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„Ja, ich sehe es ein, zweierlei ist möglich, man kann entweder dieses thun oder jenes;
meine aufrichtige Meinung und mein freundschaftlicher Rat ist der:
thu es oder thu es nicht, beides wird dich verdrießen.“
Søren Kierkegaard

Vom Aufstehen – Erzählungen

Guten Tag zusammen!

Zu diesem Buch bin ich gekommen, wie die sprichwörtliche Jungfer zum Kinde. Denn eigentlich sind Kurzgeschichten (oder Erzählungen) ja gar nicht so meins und so war ich auch etwas skeptisch, als ich mir nach einem Bericht über die Autorin die Leseprobe heruntergeladen habe.
Doch man soll ja niemals nie sagen und so wurde es für mich zu einer wirklich positiven Entdeckung, so dass ich – soviel kann ich hier schon mal spoilern – sicher später einmal auch ihr aktuelles Buch lesen werde, in dem es um das Zusammenleben mit ihrem an Demez erkrankten Mann geht.

Aber Eins nach dem Anderen – und deshalb geht es hier jetzt erst mal um diesen Erzählungsband, für den Helga Schubert vor einiger Zeit den renommierten Ingeborg-Bachmann-Preis bekommen hat:

Vom Aufstehen
von Helga Schubert

Kein leichtes Unterfangen, etwas über den Inhalt dieses Buches zu schreiben, das kaleidoskopartig und autobiographisch zu einer Reise in die Vergangenheit der Helga Schubert (eigentlich Helga Helm) einlädt und Episoden aus ihrer Kindheit im Krieg, zu ihrer Flucht aus Ostpreussen, über ihren gefallenen Vater und ihre gefühlskalte Mutter genauso beinhaltet wie über das Leben in der DDR, den Mauerfall und die damit neu gewonnene Freiheit, über das Altern und die KRankheit ihres Mannes und über ganz alltägliches, wie es wohl jeder von uns erleben und wahrnehmen könnte.

Alles geschrieben in einer wunderbar poetischen, wenn auch manchmal etwas verklauslierenden Sprache mit teils seitenlangen verschachtelten Sätzen, die dennoch immer auf den Punkt kommen und mitgedacht werden wollen. Und damit sicher kein Buch zum „schnell lesen“ sondern mehr zum geniessen….

Aber schnell lesen, Buchstaben fressen und Text verschlingen, dass wollte ich diesmal ja auch nicht. Im Gegenteil – und das wurde mir schon bei der Leseprobe klar und das sprach mich auch sehr an – konnte ich dieses Buch eigentlich nur häppchenweise lesen, ein oder zwei der in sich abgeschlossenen Geschichten am Abend, vor dem Schlafengehen, um beim Nachdenken über das Gelesene einzuschlafen, immer wieder auch mit der Frage im Kopf, wie das alles nun zusammenpasst?

Und es passt hervorragend zusammen, wird zum kompletten Bild aus den vorher manchmal unzusammenhängend erscheinenden Einzelteilen, wenn man die letzte und längste Erzählung (die auch titelgebend ist für das ganze Buch) gelesen hat, die zeigt, dass die Autorin „trotz allem“ mit sich und ihrem Leben versöhnt und zufrieden ist.
Ein Gefühl im Übrigen, was auch auf mich als Leser übergesprungen ist, nicht nur, was dieses Buch, sondern auch was die Betrachtung meines eigenen Lebens angeht.

Insofern also:

-_-_-_-

Der Klappentext:

Drei Heldentaten habe sie in ihrem Leben vollbracht, erklärt Helga Schuberts Mutter ihrer Tochter: Sie habe sie nicht abgetrieben, sie im Zweiten Weltkrieg auf die Flucht mitgenommen und sie vor dem Einmarsch der Russen nicht erschossen. Helga Schubert erzählt in kurzen Episoden und klarer, berührender Sprache ein Jahrhundert deutscher Geschichte – ihre Geschichte, sie ist Fiktion und Wahrheit zugleich. Mehr als zehn Jahre steht sie unter Beobachtung der Stasi, bei ihrer ersten freien Wahl ist sie fast fünfzig Jahre alt. Doch erst nach dem Tod der Mutter kann sie sich versöhnen: mit der Mutter, einem Leben voller Widerständen und sich selbst.

