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„Ja, ich sehe es ein, zweierlei ist möglich, man kann entweder dieses thun oder jenes;
meine aufrichtige Meinung und mein freundschaftlicher Rat ist der:
thu es oder thu es nicht, beides wird dich verdrießen.“
Søren Kierkegaard

Schlafes Bruder – Roman

Moin zusammen!

Ja, das war schon etwas merkwürdiges mit diesem Buch, bei dem der Titel offenbar auch Omen ist:

Schlafes Bruder
von Robert Schneider

Denn mehr als zehn, maximal auch fünfzehn Seiten davon am Stück zu lesen, ohne dabei einzuschlafen, das schaffe ich einfach nicht. Und so war es auch schon damals, in den Neunzigern, als die Verfilmung in den Kinos lief und ich es zum ersten mal lesen wollte. Dabei erzählt es doch eine durchaus phantastische und auch nicht unspannende Geschichte, die in weiten Teilen das Zeug zum epischen Drama hat und dabei teils auch recht robust zu Sache geht:

Johannes Elias Alder wird als leiblicher Sohn des liebestollen Dorfpfarrers Anfang des 19.Jahrhunderts in einem kleinen Dorf in Vorarlberg geboren, wo die meisten Bewohner miteinander verwandt sind und nur zwei Nachnamen haben. Seine Mutter, verheiratet mit einem Bauern, lehnt ihn deswegen ab und sperrt ihn sogar über Jahre hinweg ein, als er sich im Alter von fünf Jahren durch ein visionäres Erlebnis körperlich rasant zu verändern beginnt und eine beinahe übernatürliche Steigerung seiner Hörfähigkeit erfährt, die ihn im weiteren zum Aussenseiter des Dorflebens macht. Denn er hört Dinge, die andere Menschen nicht hören – wie etwa den Herzschlag seiner ungeborenen Cousine, in den er sich im Alter von fünf Jahren verliebt . Und er entwickelt gleichzeitig (und im Dorf lange unerkannt) ein musikalisches Talent, wie es das auf der Welt nur alle paar hundert Jahre mal gibt….
Doch das ändert sich nach einem grossen Brand im Dorf, während dessen Verlauf Elias auch erfährt, in wessen Herzschlag er sich verliebt hat und nachdem er, der in heimlichen nächtlichen Übungen das Orgelspiel erlernt hat, schon in Jungen Jahren zum Nachfolger des Organisten wird.
Elias bleibt zwar Aussenseiter mit äusserst merkwürdigen und geckenhaften Verhaltensweisen, wird aber respektiert und in gewisser Weise anerkannt, während sich seine Liebe zu seiner heranwachsenden Cousine Elsbeth zum Dilemma entwickelt, nachdem sich ihr Bruder Peter in Elias verliebt und sie aus Eifersucht zu einer anderweitigen Heirat gedrängt hat…..
Und so nimmt das Drama seinen Lauf bis hin zu einem beinahe furiosen Ende, als Elias beschliesst nicht mehr zu schlafen, weil „man ja nicht liebt, wenn man schläft“

Wobei dem Autor tatsächlich das Kunststück gelingt, seine Leser vermittels seiner teils archaisch wirkenden, mit vielen und leider auch manchmal unverständlichen Dialektausdrücken durchsetzten Sprache und seiner absolut authentisch wirkenden Szenerie des Dorflebens beim Lesen mitten hinein in Ort und Zeit der Handlung zu versetzen – als staunenden und mitfiebernden Beobachter, der an manchen Stellen mehr weis als die handelnden Personen und so auch Ereignisse voraus zu ahnen glaubt, ohne dass sie im späteren Verlauf wirklich eintreffen müssen. Dabei bleiben Fokus und Empathie meist beim Protagonisten Elias und dessen Sicht auf eine Welt, die ganz anders ist, als sein inneres Erleben, während viele Nebenfiguren eher undeutlich und unscharf bleiben, obwohl auch sei treibende Kräfte der Handlung sind.

Was vielleicht auch der Grund sein mag, dass man (ich) dieses in vielfacher Hinsicht sehr besondere Buch nicht an einem Stück lesen konnte, sondern manchmal auch Mühe hatte der Handlung zu folgen – bzw., wie oben schon beschrieben, gelegentlich auch darüber eingeschlafen bin.

Was aber manchmal auch an meinem bevorzugten Lese-Setting (gemütlich liegend im Bett) gelegen haben mag :wacko:

Trotzdem habe ich es gerne gelesen – und diesmal sogar bis zum bittersüssen Ende…

Bleibt noch – wie immer – ein Fazit in Form einer „Sternebewertung“, mit dem ich mich diesmal allerdings ein wenig schwer tue. Denn Handlung und Form der Geschichte begeistern mich sehr, während ich mit dem Stilmittel der Sprache (und insbesondere mit den teils unverständlichen Dialektausdrücken) manchmal so meine Probleme hatte und gelegentlich regelrecht „daran hängen geblieben bin“ – weshalb ich auch vermute, dass dies auch für andere Leser gelten und manchen den Genuss dieses Buches herzlich vermiesen mag, obwohl seine Lektüre durchaus lohnend wäre.
Und deshalb reicht es diesmal auch nur für vier Sterne, obwohl die Handlung eigentlich die volle Punktzahl verdient hätte:

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Der Klappentext der von mir gelesenen E-Book -Ausgabe:

»Das ist die Geschichte des Musikers Johannes Elias Alder, der zweiundzwanzigjährig sein Leben zu Tode brachte, nachdem er beschlossen hatte, nicht mehr zu schlafen.«
So beginnt der Debütroman von Robert Schneider, mit dem ihm vor 30 Jahren ein literarischer Welterfolg gelang. Der Auftaktsatz nimmt die Geschichte über das Leben eines Genies in der Enge eines österreichischen Bergdorfs vorweg: Schon als Kind ist der 1803 geborene Elias Außenseiter, sein außergewöhnlich scharfes Gehör und sein musikalisches Talent sorgen bei den Dorfbewohnern für Aufsehen und Argwohn. Die unerfüllte Liebe zu seiner Cousine Elsbeth quält ihn im Laufe der Jahre, und sie treibt ihn an. Bei einem Orgelwettbewerb in Feldberg improvisiert Elias über den Bach-Choral »Komm, o Tod, du Schlafes Bruder« und entfacht eine ungeahnt starke Wirkung auf sein Publikum und sich selbst.

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Euch allen einen Feinen Tag (und bleibt gesund und behütet)
Wir lesen uns :bye:

Euer Wilhelm,

der zur Abwechslung jetzt mal wieder etwas aus unserer Zeit liest…..


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