheitsjubelnden gehört, trotzdem war Gorbi auch für mich ein bemerkenswerter Politiker.
    Mögen die beiden in Frieden ruhen.

    1. Ja, der Ströbele war schon ein ganz besonderer Mann, der sich in fast allem immer selbst treu geblieben ist und damit besonders als „Elder Statesman“ ein echter Exot in der politischen Landschaft unseres Landes war.
      Und leider gibts von der Sorte nur sehr wenige, von denen man das gleiche sagen kann, meist alte Männer wie Gerhard Baum u.Ä, die auch heute noch relevantes zu sagen haben, während sich ihre Nachfolger oft nur noch durch ihre Stromlinienform auszeichnen und damit immer unkonkreter werden.

      Und Gorbatschow?
      Für den dürfte vermutlich ähnliches gelten….. auch wenn die Wiedervereinigung in der Form sicher nicht nur ein Segen war….

  2. Tja, gute Frage: Warum habe ich mich nicht zum Tod dieser beiden Männer geäußert? Vielleicht, weil ich mich – ähnlich wie Du das in Deinem Beitrag sagst – mich eher nicht an Nachrufen etc. beteilige. Ich versuche auch sonst, mich weniger zu einzelnen Politiker/innen/Menschen zu äußern, sondern mich eher auf Abläufe, Prozesse, Situationen konzentriere.
    Ja, die Wende hat mein Leben ziemlich tiefgreifend beeinflusst und ich spüre das nach wie vor, auch wenn ich inzwischen damit umgehen kann. Aber das verbinde ich nicht ausschließlich mit Herrn Gorbatschow, obwohl ich durchaus (auch) der Ansicht bin, dass er da einen ziemlich großen Gesteinsbrocken ins Rollen gebracht hat.

    1. Ich versuche auch sonst, mich weniger zu einzelnen Politiker/innen/Menschen zu äußern, sondern mich eher auf Abläufe, Prozesse, Situationen konzentriere.

      Das ist ein wahrlich ehrenhafter Ansatz, den ich vielleicht auch gelegentlich mal beherzigen sollte.
      Anderseits sind aber mache Ereignisse auch untrennbar mit den handelnden Akteuren verbunden – oder werden gar von ihnen getrieben. Und dann zumindest scheue ich mich auch nicht, Ross und Reiter zu nennen. Beispielsweise bei Ereignissen wie nach Trumps Abwahl o.ä.

      1. Das war auch mein Gedanke dazu. Ich könnte mich stundenlang an Herrn Lindner und anderen abarbeiten. Tue ich zwar nicht, aber es gibt durchaus einzelne Personen, die ich ganz für sich gesehen für so verantwortlich halte, dass ich sie auch benenne.

      2. Das stimmt natürlich, dass „Prozesse…“ immer auch mit den handelnden Menschen verbunden sind. Vielleicht wäre das dann meine Entwicklungsrichtung: auch ein bisschen mehr auf die Menschen dahinter zu schauen.

  3. Gerade im Netz gefunden: Christoph Sieber:
    Ströbele wählen – Fischer quälen
    So hat es Hans-Christian Ströbele einst auf seine Wahlplakate drucken lassen. Hans-Christian Ströbele war eine Zumutung. Eine Zumutung für seine Partei die Grünen und eine Zumutung für diese Gesellschaft. Aber eine Zumutung im besten Sinne. Einer, der uns gezeigt hat, dass es möglich ist, in der Politik Karriere zu machen und trotzdem Prinzipen treu zu bleiben. Natürlich braucht es in der Politik auch Menschen, die Kompromisse machen können, die sich wenden und biegen können bis zur politischen Unkenntlichkeit. Anders wäre Demokratie schwer lebbar. Aber es braucht gerade in schwierigen Zeiten auch Menschen, die treu zu ihren Prinzipien stehen. Diejenigen, die uns daran erinnern, dass Waffen eben keinen Frieden bringen. Diejenigen, die immer wieder darauf hinweisen, dass Menschenrechte unteilbar sind und die fordern, dass Freiheit immer die Freiheit aller ist.
    Man wird das Gefühl nicht los, dass solche Zumutungen in den Parteien immer seltener werden. Dabei tut es der Demokratie gut, wenn sie immer wieder herausgefordert wird.
    Hans-Christian Ströbele hinterlässt eine Lücke. Nicht nur bei den Grünen. Eine Lücke, die dringend ausgefüllt werden muss von PolitikerInnen, die auf die Parteiraison pfeifen und ihre Finger immer wieder in die Wunden der demokratischen Unzulänglichkeiten legen. PolitikerInnen, die sich mit Snowden und Assange solidarisieren.
    Wir brauchen mehr Zumutungen.
    Je mehr Zumutungen, desto mehr Mut.
    Und mutige PolitikerInnen können wir brauchen, wenn wir die Herausforderungen sehen, die vor uns liegen.
    So schade, dass uns Hans-Christian Ströbele dabei nicht ins Gewissen redet.
    RIP

