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„Ja, ich sehe es ein, zweierlei ist möglich, man kann entweder dieses thun oder jenes;
meine aufrichtige Meinung und mein freundschaftlicher Rat ist der:
thu es oder thu es nicht, beides wird dich verdrießen.“
Søren Kierkegaard

Panzer, Panzer, überall nur Panzer!

Einen friedvollen guten Morgen Euch allen!

Wenn man sich die Schlagzeilen der letzten Tage ansah, so war da bezogen auf ein einziges Thema ja ordentlich Druck auf dem Kessel, wie auch diese Karrikatur von Klaus Stuttmann überdeutlich demonstriert:

Denn tatsächlich beherrschte die mögliche (oder eben nicht mögliche) Lieferung deutscher Leopard-Panzer an die Ukraine samt aller möglichen begleitenden Artikel über dieses Fahrzeug des Grauens und seine technischen Möglichkeiten überall die ersten Seiten (oder bei Onlineausgaben: das oberste Viertel) aller Publikationen und machten es schwierig, das Thema zu übersehen.

Aber nun scheint mit der gestern bekannt gegebenen Entscheidung unseres Bundeskanzlers der Knoten ja geplatzt. Allerdings nicht, ohne dass im Nachgang auch noch weiter alle möglichen Argumente bemüht werden, warum die Entscheidung jetzt richtig war – etwa wenn von einer „Wiedergutmachungsschuld“ geredet wird, die unser Land der Ukraine gegenüber ja habe….wohl bezogen auf die Greuel, die deutsche Truppen vor achtzig Jahren dort angerichtet haben.

Woraufhin die Gegner der Scholz’schen Entscheidung mit Recht anführen, dass es eine solche „Wiedergutmachungsschuld“ ja auch den Russen gegenüber gäbe, die damals ebenso gelitten haben.

Will sagen: der Streit geht also trotzdem weiter – wenn auch vielleicht nicht ganz so prominent wie in den letzten Tagen und Wochen – und dürfte auch weiterhin die Schlagzeilen beherrschen. Jedenfalls so lange, bis aus der Ukraine die nächsten Forderungen nach weiterem Kriegsgerät kommen – nach Kampfhubschraubern etwa oder nach Kriegsschiffen.

Aber wo will man dann einen Grenze ziehen – zumal sich an den wesentlichen Argumenten pro Waffenlieferungen ja auch nach der erfolgten Lieferung der Leoparden nichts ändern wird:

Der Herr Putin hat mit seinen Truppen die Ukraine überfallen und würde sie am Liebsten wieder zu einem russischen Satellitenstaat machen. Täglich sterben deshalb auch weiterhin unzählige Menschen und Teile de Landes liegen in Schutt und Asche. Deswegen muss man der Ukraine helfen, zu Not eben auch mit Waffenhilfe, wenn auf diplomatischem Weg nichts zu erreichen ist. Das ist nicht nur eine moralische Pflicht, sondern auch wichtig fürs militärische Gleichgewicht in Europa,usw.usw….

Ihr alle kennt diese Argumente genauso gut wie ich.

Und Ihr kennt auch die Argumente genauso gut, die dagegen sprechen – etwa die Angst vor einer weiteren Eskalation, wenn der Herr Putin zu sehr provoziert werden würde.
Eine Angst, die bei vielen von uns bis in den ganz persönlichen Bereich hinein reicht – auch bei mir, der ich einer Entscheidung pro Waffenlieferung ohnehin sehr zwiespältig gegenüberstehe:

Einerseits durchaus die moralische Verpflichtung sehend, der Ukraine zu helfen (und deshalb auch der Lieferung der Panzer wohlwollend gegenüberstehend) steht aber auf der anderen Seite gleich auch der Pazifist in mir auf und ruft laut: „Du sollt nicht Töten“.
Was für mich auch gleichbedeutend damit ist, dass man auch niemand anders unterstützen darf, der gegen dieses Gebot verstösst. Und das wiederum schliesst eine Waffenlieferung ja auch ganz klar und eindeutig aus….

