– – tageweise unsortiertes – –
„Ja, ich sehe es ein, zweierlei ist möglich, man kann entweder dieses thun oder jenes;
meine aufrichtige Meinung und mein freundschaftlicher Rat ist der:
thu es oder thu es nicht, beides wird dich verdrießen.“
Søren Kierkegaard

Vom Aufstehen – Erzählungen

Guten Tag zusammen!

Zu diesem Buch bin ich gekommen, wie die sprichwörtliche Jungfer zum Kinde. Denn eigentlich sind Kurzgeschichten (oder Erzählungen) ja gar nicht so meins und so war ich auch etwas skeptisch, als ich mir nach einem Bericht über die Autorin die Leseprobe heruntergeladen habe.
Doch man soll ja niemals nie sagen und so wurde es für mich zu einer wirklich positiven Entdeckung, so dass ich – soviel kann ich hier schon mal spoilern – sicher später einmal auch ihr aktuelles Buch lesen werde, in dem es um das Zusammenleben mit ihrem an Demez erkrankten Mann geht.

Aber Eins nach dem Anderen – und deshalb geht es hier jetzt erst mal um diesen Erzählungsband, für den Helga Schubert vor einiger Zeit den renommierten Ingeborg-Bachmann-Preis bekommen hat:

Vom Aufstehen
von Helga Schubert

Kein leichtes Unterfangen, etwas über den Inhalt dieses Buches zu schreiben, das kaleidoskopartig und autobiographisch zu einer Reise in die Vergangenheit der Helga Schubert (eigentlich Helga Helm) einlädt und Episoden aus ihrer Kindheit im Krieg, zu ihrer Flucht aus Ostpreussen, über ihren gefallenen Vater und ihre gefühlskalte Mutter genauso beinhaltet wie über das Leben in der DDR, den Mauerfall und die damit neu gewonnene Freiheit, über das Altern und die KRankheit ihres Mannes und über ganz alltägliches, wie es wohl jeder von uns erleben und wahrnehmen könnte.

Alles geschrieben in einer wunderbar poetischen, wenn auch manchmal etwas verklauslierenden Sprache mit teils seitenlangen verschachtelten Sätzen, die dennoch immer auf den Punkt kommen und mitgedacht werden wollen. Und damit sicher kein Buch zum „schnell lesen“ sondern mehr zum geniessen….

Aber schnell lesen, Buchstaben fressen und Text verschlingen, dass wollte ich diesmal ja auch nicht. Im Gegenteil – und das wurde mir schon bei der Leseprobe klar und das sprach mich auch sehr an – konnte ich dieses Buch eigentlich nur häppchenweise lesen, ein oder zwei der in sich abgeschlossenen Geschichten am Abend, vor dem Schlafengehen, um beim Nachdenken über das Gelesene einzuschlafen, immer wieder auch mit der Frage im Kopf, wie das alles nun zusammenpasst?

Und es passt hervorragend zusammen, wird zum kompletten Bild aus den vorher manchmal unzusammenhängend erscheinenden Einzelteilen, wenn man die letzte und längste Erzählung (die auch titelgebend ist für das ganze Buch) gelesen hat, die zeigt, dass die Autorin „trotz allem“ mit sich und ihrem Leben versöhnt und zufrieden ist.
Ein Gefühl im Übrigen, was auch auf mich als Leser übergesprungen ist, nicht nur, was dieses Buch, sondern auch was die Betrachtung meines eigenen Lebens angeht.

Insofern also:

-_-_-_-

Der Klappentext:

Drei Heldentaten habe sie in ihrem Leben vollbracht, erklärt Helga Schuberts Mutter ihrer Tochter: Sie habe sie nicht abgetrieben, sie im Zweiten Weltkrieg auf die Flucht mitgenommen und sie vor dem Einmarsch der Russen nicht erschossen. Helga Schubert erzählt in kurzen Episoden und klarer, berührender Sprache ein Jahrhundert deutscher Geschichte – ihre Geschichte, sie ist Fiktion und Wahrheit zugleich. Mehr als zehn Jahre steht sie unter Beobachtung der Stasi, bei ihrer ersten freien Wahl ist sie fast fünfzig Jahre alt. Doch erst nach dem Tod der Mutter kann sie sich versöhnen: mit der Mutter, einem Leben voller Widerständen und sich selbst.

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Und wie immer:
Habt ein erholsames Wochenende und bleibt gesund und behütet!
Wir lesen uns :bye:

Euer Wilhlem,

der sich wieder mal nicht ganz schlüssig ist, was nun als nächstes auf seinen Ebook-Reader kommt…..


-953-

Weitlings Sommerfrische – Roman

Moin zusammen!

Und noch ein Buch, das ich vor Jahren schon mal angelesen, dann weg gelegt und nun endlich ganz gelesen habe – ein Roman mit einer ganz besonderen Geschichte:

Weitlings Sommerfische
von Sten Nadolny

Beginnt es doch relativ alltäglich mit einem Urlaubserlebnis des pensionierten Richters Wilhelm Weitling in seinem Domizil am Chiemsee (dem Ort seiner Kindheit), der mit sich und seinem Leben eigentlich ganz zufrieden ist, aber doch das Gefühl hat, im Leben irgendwas verpasst zu haben – um dann im Verlauf einer Bootsfahrt eine ganz besondere Wendung zu nehmen:
Weitling erlebt mit einem Unfall bei dieser Bootsfahrt im Sturm ein Deja Vu und findet sich anschliessend als „Geist“ in seiner eigenen Jugend wieder, als stiller und aller Einflussnahme unfähiger Begleiter seines Jugendlichen Ichs, mit dessen Verhaltensweisen er gelegentlich alles andere als einverstanden ist.
Wobei er auch feststellen muss, dass sich seine Erinnerungen an diese Zeit in manchem Punkt nicht mit dem decken, was dem jugendlichen Wilhelm widerfährt und dass sich nun manches ganz anders entwickelt, als es eigentlich hätte sein müssen.
Was – ganz logisch – natürlich auch Auswirkungen auf Weitlings Zukunft haben könnte und möglicherweise sein Leben einen ganz anderen Verlauf nehmen lassen würde….