    1. Ein guter Text :

      Aber eine Zumutung im besten Sinne. Einer, der uns gezeigt hat, dass es möglich ist, in der Politik Karriere zu machen und trotzdem Prinzipen treu zu bleiben. Natürlich braucht es in der Politik auch Menschen, die Kompromisse machen können, die sich wenden und biegen können bis zur politischen Unkenntlichkeit. Anders wäre Demokratie schwer lebbar. Aber es braucht gerade in schwierigen Zeiten auch Menschen, die treu zu ihren Prinzipien stehen. Diejenigen, die uns daran erinnern, dass Waffen eben keinen Frieden bringen. Diejenigen, die immer wieder darauf hinweisen, dass Menschenrechte unteilbar sind und die fordern, dass Freiheit immer die Freiheit aller ist.
      Man wird das Gefühl nicht los, dass solche Zumutungen in den Parteien immer seltener werden. Dabei tut es der Demokratie gut, wenn sie immer wieder herausgefordert wird.

      Sehr richtig!

  4. Es wurde über den Tod der beiden Politiker berichtet. Es gab auch Nachrufe in der Tageszeitung. Was aber die Medien beherrschte war der Todestag von Lady Diana. Was mir ganz gehörig auf die Nerven ging. So ein Theater, als ob sie die Welt verändert hätte.
    Aber da sieht man mal wieder wo die Prioritäten sind :wacko:

    1. Die Dame habe ich bewusst aussen vor gelassen, weil sie aus meiner Sicht ( genau wie wohl auch aus Deiner) keinerlei Relevanz besitzt, ausser für die Klatschpresse, die immer noch an ihr verdient.

      Was über die beiden Politiker in der Presse zu lesen war, fand ich durchaus angemessen, auch gemessen an dem, was sie in ihrem Leben geleistet haben. Deshalb hat mich wirklich gewundert, wie wenig Erwähnung ihr Tod in den meisten Blogs gefunden hat – auch wenn man da durchaus öfter mal Parallelen bezogen auf die englische Prinzessin und die Klatschpresse finden kann

    2. Ich habe in den Onlinemedien nur einen einzigen Hinweis auf Lady Diany Spencer gesehen, wogegen die Schlagzeilen über das Ableben von Gorbi und Ströbele doch sehr zahlreich waren und noch immer sind.
      Selbst in den vorherigen Jahren ist der Todestag der Königin der Herzen, wie sie damals genannt wurde, nicht erwähnenswert gewesen.
      Was Gorbi betrifft, vielleicht nahmen viele Blogger ja an, er lebte gar nicht mehr, wie bei so vielen anderen Menschen, um die es ruhig geworden ist weil sie alt und krank geworden sind, sich aus dem aktiven Leben, welches auch immer, zurückgezogen haben. Und dann plötzlich heißt es „Er/sie ist tot“. Und dann sagt man sich: Ach ja, da war doch was.
      Ohne Gorbi wäre die Wiedervereinigung seinerzeit nicht möglich gewesen. Nicht alles war gut damit. Mein ehemaliger Chef hatte dazu mal gesagt: Wenn man schmutziges Wasser (DDR) und sauberes Wasser (BRD) zusammengießt, erhält man niemals sauberes Wasser. Er hat das auf die Wirtschaft beider Staaten bezogen.

