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„Ja, ich sehe es ein, zweierlei ist möglich, man kann entweder dieses thun oder jenes;
meine aufrichtige Meinung und mein freundschaftlicher Rat ist der:
thu es oder thu es nicht, beides wird dich verdrießen.“
Søren Kierkegaard

Das Sonntagszitat 34/21

Das Sonntagszitat, doch wieder mit einem kurzen Text, den ich in einem meiner letzt-gelesenen Bücher  gefunden habe.

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Allerdings habe ich dieses Mal tatsächlich eine Zeit lang überlegt, ob ich nicht ein Politiker-Zitat für meine sonntägliche Rubrik wähle, das peinlicher nicht sein könnte – nämlich von Herrn L., dem Kanzlerkandidaten der U-Parteien, der sich bekanntermassen gestern unter dem Stichwort „Landshut“ mal wieder einen tiefen Tritt ins Fettnäpfchen gegönnt hat….
Und doch habe ich mich schlussendlich anders entschieden, weil dieses Kanzler-Kandidaten-Wort sicher keine tiefere (im Sinne von: bleibender) Bedeutung hat, sondern lediglich ein weiterer Lapsus ist, dem schon etliche vorausgegangen sind und bestimmt noch viele weitere folgen werden – also allenfalls Anlass für einen kleinen Seitenhieb bietet, aber keinesfalls zu längerem Nachdenken anregt.
Kurz und gut:
Der Mann redet sich um Kopf und Kragen, aber das sollte uns hier und jetzt nicht weiter beeinflussen.

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Doch zurück zum eigentlichen Thema, nämlich dem Zitat, das – wie schon das letzte – aus einem Buch stammt, in dem es vordergründig um eine Motorradreise geht, sich aber letztendlich mehr und mehr zu einer Reise in die Tiefen der eigenen Gefühle entpuppt – wieder aus dem Zusammenhang gerissen und wie immer ohne einen konkreten Bezug auf meine aktuelle Situation oder Befindlichkeit.
Wozu ich dennoch anmerken möchte, dass mir das beschriebene Phänomen tatsächlich bekannt vorkommt:

„Aber mich verstörte eine Beobachtung:
Ich fiel zurück in meine alten Denkmuster. Ich plante. Ich plante noch dazu völlig absurde Dinge, wie zum Beispiel meine nächste Motorradreise. Oder was ich tun würde, wenn ich wieder daheim wäre.
Diese Reise hatte doch eben erst begonnen!
Planen war genau das, was ich auch sonst immer tat. Bisher tat ich es gerne, schließlich hatte es stets viel Raum für Verbesserung gegeben.
Doch nun war ich aber zum ersten Mal in der Zukunft angekommen, die ich für die beste aller Möglichkeiten hielt. Das hier war mein Traum. Ich lebte ihn.
Aber waren die Erlebnisse nicht intensiv genug, um mich ins Hier und Jetzt zu holen?
…….
Das war nicht nur absurd, sondern auch traurig, denn ich hatte das Gefühl etwas zu verpassen.
Warum konnte ich ruhige Momente nicht einfach genießen?
Oder mich darauf besinnen, was wir erreicht hatten?
Wie weit Fou und ich schon gekommen waren?
Mein Denkapparat schaltete nur ab, wenn die Eindrücke im Außen so krass waren, dass mir gar nichts anderes übrig blieb, als voll da zu sein.“

(aus „Good Bye, Lehmann: Auf der Suche nach dem guten Leben“ von Stefan Fay)

Ähnliche Fragen habe ich mir in der Tat auch gelegentlich schon gestellt, ohne sie allerdings so klar formuliert zu haben – wobei ich mir darüber hinaus auch meist nicht beantworten konnte, warum ich manchmal so ticke und mir das nicht genug sein wollte, was ich bis zu diesem Zeitpunkt schon erreicht hatte?

Höher, schneller, schöner, weiter?
Müssen es denn wirklich immer die Superlative sein, die mich davon abhalten, wirklich zufrieden zu sein, wenn ein Ziel erreicht ist?

Aber sagt:
Wie seht ihr das?


Euch allen einen wunderbaren vierunddreissigsten  Sonntag im diesem  Jahr.
Bleibt gesund und bleibt behütet!
Wir lesen uns


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- 9 Bemerkungen zu “Das Sonntagszitat 34/21

  1. Bei mir ist es eher so, dass ich unzufrieden werde, weil ich nicht alles erreicht habe, was mal so angedacht (aber nie geplant) war. Vielleicht wäre es mit einer Planung gelungen? Diese Anwandlungen sind aber selten, meistens bin ich ganz zufrieden, so im Großen und Ganzen..