Und genau das ist auch passiert, wie der alte Wilhelm Weitling feststellen muss, als es ihm nach Monaten als Geist endlich gelingt, wieder in die „Jetzt-Zeit“ zurückzukehren, in der die Zeit derweilen einfach stehen geblieben ist:
Denn satt Richter zu sein ist er nun plötzlich Schriftsteller und nicht kinderlos geblieben, sondern stolzer Vater einer erwachsenen Tochter und Grossvater einer bezaubernden Enkelin. Beides Dinge, von denen er in seinem ursprünglichen Leben nur geträumt und eigentlich abgeschlossen hatte….und mit denen er sich nun erst mühsam arrangieren muss

Was nun tatsächlich eine Geschichte ist, die mir ausgesprochen gut gefallen hat, zumal Nadolny sie sehr behutsam und mit viel Empathie seinen handelnden Personen gegenüber erzählt, besonders in der Phase, in der der alte Weitling zum stillen Begleiter seines jugendlichen Ichs wird und zu begreifen beginnt, was ihn selbst damals umgetrieben hat.
Denn das hat natürlich auch etwas mit „Verzeihen können“ zu tun und mit der Erkenntnis, dass vermeintliche eigene Fehler möglicherweise doch keine Fehler waren… auch wenn am Ende doch etwas anders dabei herauskommt, als das, was man erwartet hat.

Was auch diesem Satz vom Anfang des Buches eine ganz neue Bedeutung gibt,den ich neulich schon mal als Zitat in einem Beitrag verarbeitet habe:

»Sicher ist, dass ich im Leben ein paar grundlegende Dinge nie begriffen habe,
und ich weiß nicht einmal, welche.«

Denn am Ende ( und darauf kommt es ja auch an) weis der alte Weitling ja, was er nicht begriffen (vulgo: falsch gemacht) hat in seinem alten Leben. – und ist damit auch versöhnt, selbst wenn ihn die unerwarteten (und trotzdem willkommenen) Veränderungen (und damit die Erfüllung seinen geheimsten Träume) zeitweise aus der Bahn zu werfen drohen (weil er sich an viele Dinge des veränderten Lebens nicht erinnern kann, sondern über lange Phasen immer noch die Erinnerungen des Richters Weitling in sich trägt).
Was zu einem weiteren „Begreifen“ führt: Nicht zu hadern, sondern die Dinge so zu nehmen, wie das Leben sie einem gibt.

Womit insbesondere der letzte Teil des Buches (und damit der Weitlingschen Lebensgeschichte) auch gelegentlich sehr philosophisch daher kommt und mehr als einmal die Frage nach dem Sinn des Lebens und nach der Dauerhaftigkeit weltanschaulicher Einstellungen aufwirft, deren Anlagen zwar in der Jugend gelegt wurden, die sich aber durch die unterschiedlichen Lebensläufe des Richters und des Schriftstellers Weitling nun in ganz anderem Licht darstellen und in beiden Leben nicht immer unbedingt deckungsgleich sind – obwohl die zugrunde liegenden Werte sich nicht unterscheiden.
Was teilweise wohl eine Frage des Zufalles war, sich aber anderseits auch durch die sehr unterschiedliche Denkweise erklärt, die der sehr schematisch agierende Richter und der eher freigeistige Dichter im Lauf der Zeit entwickelt haben – der eine bei der Berufswahl vermeintlichen Zwängen folgend und der andere seinen Neigungen nachgebend und mehr aufs Herz als auf den Verstand hörend.
Beides mögliche Wege, wie der Dichter Weitling zum Ende hin resümiert – und auch keiner davon falsch, selbst, wenn ihm das geschenkte und ungewohnte neue Leben weitaus lebenswerter scheint als das eingefahrene alte des Richters Weitling, in das er sich trotzdem gelegentlich zurück sehnt.

Für mich der spannendste Teil des Buches, weil sich damit auch die Frage verknüpft, wie das wohl im eigenen Leben gewesen wäre, wenn sich manche Weichen anders gestellt hätten.

Auch wenn das zwangsläufig eine rein hypothetische Überlegung bleiben muss, denn letztendlich kann ja keiner von uns im Nachhinein noch etwas am eigenen Leben ändern…

Und dennoch muss ja nichts bleiben, wie es ist, denn neue Erfahrungen und Erkenntnisse sind ja dennoch möglich – und können durchaus auch an mancher Stelle zur Änderung der eigenen Sichtweise führen…
Wie Weitlings Beispiel zeigt, dem am Ende doch gelingt, eine Symbiose aus den Erinnerungen beider Leben zu finden, damit zufrieden zu leben und versöhnt zu streben.

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Doch wie auch immer – und damit kommt, was Ihr vielleicht schon ahnt:

Von mir bekommt dieses Buch „die Volle Punktzahl“ nicht nur seines Inhaltes wegen (von dessen Art ich gerne noch mehr lesen würde) sondern auch, weil mir Nadolnys Stil und durchgängig sehr humorvolle Ausdrucksweise sehr gefallen und es ihm (ähnlich wie mit seiner „Entdeckung der Langsamkeit„) mit diesem Buch wieder einmal gelungen ist, mich förmlich zu fesseln, so dass es sicher ein Highlight dessen ist, was ich bisher in diesem Jahr gelesen habe….

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Der Klappentext:

In einem Sommergewitter kentert das Segelboot des angesehenen Berliner Richters Wilhelm Weitling. Er kommt nur knapp mit dem Leben davon, muss aber feststellen, dass ihn sein Unfall fünfzig Jahre in die Vergangenheit zurückgeworfen hat. Neugierig, aber auch mit sanfter Kritik begleitet er den Jungen, der er einmal war, durch die Tage nach dem Sturm. Wer ist er damals gewesen? Und wie konnte aus diesem Menschen der werden, der er heute ist? Muss er die Erinnerung an seine Eltern, seine erste Liebe, seine Berufswahl, sein ganzes Leben revidieren? Und wird er zu seiner Frau und in sein altes Leben zurückkehren dürfen?

Sten Nadolny entführt uns auf eine philosophische Zeitreise, die seinen scharf beobachtenden Helden zu unverhofften Erkenntnissen führt.

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Bleibt noch, Euch auch heute einen wunderbaren Tag zu wünschen und – wie immer – dass ihr auch weiter gesund und behütet bleibt.
Wir lesen uns :bye:

Euer Wilhelm,

der sicherlich noch mehr von Sten Nadolny lesen wird……..


