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„Ja, ich sehe es ein, zweierlei ist möglich, man kann entweder dieses thun oder jenes;
meine aufrichtige Meinung und mein freundschaftlicher Rat ist der:
thu es oder thu es nicht, beides wird dich verdrießen.“
Søren Kierkegaard

Oma, hüpf mal!

Gerade lese ich einen  (leider kostenpflichtigen) Artikel im Spiegel, in dem es um die Verkehrstüchtigkeit älterer Menschen geht – unter anderem auch um die immer wieder beim Einparken beschädigten Schaufenster in der Hamburger Waitzstrasse, wo inzwischen weit über zwanzig mal ältere Menschen in Friseurgeschäfte, Blumenläden und sogar Bankfilialen landeten, als sie ihr Auto davor abstellen wollten.
Sicherlich ein Kuriosum, aber doch ein Stück weit bezeichnend für die Überforderung vieler Senioren im Verkehr – und – ich gebe es zu, auch einer meiner Alpträume, wenn ich als alternder Mensch Auto fahre:
Plötzlich in der Zeitung zu stehen als jemand, der unfähig ist, Gas- und Bremspedal auseinander zu halten.

Viel gefährdeter jedoch – und dabei geht es nicht nur um Blechschäden und zermatschte Schaufensterscheiben – sind Senioren als Radfahrer oder Fussgänger, wie wohl auch einschlägige Statistiken belegen:
Weil sie sich langsamer bewegen (was mich ja auch schon betrifft), weil sie schlechter sehen und hören und weil sie komplexe Verkehrssituationen nicht mehr angemessen verarbeiten und darauf reagieren können.  Was im Zeichen einer alternden Gesellschaft sicher auch in Verkehrsplanungen einbezogen werden und sich auch in baulichen Konsequenzen im Entwurf von Ampelanlagen, Fussgängerüberwegen usw. niederschlagen sollte.
So könnten beispielsweise eine um eine halbe Minute längere Grünphase an Fussgängerampeln und Verkehrsinseln auf viel befahrenen oder breiten Strassen schon einen deutlichen Sicherheitsgewinn ausmachen, wie der Artikel weiter beschreibt:

„Auch die Bundesanstalt für Straßenwesen empfiehlt, Ampelanlagen seniorengerechter umzugestalten.
Bisher traf das allerdings laut Verkehrsforscher Schlag auf wenig Resonanz; lediglich Berlin hat nun ein »Fußgängergesetz« beschlossen, das unter anderem längere Grünphasen und mehr Übergänge mit Mittelinseln vorsieht. Die haben den Vorteil, dass sich Senioren immer nur auf eine Fahrrichtung konzentrieren müssen, wenn sie auf die andere Straßenseite wollen.“

Was ich aus eigener Erfahrung nur bestätigen kann:
Denn der schnellste bin ich ja auch nicht mehr, wenn es um das Überqueren einer Strasse geht. (und es ist mir schon oft genug passiert, dass ich an Fussgängerampeln lieber erst zwei Rotphasen lang abgewartet und frische Kräfte gesammelt habe, bevor ich mitten auf der Strasse eine Zwangspause einlegen muss, weil ich nicht mehr weiter laufen kann)
Insofern kann ich aus meiner eigenen Erfahrung heraus ein Umdenken in der Planung solcher Anlagen also nur begrüssen.

Völlig bescheuert allerdings, was vor einiger Zeit aus dem Hause Scheuer (dem Verkehrsministerium) dazu vermeldet wurde:

„Statt sich flächendeckend für die Verbesserung von Ampelanlagen einzusetzen, machte die Bundesregierung 2018 im Unfallverhütungsbericht lieber einen zweifelhaften Vorschlag:
Im Umgang mit älteren Fußgängern und Fußgängerinnen sollten Maßnahmen ergriffen werden, die »die physischen Voraussetzungen für sicheres Queren trainieren bzw. aufrechterhalten«.
Übersetzt heißt das:
Hochbetagte sollen sich gefälligst ertüchtigen, damit sie schneller über die Straße kommen.“

Gehts eigentlich noch?

Aber was kann man auch von einem Minister erwarten, mit dem

„Geschwindigkeitsbegrenzungen auf Autobahnen nicht zu machen sind“

und dem die Sicherheit von Fussgängern und Radfahren genauso wie eine gut ausgebaute Infrastruktur im ÖPNV sowieso völlig am Ar… vorbei gehen. Schliesslich kann man da ja auch keine hochtrabenden Mautpläne machen.
Das kostet alles nur und bringt nichts ein…..


In diesem Sinne:
Geniesst den Tag und bleibt gesund und behütet!
Wir lesen uns


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- 11 Bemerkungen zu “Oma, hüpf mal!

  1. Beim Audi Scheuer schweigt jetzt lieber der Sängerin Höflichkeit. Das was ich über diesen „CS“U-„Minister“ denke, eignet sich nicht für die Öffentlichkeit. ;-)
    Ganz gerne habe ich an den Kreuzungen ja die motorisierten Hyper-Eiligen, die schon mal mit ihren aufheulenden Karossen beinahe auf Körperkontakt gehen, wenn man nicht olympiareif über die Straße sprintet. Da habe ich bereits einige Male meine damenhafte Zurückhaltung vergessen…
    Hab einen guten Tag!

  2. Ich bin eigentlich noch ganz gut zu Fuss. aber eine Strasse bei grüner Fussgängerampel ganz zu überqueren fällt auch mir sehr schwer. Allerdings sind die Wartezeiten bei Rot so lang, dass ich mich meistens sehr gut erholen kann ;)
    Ich bin gespannt, wann den Verkehrsplanern mal auffällt, dass es doch ziemlich viele Fussgänger und Radfahrer gibt.

    1. Das fällt ihnen auf lokaler Ebene hier in Bezug auf Radfahrer Hamburg durchaus auf.
      Nur dummerweise kippt die Planung dann ganz oft in die Richtung, dass Autos und Ihre Fahrer nur böse sind überall verbannt werden müssen.
      Was ich mir da wünschen würde, wäre ein gesunder Mittelweg, der allen eine Chance lässt (wie Beispielweise im westfälischen Münster, wo das beinahe perfekt gelöst ist)

  3. Ich hoffe, man muss jetzt nicht noch dankbar sein, dass der „gute Herr“ nicht gleich das Zuhausebleiben oder direkt in-die-Kiste-Legen empfohlen hat ***echt sauer grummel***

    1. Das wird es wohl sein.
      Und wenn es nicht die Autolobby ist, dann sind es die grossen Firmen, die er grosszügig mit Aufträgen im Rahmen der Privatisierung bedenkt….

  4. Ich kriege einen Hals wenn ich das lese.
    Auch dieser Minister wird mal Älter – vielleicht denkt er dann an das was er jetzt verzapft hat.
    Als ich jünger war und noch kein Rheuma hatte hätte ich mir niemals vorstellen können wie man sich im Alter und wenn man krank ist fühlen könnte das war auch gut so. Dieser Minister und viele andere sollten ab und zu mal ihr Hirn einschalten bevor sie solche Sprüche von sich geben.

  5. Mein Mann hat gestern bei Pufpaff etwas dazu gesehen. „Trainingscamp für Senioren“ lässt sich das zusammenfassen. Leider kann ich auch bei Satire nicht mehr über alles lachen. Wie be“scheuer“t ist das alles, was auf diesem Ministerium kommt.

    1. Dass ich über Satire nicht mehr lachen kann, ist ein Phänomen, welches mich schon seit längerem beschäftgt.
      Zumal auch gute Satire inzwischen selten die Überspitzungen im realen Leben toppen kann…..

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