    1. Dieses Gefühl. etwas verpasst zu haben – oder etwas verpassen zu können – hatte ich früher oft.
      Mit steigendem alter allerdings hat sich das mehr und mehr verloren – erst recht, seit mir auch Laufen immer schwerer fällt.

      Heute kenne ich das eigentlich gar nicht mehr, weil ich mir inzwischen ziemlich klar darüber bin, wo meine Grenzen liegen und ich mir Ziele möglichst nur noch im Bereich dieser Grenzen stecke.
      Wenn mehr geht (was ich meist erst spontan aus der Situation heraus entscheide -So wie gerade erst am Wochenende – ist es gut, wenn nicht, ist es aber auch gut, weil ich ja zumindest da angekommen bin, wo ich ursprünglich hin wollte.

  2. Dieses Wegfallen aus der Gegenwart ist in der Tat schmerzlich, aber durch darüber Ärgern wirds nicht besser.

    Wir alle haben unseren „Schmerzkörper“, der uns so manches vereitelt.

    Bei mir wechselt es recht häufig, von himmelhochjauchzend bis betrübt.

    Vor 3 Tagen hörte ich eine Mann auf der Strasse auf Englisch eine Frage stellen. Ich stellte mich dazu und „tried to be of some help“. Nun ist mein Englisch angerostet ,ich erwähnte das auch anfangs, aber ich habe meinen Job ohne Zweifel gut gemacht!!
    Nur hinterher quälten mich recht lange meine sprachlichen Patzer – die ich ja notgedrungen machte, war ja aus der Übung.

    1. Stimmt.
      Ärgern macht es nicht besser.
      Aber sich zu Ärgern kann trotzdem ein Anlass sein, an den eigenen Grenzen zu arbeiten – wobei besonders“learning by doing“ für mich immer ein Anreiz ist, mir Dinge „draufzuschaffen“ die vorher ausserhalb des Bereiches meiner Möglichkeiten schienen, auch wenn ich dann manchmal erkennen muss, dass mir das nicht so gelingt, wie ich es mir wünsche – besonders in Bereichen, die nichts mit Technik und/oder Elektronik zu tun haben und mir nicht per se Spass machen.
      Sprachen lernen beispielsweise ist mir ein Greuel, obwohl es mir wirklich leicht fällt, mich in Programmiersprachen reinzufuchsen und diese so anzuwenden, dass am Ende was produktives dabei entsteht.

      1. Manche Sachen kann man recht gut können, aber nie meisterhaft – andere Menschen dagegen schon.
        Etwa Sprachen. Da kann ich durch Üben recht gut werden, aber NIE meisterhaft.
        Was für mich gut wäre, wäre ein gelegentliches Sprechen in Englisch. So etwas hatte ich auch kurz mal organisiert, als ich im Job Englisch lernte und mir das zu wenig war.
        Auch mit meiner Frau wollte ich das mal so halten: Jetzt sprechen wir mal Englisch für 10 Minuten. Das scheiterte aber am Gefälle.

  3. Alles erreicht? Ist es nicht besser, einfach glücklich zu sein mit dem Menschen, der an seiner Seite ist, mit dem, was man erreicht hat? Man sollte sich öfter bewusst machen, dass man es gut hat, dass es gut ist, so wie es ist. „Haben wir das nicht gut?!“ – eher eine Feststellung als eine Frage, die mein Mann und ich uns ab und zu stellen. Ich hätte beruflich sicher mehr erreichen können, mehr Geld verdienen können. Aber ist das wichtig? Ist es nicht wichtiger, zufrieden zu sein mit seinem Job als sich zu stressen? Mehr mehr mehr! Und dann kriegt man einen Herzinfarkt und das war’s dann! Nein, es ist alles gut so bei uns wie es ist.

    1. Deine letzten Sätze kann ich nur unterschreiben – sowohl, was das berufliche angeht, als auch den Umgang mit Stress.
      Denn exakt an dem Punkt bin ich auch irgendwann gewesen, nachdem der erste Burn-Out hinter mir lag.
      Danach hab ich alle Karriere-Optionen über Bord geworfen und mich auf das besonnen, was mir wirklich Spass gemacht hat an meinem Beruf:
      Direkt mit Menschen arbeiten, die meine Hilfe brauchen.
      Und damit stieg meine Zufriedenheit mit meinem eigene Leben enorm – und Stress wurde zum Fremdwort ;-)

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