-910-

Die Abenteuer des Röde Orm – Roman

Hallo, Ihr Buchfreunde!

Also damit hätte ich nun überhaupt nicht gerechnet:
Dass es dieses Lieblingbuch meiner Jugendzeit tatsächlich in einer Ebook-Ausgabe gibt:

Die Abenteuer des Röde Orm
Von Frans G. Bengtsson

Seinerzeit wohl aus der Schulbücherei ausgeliehen, habe ich die Geschichte des Orm Tosteson damals förmlich verschlungen, die wirklich alle Zutaten für einen einen guten Historienroman hat:

Eine Geschichte, die mit viel Humor und ohne jegliche moralische Wertung sich an den geographischen und historischen Gegebenheiten ihrer Zeit orientiert, sehr abwechslungsreich ist und von Seereisen, Eroberungen und Begegnungen, von Feindschaften und Freundschaften – aber durchaus auch vom alltäglichen Leben der Wikinger am Beginn der Christianisierung um das Jahr 1000 n.Chr. erzählt.
Dazu ein Protagonist, der auf der einen Seite ein grosser Häuptling und Kämpfer ist, auf der anderen Seite aber auch mit sehr menschlichen Zügen aufwartet und mit gelegentlicher Hypochondrie und Zweifeln auch seine Schwächen offenbart:

Orm Tosteson, als Jugendlicher von einem anderen Wikingerstamm verschleppt und mit auf einen Raubzug an den Küsten Frankreichs und Spanien genommen, wird schnell zum Manschaftsmitglied und sogar zum Häuptling seiner Häscher, muss den Mauren nach einen weiteren Gefangennahme als Rudersklave und später in der Garde des Gross-Vizirs dienen, kann mit reicher Beute entkommen und wird durch ein grosszügiges Geschenk zum Freund und später Schwiegersohn des Dänenkönigs Harald Blauzahn und damit auch zum Feind von Harald Widersachern…
So erzählt es der erste Teil der Geschichte, dem noch drei weitere folgen.

Faszinierend daran ist neben der eigentlichen Handlung auch die besondere Erzählweise und Wortwahl des Autors, die leicht altertümlich und manchmal fast lakonisch wirkend auch mit einer Menge Humor gewürzt ist und niemals versucht, den Leser auf irgendeine Seite zu ziehen:

So stehen etwa der Islam, das Christentum und auch die alten Götter der Nordmänner in der Geschichte immer gleichwertig nebeneinander, ohne dem einen oder anderen den Vorzug zu geben – und es erscheint in der Geschichte ganz normal, das jeder für sich wählen kann, was ihm an besten erscheint.
Genauso normal wie die robuste Umgehensweise der trinkfesten und keinem Streit abgeneigten Wikinger miteinander und mit ihren Feinden, bei der auch schon mal Köpfe rollen können, wenns drauf ankommt, allerdings ohne das dies weiter ausgemalt oder gar zum Hauptthema der Geschichte gemacht wird.
Solche Dinge gehörten halt seinerzeit dazu, um sich in der Welt zu behaupten; und waren Orms eigenen Worten zufolge auch keiner weiteren Rede wert…

So ist denn dieses Buch auch keinesfalls ein sich in Grausamkeiten ergehendes Heldenopus, im Gegenteil:
Die Spannung der Geschichte entsteht weniger durch die aktionreichen Teile als vor allem dadurch, dass sie auch viele ruhige Passagen enthält, in denen man als Leser und Beobachter Orm durch den Lauf seines abwechlungsreichen Lebens begleitet und durch seine Worte und Handlungen viel über ihn selbst und seine Motivation und Entwicklung erfährt:
Weg vom jugendlichen Heisssporn hin zum verantwortungvollen und manchmal auch gefühlsbetonten und von Zweifeln geplagten Führer einen kleinen Gemeinschaft, der als Kind seiner Zeit eben tut, was getan werden muss und dabei auch Gefahren nicht aus dem Weg geht, wenn sie unumgänglich sind.

Wobei auch der Aspekt von „Lebens und Leben lassen“ immer wieder eine Rolle spielt, der sehr deutlich in der Person des älter gewordenen, an Erfahrung reicheren, wenn auch nicht weniger abenteuerlustigen Orm Tosteson in den beiden letzten Teilen der Geschichte angelegt ist, ohne moralisierend in den Vordergrund gerückt zu werden.

So gesehen könnte man das Buch also durchaus auch als „Coming of Age“ – Roman mit historischem Hintergrund lesen, wenn man es denn in diese modernere Schublade einordnen will ;-)

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Bleibt als Fazit, dass ich dieses Buch – das eigentlich mehr eine grosse und teils kunterbunte Erzählung als ein grosser Roman ist – auch nach den vielen Jahren seit meiner ersten Lektüre mit der gleichen Begeisterung wie damals gelesen habe, wenn auch weniger als Abenteuerroman, sondern diesmal aus der Sicht eines Erwachsenen, der eine Entdeckungsreise zurück in eine lange vergangene Zeit unternimmt.
Und auch dabei hat das Buch nichts von seiner Faszination verloren, sondern sich als eine Lektüre entpuppt, die auch viele Bezüge bis in unsere Zeit hinein enthält, wenn man etwas zwischen den Zeilen liest.
Deshalb:

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Der Klappentext:

Die Lebensgeschichte des jungen Bauernsohns Röde Orm bietet alles, was einen großen Wikinger-Roman auszeichnet: gefährliche Raubzüge, ferne Länder, zarte Poesie, heftige Familienstreitigkeiten und natürlich schöne Frauen. Spannend und mit viel Humor erzählt Frans G. Bengtsson von seinen trink- und liebesfreudigen Helden, die im Europa des 10. Jahrhunderts auf große Fahrt gehen – die letzte echte Wikinger-Saga.

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Euch allen wünsche ich einen wunderbaren Sonntag und dass ihr auch weiter gesund und behütet bleibt.
Wir lesen uns :bye:

Euer Wilhelm,

der nun mal wieder überlegt, was er als nächstes lesen kann……..


-835-

Die Farm der Tiere – Erzählung

Hallo nochmal, Ihr Lieben!