      1. Ich habe zumindest in jeder online-Ausgabe die ich lese mindestens einen Beitrag gefunden, der sich mit Diana Spencers Tod beschäftigt, wenn nicht sogar mehr, oft auch noch verbrämt mit „neuen Erkenntnissen“ oder ähnlichem Schmuss (und teils auch noch hinter der Bezahl-Schranke).
        Sicher nicht so umfangreich, wie die Nachrufe auf Gorbatschow und Ströbele, aber dennoch immer recht prominent plaziert.
        Und du kannst mir glauben, das war nicht in der Adelspost oder ähnliche Gazetten, sondern auch in seriösen Zeitschriften wie Spiegel, Süddeutscher, Zeit usw.

        Wobei mir immer noch schleierhaft bleibt, warum darum so eine Hype gemacht wird.

        Schliesslich – Adelstitel hin oder her – war sie auch nicht mehr als ein Mensch unter Menschen .
        Ein Mensch also, dessen Tod sicher tragisch war und den man auch betrauern mag, den man aber trotzdem nicht auf ein vorsintflutliches Postament stellen muss, nur weil der Stammbaum einen Adelstitel ausweist und sie das zweifelhafte Glück hatte, in ein Königshaus einheiraten zu dürfen.
        Damit wird man nämlich weder ihr gerecht (die ja offenbar mit ihrem Leben nicht glücklich war und diesen Rummel überhaupt nicht wollte), noch den vielen „normalen“ Menschen ohne ererbten Titel und ererbtes Geld, die mit ihrer Lebensleistung weit mehr zu einer besseren Welt beigetragen haben als sie.

  5. In der Tat, stand ich mal an der Straße und habe „Gorbi, Gorbi“ gerufen, als schwarze Limousinen an uns vorbeifuhren. Dachte kurz nach, darüber etwas zu schreiben.

    Aber kaum „denkste“ drüber nach, kommt die nächste Info-Flut. Gar nicht so einfach am Ball zu bleiben dieser Tage.

    Vielleicht schreibe ich doch noch was…. ;-)

  6. Hallo Wilhelm,

    außer meiner Tageszeitung habe ich in den letzten Tagen fast keine Medien konsumiert.
    Aber bei deinem Eintrag fällt mir auf, das wir selbst im Büro nicht über ihn gesprochen haben. Wahrscheinlich liegt das daran, das sich bei uns allen, wieder das alte Leitbild vom „bösen Russen“ in den Vordergrund gedrängt hat.
    Da passt Anteilnahme und Gedenken an einen ehemaligen Anführer nicht in die Zeit. Auch wenn er ein ganz großer war und die Voraussetzung für das Europa, wie wir es heute leben, geschaffen hat.

    Ich wünsche dir eine gute Nacht.
    Liebe Grüße
    Trude

    1. Ich glaube, Anteilnahme ist nur ein Teil der Geschichte.
      Früher haben doch immer viele Menschen gesagt, dass sie ihm viel zu verdanken hätten…. und das war mein Gedanke, als ich diesen Beitrag schrieb.

  7. Moin Wilhelm.
    Ja, du hast recht. Ich sag’s mal so: Wenn alle so wären wie die beiden, jeder auf seine Art, die Welt wäre eine bessere. Wobei, unumstritten waren beide auch in ihren eigenen Reihen nicht und so sehr wir „Gorbi“ viel zu verdanken haben, im eigenen Land verübelt man ihm den Zerfall der Sowjetunion. Und „Gorbi“ verübelte dem „Westen“, so kann man es in seiner Bilanz nachlesen, dass er damals mit seinem Konzept von Glasnost und Perestroika auf ein gemeinsames „Haus Europa“ hoffte, aber stattdessen nur auf eine „Siegermentalität“ getroffen sei: Der Kapitalismus hatte über alles gesiegt und das ließ man Russland spüren. Das sei am Ende der Hauptgrund gewesen, warum Russland einen „Machtmenschen wie Putin“ gebraucht hätte, um in der Weltpolitik wieder sichtbar zu sein. … Ja, „Gorbi“ hat gerade ab 1992 viel gesagt & geschrieben. Das, was ich von ihm gelesen habe, finde ich hochinteressant und es hat mich bisweilen auch mal meinen Blickwinkel ändern lassen.
    Ok, so viel wollte ich gar nicht schreiben ;) Wir lesen uns!

