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„Ja, ich sehe es ein, zweierlei ist möglich, man kann entweder dieses thun oder jenes;
meine aufrichtige Meinung und mein freundschaftlicher Rat ist der:
thu es oder thu es nicht, beides wird dich verdrießen.“
Søren Kierkegaard

Wenn der Klinkenputzer klingelt

Moin zusammen!

Ich hatte ja schon mal drüber geschrieben:
Die Parkplatz-Situation in unserem Viertel und die Auswirkungen, die das auf mich als Menschen mit einer Gehbehinderung schon zu „normalen Zeiten“ hat.
Aber wann sind die Zeiten schon mal „normal“?
Noch dazu wenn unser fahrradverliebter Verkehrssenator in seiner unendlichen Güte beschlossen hat, die halbe Stadt mit „Radschnellwegen“ und Baustellen zu überziehen und in seinem Radwege-Bau-Wahn dabei auch nicht vor einer unserer Hauptachsen zur Verbindung mit der Aussenwelt halt macht, obwohl es da auch andere und für Radfahrer sicher angenehmere Lösungen gegeben hätte als sich mit überlangen Gelenkbussen einen schmale Anliegerstrasse teilen zu müssen?

Kurz und gut also: wir leben deswegen jetzt schon seit einigen Wochen mit einer Baustelle in unmittelbarer Nachbarschaft (die schraffierte Fläche links oben im angehängten Bild), sind von unserer Busverbindung noch mindestens ein halbes Jahr abgeschnitten (der fährt da normalerweise durch) und die gesamte Nachbarschaft muss für die Dauer der Bauarbeiten auf mindestens vierzig dringend notwendige Parkplätze verzichten, die solange ersatzlos wegfallen.

Und auch eine weitere, fussläufig für mich erreichbare Parkmöglichkeit mit nochmal etwa dreissig Plätzen in einer kleinen Sackgasse fällt ab heute für mindestens eine Woche weg (im Bild markiert unter den roten Pfeilen), weil ausgerechnet jetzt da auch noch eine Abwasserleitung saniert werden muss…..

Wobei die vorübergehende Parkverbotszone dort so markiert war, dass mittendrin noch vier Plätze benutzbar sind – und auf einem davon hatte ich vorgestern unser Auto abgestellt, als wir von unserem Trip an die Schlei zurück gekommen sind. Nicht ohne mich nochmal genau davon zu überzeugen, dass die Pfeile der angrenzenden Parkverbots-Schilder von unserem Auto weg zeigen.
Eben so wie auf diesem Beispielbild, wo das kleine Auto völlig korrekt abgestellt ist:

Smart parken – so gehts :good:

Aber dennoch klingelte heute morgen um kurz vor neun unser Bü-Na-Be (aka Dorfsheriff) an unserer Tür. Unser Auto stände im Weg – da würde eine Baustelle eingerichtet – und ich möge das da mal bitte wegfahren.
Huch? Hatten die Liebste und ich etwa vorgestern beide einen Knick in der Pupille?
Aber was hilfts – wenn die Ordnungsmacht in Form unseres wirklich netten bürgernahen Beamten das sagt, dann muss ich wohl Folge leisten.
Ergo hab ich mich mal schnell landfein gemacht und zum Auto begeben.

Dort angekommen und freundlich mit Namen begrüsst – der Bü-Na-Be und ich kennen uns ja schon aus einigen vorhergehenden Kontakten – stellte sich dann aber heraus, dass wir doch richtig geguckt hatten. Jedenfalls meinte er:

„Da muss ich mich wohl bei Ihnen entschuldigen, dass ich sie ganz umsonst raus gescheucht habe. Schliesslich haben Sie ja alles richtig gemacht.“

Und weiter:
Er sei heute morgen um acht schon mal da gewesen und habe die Kennzeichen aller Autos aufgeschrieben, die dort in der Sackgasse stehen und dabei wohl übersehen, dass ausgerechnet diese vier Parkplätze nicht unter das Parkverbot fallen. Und dann sei er bei allen Fahrzeughaltern vorstellig geworden, die hier im Umkreis gemeldet sind.
Schliesslich müsse das ja nicht sein, die Fahrzeuge abschleppen und zum Hamburger Autoknast bringen zu lassen, wenn es auch einfacher und billiger ginge. Pech hätten jetzt halt nur die, die nicht hier gemeldet sind oder die er nicht angetroffen hätte. Die würden dann wohl ab halb elf leider in den sauern Apfel beissen und die Abschlepp- und Verwahrkosten berappen müssen. Möglichkeiten zum „Umsetzen der Fahrzeuge“ gäbe es ja wegen der Baustelle in der V-Strasse hier gerade nicht…
(was kein billiges Vergügen für die „Betroffenen“ wird – unter 350 Euro geht dabei hier in Hamburg nichts)
Aber schliesslich hätten dann auch alle Zeit genug gehabt, ihre Autos wegzufahren…..die Beschilderung sei ja nun schon seit einigen Tagen da.