Irgendwie erschien es mir logisch, nach „1984“ und quasi im Vorbeigehen auch gleich noch einen anderen Klassiker von George Orwell zu lesen, den sicher auch einige von Euch (vermutlich noch aus Schulzeiten) kennen:

Die Farm der Tiere
von George Orwell

Deshalb werde ich mich mit der Beschreibung des Inhaltes auch kurz halten:s

In dieser Erzählung nutzt Orwell Stilmittel von Fabel und Satire, um zu beschreiben, wie sich aus dem ganz normalen Leben auf einem Bauernhof ein totalitäres System entwickelt, nachdem die Tiere den ausbeuterischen Bauern vertrieben haben und das Leben auf dem Hof selbst organisieren. Anfangs gleichberechtigt an einem Strang ziehend entwickelt sich daraus im Lauf der Zeit eine Vorherrschaft der Schweine, die sich als Intelligenteste und gewitzteste erweisen und ihre Macht immer weiter ausbauen bis sie schlussendlich zu gegen alle anfangs vereinbarten Regeln verstossenden Ausbeutern werden, die nicht anderes machen, als zuvor der Bauer und ein Regime entwickeln, in dem Misstrauen und Gewalt regieren.

Wobei natürlich auch klar ist, welches Beispiel Orwell dabei vor Augen hatte:
Im Grunde erzählt er damit gut verpackt und exemplarisch die Entwicklung der Sowjet-Union ab dem Zeitpunkt der russischen Revolution bis hin zum Höhepunkt von Stalins Schreckenssystem Mitte der 40er Jahre, eine Entwicklung, zu der er in der Folge ähnlich auch in anderen Ländern kam – etwa (wenn auch mit anderen Vorzeichen) im Deutschland der Nazis und auch in vielen anderen Ländern, in denen es durch Revolutionen und Umstürze ähnliche Entwicklungen gab.
Wobei ich Orwells Erzählung weniger als Kritik am Kommunismus lese (obwohl sie möglicherweise auch so gemeint war) als viel mehr als auch heute noch gültige Warnung, denjenigen gegenüber misstrauisch zu bleiben, die versuchen, Macht an sich zu reissen.
Denn genau dieses Misstrauen fehlt den meisten Tieren auf der Farm, die sich bis auf wenige Ausnahmen von den redegewandten Schweinen immer wieder einlullen und mit fadenscheinigen Versprechungen ruhigstellen lassen, wenn es zu einer neuen Eskalationsstufe kommt.
Bis die Geschichte unumkehrbar wird.

Deshalb denke ich, dass dieses Buch trotz seines Alters ( es wurde 1945 erstmals veröffentlicht) auch heute noch seinen Platz in der Welt hat und mit seiner Form der Fabel auch gut geeignet ist, schon Kinder an die Materie heranzuführen. Und unterhaltsam für Erwachsene ist es ja auch, so wie es geschrieben ist – ich jedenfalls hatte durchaus auch meinen Spass beim Wieder-mal-lesen, diesmal in einer wirklich gelungenen und 2021 neu übersetzten Fassung

Ergo:

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Der Klappentext der von mir gelesenen neuen Übersetzung:

Man beraubt sie der Früchte ihrer Arbeit, sperrt sie ein, beutet sie aus. Die Tiere auf dem Gutshof haben genug und proben den Aufstand – für eine bessere Welt, in der alle Tiere gleich und frei sind. Doch bald zeigt sich: Gleich heißt nicht gleich, und Freiheit ist ein kurzer Traum …

George Orwells berühmte Allegorie über den Aufstand der Tiere ist bis heute der vielleicht klarste literarische Weckruf vor dem korrumpierenden Effekt von Macht. Wie schnell sich unsere Visionen von einer besseren Welt in einen totalitären Albtraum verwandeln können, das ist die zeitlose Warnung dieser Fabel.

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Euch allen einen wunderbaren Restsonntag und einen guten Start in die neue Woche – und bleibt gesund und behütet!
Wir lesen uns :bye:

Euer Wilhelm,

der immer noch im Lesefieber ist.


-719-

Hiob – Roman

Und nochmal: Moin!

Zwischendurch mal eines meiner Lieblingsbücher.
Ein Klassiker, den ich – etwas unschlüssig bezüglich meines nächsten Literaturwunsches – einfach mal schnell eingeschoben habe, weil mich die Geschichte immer wieder fasziniert:

Hiob
von Joseph Roth

Ein Buch übrigens, dass ich wohl als 12jähriger schon zum ersten mal in der Hand gehabt habe, bei meinen Grosseltern in Kassel, weil meine Grossmutter (eine grosse Verehrerin des Autors) meinte, das könne ich mal lesen.

Und ich erinnere mich noch, dass ich es damals – ähnlich wie jetzt – geradezu verschlungen habe, ohne allerdings zu ahnen, dass sich hinter dem vor dem ersten Weltkrieg spielenden und mit viel Humor geschriebenen Text um den im Westen Russlands lebenden jüdischen Lehrer Mendel Singer noch eine ganz andere Geschichte verbirgt, auf die der Titel des Buches anspielt:
Nämlich die Geschichte des Hiob, einer biblischen Figur, die von Gott geprüft wird und tatsächlich vorübergehend ihren Glauben verliert, schlussendlich aber doch erlöst wird….

Und leiden muss auch Mendel Singer, nachdem sein dritter Sohn behindert geboren wird und die Familie daran fast zerbricht, seine Ehe deswegen vom Glück zur Pflicht wird, sein ältester Sohn zum Militär geht und sein zweitältester Sohn auf der Flucht vor der Einberufung in die Zaren-Armee nach Amerika emigriert. Was allesamt dem frommen Mendel als nicht richtig und auch nicht gottesfürchtig erscheint, denn als Jude muss man ertragen, was Gott einem auferlegt.
Ein Gedanke, mit dem er allerdings zum ersten mal bricht, als seine Tochter sich mit einem Kosacken einlässt und damit Schande über die Familie bringen droht , was nur verhindert werden kann, wenn auch der Rest der Familie auswandern würde und das behinderte Kind Menuchim bei Nachbarn zurückbleibt….

