– – tageweise unsortiertes – –
„Ja, ich sehe es ein, zweierlei ist möglich, man kann entweder dieses thun oder jenes;
meine aufrichtige Meinung und mein freundschaftlicher Rat ist der:
thu es oder thu es nicht, beides wird dich verdrießen.“
Søren Kierkegaard

Über die Faszination des Abstrusen

Guten Morgen, ihr Lieben!

Seit ein paar Tagen, ach was, seit Wochen und Monaten, ja eigentlich schon seit Jahren sorgt eine Geschichte für Schlagzeilen, die im Grunde wohl nicht mehr ist als der Konflikt eines aufmüpfigen jungen Mannes mit seiner stockkonservativen Familie, die unter normalen Umständen wahrscheinlich keine Maus hinter dem Ofen hervorlocken würde.

Wäre da nicht die herausragende Position dieser Familie als Herrscherhaus einer althergebrachten und mittlerweile wohl auch völlig überkommenen europäischen Monarchie, deren Mitglieder nicht mal mehr einen Pups lassen können, ohne dass dies gleich schlagzeilenträchtig von der einschlägigen Presse ausgeschlachtet und als Skandal aufgebauscht wird.
Wobei ich zugeben muss, dass auch ich nicht frei davon bin, manches davon zur Kenntnis zu nehmen, meist eher am Rande, manchmal angewidert, manchmal amüsiert, manchmal kopfschüttelnd, aber manchmal durchaus auch mit einem gewissen Respekt vor der Lebensleistung einiger der Familienmitglieder – wie etwa bei der kürzlich verstorbenen alten Dame, die bis ins hohe Alter das Zepter nicht aus der Hand legen wollte und damit ihren Erstgeborenen zum wohl ältesten Azubi der Welt degradierte.

Und nun ahnt ihr vielleicht auch schon, worauf ich hinauswill?

Denn diese alte Dame wäre wohl nicht amüsiert über das, was sich da gerade vor den Augen der staunenden Weltöffentlichkeit abspielt, weil besagter junger Mann – vermeintlich mit dem Rücken an der Wand stehend – gerade alle Register zieht und nicht nur in aller Öffentlichkeit schmutzige Familienwäsche wäscht, sondern wohl auch für eine Menge zerschlagenen Familienporzellans und zerdepperter Schlosseinrichtung sorgt – wobei mal dahin gestellt sein mag, was davon wirklich stimmt und was seinen Ursprung in seiner wohl etwas gestörten Wahrnehmung der Realitäten haben mag.
Denn mittlerweile wird das Bild – öffentlichkeitswirksam angeheizt durch eine Netflix-Dokumentation, diverse Interwievs und nicht zuletzt auch durch den gerade erschienenen ersten Teil seiner postpubertären „Memoiren“– immer unklarer, was man als unbedarfter Leser vom wirklichen Geschehen hinter den Palastmauern bekommt.
Mag also sein, dass manches davon stimmt, was der junge Mann da – keine Peinlichkeit scheuend (wen interessiert schon sein tiefgekühltes Geschlechtsorgan und was trägt das zur Wahrheitsfindung bei?)- ausposaunt, mag aber auch sein, dass manches masslos übertrieben auch nur seine subjektive, offenbar von tiefen Traumen beeinflusste Wahrnehmung darstellt und deshalb möglicherweise einer objektiven Prüfung kaum standhalten würde. Was sich da wirklich abgespielt hat, werden wohl nur die beteiligten Personen wissen….

Viel Input also, den die Öffentlichkeit da gerade erhält, egal, ob wirklich daran interessiert oder – wie ich – eigentlich nicht.

„Eigentlich“ deshalb, weil auch ich nicht umhinkomme, gerade gewisse Dinge zu lesen oder zu hören, die ich überhaupt nicht wissen will.

Wobei ich zugeben muss, dass diese öffentliche Eskalation in ihrer ganzen Absurdität gerade auch zunehmendes Interesse bei mir auslöst. Fast so wie bei der Geschichte mit dem Kaninchen und der Schlange. Und so ertappe ich mich in den letzten Tagen auch immer wieder dabei, Artikel anzuklicken, die damit zu tun haben, obwohl mir normalerweise alles ziemlich am verlängerten Rücken vorbei geht, was mit dem Adel dieser Welt und mit seinem aus der Zeit gefallenen Gehabe zu tun hat.
Denn meist steckt ja doch nicht mehr dahinter als ganz alltägliche – familiäre oder finanzielle – Probleme, die andere Menschen auch haben. Nur, dass die dann keinen Adelstitel haben und sich niemand dafür interessiert, weil sie nicht zu den Reichen und Schönen dieser Welt gehören.

Die Flodders – ganz normale Leute

Würde man also den Namen Windsor in dieser Geschichte durch Müller, Meier oder gar Flodder (wer erinnert sich nicht an diese zauberhafte holländische Familie, die in den 90ern mal gross in den Schlagzeilen war?) ersetzen, dann wäre die ganze Seifenoper das ganze vermeintliche Drama wohl keine Schlagzeile mehr wert. Was auch keine Tragödie wäre und die Welt in keiner Weise ärmer machen würde….

Doch vermutlich bin ich auch nicht der Einzige, dem es gerade so geht, obwohl die Welt doch ganz andere Probleme hat?
Mal Hand aufs Herz?


Habt alle einen zauberhaften Tag ohne grosse Dramen – und bleibt gesund und behütet!
Wir lesen uns :bye:

Euer Wilhelm,

der ein bestimmtes Buch ganz bestimmt nicht lesen wird, obwohl es gerade in allen Bestsellerlisten ganz nach oben schiesst…..


-833-