Ein Dilemma, was sicher nicht nur mich alleine trifft.

Denn ich unterstelle mal, dass es auch sehr vielen politischen Entscheidungsträgern ähnlich geht, was auch zum Teil deren zögerliche Haltung bei der – ohne Zweifel notwendigen und unumgänglichen – Frage nach der Lieferung von Kampfpanzern beeinflusst haben mag. Einer äusserst schwierigen Entscheidung, bei der es ein schnelles und deutliches „Ja“ oder „Nein“ eigentlich nicht geben konnte, weil eben auch noch ganz viel andere Argumente auf ganz anderen Ebenen eine Rolle dabei spielten.
Neben den ethischen Bedenken und dem Zusammenhalt in EU und Nato nicht zuletzt auch die Frage nach den Auswirkungen in die Zukunft hinein.
Und damit erschliesst sich mir auch der Scholz’sche Wunsch, diese Entscheidung auf eine möglichst breite Basis zu stellen, statt im Alleingang vorzupreschen. Auch wenn diese zögerliche Haltung zwischenzeitlich auf eine Menge Unverständnis (auch bei mir) gestossen ist.

Insofern bin ich also auch etwas erleichtert, dass nun die Würfel endlich gefallen sind und klarer wird, in welche Richtung es weiter geht. Wenn auch gegen einen Teil meiner inneren Überzeugen und im Wissen , dass sich erst noch zeigen muss, was daraus in Zukunft erwächst…

Aber trotzdem bleibt auch die Hoffnung, dass sich (vielleicht auch wegen der erneuten Waffenlieferung ?) doch noch ein friedlicher Weg finden könnte, den unsinnigen Krieg in der Ukraine und die Gefahr für uns alle zu beenden, die daraus erwächst…..


In diesem Sinne:
Habt einen friedlichen Tag und bleibt auch weiter gesund und behütet!
Wir lesen uns :bye:

Euer Wilhelm,

der trotz allem auch weiter optimistisch nach vorne guckt und diese Haltung auch nicht aufgeben will……


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- 23 Bemerkungen zu “Panzer, Panzer, überall nur Panzer!

  1. Moin Wilhelm.
    Das habe ich gerade schon mal als Antwort auf einen Kommentar bei mir geschrieben und kopiere hier jetzt:
    „Wenn schon Panzer, dann sag‘ ich’s für mich mal so: Ein Kampf-Panzer ist mehr als alle anderen Waffengattungen auch ein Symbol für den 2. Weltkrieg, besonders in Osteuropa. Deshalb ist es m. E. immens wichtig, das nicht nur deutsche Leopard-Panzer, sondern die gemeinsam mit amerikanischen Abrams, den britischen Challengern und vielleicht auch den französischen LeClerqs an der ukrainisch-russischen Front eingesetzt werden – was die westliche Geschlossenheit zeigt und Putin zu verstehen gibt, dass es ihm nicht gelungen ist, auch nicht gelingen wird, den Westen zu spalten. Trotz alledem bleibt die Hoffnung, dass dieser viele Gräber verursachende Wahnsinn bald vorbei ist …!“
    Trotz alledem, bleibe munter, wir lesen uns.

  2. Tja, jetzt bekommen sie also die Panzer. Nächste Schlagzeile: Herr Selensky fordert !!! Kampfjets und Raketen.
    Weiter so :-(

      1. Ja, was soll er machen?
        Aufgeben ist ja auch keine Lösung. Deshalb kann ich auch nur zu gut verstehen, dass er alle Hilfe erbittet/fordert, die er bekommen kann.
        Wobei es letztendlich Wurst ist, welche Schlagzeilen die Zeitungen (je nach Coleur) daraus machen.
        Der Mann steht nun mal mit dem Rücken und voller Verzweiflung schon so dicht an der Wand, dass da sicher kein Blatt mehr zwischen passt. Und deshalb kommt es auf den Tonfall dabei auch nicht mehr an, sondern darauf, seine Situation und die eines Landes zu bestehen und angemessen darauf zu reagieren….