Und so nimmt das Unglück seinen Lauf, an dessen Ende Mendel ganz alleine dasteht in einem fremden Land, heimatlos und mit dem Gefühl, alles falsch gemacht zu haben…… so das er – wie das biblische Vorbild – auch seinen Glauben verliert, bevor es völlig unerwartet doch anders kommt, als er sich das in seinen von Selbstzweifeln geprägten Gedanken ausgemalt hat.

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Was mich an der Geschichte fasziniert und immer wieder gefesselt hat ist neben dem eigentlichen Inhalt auch die Art und Weise, wie Roth sie erzählt – bei allem Unglück doch auch immer aufs positive blickend und Zuversicht ausstrahlend, auch wenn die Handlung aussichtslos erscheint – und immer auch mit einem leicht (selbst)ironischen Unterton, der völlig ausblendet, was Juden auch zu der Zeit in Russland als Aussenseiter der Gesellschaft schon erleiden mussten.
Stattdessen gibt er tiefe Einblicke in den jüdischen Alltag und jüdische Kultur im Russland jener Zeit samt dem naiven Glauben an Amerika als Land wo Milch und Honig fliessen – und das ein Leben dort nur besser werden kann.

Dass es dann anders kommt?
Nunja, so ist wohl das Leben….

Und darin liegt für mich ein Stück weit auch die Quintessenz dieses Buches, (denn ein bisschen Hiob steckt wohl auch in jedem von uns): Es kann immer anders kommen, als wir es uns ausmalen, aber ob das gut oder schlecht ist entscheidet sich erst ganz am Ende der Geschichte…. das war schon bei Hiob so, das ist bei Mendel Singer so und das wird auch unser eigenes Leben betreffend nicht anders sein.

Deshalb (und wegen des wirklichen Lesegenusses bei diesem wunderbar geschriebenen Buch):

Der Klappentext:

Eigentlich ist Mendel Singer »ein ganz alltäglicher Jude«, doch offenbar hat Gott Größeres mit ihm vor: Die Geburt seines schwerkranken Sohnes ist der Beginn einer Reihe von Schicksalsschlägen – Mendel wird zum modernen Hiob, zum Erdulder göttlicher Prüfungen. Doch seine einst demütige Frömmigkeit wandelt sich in trotzigen, rebellischen Zorn. Die Abkehr von Gott macht ihn zum einsamen Mann, bis schließlich sein auf wundersame Weise geheilter Sohn zurückkehrt und ihn zu sich nimmt. Mit seinem »Hiob« schuf Joseph Roth 1930 das berührende Porträt eines tiefgläubigen Mannes und einen Roman von großer poetischer Kraft.

Bücher.de

Habt alle einen angenehmen Abend und bleibt gesund und behütet!
Wir lesen uns :bye:

Euer Wilhelm,

der als nächstes wieder „etwas seichteres“ liest


-634-

So zärtlich war Suleyken – Erzählungen

Das musste jetzt einfach sein, nachdem ich vor nicht mal einer Woche mit dem Lenz’schen Heimatmuseum fertig war:

So zärtlich war Suleyken
Von Siegfried Lenz

Ein kleines Büchlein mit kurzen, phantasie- und humorvollen Erzählungen aus Masuren, das (auch durch seine „masurisch gefärbte“ Sprache) ein ausgesprochen liebevolles Bild dieses Landstriches und seiner Einwohnern malt und dabei gleichzeitig ein schönes Beispiel für die erzählerischen Talente seines Autors gibt, der damit als noch junger Mann einen ersten grossen Publikumserfolg landen konnte.
Mehr muss man dazu nicht sagen – ausser vilelleicht noch, dass auch dieses Buch für mich ein kurzweiliger Lesegenuss und leider viel zu schnell zu Ende gelesen war.

Der Klappentext der von mir gelesenen E-Book-Ausgabe bringt es treffend auf den Punkt:

– „Kleine Erkundungen der masurischen Seele“ hat Siegfried Lenz diese Geschichten genannt. Was er in ihnen ans Licht bringt, ist eine Gesellschaft höchst skurriler Gestalten: ein listiger Großvater namens Hamilkar Schaß, den weder Tod und Teufel noch der Rokitno-General Wawrila beim Lesen stören können, die füllige Tante Arafa, die unversehens ihren Geist aufgibt, der Schiffer Manoah, der stumm ein großes Erbe abtritt, und viele andere. Alle sind sie Lachudders: Leute, mit denen man es gut meint, obwohl man sie im Grunde für Schlingel hält. Ihre Sprache, umständlich, verschlagen und hintergründig, ist zugleich so bunt wie der Markt von Oletzko und so festgefügt wie ein Bauernhaus in Suleyken.

Klar, das mir das fünf Sterne wert ist:

Und nun ist wieder zu überlegen, was ich als nächstes lesen könnte……


Habt alle noch einen angenehmen Nachmittag und bleibt wie immer gesund und behütet!
Wir lesen uns :bye:


-496-

Heimatmuseum – Roman

Genau wie schon bei meinem letzten Buch (ebenfalls von Siegfried Lenz) hat es auch bei diesem Roman mal wieder etwas länger gedauert, bis ich damit „durch“ war:

Heimatmuseum
von Siegfried Lenz

Denn auch hier stand für mich wieder der Genuss des Lesens im Vordergrund, diesmal sogar noch mehr als bei den vorher gelesenen Büchern des Autors, weil er neben dem Fortgang der streng chronologisch und in Ich-Form erzählten Handlung auch noch weit ausholend und teils wunderbar fabulierend eine erzählerische bildreiche Ebene hinzufügt, etwa wenn es um die Beschreibung der fast alchimistisch anmutenden Experimente des Vaters des Romanhelden geht:

Da ist dann etwa von farbigen Wölkchen und abstrusen Gerüchen die Rede, welche Auswirkungen auf die handelnden Personen haben und so die Handlung auf des Buches auf ganz eigene Weise vorantreiben.

Ähnliches gilt auch für verschiedene Eigenarten weiterer Randfiguren, die mit Aberglauben, Lebensweisheit und „Bauernschläue“ ebenfalls zum masurischen Lokalkolorit dieses Buches beitragen – ähnlich wie Lenz es auch in seiner Kurzgeschichtensammlung „So zärtlich war Suleyken“ schon gemacht hat, die lange vor dem „Heimatmuseum“ entstanden ist.

