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„Ja, ich sehe es ein, zweierlei ist möglich, man kann entweder dieses thun oder jenes;
meine aufrichtige Meinung und mein freundschaftlicher Rat ist der:
thu es oder thu es nicht, beides wird dich verdrießen.“
Søren Kierkegaard

Das Sonntagszitat 48/22

Einen schönen ersten Advent Euch allen!

Bei meinem heutigen Zitat gibt es eine kleine Besonderheit, denn es stammt mal nicht aus einem Buch oder einer meiner üblichen Quellen im Netz, sondern aus einem befreundeten Blog und aus einem Beitrag, der sich zum Teil auch wieder auf einen vorher stattgefundenen Dialog unter einem meiner Beiträge bezieht.

Dabei ging es im weitesten Sinne um die Frage, warum Menschen sich „etwas antun“, was für andere der absolute Horror wäre:

Wie oft hört man den Ausspruch (Anderer): „Warum tust Du Dir das an?“

Mir begegnet er oft im Zusammenhang mit meinen Wanderungen. Auch in den Pilgerfilmen wird oft vom sich-Antun gesprochen, wenn es um das Laufen einer Etappe oder das Schlafen in einer Herberge geht. Letztens war es auch Thema in der Diskussion in einem Blog.

So wie ich über diese Aussagen über mein Wandern immer wieder etwas überrascht bin, war es auch der Blog-Betreiber über meine Aussage.

Tut man sich wirklich an, was man sich antut? Von Pilgerin Belana Hermine

Was am Ende von Belanas Überlegungen zu der Frage führt, was jemand für sich mitnimmt (also welchen „Gewinn“ er davon hat), wenn er etwas macht, das für andere unvorstellbar wäre.?

Wobei der Dialog hier in den Kommentaren natürlich nichts mit Wandern zu tun hatte, sondern mit meinen nicht endenwollenden Computer und Blogbasteleien, von denen ich mir gut vorstellen kann, dass sie für andere Menschen kaum Lustgewinn bedeuten würden.
Aber wie sollten sie auch, wenn das dazu notwendige Wissen fehlt und auch keine lebensbedrohliche Notwendigkeit und kein Bedürfnis besteht, sich es anzueignen.

Schliesslich leben wir in einer Welt von Spezialisten, in der kein Mensch alles können muss, sondern die im Grunde so funktioniert, dass der Eine (ein Bauer) die Kartoffeln anbaut und der Andere ( ein Landmaschinen-Mechaniker) gegebenenfalls seinen Trecker repariert, damit der Bauer die Kartoffen überhaupt erst mal in den Acker bekommt. Und natürlich auch, damit er selbst (als Mechaniker und Nicht-Kartoffelproduzent) sich beim Bauern welche kaufen kann von dem Geld, das er mit seiner Reparatur verdient hat…

Wobei ich jetzt mal spitzfindig annehmen möchte, dass jeder der beiden dabei auch das tut, was am meisten seiner Neigung und seinem Können entspricht. (und dass die Beiden das auch gerne machen und sogar Spass an ihrer Arbeit haben werden)

Und ich glaube , genau da liegt auch der Hase im Pfeffer, wenn es darum geht, warum ein Mensch sich etwas „antut“ was andere niemals machen wollen würden. Denn mit dem Spass kommt da ja auch unser eingebautes „Belohnungssystem“ zum Zug:

Dinge, die uns Spass bereiten und Freude machen, steigern nämlich auch die Ausschüttung von Glückshormonen in unserem Gehirn – um so mehr, wenn wir dabei auch noch Erfolgserlebnisse verzeichnen können, weil uns etwas gut gelungen ist. Also kann man wohl davon ausgehen, (mal am Beispiel des Landmaschinen-Mechanikers exemplarisch beschrieben), dass der Gute zufrieden seiner Wege ziehen kann, wenn die Reparatur erfolgreich war und er vom Bauern dafür auch noch gelobt wurde und vielleicht sogar ein kleines Trinkgeld in die Hand gedrückt bekam, weil er den Fehler schnell gefunden hat.

(Und obendrein vom eigenen Gehirn auch noch eine gehörige Portion von Glückshormonen obenauf).