  3. Mit deinen Worten stimme ich überein, Wilhelm!

    Meine Zukunftsangst ist, dass wir uns auf dem Weg in einen
    – neuen – kalten Krieg befinden. Wie kann man das selbst mit klügster und bedachtester Politik verhindern?

    Ich war (und bin es von Herzen) auch immer Pazifistin, aber die im Balkankrieg vom damaligen Außenminister Joschka Fischer geäußerten Worte „nie wieder Ausschwitz“ haben mich diese Haltung überdenken lassen. Dennoch war ich immer sehr einverstanden damit, dass wir unsere Bundeswehr als reine Verteidigungsarmee geschrumpft haben und andere Prioritäten setzten. Wir setzten auf Frieden und Zusammenwirken über Grenzen hinweg und auch im Nachhinein kann ich das nicht falsch finden.

    Ich selbst habe in den glücklichen Umständen des Wiederaufbaus nach dem zweiten Weltkrieg nur Frieden und Fortschritt erleben dürfen. Das war mir immer bewusst und hat mich dankbar und in gewisser Weise auch demütig gemacht. Denn es musste vieles, was wir heute für selbstverständlich halten, teils gegen heftige Widerstände der Ewiggestrigen erkämpft werden. Meine Generation erinnert sich noch aus eigenem Erleben sowohl an das Leid als auch die Schuld der Elterngeneration.

    Der Mensch ist zwar einerseits so lernfähig, dass man nur staunen kann, andererseits aber so dumm, grausam und unbelehrbar, dass man sich fürchten muss und ein Ende der Menschheit auf dieser Welt noch früher wahrscheinlich wird als aus anderen Gründen prognostiziert.

    1. Ich weiss ja nicht, wie alt Du bist, kenne aber vieles auch noch aus eigenem Erleben, was Du beschreibst. (ich selbst bin Jahrgang ’58)
      Und ich habe auch noch erlebt, dass ich von Generationsgenossen meiner Eltern massiv angegangen worden bin, als ich mich entschieden habe, den Wehrdienst zu verweigern, u. A. auch mit dem Argument, dass aus dem kalten Krieg auch schnell ein heisser werden könnte und unser Land dann jeden Mann brauche, um sich zu verteidigen…..

      1. Ich bin Jahrgang 1945. Mein Bruder (1940) hat den Wehrdienst in den 1950er Jahren verweigert und musste sich noch durch zwei Gerichtsinstanzen durchkämpfen, um damit durchzukommen. Kennst du vielleicht von Franz Josef Degenhardt “ Befragung eines Kriegsdienstverweigerers“? Hörenswert. Genau nach diesem Muster lief es ab.

        Wir sind so erzogen worden, in anderen Menschen per se keine Feinde zu sehen.

        1. Die hochnotpeinliche Befragung hab ich auch noch erlebt, hatte aber das Glück, im ersten Anlauf durchzukommen, weil die Kommission mich als „religiösen Spinner“ abgetan hat, nachdem ich (seinerzeit, 1977, als evangelischer Diakonschüler) konsequent mit Argumenten aus der Bergpredigt auf ihre Fragen geantwortet habe….
          Andere junge Männer aus meinem Bekanntenkreis hatten es da deutlich schwerer….

          Degenhards Text kenne ich natürlich, denn der war seinerzeit bei vielen Wehrdienstverweigerern ziemlich populär

  4. Da diese Panzer sowieso erst in 3 Jahren geliefert werden können, gehe ich mal davon aus, dass sie für DIESEN Konflikt keine Rolle mehr spielen werden. In 3 Jahren könnten sie dann aber ungehindert durchrollen, da das Land eh von vorn bis hinten plattgemacht wurde…. :cry:

  5. In meiner Brust wohnen (mindestens) zwei Seelen – eine ist dafür, eine ist dagegen – doch auf keine von beiden wird irgend jemand hören, sondern es so machen, wie die Politiker es fast schon schreiend herbeiwünschen oder beruhigt + besonnen so lange wie möglich hinauszögern.
    Aber bei mir ist immer so ein unangenehmer Beigeschmack, und der heißt „Gewinne der Rüstungsindustrie“. Die Bosse dort reiben sich bestimmt ihre Einkommens-Hände und freuen sich, dass altes Kriegsgerät und neues jetzt endlich verballert wird, damit man neues für teures Geld an alle möglichen Armeen und Länder verkaufen kann.
    KotzKotzKotz.
    Dennoch einen lieben Gruß zu dir

    1. Jaja, die Rüstungsindustrie:
      Die freuen sich jetzt einen Kringel an den Bauch, wo doch jahrelang tote Hose war…
      Richtig ist das nicht – da gebe ich Dir Recht!