(Das Buch könnte ich übrigens auch mal wieder lesen :scratch: )

Aber dennoch hat das Heimatmuseum einen durchaus ernst gemeinten Anspruch:
Erzählt es doch auf sehr liebevolle Art von der Geschichte Masurens im Zeitraum von vor Beginn des ersten Weltkrieges bis zur kriegsbedingten Vertreibung 1945, von der Flucht selbst und auch von dem, was danach geschah, von Traditionen und deren Überhöhung und von den Auswüchsen professioneller „Heimatliebe“ nach der Vertreibung.

Der Klappentext:

Mit schweren Brandverletzungen liegt der Teppichwirker Zygmunt Rogalla im Krankenhaus und versucht seinem Besucher die Gründe für eine unfaßbare Tat zu erklären: Er hat mit voller Absicht das masurische Heimatmuseum in Brand gesteckt, das er selbst unter großen Opfern in Schleswig-Holstein aufgebaut hat, um das Erbe seiner verlorenen Heimat zu retten. Warum? Schicht um Schicht enthüllt er die Motive der Brandstiftung.
Er erzählt von der masurischen Kindheit und Jugend, von den Schrecken der beiden Kriege, die seine Heimat zerstört haben, von Flucht und Vertreibung. „Heimatmuseum“ ist ein großer Roman und zugleich die Beschwörung eines verlorenen Landes, seiner Menschen und ihrer Lebensform – das geduldige Protokoll eines Verlustes, das im Zusammenbruch einer genügsamen Privatwelt die Tragik einer Epoche deutlich werden läßt.

Und tatsächlich ist es auch diesmal (neben meinem ganz eigenen Zugang zum Thema – siehe die letzten Sonntagszitate) die typisch Lenz’sche gelassene, ruhige und fast emotionslose Erzählweise, die viel von Faszination und Charme dieser mir bisher unbekannten Geschichte ausmacht –

(zumal man das Thema ja auch ganz anders oder mit anderen Schwerpunkten hätte angehen können – dramatischer, plakativer, kritischer, voller Vorwürfe oder voller Trauer)

– womit dieser Roman durchaus das Zeug hat, zu einem meiner Lieblingsbücher zu werden, das ich zu gegebener Zeit sicher auch gerne noch ein zweites Mal lesen werde. Insofern ist auch klar, dass es dafür „nur“ volle fünf Sterne geben kann:

Und auch der Herr Lenz ist inzwischen (nach dem Genuss der drei zuletzt gelesenen Bücher) in die Riege meiner Lieblingsautoren aufgestiegen, nachdem ich seit meiner Schulzeit und der seinerzeit „erzwungenen Auseinandersetzung“ mit der Deutschstunde eigentlich nichts mehr von ihmlesen mochte.
Grund genug also, noch mehr von ihm zu lesen, auch wenn ich gerade noch andere Bücher in der Pipeline habe…


In diesem Sinne:
Habt alle eine gute Zeit und bleibt gesund und behütet – wir lesen uns :bye:


-492-

Deutschstunde – Roman

So ganz bin ich damit noch nicht durch, aber es sind ja nur noch ein paar Seiten, die sicher nichts mehr an dem ändern werden, was ich zu diesem Buch anmerken möchte:

Deutschstunde – Roman
von Siegfried Lenz

Der Klappentext:

In seinem Roman „Die Deutschstunde“, der 1968 erschien, setzt sich Lenz kritisch mit dem Dritten Reich auseinander. Der Protagonist des Romans ist Siggi Jepsen, ein Zögling einer Anstalt für schwererziehbare Jugendliche, der einen Deutschaufsatz zum Thema ‚Die Freude der Pflicht‘ schreiben muss. Darin thematisiert Siggi den Konflikt mit seinem Vater, der zur Zeit des Nationalsozialismus Polizist im norddeutschen Rugbüll ist.

Siggis Vater ist mit dem Maler Nansen befreundet, doch die NS-Zeit verändert diese Freundschaft. „Die Deutschstunde“ schildert, wie der Polizist Jepsen die Durchsetzung des Malverbots für Nansen zu dessen persönlichem Feldzug macht. Nahezu blind erfüllt der Vater seine Pflicht, während der Sohn versucht, die Kunstwerke zu retten. Das Ende des Dritten Reiches bringt keine Veränderung. Der Vater wird kurzfristig interniert, kehrt jedoch später auf seinen Posten zurück, ungebrochen autoritätsgläubig.

Mit der „Deutschstunde“ konfrontiert Siegfried Lenz seine Leserschaft schonungslos mit scheinbar unpolitischer Pflichterfüllung und Heimattreue, welche in der Nachkriegszeit als tragender Pfeiler des Nationalsozialismus demaskiert wurde.

Vgl auch den umfassenden Wikipedia-Eintrag dazu

Mal voraussetzend, dass wahrscheinlich viele von Euch das Buch gelesen (oder zumindest eine der Verfilmungen gesehen haben) werde ich mich bei meiner Betrachtung allerdings weniger auf den Inhalt des Buches beziehen, sondern lieber auf einige Gedanken konzentrieren, die mir dazu sonst noch durch den Kopf gegangen sind:

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Zuallererst natürlich, warum ich für die schlappen 600 Seiten fast sechs Wochen gebraucht habe, obschon mein Lesetempo ansonsten deutlich höher ist – selbst bei Büchern die mir nicht so spannend erscheinen?

Die Antwort darauf könnte sich kurz zusammen gefasst auf wenige Worte beschränken:

„Weil ich es genossen habe!“

Und das habe ich in der Tat – nicht nur wegen der nicht unspannenden Handlung , sondern auch und besonders, weil mir der colloraturenreiche Lenz’sche Erzählstil auch immer wieder Anlass für Kopfkino und abschweifende Gedanken gab:
Beispielsweise bei den ausschweifenden Beschreibungen der Nansenschen Bilder, die in dem Buch ja eine grosse Rolle spielen und mir um so plastischer vor Augen standen, wenn ich Vergleiche mit Emil Noldes Bildern gezogen habe, dessen Geschichte ja teilweise die Vorlage für die Romanfigur des Malers Max Ludwig Nansen war. (Und ähnlich ging es mir auch mit den Landschaftsbeschreibungen im Buch, die genau so Bilderstark sind und mich gedanklich immer wieder in die nordfriesische Landschaft versetzt haben, wie wir sie erst vor ein paar Wochen erleben durften….)

