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„Ja, ich sehe es ein, zweierlei ist möglich, man kann entweder dieses thun oder jenes;
meine aufrichtige Meinung und mein freundschaftlicher Rat ist der:
thu es oder thu es nicht, beides wird dich verdrießen.“
Søren Kierkegaard

Der Wecker war schuld

Hallo, ihr Lieben!

Die gute Clara warf gestern in einem Kommentar die Frage auf, wie ich mir eigentlich mein Fachwissen rund ums Thema Computer angeeignet habe, zumal ich beruflich als Krankenpfleger doch etwas ganz anders gemacht hätte?

Daraufhin hatte ich ihr kurz geantwortet, dass ich ja schon in meinem ersten Leben – oder genauer: in meiner ersten Ausbildung zum Teleföner im Anlagenbau – mit derartigen Maschinen zu tun hatte, insbesondere mit solchen (in Form von Telefonanlagen und simplen Kassensystemen), die ihr Betriebssystem noch von Lochkarten und Magnetbändern in den winzigen, nur ein paar Kilobyte grossen Speicher gespielt bekamen….

Aber im Grunde begann meine Faible für alles technische ja schon eine ganze Weile früher:
Mit einem alten Wecker, der meiner Oma gehörte und den ich als sechsjähriger mit meinem Opa zusammen am Küchentisch auseinander nehmen durfte, nachdem er partout nicht mehr klingeln wollte:

Schräubchen für Schräubchen haben wir den damals zerlegt, bis der Fehler gefunden war: die Feder des Läutewerkes hatte sich ausgehakt und war gebrochen.

Nebenbei bemerkt das erste Mal, dass ich ein technisches Gerät von innen gesehen habe und im wahrsten Sinn des Wortes begreifen konnte, wie das funktioniert.

Also haben wir am nächsten Tag beim Uhrmacher in der Nachbarschaft für ein paar Pfennige eine neue Feder geholt (sowas gabs damals noch – heute ein Ding der Unmöglichkeit ) und anschliessend das Teil wieder zusammengebaut.
Worüber ich mich heute noch wundere: dass dabei keine Schraube übrig geblieben ist und der Wecker trotz meiner Mitwirkung anschliessend wieder tickte und klingelte wie ehe und je….. zumal ich damals nicht gerade zu den geduldigsten Menschenkindern gehörte und nur Dank Opas Geduld nicht alles durch die Gegend geworfen habe….

Immerhin:
Dieser kleine erste Erfolg auf technischem Gebiet war doch ziemlich prägend für mein späteres Leben, auch wenn ich während meiner ersten Ausbildung feststellen musste, dass ich mir ein Leben als Fernmeldetechniker doch nicht so recht vorstellen konnte und mich in der Folge für einen Beruf entschieden habe, der mir besser lag.

Dennoch haben mich diese und ähnliche kleine Tüfteleien (und auch der damals in der Ausbildung erworbene Computervirus) nie wieder wirklich losgelassen, zumindest nicht, solange nicht mein Lebensunterhalt davon abhing – und sie wurden beinahe zur Manie, als die ersten „Homecomputer“ auf den Markt kamen – insbesondere der „Brotkasten“, der Commodore C64, der als „Männerspielzeug“ seinerzeit eher sinnfrei an meinem kleinen Fernseher lief:

Nächte hab ich vor dem Teil zugebracht, gedaddelt, meine ersten Programmierversuche gemacht und Fachzeitschriften gewälzt, um rauszufinden, wie’s geht – und war stolz wie der sprichwörtliche Oskar, wenn mir etwas so gelungen war, wie ich mir das gedacht hatte. Auch wenn vieles davon – genau wie bei meinen Tüfteleien heutezutage – fürs reale Leben kaum taugte.
Und so gings auch weiter, als ich mir dann vor etwa 30 Jahren meinen ersten „richtigen“ PC leisten konnte, diesmal zu Arbeitszwecken gebraucht gekauft von meinem Versicherungsfuzzi (um Berichte zu schreiben und meine Jahresarbeit für meine Zusatzausbildung):
Ein 486er mit der sagenhaften Taktfrequenz von 33 Mhz und „Turbotaste“, einer „riesigen“ Festplatte von 128 MB und ganzen 2 MB Arbeitsspeicher. Mit Dos 5.2 als Betriebsystem und Windows 3.1 als Benutzeroberfläche, anfangs noch ohne Maus und nur mit der Tastatur zu bedienen… konnte ich auch da die Finger nicht von lassen:
Den hab ich nach und nach mit billig geschossenen gebrauchten Teilen immer weiter aufgerüstet, mit Maus und einem stärkeren Prozessor, grösserer Festplatte und doppelt soviel Arbeitsspeicher, meist auf Flohmärkten gekauft und gelegentlich auch bei einem kleinen Computerladen, der mit gebrauchten Teilen handelte, so dass zum Schluss sogar noch Windows 95 darauf lief….. was ich noch mühsam von einem Stapel mit insgesamt 26 Disketten(!) installieren musste, weil ich da noch kein CD-Laufwerk besass:

Logisch, dass – einmal angefixt – auf diese Art in der Folge auch noch weitere Rechner entstanden sind, zuerst ein besserer für mich selbst und später dann auch welche für Familie, Freunde und Bekannte, jeweils aufgebaut aus Gebrauchtteilen und zum Selbstkostenpreis.