Was diesen Mann natürlich anspornt, ähnliche Erfolge immer wieder verzeichnen zu wollen, denn Lob vom Bauern, Trinkgeld und auch noch Glückshormone – welch angenehmer Zustand, den er gerne möglichst oft erleben möchte. :good:

Und dafür ist dann auch völlig unerheblich, ob der Bauer ölige Finger hasst, nicht gerne an Motoren bastelt und eine Bundschraube nicht von einem Stehbolzen unterscheiden kann – sondern lieber mit seinen Kartoffeln spielt oder fässerweise Gülle auf den Acker karrt – und dass ihm dabei alle Schrauben dieser Welt völlig gleichgültig sind.

Ebenso unerheblich übrigens, wie auch, dass der Mechaniker niemalsnienicht im Leben stinkende Gülle ausfahren wollen würde, weil ihm schon von deren Geruch ganz schlecht wird..

Womit sich fast auch die Frage nach dem „Mitnehmen“, also dem Gewinn beantwortet:

Schliesslich stehen neben der realen Werten (dem Lohn für die Arbeit und dem vielleicht eher winzigen Trinkgeld) als Verstärker zur materiellen Anerkennung ja auch noch die nicht greifbaren Werte – wie etwa der Stolz auf die eigene Leistung und das dafür notwendigerweise erworbene Wissen, und eben auch jene Glückshormone, von denen jeder von uns Menschen nie genug bekommen kann.

Womit wir schon wieder mitten in der Fischmarktszene aus meinem letzten Sonntagszitat wären:

…… mit einer anderen Überlegung verknüpfe, die sehr schön im Motivations-Buch „Fish!“ formuliert ist, das mit der Beschreibung einer Szene auf einem amerikanischen Fischmarkt beginnt und von von Freude erzählt, welche die Arbeiter dort bei ihrer Tätigkeit haben.
Um dann auf die Frage einzugehen, woran es liegt, dass die Menschen dort ihre schmutzige und teils mit Ekel verbundene Arbeit trotzdem gerne machen und so hoch motiviert sind?

Wobei die Antwort auf diese Frage faszinierend einfach ist:
Weil sie das lieben, was sie da tun und weil sie es deshalb gerne und mit Freude machen.

Sonntagszitat 47/22

.….. weil sie das lieben , was sie da tun ?

Genau!
Und auch dabei spielen wieder einmal diese ominösen Glückshormone und unser eingebautes Belohnungssystem eine Rolle, wie das Buch dann weiter ausführt, um an diesem Beispiel im weiteren auch zu erklären, wie man sich mit ein paar einfachen Tricks selbst zu unangenehmen Aufgaben motivieren kann, von denen man vorher meinte, sie nie bewältigen zu können.

Aber das wäre wohl wieder Thema für einen anderen Beitrag….

-_-_-_-

Deshalb nochmal zurück zu uns und zum Anfang dieser Geschichte – zumal das Beispiel der Fischmarktarbeiter ja durchaus auch auf uns übertragbar ist:
So wie Belana es liebt, auf Wanderschaft zu gehen, liebe ich es, mich in den Inhalt irgendwelcher kryptischen Dateien zu vertiefen oder meine Liebste es, sich mit immer neuen Varianten der Bildbearbeitung herumzuschlagen, obwohl stillsitzen sonst gar nicht so ihr Ding ist.

Weil wir – jeder für sich und ganz unabhängig von den Vorstellungen Anderer – das lieben, was wir tun – unseren Spass daran haben und uns deshalb gerne damit beschäftigen.
Deshalb machen wir es auch (und immer wieder!) ganz aus eigenem Antrieb heraus und ohne dabei die Belastung (und Abneigung )zu empfinden, ohne dabei die negative Empfindung zu spüren, die diese Beschäftigung für andere wohl hätte.
Denn am Ende winken ja uns Anerkennung („Was Du da machst, das könnte ich nie!“), ein kleiner oder grosser Erfolg und auch der der Stolz auf die eigene fertige Leistung. (und gelegentlich auch noch finanzielle Entlohnungen, wenn wir damit beruflich unterwegs sind)
Und obendrauf auch immer die Glückshormone, wenn uns wieder mal etwas Feines gelungen ist oder wir unsre Arbeit ordentlich gemacht haben:-)