Abgesehen davon hätte der Stoff des Buches – mit leicht geändertem Schwerpunkt und etwas temporeicher – möglicherweise durchaus auch für einen guten Krimi getaugt, allerdings mit dem grossen Nachteil, dass damit einige wichtige Facetten und Aspekte des Romanes verloren gegangen wären. Insbesondere die Kritik, die Lenz mit dem Wort „Pflichterfüllung “ verbindet und immer wieder durch die verschiedensten Details verdeutlicht:

Gerade die Beschreibungen der Nansenschen Werke in ihren Aussagen und ihrer Wirkung auf Siggi Jepsen, den jugendlichen Helden des Romanes tragen auch viel zur Verstärkung dieses zentralen Schwerpunktes bei – wie auch bei der Frage von „Ursache und Wirkung“ .
Viel mehr jedenfalls, als dies in der letzten Verfilmung gelungen ist (wie sie vor ein paar Wochen im ZDF zu sehen war), die sich fast nur auf die blosse Handlung des Buches bezieht und kaum Zeit lässt, sich auch mit den Bildinhalten auseinanderzusetzen….verbunden mit dem weiteren Nachteil, dass dabei auch noch ein anderer Aspekt des Buches ins Hintertreffen gerät:

Die Frage nach der „Schuld“ (welche jede der handelnden Personen unzweifelhaft auf sich lädt) wird im Film auf ein Schwarz-Weiss-Bild komprimiert, ist aber dennoch viel diffiziler, wie die Romanvorlage zeigt, auch ohne dabei Vorgaben in eine bestimmte Richtung zu machen oder gar eine Wertung vorzunehmen:
Man nimmt als Leser zwar ( vorgegeben durch den Stil als „Ich-Erzählung“) meist die Sichtweise des Siggi ein, kann aber ohne weiteres auch die Standpunkte der anderen handelnden Personen nachvollziehen und sich mit ihnen identifizieren bzw. auch Zwischenpositionen einnehmen.

Was man als „richtig“ oder“ falsch“ empfindet, dass liegt also bei jedem selbst.

Und damit ist für mich auch der Punkt genannt, warum ich dieses Buch in seiner Kernaussage immer noch für ausgesprochen aktuell halte, losgelöst von der Nazi-Thematik, die darin als Aufhänger für die Handlung fungiert:

Die „Freuden der Pflicht“ – so der Untertitel – können sich auch heute noch als genauso problematisch erwiesen, wie sie es damals schon waren….

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Bleibt noch die abschliessende Feststellung, dass ich dieses Buch (noch zu Schulzeiten) bei einer ersten Lektüre (damals war es Pflichtprogramm in unserer Klasse) als ausgesprochen langweilig, ohne jede „Action“ und „wie aus der Zeit gefallen“ empfand, so dass ich es seinerzeit auch nicht zu Ende gelesen habe…
Die paar vorgegebenen Kapitel hatten nachhaltig gereicht, um mich lange Zeit auch um alle anderen Bücher des Autors einen grossen Bogen machen zu lassen – ein Fehler, wie ich heute einsehen muss.
Denn inzwischen ( knapp ein halbes Jahrhundert später, mit mehr Hintergrundwissen und mit einer anderen Sicht auf die Welt) sieht mein Urteil darüber natürlich ganz anders aus – welches folglich jetzt auch nicht anders lauten kann als:

Auch das ein Beispiel zum Thema „Freuden der Pflicht“ und dem, was daraus erwachsen kann ?


In diesem Sinne:
Bleibt wie immer gesund und behütet!
Wir lesen uns :bye:

( der nun wieder ins Buch abtaucht und nebenher schon mal überlegt, was er als nächstes lesen möchte)


-443-

Picknick mit Bären – Reisebericht

Eigentlich hatte ich ja gedacht, mit Reiseliteratur wäre ich fürs Erste durch – aber dann kam es doch anders, nachdem im Fernsehen vor einigen Wochen der wunderbare Film mit Robert Redford lief und ich eher zufällig herausfand, dass es dazu eine Buchvorlage gibt:

Picknick mit Bären
Von Bill Bryson

Ein Buch, das allerdings Einiges mehr ist, als ein purer Reisebericht, enthält es doch neben der Schilderung der Erlebnisse Bryson’s und seines eher unsportlichen Freundes Katz auf dem gut dreitausendfünfhundert Kilometer langen Appalachian Trail auch eine ganze Menge an Informationen nicht nur über den Weg und die Landschaften, durch die er führt, sondern – als kleine Schmakerln zwischendurch – auch eine Reihe mit spitzer Feder gezeichneter Portaits von Leuten, die den beiden Wanderern auf ihrem Weg begegnen – immer mit viel Humor betrachtet und manchmal ein wenig überzeichnet, aber trotzdem voller Respekt und niemals verletzend werdend, auch wenn bei manchen der Personen schon deutlich wird, dass sie nicht unbedingt sympathische Zeitgenossen sind.
Und genau das ist es, was das Buch auch dann durchaus lesenswert macht, wenn man sich ansonsten weniger für Reiseberichte interessiert – so lesenswert, dass ich sicher noch mehr Texte von Bryson lesen werde.
Insofern wird es wohl auch nicht weiter verwundern, dass ich dieses Buch gerne mit der vollen Punktzahl bewerte:

-_-_-_-

Der Klappentext -(vom Tonfall her dem Buch durchaus angemessen:

Bill Bryson will es seinen gehfaulen Landsleuten zeigen:
Gemeinsam mit seinem Freund Katz, der aufgrund gewaltiger Leibesfülle und einer festverwurzelten Leidenschaft für Schokoriegel nicht gerade die besten Voraussetzungen dafür mitbringt, will er den längsten Fußweg der Welt, den „Appalachian Trail“, bezwingen.
Eine abenteuerliche Reise quer durch zwölf Bundesstaaten der USA beginnt…

Ein Reisebericht der etwas anderen Art – humorvoll, selbstironisch und mit einem scharfen Blick für die Marotten von Menschen und Bären!