So ergab es sich dann auch, dass ich irgendwann den Ruf weg hatte, ein echter Nerd zu sein, den man nur fragen musste, wenns ein Computerproblem gab – oder, wenn es darum ging, eine Neuanschaffung zu planen und zu konfigurieren.
Dabei hab ich anfangs natürlich immer gerne geholfen und Unmengen an Zeit investiert (und ja, es hat auch Spass gemacht) – später, als ich mich beruflich schon mit meinem Pflegedienst selbständig gemacht hatte, aber auch einige Leute mächtig vor den Kopf gestossen, weil ich mir derartige Dienste dann auch bezahlen lassen wollte, wenn solche Wünsche nicht aus meinem allernächsten Umfeld an mich herangetragen wurden.
Schliesslich ist Zeit für Selbständige auch immer Geld und von beidem hatte ich eigentlich immer zu wenig, als meine Firma noch im Aufbau war. Und ausserdem bedeutete „kannste mal eben“ bei akuten Computerproblemen erfahrungsgemäss gerne auch mal eine stundenlange Sitzung, bis das Problem gefunden und saniert war….

Mal eben schnell einen Treiber für eine Mouse oder gar einen Drucker auf einem laufenden System zu installieren war halt damals oft nicht drin, ohne vorher erst mühsam alles mögliche andere an Hindernissen beiseite zu räumen – und schon gar nicht, wenn jemand zu allem Überfluss auch noch die benötigte(n) Treiberdiskette(n) verbummelt oder sein System mit unsäglicher Shareware von irgendwelchen obskuren Heft-CDs zugemüllt hatte.

Immerhin war ich zu der Zeit (ab Mitte der Neunziger) aber auch schon im Netz unterwegs, dem für meine Firma notwendigen Internetanschluss sei Dank:

Mein Tor zum Internet – so sah das 1995 aus :-)

Noch ziemlich schmucklos, aber Dank Suchmaschinen wie Lycos fanden sich damit auch schnell diverse Mailing-Groups und die ersten Computer-Foren, wo ich meinesgleichen begegnen, mich vernetzten und meine Wissensbasis verbreitern konnte…. (und gelegentlich sogar auch Treiber als Ersatz für verschwundene Disketten – wenn man Glück hatte….).
Doch von dem seinerzeit erworbenen Wissen kann ich auch heute noch profitieren, denn nach so langer Zeit weiss ich natürlich, wo und wie ich suchen muss, wenn ich schnell mal eine Anleitung, eine Erklärung, einen Codeschnipsel oder eine bestimmte Datei brauche – wie auch von den Artikeln der Fachzeitschriften, deren Onlineausgaben ich natürlich auch immer noch recht regelmässig lese, um auf dem Laufenden zu bleiben. Was für andere wahrscheinlich ziemlich öde klingen mag, mich aber durchaus immer noch fasziniert.

Denn meine Tüfteleien an Computerproblemen oder ( in letzter Zeit hauptsächlich ) am Webdesign sind auch eine hervorragende Ablenkung, wenn ich mal nicht so gute Tage habe…
Dann tauche ich darin gelegentlich voll ab und so bleibt kein Platz mehr für dumme Grübeleien der weniger feinen Art. Und manchmal interessiert mich schlicht auch nur, wie Dinge funktionieren, die ich irgendwo im Netz auf einer Website gesehen habe und gerne „nachbauen“ würde.
Das ist noch genauso wie damals bei dem Wecker: Interessant ist immer, was drin steckt.
Nur, dass ich dafür heutzutage nicht mehr an Omas Küchentisch sitze und weder Schraubendreher noch Pinzette brauche ;-)


Habt alle einen zauberhaften und pannenfreien Tag und bleibt gesund und behütet!
Wir lesen uns :bye:

Euer Wilhelm,

der wirklich froh ist, dass heute alles viel leichter geht ……..


