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„Ja, ich sehe es ein, zweierlei ist möglich, man kann entweder dieses thun oder jenes;
meine aufrichtige Meinung und mein freundschaftlicher Rat ist der:
thu es oder thu es nicht, beides wird dich verdrießen.“
Søren Kierkegaard

Das Sonntagszitat 35/21

Das Sonntagszitat, wieder mit einem kurzen Text, den ich in einem meiner letzt-gelesenen Bücher  gefunden habe -auch dieses mal wieder aus dem Buch, in dem ich schon die letzten Zitate gefunden habe:

„(Motorrad)-Reisen war immer noch der beste Zeitvertrieb, den ich mir vorstellen konnte und mein Alltag war definitiv bunter als jemals zuvor, aber langsam ging der Lack ab. Mein Gehirn hasste das. Es wollte mein Leben bunt und wild – und nicht altbekannt. Ich war ein Sklave der Jagd nach dem guten Leben geworden. Welch offensichtlicher Fehler in meiner Programmierung!
Die Dinge und Umstände, an die ich mich gewöhnt hatte, waren ja nicht weniger schön, nur weil ich sie schon kannte.
Ich nahm das Besondere nur nicht mehr wahr, konzentrierte mich stattdessen immer auf das, was noch fehlte. Aber wie sollte mich das jemals glücklich machen?
….
Wir suchen schöne Aussichten, Geräusche, Geschmäcker und gute Stimmung. Wir umgeben uns mit geliebten Menschen. Aber der Genuss, den wir daraus ziehen, ist von Natur aus flüchtig. Gibt es eine Form von Glück, die über die schiere Wiederholung von Genuss und dem Vermeiden von Schmerz hinausgeht?
Ist es möglich, glücklich zu sein bevor irgendetwas passiert?“

(aus „Good Bye, Lehmann: Auf der Suche nach dem guten Leben“ von Stefan Fay)

Es geht also weiter um die Suche nach dem Glück – einem Glück, welches über den Augenblick und die Sensation hinweg anhält und von Dauer ist.
Und auch hier spüre ich wieder die Nähe zu den Gedanken des Autors, die mir sehr bekannt vorkommen, wenn ich einige Zeit in die Vergangenheit zurück denke.

Allerdings würde ich heute die von ihm herbeigesehnte Form des Glückes eher mit dem Wort „Zufriedenheit“ umschreiben wollen. Denn seit dieses Gefühl zu meinem beinahe ständigen Begleiter geworden ist, scheint mir die Suche nach „Glück“ (im Sinne eines Wunschtraumes) immer unwichtiger geworden zu sein.
Was nun nicht bedeutet, dass ich besonders schöne Momente nicht auch geniessen könnte – als „Sahnehäubchen“ auf mein schon länger anhaltendes und meist positives Grundgefühl.
Aber mag sein, dass dieser Eindruck ein rein subjektiv gefärbter ist und ich damit einer Täuschung unterliege…..

Doch sagt, wie seht ihr das?
Gibt es ein dauerhaftes Glück, wie der Autor es sich wünscht – und lohnt die Suche danach?
Oder sollte nicht eher Zufriedenheit das Ziel sein, das es zu erreichen gilt?


Habt einen schönen Sonntag und bleibt gesund und behütet!
Wir lesen uns :bye:


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- 11 Bemerkungen zu “Das Sonntagszitat 35/21

  1. Irgendwie ist Vieles momentan aus dem Ruder…
    Beachtlich, diese Zufriedenheit!
    Ich finde sie in und mit meinem inneren Geborgenheitsgefühl, in mir und der Welt (der Natur)!

  2. Ich finde diese Beschreibung sehr gelungen: „Die Dinge und Umstände, an die ich mich gewöhnt hatte, waren ja nicht weniger schön, nur weil ich sie schon kannte. “
    Viele suchen immer was Neues, es muss aufregender, schöner, größer sein. Ob einen das dann glücklich macht?
    Ich empfinde es wie Du, eine Zufriedenheit mit dem was ist. Und ein paar Träume dürfen ja noch sein, aber die haben nichts mit höher, weiter, schneller zu tun.

  3. Die Jagd nach dem Glück verschluckt die Zeit, die man sich nehmen könnte, um das Glück zu genießen…
    Im Wandern finde ich den Bezug zur Natur, fühle mich in dieser Welt und kann glücklich sein. Natürlich freue ich mich darauf, im Sommer neue Strecken laufen zu können, aber die restliche Zeit genieße ich, was wir hier zum Wandern haben – immer und immer wieder :-)

  4. Die Suche nach dem Glück wird nie enden weil man vermutlich immer noch was besseres sucht. Zufriedenheit und Glück schließen einander aber nicht aus. Wenn ich zufrieden bin, brauch ich nicht weiter zu suchen – wonach auch immer.

    1. So geht es mir inzwischen auch. Ich muss nicht mehr suchen, was ja nicht heißt, dass ich nicht noch Träume habe. Aber weniger die vom vermeintlichen Glück.

  5. Glück ist für mich eigentlich keine Kategorie. Zwar erinnert man sich immer wieder an starke Momente, aber deswegen strebe ich sie nicht an. Obwohl man sie vielleicht durchaus befördern könnte.
    Inhaltsvoll sollte mein Leben sein, das ist mir wichtig.

