Genau wie schon bei meinem letzten Buch (ebenfalls von Siegfried Lenz) hat es auch bei diesem Roman mal wieder etwas länger gedauert, bis ich damit „durch“ war:
Denn auch hier stand für mich wieder der Genuss des Lesens im Vordergrund, diesmal sogar noch mehr als bei den vorher gelesenen Büchern des Autors, weil er neben dem Fortgang der streng chronologisch und in Ich-Form erzählten Handlung auch noch weit ausholend und teils wunderbar fabulierend eine erzählerische bildreiche Ebene hinzufügt, etwa wenn es um die Beschreibung der fast alchimistisch anmutenden Experimente des Vaters des Romanhelden geht:
Da ist dann etwa von farbigen Wölkchen und abstrusen Gerüchen die Rede, welche Auswirkungen auf die handelnden Personen haben und so die Handlung auf des Buches auf ganz eigene Weise vorantreiben.
Ähnliches gilt auch für verschiedene Eigenarten weiterer Randfiguren, die mit Aberglauben, Lebensweisheit und „Bauernschläue“ ebenfalls zum masurischen Lokalkolorit dieses Buches beitragen – ähnlich wie Lenz es auch in seiner Kurzgeschichtensammlung „So zärtlich war Suleyken“ schon gemacht hat, die lange vor dem „Heimatmuseum“ entstanden ist.
(Das Buch könnte ich übrigens auch mal wieder lesen )
Aber dennoch hat das Heimatmuseum einen durchaus ernst gemeinten Anspruch:
Erzählt es doch auf sehr liebevolle Art von der Geschichte Masurens im Zeitraum von vor Beginn des ersten Weltkrieges bis zur kriegsbedingten Vertreibung 1945, von der Flucht selbst und auch von dem, was danach geschah, von Traditionen und deren Überhöhung und von den Auswüchsen professioneller „Heimatliebe“ nach der Vertreibung.
Der Klappentext:
Mit schweren Brandverletzungen liegt der Teppichwirker Zygmunt Rogalla im Krankenhaus und versucht seinem Besucher die Gründe für eine unfaßbare Tat zu erklären: Er hat mit voller Absicht das masurische Heimatmuseum in Brand gesteckt, das er selbst unter großen Opfern in Schleswig-Holstein aufgebaut hat, um das Erbe seiner verlorenen Heimat zu retten. Warum? Schicht um Schicht enthüllt er die Motive der Brandstiftung.
Er erzählt von der masurischen Kindheit und Jugend, von den Schrecken der beiden Kriege, die seine Heimat zerstört haben, von Flucht und Vertreibung. „Heimatmuseum“ ist ein großer Roman und zugleich die Beschwörung eines verlorenen Landes, seiner Menschen und ihrer Lebensform – das geduldige Protokoll eines Verlustes, das im Zusammenbruch einer genügsamen Privatwelt die Tragik einer Epoche deutlich werden läßt.
Und tatsächlich ist es auch diesmal (neben meinem ganz eigenen Zugang zum Thema – siehe die letzten Sonntagszitate) die typisch Lenz’sche gelassene, ruhige und fast emotionslose Erzählweise, die viel von Faszination und Charme dieser mir bisher unbekannten Geschichte ausmacht –
(zumal man das Thema ja auch ganz anders oder mit anderen Schwerpunkten hätte angehen können – dramatischer, plakativer, kritischer, voller Vorwürfe oder voller Trauer)
– womit dieser Roman durchaus das Zeug hat, zu einem meiner Lieblingsbücher zu werden, das ich zu gegebener Zeit sicher auch gerne noch ein zweites Mal lesen werde. Insofern ist auch klar, dass es dafür „nur“ volle fünf Sterne geben kann:
Und auch der Herr Lenz ist inzwischen (nach dem Genuss der drei zuletzt gelesenen Bücher) in die Riege meiner Lieblingsautoren aufgestiegen, nachdem ich seit meiner Schulzeit und der seinerzeit „erzwungenen Auseinandersetzung“ mit der Deutschstunde eigentlich nichts mehr von ihmlesen mochte.
Grund genug also, noch mehr von ihm zu lesen, auch wenn ich gerade noch andere Bücher in der Pipeline habe…
In diesem Sinne:
Habt alle eine gute Zeit und bleibt gesund und behütet – wir lesen uns
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