-_-_-_-

Bleibt aber noch zu anzumerken, dass der – für mein Gefühl – etwas „affige“ Titel dem Buch nicht wirklich angemessen ist. Da wäre man sicher besser beraten gewesen, wenn man näher beim weniger plakativen Original-Titel geblieben wäre:

A Walk in the Woods
(Ein Spaziergang im Wald)

Denn (soviel kann ich sicher verraten ohne übermässig viel vom Inhalt zu spoilern):
Einem Bären sind Bryson und Katz auf ihrem Weg nie begegnet, auch wenn Bären immer wieder (als ironischer Running Gag) eine Rolle im Buch spielen – als Synonym für alle möglichen Ängste, welche die beiden vor Beginn der Reise in ihren Köpfen entwickeln..
Nur ist im realen Leben alles ein wenig anders, als beide sich das vorab in ihrer Fantasie ausgemalt haben.

Was mir aber ausgesprochen gut gefallen hat:

Sowohl Bryson als auch Katz sind auf ihre Art sehr pragmatisch in der Art, wie sie sich auf den Weg machen.
Auch wenn beide als grosses Ziel im Kopf haben, sich den Trail in seiner vollen Ausdehnung zu erwandern, sind sie realistisch genug um zu sehen, dass sie dieses Ziel kaum erreichen können.
Trotzdem versuchen sie es und kommen zusammen auch viel weiter, als jeder für sich alleine zu hoffen gewagt hatte (aber dem anderen gegenüber nicht zugeben wollte)
Und so endet das Buch sehr versöhnlich mit der Erkenntnis, dass es viel mehr auf den Weg als auf das Ziel ankommt…..


Habt noch einen schönen Abend und eine gute Nacht
Wir lesen uns (wenn auch vermutlich erst am Wochenende wieder) :bye:
Bleibt also solange gesund und behütet….

(der sich jetzt auf drei Tage frische Nordseeluft freut)


-398-

Good Bye Lehmann – ein Reisebericht

So, das hat dieses Mal wieder etwas länger gedauert, bis ich mit dem Buch fertig war:

Good Bye Lehmann
von Stefan Fay

Nicht, weil das Buch jetzt langweilig gewesen wäre – oder etwa schwer verständlich geschrieben, sondern weil ich darin einige Textpassagen gefunden habe, über die ich wirklich länger nachdenken musste. (Einige davon hatte ich ja auch schon als Sonntagszitate hier eingebunden)

Denn die Geschichte entwickelt sich im Lauf der Reise doch etwas anders, als ich das (trotz des Untertitels) ursprünglich erwartet habe – denn aus der Beschreibung einer Motorradreise, die dem Autor als Inbegriff der Freiheit vorkommt entwickelt sich – je länger sie dauert – mehr und mehr der Weg des Autors zu sich selbst , verbunden mit der Überlegung, wie sein zukünftiges Leben aussehen könnte, wenn diese Reise beendet ist?

Und damit stand dann auch die Frage im Raum, was ein „gutes Leben“ aus Sicht des Autors eigentlich ausmachen würde:
Glück wäre sicher ein Teil davon, aber eben auch nicht alles – genau wie Erfolg nicht das grosse Ziel werden könnte…. so dass ich während der Lektüre lange Zeit bei einer Überlegung war, die ich vorgestern im letzten Sonntagszitat mit dem Wort „Zufriedenheit“ definiert habe.

Insofern hat mich am Ende aber auch nicht sonderlich überrascht, welchen Weg der Autor für sich gefunden hat und unter dem Begriff „Achtsamkeit“ als einen Weg zum einem guten Leben beschreibt:
Leben im Hier und jetzt, wahrnehmen und geniessen, was der Moment einem bietet und das Loslassen von Träumen, Zielen und Erinnerungen, die diesem Ziel entgegen stehen.
Also letzendlich doch gar nicht so weit weg von dem, was für mich ich mit meinen eigenen Überlegungen unter dem Begriff „Zufriedenheit“ zusammen gefasst hatte…auch wenn sein Weg zu dieser Erkenntnis ein anderer war als meiner.

Der Klappentext:

„Gibt es ein Leben vor dem Tod?“
Das fragte einst der Schriftsteller Karl Kraus. Als Stefan Fay die ersten Jahre in Anstellung für einen Dax Konzern hinter sich hatte, war er sich der Antwort nicht mehr sicher.
Die Folge? Der Ausbruch!
2014 nahm er eine Reise auf von der viele nur zu träumen wagen: Motorrad gepackt und einfach nach Osten. So weit und so lang es eben gehen würde. Ohne Datum für eine Rückkehr.

Zwei Jahre später kam er wieder und brachte den festen Entschluss mit ein Buch über seine Reise und das Erlernte zu schreiben. „Good Bye, Lehmann“ ist das viel gefeierte Resultat. Es handelt nicht nur von einer Reise um die halbe Welt, sondern besonders um die Frage: „Wie kann man ein gutes Leben führen?“

Amazon – zur Ebook-Ausgabe

In der Tat hat mir dieses Buch ziemlich gut gefallen, das wohl an manchen Stellen mehr eine Erzählung als ein wirklicher Reisebericht ist. Enthält es doch eine Reihe von Elementen, die ich ähnlich auch schon in Erfahrungsberichten übers Pilgern gefunden habe – einschliesslich der Erkenntnis, dass ein „guter“ Weg durchs eigene Leben zum Ziel werden kann und somit eigentlich nie zu Ende geht.

Gut geschrieben und manchmal bei aller Nachdenklichkeit auch ausgesprochen spannend und witzig (und deshalb gut lesbar) fand ich dieses Buch ausserdem, und auch die gelegentlichen Abschweifungen in die Welt der Philosopie haben mich immer wieder zum „weiter denken in positiver Richtung “ angeregt.
Deshalb gibt es auf meiner persönlichen Skala auch die volle Punktzahl dafür:

-_-_-_-

Und damit sollte es nun fürs Erste auch genug sein mit den Reisebüchern – mein nächstes Buch wird definitiv ein Sachbuch sein, das ich schon lange mal lesen wollte und nun auch lesen werde.
Aber dazu mehr, wenn es soweit ist…..


In diesem Sinne:
Denkt positiv und bleibt gesund und behütet!
Wir lesen uns :bye:


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