  6. Ein wirklich sehr komplexes Thema. Mit vielen Aspekten, die sich durchaus auch ziemlich widersprechen, wie Du ja auch über Deinen inneren Zwist schreibst. Wichtig finde ich, das alle Bedenken auch tatsächlich gehört ubd dann gegeneinander abgewogen werden.
    Ich würde es begrüßen, wenn die diplomatischen Bemühungen trotz zwischenzeitlich mangelndem Erfolg (zumindest wird kaum etwas verlautbart) weitergeführt bzw. wieder aufgenommen würden.

    1. Ich glaube tatsächlich, das alle das wollen würden, wenn denn mit Putin zu reden wäre. Ist es nicht, leider.

    2. Ich bin mir sogar ziemlich sicher, dass bei allen vordergründigen Schuldzuweisungen und Aufeinader-Herumhacken hinter den Kulissen immer noch verhandelt wird.
      Nur bisher leider ohne sichtbare Ergebnisse.
      Dabei wären die so wichtig – je schneller, je besser.

      1. Ja, ich hoffe ganz inständig, dass die eigentlich diplomatische Arbeit irgendwo/irgendwie weitergeht. Alles Andere wäre fatal.

  7. Hallo Wilhelm,

    du hast vollkommen Recht. Die Entscheidung ist wirklich nicht einfach.
    Aber ich glaube das Olaf Scholz das vollkommen richtig macht. Hätte Kaiser Wilhelm sich einst mit anderen Staaten abgesprochen, hätte die Schlacht um Verdun z.B. wahrscheinlich nie stattgefunden. – Wobei da allerdings die Frage gewesen wäre, mit wem diese Absprache stattgefunden hätte.
    In diesem Fall sind die Bündnispartner jedoch klar. Und gerade Deutschland prangert in dieser Richtung auch immer wieder Alleingänge anderer Staaten an.

    Ich wünsche dir einen möglichst schmerzfreien Tag mit funktionierender Spülmaschine.
    Liebe Grüße
    Trude

    1. Eine Verhandlungslösung samt tragfähigem Kompromis ist auf jeden Fall immer die beste Lösung…
      Und das dauert halt, solange es dauert, auch wenn es für Aussenstehende manchmal quälend langsam zu sein erscheint.

      Was Herrn Scholz betrifft, so bin ich mir da allerdings nicht so sicher, ob die jetzt gefundene Lösung nicht auch schneller hätte zustande kommen können – und ob nicht mehr Transparenz im besser zu Gesicht stehen würde als das Pokerface, was er die ganze Zeit zur Schau gestellt hat.

  8. ich habe mich ja auch schon übers mediale „Trommelfeuer“ mit Panzervokabular aufgeregt, aber nun es ist so und nun müssen WIR Deutschen die 14 Dinger aber mal auch flott dahin bringen. Wenn ich in Kiev im U-Bahn-Schacht säße und würde hören, dass die Tanks noch mindestens 8 Wochen brauchen … da würde mit himmelangst werden …

    1. Richtig!
      Je schneller, desto besser.

      Und auch der Aspekt ist wichtig, sich das ganze Drama mal aus der Perspektive der Ukrainer zu betrachten, denen schlussendlich nicht anders bleibt, als abzuwarten, was im fernen Europa über sie entschieden wird.
      Was anders können die denn machen, als immer wieder auf ihr Dilemma hinzuweisen?
      Zur Not auch mit „Forderungen“, die aus unserer Sicht beinahe schon unanständig erscheinen mögen.

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