    1. Natürlich ist gerade bei der Wiedervereinigung einiges schief gelaufen – und ich kenne auch Gorbatschows Bilanz in groben Zügen, obwohl ich sie nicht gelesen habe. Die Crux war damals wohl auch, dass man ihm im Westen nicht wirklich abgenommen hat, die friedlichen Ziele wirklich zu meinen, die er nach Aussen hin vertreten hat.
      Und umgekehrt hat es ja auch auf Seiten der Sovietunion und ihrer Verbündeten eine Menge Vorbehalte gegeben. Gegen den Westen und gegen Gorbatschow selbst, der mit seiner Politik ja fast eine komplette Kehrtwende gegenüber dem gemacht hat, was vorher war…..
      Und:
      Vielleicht ist das damals auch alles viel zu schnell gegangen?

  8. Ich hätte Herrn Gorbatschow mehr Zuspruch in seiner Heimat gewünscht. Aber dort wurde er fast nur noch als Totengräber der Sowjetunion bezeichnet, was mir sehr leid tat. Herrn Ströbele habe ich immer bewundert in seiner aufrechten Art, einer der wenigen Politiker, denen ich geglaubt habe, was sie gesagt haben. Über Lady Diana habe ich nichts gelesen, nur einen kurzen Beitrag im Radio gehört. Darin ging es aber nicht per se um sie, sondern darum, wie in England dieser Tag begangen wird, nämlich wohl ohne großes Interesse. Im Vordergrund stehen da offensichtlich die Streitereien der beiden Söhne der Lady. Na ja, mir soll’s egal sein! Gorbatschow und Ströbele jedenfalls suchen Ihresgleichen.
    Liebe Grüße,
    Elvira

    1. Ich glaube, über Diana brauchen wir in dem Zsuammenhang nicht weiter reden, weil die ja nun schon länger nicht mehr auf der Erde weilt und sicher nichts sso furchtbar viel zu politischen Ereignissen beigetragen hat.
      Was Ströbele angeht, so bin ich ganz Deiner Meinung , ebenso, Herrn Gorbatschow betreffend, der mit seinen Reformen vielleicht auch das Pech gehabt hat, dass die Zeit dafür noch nicht ganz reif war und viele Menschen sich nicht mitgenommen fühlten – und auf der anderen Seite auch viel rasanter abgelaufen sind als vielleicht ursprünglich mal gedacht……

  9. Ich habe jetzt vor kurzem einen Artikel über Gorbatschow gelesen, der ihn in einem nicht ganz so positiven Sinne schildert, wie er allgemein dargestellt wird. Sein Hauptantrieb war wohl nicht unbedingt Friedenswille, sondern der dringende Bedarf von Devisen, um die Sowjetunion und das gesamte sozialistische System am Leben zu erhalten.
    In Frieden möge er dennoch ruhen.

    1. Da mag die Sichtweise sicher so oder so sein, je nachdem, aus welcher Richtung jemand auf Gorbatschow und seine Lebensleistung guckt. Fakt scheint mir aber zu sein, dass es ohne ihn möglichererweise immer noch zwei deutsche Staaten gäbe.
      Und ich möchte mir gar nicht vorstellen, wie die Welt dann aussähe.

      Und ja:
      Möge er in Frieden ruhen!

