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„Ja, ich sehe es ein, zweierlei ist möglich, man kann entweder dieses thun oder jenes;
meine aufrichtige Meinung und mein freundschaftlicher Rat ist der:
thu es oder thu es nicht, beides wird dich verdrießen.“
Søren Kierkegaard

Zitat 17/23: Über die Dummheit

Guten Morgen am Samstagmorgen!

Etwas Erfreuliches wollte ich heute schreiben, so hatte ich mir gestern vorgenommen – als Kontrapunkt zu dem doch eher traurigen Thema, das gestern hier an erster Stelle stand. Also etwas seichtes, einfaches, eine kleine Alltags-Anekdote vielleicht oder über Musik oder Bücher vielleicht – und auf jeden Fall etwas, was düstere Grundstimmung wieder etwas hebt, die gestern in meinem Posting mitschwang…

Aber so einfach ist das gar nicht, wie ich gerade merke, zumal ich auch noch auf einem Satz aus Kommentar, genauer: auf einer darin aufgeworfenen Frage herumdenke, die gestern etwas unterging:

Was mir bei aller Anteilnahme allerdings viel mehr Sorgen macht, ist die unakzepable Zustimmung zu den Kackblauen. Was soll man dagegen tun? Einfach ignorieren und versuchen, die Politik so auszurichten, dass dieser Verein wieder zurückgedrängt wird, dem Verein und seinen Vertreten in den Medien keine Bühne mehr geben?

Hans-Georg in einem Kommentar am 23.06.23

Ums gleich vorweg zu nehmen: Eine Antwort auf diese Frage habe ich auch nicht, denn ich stehe genauso ratlos vor diesem Phänomen, wie Hans-Georg es tut.
Und ich teile auch die Sorge, die er damit verbindet. Zumal uns dieses Problem ja nun auch schon seit Jahren begleitet, ohne das irgendjemandem eine schlüssige und wirksame Lösung dafür eingefallen wäre.
Im Gegenteil, wie die aktuellen Umfragen zeigen mit den Kackblauen im Allzeithoch als zweitstärkste Kraft hinter der konservativ-populistisch geprägten CDU:

Erschreckend, zutiefst erschreckend.

Und plötzlich fällt mir dazu wieder ein Zitat des grossen Theologen Dietrich Bonhoeffer ein, geschrieben als er sich – schon in Haft sitzend und den Tod vor Augen – Gedanken darüber machte, wie es zu dem kommen konnte, was unser Land während der Nazizeit prägte:

Dummheit ist ein gefährlicherer Feind des Guten als Bosheit. Gegen das Böse läßt sich protestieren, es läßt sich bloßstellen, es läßt sich notfalls mit Gewalt verhindern, das Böse trägt immer den Keim der Selbstzersetzung in sich, indem es mindestens ein Unbehagen im Menschen zurückläßt.

Gegen die Dummheit sind wir wehrlos. Weder mit Protesten noch durch Gewalt läßt sich hier etwas ausrichten; Gründe verfangen nicht; Tatsachen, die dem eigenen Vorurteil widersprechen, brauchen einfach nicht geglaubt zu werden – in solchen Fällen wird der Dumme sogar kritisch – und wenn sie unausweichlich sind, können sie einfach als nichtssagende Einzelfälle beiseitegeschoben werden.

Dabei ist der Dumme im Unterschied zum Bösen restlos mit sich selbst zufrieden; ja, er wird sogar gefährlich, indem er leicht gereizt zum Angriff übergeht. Daher ist dem Dummen gegenüber mehr Vorsicht geboten als gegenüber dem Bösen. Niemals werden wir mehr versuchen, den Dummen durch Gründe zu überzeugen; es ist sinnlos und gefährlich.

……

So scheint die Dummheit vielleicht weniger ein psychologisches als ein soziologisches Problem zu sein. Sie ist eine besondere Form der Einwirkung geschichtlicher Umstände auf den Menschen, eine psychologische Begleiterscheinung bestimmter äußerer Verhältnisse.

Bei genauerem Zusehen zeigt sich, daß jede starke äußere Machtentfaltung, sei sie politischer oder religiöser Art, einen großen Teil der Menschen mit Dummheit schlägt. Ja, es hat den Anschein, als sei das geradezu ein soziologisch-psychologisches Gesetz. Die Macht der einen braucht die Dummheit der anderen.
Der Vorgang ist dabei nicht der, daß bestimmte – also etwa intellektuelle – Anlagen des Menschen plötzlich verkümmern oder ausfallen, sondern daß unter dem überwältigenden Eindruck der Machtentfaltung dem Menschen seine innere Selbständigkeit geraubt wird und daß dieser nun – mehr oder weniger unbewußt – darauf verzichtet, zu den sich ergebenden Lebenslagen ein eigenes Verhalten zu finden.

Daß der Dumme oft bockig ist, darf nicht darüber hinwegtäuschen, daß er nicht selbständig ist.
Man spürt es geradezu im Gespräch mit ihm, daß man es gar nicht mit ihm selbst, mit ihm persönlich, sondern mit über ihn mächtig gewordenen Schlagworten, Parolen etc. zu tun hat. Er ist in einem Banne, er ist verblendet, er ist in seinem eigenen Wesen mißbraucht, mißhandelt.
So zum willenlosen Instrument geworden, wird der Dumme auch zu allem Bösen fähig sein und zugleich unfähig, dies als Böses zu erkennen.

Aus „Ergebung und Widerstand – Briefe aus der Haft“ von Dietrich Bonhoeffer /Hrsg. Eberhard Bethge

Ein Zitat, das zumindest erklärt, was gerade auch hier bei uns und in unserer Zeit passiert, selbst wenn Bonhoeffer dafür keine Lösung anbieten kann ausser – wie sich aus dem weiteren Text ergibt – der Hoffnung auf eine Befreiung, die von innen heraus kommen muss und nach Bonhoeffers Ansicht auch durch den Glauben an Gott geprägt sein könnte.

Eine Meinung, die ich nicht so ganz zu teilen vermag, obwohl ich gläubiger Christ bin und zumindest die Hoffnung auf ein Wunder in dieser Beziehung auch nicht ganz aufgeben mag. Denn das wird es möglicherweise brauchen, wenn die politische Entwicklung so weiter geht, wie sie gerade geht.
Aber ich bin auch nicht der Meinung, dass man der Dummheit der kackblauen Wählerschaft nichts entgegegensetzen kann, auch wenn sie für Argumente nicht zugänglich scheint.

Denn immerhin leben wir – anders als Bonhoeffer in seiner Zeit – in einem freien Land und können offen unsere Meinung dazu sagen – und wir sind viele, immer noch die Mehrheit, die gegen die Ziele dieser „Partei“ steht.
Wir müssen nur den Mut haben, das auch offen zu sagen…

Und das ist immerhin erfreulich, wenn auch nicht ganz in dem Sinne, wie ich es mir gestern vorgenommen hatte…


Habt also ein feines Wochenende und bleibt gesund und behütet!
Wir lesen uns :bye:

Euer Wilhelm,

der morgen zumindest versuchen will, mal was ganz leichtes zu schreiben…..


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