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- 15 Bemerkungen zu “Der Wecker war schuld

  1. So ist es eben: von nix kommt nix und Kenntnisse und Erfahrungen müssen mit einigem Aufwand aufgebaut werden. Aber dann hat man Freude damit :yahoo:

  2. Moin Wilhelm.
    Das liest sich wie eine Geschichte in meine Vergangenheit. So ähnlich ist das bei mir nämlich auch abgelaufen. Vieles habe ich von meinem Onkel gelernt, inkl. BASIC. Dann kam Windows mit DOS. Später HTML über berufliche Fortbildung und learning bei doing. Und so weiter. Oh ja!
    Dazu der berühmte „Blue Screen of Death“, der „Blaue Tod“. Wenn man heute sagt, in 99 Prozent der Fälle sitzt der Fehler vor dem PC, traf das früher mit Sicherheit so nicht zu ;)

    1. Blue Screen of Deasth – oooooh ja!
      ich hab irgendwann mal aufgehört mitzuzählen, aber Windows in allen Versionen ab 3.1 bis 10 hab ich in meinem Leben sicher mehr als 150 mal auf verschiedenen Rechnern installiert: etwa alle halbe Jahre auf meinen eigenen und als „Freund und Helfer“ alle paar Wochen für andere…
      Wobei ich mir da nicht so sicher bin, ob das damals alleine am instabilen Windows lag oder an der Tendenz mancher Leute, sich ihre Rechner mit allerlei unnützen Dingen vollzuballern, die oft nicht kompatibel miteinander waren….. aber von Computer-Bild oder PC-Welt zu Dutzenden auf Heft-Cds geliefert wurden – immer angepriesen als das Zaubertool, was den Rechner besser machen sollte.

  3. „Dieser kleine erste Erfolg auf technischem Gebiet war doch ziemlich prägend für mein späteres Leben“
    Das glaube ich sofort, bei mir war es gerade anders herum ;-)

  4. Ich könnte grunzen oder schreien vor Begeisterung. Ein wenig kenne ich ja die jetzigen Werte, mit denen Computer arbeiten – wenn ich da die deinigen des ersten Computers vergleiche, schmunzelt der Mund von einem Ohr zum anderen.
    Ich saß 1986 in einer Firma zum ersten Mal vor einem PC – ich hatte so lange „hier hier hier“ geschrieen, bis ich tatsächlich einen bekam – das war noch in der ziemlich computerfreien DDR.
    Nach der Wende hatte ich in der nächsten Arbeitsstelle sofort einen besseren. Wenn mal der Techniker kam, musste er so langsam arbeiten oder alles erklären, so dass ich es das nächste Mal allein konnte.
    Ende des alten Jahrtausends war die Arbeitsstelle vorbei, aber ich durfte für einen Appel und ’n Ei meinen Computer mitnehmen , der erste zu Haus. Und dann ging es Schlag auf Schlag, aber immer bei Windof, da mir die kurze Erfahrung am Mac gar nicht gefallen hat.
    Jetzt kann ich üüüüüüüüüüberhaupt nicht begreifen, wie Leute ihr tägliches Leben OHNE Computer organisieren können. – Hoffentlich kann ich diese Klapperkiste noch lange bedienen.
    Belustigte Grüße zu dir

        1. Dazu hätte ich mich aber mal in Puddingtown aufhalten müssen oder Du Dich hier. Ich gebe zu, Bielefeld stand damals nicht auf der Liste der Städte, von denen ich meinte, sie unbedingt sehen zu müssen B-)

    1. Na, Schreien ist nicht nötig. ;-)
      Aber ich hoffe, ich hab Deine Frage von gestern jetzt ausführlich beantwortet, zumal ja vieles meiner Kenntnis der Materie auf autodidaktischem Lernen beruht (anfangs durch Fachzeitschriften und Bücher und später durch die Mailing-Groups und Foren) und natürlich auch immer wieder auf „Try & Error“…..
      Zumal ich vor Internetzeiten eigentlich auch niemanden kannte, den ich hätte fragen können….

    1. Ja, lange her (und fast möchte ich sagen: wir hatten ja nichts anderes).
      Aber bei aller Unzulänglichkeit im Vergleich mit heutigen Rechnern hat das Teil mir damals auch wirklich viel Spass gemacht und stand auch noch lange im Schrank, nachdem ich meiner ersten „richtigen PC“ hatte, bis er einem Umzug, kurz vor der Jahrtausendwende, zum Opfer fiel

      Aber wenn mich heute die Sehnsucht überkommt, kann ich ja auch ein wenig mit dem Emulator spielen, den pfiffigen C64-Enthusiatsen ins Netz gestellt haben B-)

  5. Da kommen aber viele nostalgische Erinnerungen auf – lieben Dank :-)
    Ja, da ist leider nicht mehr ganz viel übrig geblieben für solchen praktischen Erfahrungen. Wohin man schaut, fast nur noch black boxes oder Chips etc. Da muss ich tatsächlich mal tief in mich gehen, wie ich unserem Enkel trotzdem solche Erfahrungen ermöglichen kann. Ein bisschen Zeit zum Nachdenken habe ich ja noch.

    1. Och, Möglichkeiten gibts da schon einige.
      Meine Kinder haben davon jedenfalls reichlich gehabt, weil ich eigentlich immer irgendwo dran rumgepusselt habe.
      Da war der Umgang mit Schraubenzieher, Zange, Hammer und Bohrmaschine eigentlich völlig alltäglich – genau wie Kochen, was sie auch alle spielerisch gelernt haben.

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