      1. Bitte, bitte verstehe mich nicht falsch, aber ich habe nach wie vor das Gefühl, dass 17 Millionen viel zu billig an den Westen „verkauft“ wurden, damit Kohl seinen Preis der Einheit bekommt. Leider waren aber auch unendlich viele aus der DDR so unsagbar scharf darauf, endlich Westgeld und „Bananen“ zu bekommen und keine vernünftige Politik, die auch die guten Seiten der DDR übernimmt und nicht nur fast die gesamte Industrie für weniger als einen Appel und ein Ei durch die Treuhand verramschen lässt.
        Aber das ist alles so lange her – doch irgendwie hat es immer noch Nachwirkungen, bei mir z.B. mit der niedrigen Rente, weil ich so lange arbeitslos war und HartzIV bekommen habe – auch so eine Sch…erfindung der Politik.

        1. Da sind wir absolut einer Meinung. In allen Punkten.

          Und auch im Westen gab es eine Menge Leute, die damals wegen des Tempos (nicht mal ein Jahr zwischen Grenzöffnung und dem sang- und klanglosen Verschwinden der DDR) mehr als skeptisch waren.
          Denn auch uns hier war klar, dass da vieles mit heisser Nadel gestrickt war und es viel mehr Zeit gebraucht hätte, beide Systeme aneinander anzupassen…. Insofern habe ich die Euphorie auch nie wirklich teilen mögen, die damals ob des Themas „Wiedervereinigung“ allenthalben herrschte, zumal wir im Westen als einfache Bürger ja auch keine Mitwirkungsmöglichkeiten hatten.

          Massgeblich war ( wie du richtig schreibst) alleine die Entscheidung der Mehrheit der DDR-Bevölkerung, die sich in der Wahl zur letzten Volkskammer manifestiert hatte – und damit der Auftrag an die Abgeordneten, einen Anschluss an die alte BRD herbeizuführen…. was dann im Westen von der Kohl-Regierung nur noch grosszügig abgenickt wurde, obwohl vieles kaum oder nur schlecht geregelt war – etwa Anerkennung von Berufsabschlüssen, um nur ein Beispiel herauszugreifen….
          Das hätte man wirklich besser machen müssen und besser machen können, wenn man sich man vorneherein mehr Zeit gelassen und für einen langsamen, schrittweisen Übergang entschieden hätte….mit einer Zielvorgabe von nicht nur ein paar Monaten, sondern von 5-10 Jahren….

          1. Martin, wenn es einen Smiley gäbe, auf dem ICH DICH umarme, dann stelle dir jetzt vor, dass davon drei hier stehen. Und ich kann besser zu dir hochreichen als deine Liebste, denn ich bin 170 cm hoch.

  10. Michail Gorbatschow war der Überbringer eines Geschenks an die Kalte-Krieg-Generation. Das Ende des kalten Kriegs war ein großes Geschenk – das hat ihn berühmt und populär gemacht. Sein gefühltes Scheitern (aus Sicht der Sowjetunion) und die überhebliche System-hat-gesiegt-Denke des Westens hat Jahrzenhnte später zu Putin und einem neuen kalten Krieg geführt. Hans-Christian Ströbele wäre, wenn er damals mehr Einfluss gehabt hätte, ein Partner für Gorbatschow gewesen. Zusammen hätten die beiden den Weg für eine neue Weltordnung ebnen können. So ist es aber nicht gekommen.

    Dass beide jetzt fast zur gleichen Zeit in der aktuellen weltpolitischen Lage gestorben sind ist eine bittere Ironie.

    Wegen diese bitteren Ironie wollte ich eigentlich nichts schreiben.

    1. Ja, da hast Du wohl recht.
      Insbesondere mit dem Gedanken Ströbele-Gorbatschow.
      Vermutlich würde die Welt tatsächlich anders aussehen, wenn damals nicht Kohl der deutsche Kanzler gewesen wäre, sondern jemand aus dem anderen Lager….mit mehr Willen zu einer echten Integration und weniger Schielen auf einen zukünftigen Eintrag „ins Buch der Gechichte“

Zu spät! Leider kannst Du hier nichts mehr anmerken.