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„Ja, ich sehe es ein, zweierlei ist möglich, man kann entweder dieses thun oder jenes;
meine aufrichtige Meinung und mein freundschaftlicher Rat ist der:
thu es oder thu es nicht, beides wird dich verdrießen.“
Søren Kierkegaard

Die Offenbarung – Roman

Tagchen , liebe Bücherfreunde!

Nach Schlafes Bruder ist dies nun der zweite Roman des Östereichers Robert Schneider, den ich gelesen habe:

Die Offenbarung
von Robert Schneider

Und wieder geht es um Musik, genauer gesagt um ein Spätwerk von Johann Sebastian Bach, dass kurz nach der Wende von einem Organisten in Naumburg in den Tiefen eines Orgelgehäuses gefunden wird.
Ein Werk, dass es wahrlich in sich hat mit einer Musik, die zum einen eine Essenz des Bach’schen Schaffens darstellt und zum Anderen auf vorher nie gekannte Art komponiert wurde: Denn die Musik, die sich textlich am letzten Kapitel der Bibel orientiert – der Offenbarung des Johannes – ist wahrhaft apokalyptisch und soll die Hörer in die tiefsten Tiefen des eigenen Ichs führen, damit sie ihre Schuld erkennen…

Und drum herum rankt sich die Geschichte des Organisten Jakob Kemper, einer mehr oder weniger verkrachten Existenz, der sich schon in vielem versucht hat und jedesmal gescheitert ist – im beruflichen. wie im privaten:
So wollte er ursprünglich ein Musikvirtuose sein, dann Komponist und Dirigent, um schlussendlich ein eher amateurhafter Musikwissenschaftler zu werden, der sich mehr schlecht als recht mit Klavierstunden durchschlägt und sich nebenher ehrenamtlich als Organist betätig, obwohl er mit „Glaube“ und „Kirche“ eigentlich nichts am Hut hat… .

Und auch im Privaten läuft es für ihn nicht so richtig rund :
Mit einem Nazi als übermächtigen Vater und einer früh verstorbenen Mutter findet er auch in der Familie keine rechte Unterstützung , wobei es zum völligen Bruch kommt, als sein Vater auch noch seine erste Liebe heiratet, in die Jakob grosse Hoffnungen gesetzt hat, wie auch in seine aktuelle Angebetete, die sich aber nach Jakobs Zögern ebenfalls anderweitig liiert.
Und dann ist da ja auch noch der in Kindertagen verunglückte Bruder, dessen Tod mit vielen Fragezeichen im Raum steht….

So also die Situation, als der völlig frustrierte Jakob Kemper das alte Manuskript in die Hände bekommt und in Konkurrenz zu den durchwegs aus Wessies bestehenden und sehr arroganten Vertretern der berühmten Bachgesellschaft zu studieren beginnt, ohne zu ahnen, was es damit auf sich hat. (Denn damit hätte er vielleicht die Chance, doch noch als grosser Wissenschaftler anerkannt zu werden.)
Und so kommt, was kommen muss:
Jakob durchlebt beim Eintauchen in diese sehr mysteriöse Musik ein wahres Wechselbad der Gefühle und kommt körperlich und seelisch an die Grenzen seines Ichs, bevor er sich entschliessen kann, das Manuskript doch noch aus der Hand zu geben.


Doch überraschend:
Auch die Vertreter der Bachgesellschaft wollen es nach einer ersten Euphorie eigentlich nicht. Denn es könnte ja ihr mühsam errichtetes und teils aus blossen Fiktionen bestehendes Gebäude der Bach’schen Musik-Theorie und -Historie zum Einsturz bringen….

Ziemlich verworren, die Geschichte!
So könnte man jedenfalls meinen, zumal darin immer wieder eine ganze Menge Dinge beinahe parallel passieren und Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft (in Form von Wünschen des Protagonisten) nicht immer klar von einander abgegrenzt scheinen.
Und doch ist es anders, als es scheint, auch wenn die teils recht mysteriöse Geschichte sich wirklich erst auf den letzten Seiten aufklärt, auf denen Johann Sebastian Bach selbst als griesgrämiger alter Mann noch seinen grossen Auftritt bekommt – eine gehörige Portion Situationskomik inklusive.
Denn damit erweist sich zum guten Schluss alles als folgerichtig, was vorher in dem Buch passiert ist.

Aber auch ohne dieses (für mich völlig unerwartete) Schlusskapitel hat dieser Roman eine Menge unterhaltsamer und teilweise auch lehrreicher Facetten. Denn man erfährt darin Einiges über Musikgeschichte im allgemeinen und Johann Sebastian Bach im Besonderen sowie auch über die Welt der Musikwissenschaften und das Verhältnis von Ost und West in den Jahren nach dem Mauerfall – eingebettet in eine Handlung, die mit viel Humor erzählt wird und auch für sich alleine genug Spannung aufweist, dass es schwer ist, das Buch aus der Hand zu legen, wenn man sich erst einmal darin zurecht gefunden – will sagen: die ersten, mit ihren Sprüngen recht chaotisch anmutenden Kapitel überstanden – hat. Denn damit macht der Autor es einem nicht so ganz leicht, den Einstieg in die Geschichte zu finden…

Deshalb reicht es für mich auch nicht so ganz zur vollen Punktzahl, obschon mir dieses Buch ansonsten wirklich viel Spass gemacht hat:

Denn das hätte auch ganz anders laufen können, wenn das Buch mich „auf dem falschen Fuss“ erwischt hätte….

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Der Klappentext:

Das Mysterium der Musik.

Am Heiligabend des Jahres 1992 entdeckt der Naumburger Organist Jakob Kemper im morschen Gehäuse der Kirchenorgel ein unbekanntes Oratorium von Johann Sebastian Bach: ein Jahrhundertfund, der sein Leben völlig aus der Bahn wirft. Je genauer der eigenbrötlerische Musikforscher und Organist die Melodien analysiert, desto Unerklärlicheres trägt sich zu. Bald ahnt er, dass die Partitur ein Geheimnis birgt: Sie ist nicht allein Musik, sondern vermag Erinnerungen an Vergangenes, Verdrängtes und Zukünftiges zu beschwören. Bach schien am Ende seines Lebens eine Art kosmisches Gesetz entdeckt zu haben, an dem die Seele des Menschen gesunden kann – oder in die tiefste Verzweiflung stürzen.

Noch hält Kemper seinen Fund geheim. Doch dann treffen vier Experten der Bachgesellschaft ein – sie überwachen die Restaurierung der Orgel, auf der Bach selbst einmal gespielt hat – und die Geschichte nimmt einen rasanten Lauf …

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Habt noch einen schönen Rest des Tages und bleibt gesund und behütet!
Wir lesen uns :bye:

Euer Wilhelm,

der Wetter das schöne Wetter schon genutzt und wieder eine nette kleine Rollertour gemacht hat B-)


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