Amazon

Und wie immer:
Habt ein erholsames Wochenende und bleibt gesund und behütet!
Wir lesen uns :bye:

Euer Wilhlem,

der sich wieder mal nicht ganz schlüssig ist, was nun als nächstes auf seinen Ebook-Reader kommt…..


-953-

- 11 Bemerkungen zu “Vom Aufstehen – Erzählungen

  1. Sofort in meiner onleihe-Bibliothek nachgesehen, gefunden und auf den Merkzettel gesetzt. Ich kann in den angebotenen 21 Tagen meist nur ein Buch lesen – alte Frauen sind kein ICE!!!
    Sie muss ja ähnlich alt sein wie ich und hat auch ähnliche Erfahrungen gemacht. – Ich hoffe, dass es dann ausleihebereit ist, wenn ich das jetzige ausgelesen habe.
    Und tschüss!
    Ich habe gerade bei Wiki gelesen, sie ist 5 Jahre älter als ich. Das hatte ich schon vermutet, als die Mutter äußerte, dass sie das Kind mit auf die Flucht genommen hat. – Bei mir gab es keine Flucht mehr – höchstens ein übereilter Aufbruch aus Bayern im Mai 1946.

    1. Das freut mich, dass mein Buchtipp zu was nütze war…

      Und es ist gut möglich, dass Helga Schubert und Du ähnliche Erfahrungen gemacht habt. Das ging ja sogar mir so, obwohl ich eine halbe Generation jünger bin und in einem ganz anderen Umfeld gelebt habe….

  2. Ich glaube, ich weiß jetzt besser, was mich so ein wenig an diesem Buch „stört“. Sie schreibt, empfindet und handelt als DDR-Bürgerin so, wie der Westen es gern gehabt und gesehen hat.
    Ich sehe mich wirklich nicht als angepasste DDR-Bewohnerin – sonst hätte ich zwei Studienwünsche verwirklichen können. Aber dennoch habe ich die DDR anders wahrgenommen.
    Aber egal, ich lese es aus und zu Ende, sind ja nicht so viele Seiten.

    1. Das mag sein, zumal ich es aus eigener Anschauung auch nicht wirklich beurteilen kann, weil mir die Innenansicht der DDR ja in meinem Lebenslauf fehlt.

      Und es war auch nicht dieses Thema, was mich an dem Buch so gefesselt hat (das habe ich eher als „Nebenschauplatz“ wahrgenommen), sondern die Art, wie sie schreibt und formuliert, ohne dabei im Verlauf der einzelnen Episoden den Faden und das grosse Ganze aus den Augen zu verlieren – obwohl die einzelnen Texte ja – wie ich nachträglich erfahren habe – aus ganz unterschiedlichen Zeiten ihres Lebens stammen…

      Und mehr als einmal kam beim Lesen in mir der Wunsch auf, genauso schreiben zu können – wohl wissend, dass das ein Ziel ist, was ich in diesem Leben nicht mehr erreichen kann…

      1. „Und mehr als einmal kam beim Lesen in mir der Wunsch auf, genauso schreiben zu können“
        Nein!!!!!!! Bleibe du wirklich bei deinem Stil – der ist vollkommen okay.

    2. Ich habe das Buch nicht gelesen, aber gibt es nicht immer verschiedene Wahrnehmungen? Auch hier im Westen haben die Menschen ihre Wirklichkeit sicherlich sehr unterschiedlich erlebt, je nach Sozialisation, Lebensweg usw.

      1. Tja, das spielt dabei wohl auch eine Rolle – und selbst mein Bruder würde vieles wohl im Rückblick ganz anders schildern als ich es wahrgenommen habe und beschreiben würde – ganz einfach, weil er trotz gleicher Sozialisation und fast deckungsgleicher Erfahrungen eine ganz andere Sicht aufs Leben, unser Land und unsere Jugend hat als ich.
        Insofern würde ich selbst da schon nicht „typisch“ sprechen wollen, auch wenns in einigen Punkten sicher Gemeinsamkeiten gibt.

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