Auf meine Nachfrage hin hat er mir dann auch noch erzählt, dass davon mindestens zehn Autos betroffen wären, deren Fahrer er nicht erreichen konnte – und an denen klebte jeweils auch schon ein passendes Knöllchen.

Und ausserdem:

„Auch, wenn ihr Auto jetzt ganz korrekt steht – fahren Sie es besser weg. Denn wenn die Baustelle erst mal eingerichtet ist, kann es sein, dass die Zufahrt tagsüber von Baumaschinen blockiert ist – dann nützt Ihnen das nichts, dass Sie hier ganz korrekt parken“

Den guten Rat habe ich natürlich befolgt – denn wo er Recht hat, da hat er wohl recht.

Und im Übrigen finde ich , dass unser „Sheriff“ da gerade mal wieder bewiesen hat, dass er wirklich Augenmass hat. Denn sicher hätte er sich die Mühe nicht machen müssen, alle Fahrzeughalter festzustellen und klinkenputzenderweise zu benachrichtigen.
Andere Polizisten sind da nicht so bürgernah wie er und hätten stumpf den Abschlepper gerufen….
Aber so kenne ich ihn ja auch – er ist nun mal ein wirklich feiner Kerl, mit dem man gut auch mal ein Schwätzchen halten kann und der auch immer mal wieder ein Auge zudrückt, wenns die Situation erfordert.


Habt alle eine schöne Woche und bleibt gesund und behütet!
Wir lesen uns :bye:

Euer Wilhelm

(der nichts gegen Fahradfahrer hat, aber dennoch den Fahrrad-Wahn des Senators ziemlich abwegig findet)


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- 7 Bemerkungen zu “Wenn der Klinkenputzer klingelt

  1. Ich hatte ja heute morgen noch die Idee, mal kurz zu gucken, ob wir wirklich richtig stehen, habe dann aber angesichts der Rush Hour in der Moschee und dem damit verbundenen Verkehrschaos davon Abstand genommen. Hätte aber auch nichts gebracht, weil der Blick mich nur bestätigt hätte, das wir korrekt stehen.
    Wenn das so weiter geht, ist bald die ganze Insel gesperrt.
    Baustellenkoordination ist in Hamburg nach wie vor ein Fremdwort. Aber unser Bünabe ist schon ein feiner Mensch mit Gespür für seinen Stadtteil, wie wir ja neulich auch im Umgang mit den Kiddies beobachten konnten, von denen er förmlich umringt war.

    1. Um so einen Parkplatz zu bekommen, müsste ich im Behindertenausweis das Merkzeichen „aG“ für „aussergewöhnlich Gehbehindert“ haben. Und dafür sagt die gesetzliche Grundlage, dass die ohne Pause zurücklegbare Strecke „regelmässig“ weniger als 50 Meter betragen muss.

      Wobei das „regelmässig“ eine klare Auslegungssache ist:

      In Hamburg sieht das Versorgungsamt das sehr eng , „regelmässig“ bedeutet hier „immer“- und damit habe ich hier zur Zeit keine Chance auf dies Kennzeichen, zumal ich durchaus auch Tage habe, an denen ich am Stück deutlich weiter komme.
      In anderen Bundesländern geht man damit aber wo wohl wesentlich flexibler um.
      Z.B. auch in Niedersachsen, wo das kein Problem ist, wenn ein Arzt das entsprechend bescheinigt und die Vergabe dieses Kennzeichens empfiehlt…., auch wenn die Gehstrecke wie bei mir in einer gewissen Bandbreite schwankt.

  2. Solche Geschichten gefallen mir. Schließlich zeugen sie davon, dass, wenn Menschen ihren Job mit Herzblut verrichten, so vieles so viel einfacher für alle Beteiligten gehen könnte.
    Aber die Parksituation an sich ist echt mieser als bescheiden… Ich hoffe, die Baustellen sind bald wieder weg.

    1. Die große wird uns bis zum Jahresende beglücken :wacko: Da mit der auch die Bushaltestelle still gelegt wurde, ist auch das 9 Euro Ticket keine Option für uns. Für Martin schon gar nicht

    2. Was unseren „Dorfpolizisten“ angeht, so habe ich mit soclch einer Aktion zwar nicht gerechnet, aber sie hat mich auch nicht überrascht.
      Und ja, ich habe mich auch darüber gefreut :-)

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