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„Ja, ich sehe es ein, zweierlei ist möglich, man kann entweder dieses thun oder jenes;
meine aufrichtige Meinung und mein freundschaftlicher Rat ist der:
thu es oder thu es nicht, beides wird dich verdrießen.“
Søren Kierkegaard

Die Sache mit der Plattform ( kein Sonntagszitat)

Guten Morgen Euch allen!

Vermutlich wird einigen von Euch das folgende Zitat ziemlich bekannt vorkommen – und ja, das ist auch durchaus beabsichtigt:

„Dieser Weg wird kein leichter sein
dieser Weg ist steinig und schwer“



Stammen diese Worte doch aus einem Lied eines gewissen Xavier N., der in unserem Land mit seinem Sprechgesang mal hohes Ansehen genoss, immer wieder an den Spitzen der Charts stand, viel soziales Engagement zeigte und sich am Anfang seiner Karriere u.A auch immer wieder gegen rechtes Gedankengut und Rassismus positionierte.
Jedenfalls, bis er wohl irgendwann im Lauf der Zeit „falsch abgebogen“ und nach einem ausgeprägten Schlenker ins beinahe fundamentalistisch religiöse plötzlich mit skandalösen und teils auch rassistischen Thesen in die Schlagzeilen geriet, die eindeutig dem Lager der Querdenker, Reichsbürger und Aluhut-Träger zuzuordnen waren.

Was – zu Recht – einen heftigen Karriereknick für ihn zur Folge hatte, weil daraufhin Radiosender seine Titel (auch die ganz alten ohne jegliche verquere Inhalte!) nicht mehr spielen wollten, er kaum noch Auftritte hatte und viele seiner treuen Fans sich von ihm abwandten, die vorher alle Schlenker seiner persönlichen Entwicklungen und sich wandelnden Einstellungen fast klaglos mitgegangen waren.
Womit natürlich plötzlich auch die Frage aus den Reihen einiger vorgeblich „völlig unpolitischer“ Hardcore-Fans im Raum stand, ob gerade diese alten und „unbedenklichen“ Lieder nicht für sich alleine stünden und auch weiter zur Aufführung kommen könnten, zumal bei ihrem Erscheinen nicht vorhersehbar war, welchen Wandel das Leben und die Einstellungen des Sängers in Zukunft nehmen würde…
Schliesslich könne doch die Musik nichts dafür, dass der Künstler sich in späteren Zeiten weiter und in eine ganz andere Richtung (!) entwickelt habe.

Woraufhin die Kritiker des Sängers – auch völlig zu Recht – das Gegenargument brachten, dass man den Künstler und sein Werk nun mal nicht trennen könne:
Selbst wenn N.’s frühen Werke in ihren Aussagen über jeden Zweifel erhaben wären, stände dahinter aber jetzt ein Mensch mit äusserst zweifelhafter Reputation und ziemlich wirren Ansichten, dem man nicht auch noch durch das kritiklose Abspielen seiner alten Lieder zu weiterer Popularität und grosser Bühne verhelfen müsse. Da könne man doch nicht einfach so tun, als sei da inzwischen nichts passiert…

Eine Ansicht, die ich vollkommen teile, zumal mir die Argumentation seiner Hardcore-Fans auch ungefähr so dürftig scheint wie die gerne kolportierte Meinung einiger Altnazis, dass unter Hitler ja auch nicht alles schlecht gewesen sei…. (Autobahnen, Arbeitlosigkeit und so…ihr wisst)
Weil diese Argumentation nämlich etwas verharmlost, was man nicht verharmlosen darf und auch offen benennen sollte: Rassismus, Nationalismus und Verleugnung wissenschaftlicher Erkenntnisse oder staatlicher Ordnung kann und darf nun mal nicht unwidersprochen bleiben.
Nicht nur, soweit es diesen entgleisten Sänger betrifft (der auf mich zwar inzwischen eher wie ein verwirrter Spinner wirkt) sondern auch an anderen Stellen, wo uns – wenn auch subtiler – ähnliches begegnen kann:

Etwa bei Werken und Zitaten von Autoren, die ihre Popularität nicht nur nutzen, um mehr oder weniger wissenschaftlich fundierte Thesen an den Mann zu bringen, sondern im Hintergrunde auch mehr oder weniger offen mit den gleichen Ideen sympathisieren wie unser Sänger – und diese unter Umständen (nicht immer) unterschwellig auch in ihren Texten transportieren.
Und auch dabei kann und darf man meiner Meinung nach Werk und Autor nicht trennen, selbst wenn das Werk für sich alleine stehend noch so gut sein mag und möglicherweise sogar über jeden Zweifel einer politischen oder weltanschaulichen Beeinflussung erhaben ist.
Dennoch sollte man auch bei solchen mutmasslich harmlosen Texten zumindest im Hinterkopf haben, welch Geistes Kind die Person(en) ist/sind, die hinter diesem Werk steckt /stecken und deren Haltung auch nicht unerwähnt lassen, wenn man sich dieser Werke in Zitaten bedient oder sie öffentlich vorstellt.
Schliesslich ( das gehört für mich immer mit dazu und ist auch nur eine kleine Mühe) ist es ja auch nicht schwer, sich im Netz mal schnell ein paar Informationen zusammenzusuchen und einen Überblick über den Hintergrund der Autoren zu verschaffen, über die man schreiben oder die man zitieren will…

Wobei ich persönlich sogar noch weiter gehen würde und mir das Argument zu eigen mache, dass ich in meinen Blog aus Prinzip niemandem eine Plattform bieten möchte, der mir in dieser Hinsicht zweifelhaft erscheint oder sich so verhält wie der oben erwähnte Sänger – und das, obwohl ich einige seiner alten Lieder richtig gut fand und sogar vor ewigen Zeiten mal in einem seiner Konzerte war…

Womit auch klar sein dürfte, dass der Typ in diesem Blog niemals vorkommen wird – ausser in diesem Beitrag, als abschreckendes Beispiel. B-)

-_-_-_-

Bleibt noch anzumerken, dass mir dieser Post schon seit längerem durch den Kopf geht, auch wenn es jetzt vielleicht dem einen oder anderen meiner Leser so erscheinen mag, als würde ich mich dabei auf einen ihrer/seiner aktuellen Beiträge beziehen wollen.
Aber dem ist nicht so, zumal ich selbst vor einiger Zeit auch fast in die Falle getappt wäre, in einem meiner Sonntagszitate ein Zitat eines Quarkdenkers gross herauszustellen, das sich bei näherer Betrachtung vor diesem Hintergrund jedoch als ziemlich zweideutig erwies…..


In diesem Sinne:
Bleibt gesund und behütet – und habt allesamt einen ganz wunderbaren Sonntag!
Wir lesen uns :bye:

Euer Wilhelm,

der mal wieder zu der Einsicht gekommen ist, dass es manchmal ein steiniger und schwerer Weg ist, wenn man auch beim Bloggen auf Polítical Corréctness achten will…


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