  6. Da kenne ich einen schönen Spruch von Pearl S. Buck: Viele Menschen versäumen das kleine Glück, während sie vergeblich auf das Grosse warten. Ich denke, Glück ist immer nur ein Augenblick. Zufrieden sein mit dem was man hat bringt einen im Leben weiter. Träume und Wünsche hat wohl auch jeder. Aber müssen sie immer in Erfüllung gehen??
    Wovon soll ich denn dann träumen

  7. Brigitte Berft:

    …besser hätte ich es nicht ausdrücken können. Wichtig ist es, die kleinen Glücksmomente wahrzunehmen. Ich bin weitgehend zufrieden ( nicht immer, jedoch sehr oft ) und das ist für mich ein sehr gut sich anfühlender Zustand.

    Natürlich habe ich auch Wünsche und Träume die wirklich erfüllbar sind, weil ich sie nicht zu hoch ansetze.

  8. Ich glaube, Glück definieren kann nur jeder für sich selbst. Für jemand anderen festlegen, was Glück zu sein hat, geht wahrscheinlich nicht. Zufriedenheit, so wie es Sonja, geschrieben hat, kommt auch bei mir der Sache am nächsten. Manchmal kann man sich mühen, wie man will und dann passieren doch Dinge/Umbrüche, die einen das ganze Leben umkrempeln. Und dann muss man eben sehen, dass der Kopf immer oben bleibt. Manchmal sind es die ganz kleinen Dinge, die helfen. Bei mir waren es zwei Hütehunde, Schafe und ein Sturzacker, die mich wieder geerdet haben.

    1. Ich antworte mal Dir, stellvertretend für alle Kommentatoren:

      Natürlich ist Glück ein rein subjektives Gefühl, welches jeder für sich selbst definiert.
      Anderseits ist es aber so, dass rein physiologisch gesehen dadurch bei allen das selbe Phänomen ausgelöst wird: Die Ausschüttung von Endorphinen, also Glückshormonen – was bei manchen Menschen auch zu sowas wie einem suchthaften Verhalten führt:
      Der notwendige Kick, um diese Ausschüttung zu erreichen, muss ständig wiederholt werden, um in Hochstimmung zu bleiben – was in der Auswirkung dazu führen kann, was Fay im zititerten Text beschreibt – und dass lässt sich sogar labortechnisch beweisen.

      Ganz anders beim Stichwort Zufriedenheit:
      Dabei spielt die Ausschüttung von Hormonen fast keine Rolle, sondern es ist mehr eine Frage der inneren Einstellung und der damit verknüpften Erwartungshaltung (auch das kann man im weiteren Verlauf des Buches lesen.):

      Bin ich mit mir und meiner Situation im Reinen (das heisst, sie akzeptiert zu haben als das, was ist), stellt sich Zufriedenheit beinahe automatisch ein und Sensationen werden unnötig, um die eigene Stimmung ständig zu pushen. Und dann wird auch möglich, über Veränderungen nachzudenken, welche die eigenen Zufriedenheit weiter fördern können, falls das denn überhaupt nötig ist.

      Hadere ich aber mit meiner Situation und ziehe Vergleiche mit dem was war oder was sein könnte, entsteht Unzufriedenheit, je mehr, je grösser die Diskrepanz zwischen der aktuellen Situation und demjenigen ist, mit dem ich sie vergleiche.

      Das klingt erst mal sehr theorethisch, lässt sich aber für mich gut anhand meiner eigenen Situation belegen – beispielsweise, wenn es ums Thema Laufen geht:
      Wie wir ja alle wissen, geht das bei mir nicht mehr so gut wie früher – das könnte also ein Grund sein, im Vergleich mit alten Zeiten in tiefe Depressionen zu verfallen, weil vieles nicht mehr geht, was ich ehemals konnte und (vielleicht) gerne mal wieder machen würde.

      Aber nachdem ich begonnen hatte, meinen Focus auf das hier und jetzt zu legen und zu betrachten, wie es mir im Augenblick damit geht, ohne Massstäbe als Vergleich heranzuziehen, die bei objektiver Betrachtung ohnehin unerreichbar wären, fiel es mir immer leichter, das zu akzeptieren was ist – und damit wurde meine Unzufriedenheit merklich geringer und der Kopf freier für die anderen Möglichkeiten, die ich ja trotzdem habe – weitab von dem, was unerreichbar ist:

      Und da geht einiges, wenn ich es genau betrachte und nicht immer nur auf das schiele, was ich nicht mehr kann. Rollerfahren ist nur ein Beispiel dafür, um mal beim Thema Mobilität zu bleiben – aber ich könnte genauso gut auch den Bus nehmen, mit dem Auto fahren, noch Reiten lernen oder sogar ganz gemächlich spazieren gehen, je nach dem wonach mir gerade ist. und vielleicht wäre sogar Fahradfahren etwas, wofür ich mich erwärmen könnte? Es zwingt mich doch niemand ausser mir selbst, weiter laufen zu müssen, als ich das kann…
      (Ähnliche Erfahrungen hast du ja auch gemacht, seit Du Deinen Fridolin hast)
      Insofern hat sich bei mir wirklich etwas geändert, seit ich mich nicht mehr auf den einen Punkt fixiere, der mich aus meiner eigenen negativen Einstellung heraus daran hinderte so zu leben, wie ich das wollte – sondern mein Leben so betrachte, dass es mir beinahe unendlich viele Möglichkeiten bietet, aus denen ich „nur“ auswählen muss, was mir gerade (und vielleicht auch auf längere Sicht) gut tut.
      Und damit sind auch viele der Sensationen oder Ersatzbefriedigungen unnötig geworden, die früher als Vehikel zur Ausschüttung von Glückshormonen herhalten mussten, ohne nachhaltig für eine gute Grundstimmung zu sorgen…..

      Kurz zusammen gefasst also:
      Ich suche nicht mehr das Unmögliche, sondern ich finde, was der Moment mir an Möglichkeiten bietet.

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