Und für alles, was wir nicht selbst können(oder wollen), gibt es sicher auch jemanden, der das gerne und mit Leidenschaft und Liebe macht….(zur Not halt gegen Bezahlung)
Den gilt es dann halt nur zu finden ;-)


Habt also alle eine ruhigen Advents- Sonntag (gerne auch mit kleinen oder grossen Erfolgserlebnissen und Seelenschmeichlern ) und bleibt gesund und behütet!
Wir lesen uns :bye:

Euer Wilhelm,

der jetzt ganz zufrieden ins Bett geht, weil dieser Beitrag rechtzeitig fertig ist, obschon mal wieder auf den „letzten Drücker“ geschrieben………… ;-)


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- 16 Bemerkungen zu “Das Sonntagszitat 48/22

  1. Weil es mir Spaß macht. Das ist seit vielen Jahren meine häufig gegebene kurze Antwort auf diese Frage.

    In seltenen Fällen ist die Antwort komplizierter wenn ich etwas tue, was auch mir unangenehm ist, es aber triftige und nicht offensichtliche Gründe gibt es so tun zu müssen. In solchen Situationen passt das „antun“ tatsächlich und das Unverständnis bleibt im Raum stehen.

    Ich wünsche noch einen schönen Sonntag und ersten Advent.

    1. Weil es mir Spass macht. :good:
      Genau meine Antwort in Kurzform, die ich gerne wähle.

      Schon weil ich dann meist nicht viel erklären muss, warum ich Dinge tue, die ich tue, auch wenn andere das nicht nachvollziehen können….

  2. Diese Frage habe ich oft gehört, als mich das Puzzle-Fieber erfasste. Und manchmal, wenn ein Teil sich einfach nicht finden lassen wollte, stellte ich mir selbst die Frage. Aber dann, wenn es fertig war, wenn 2000 oder 3000 Teile ein Bild ergaben (was mir natürlich auch gefallen musste!), dann wusste ich, warum ich mir das angetan habe.
    Auch euch wünsche ich einen schönen ersten Advent!
    Liebe Grüße,
    Elvira

  3. Antun ist eben sehr subjektiv und zumindest im privaten Bereich tun wir uns alle hoffentlich meistens Dinge an, die uns Spaß machen und gut tun. Und da die Neigungen nun mal zum Glück verschieden sind, bastelt der eine am PC, die andere verbringt Stunden mit Warten auf den Eisvogel, wieder jemand anderes liest ein Buch nach dem anderen, malt, handarbeitet und und und. Ich muss nicht verstehen, warum jemandem anderes Spaß macht, was er tut. Wichtig ist das nur für uns selbst.

    1. Auf jeden Fall geht es in erster Linie darum, dass jede/r selbst es toll findet. Und doch treibt mich meine Neugier an, nach dem „warum“ zu fragen. Vielleicht habe ich ja selbst etwas übersehen und könnte doch auch Spaß an den Dingen finden, von denen ich im Moment meine, dass sie nicht meine Dinger sind.

      1. :good:

        Das ich gut mit Computerdingen kann, wurde mir ja auch nicht in die Wiege gelegt, sondern ist Produkt erster positiver Erfahrungen während meiner ersten Ausbildung, wobei damals auch der Reiz des Neunen eine Rolle spielte…

        Dennoch hätte ich mir später lange Zeit nicht vorstellen können, so tief darin einzutauchen, wie ich das jetzt tue – im Gegenteil war mir handfesteres über lange Zeit deutlich wichtiger: Möbel selbst zu bauen, wie ich es über Jahre hinweg mit Leidenschaft betrieben habe.
        Bis irgendwann der lange schlafende Computervirus vom kleinen Flämmchen zur Feuersbrunst wurde, als ich mich „gezwungernermassen“ (nach einem Unfall) erneut damit beschäftigen habe, weil anderes nicht ging.

        Worüber ich jetzt auch ganz froh bin, denn meine Beschäftigung damit ist durchaus sinngebend, wo anderes aus vielen Gründen nicht mehr geht….

    2. Das Wort „Antun“ hat ja durchaus auch mehrere Bedeutungen.
      Eine ziemlich traurige und dann in Abstufungen oft auf Dinge angewendet, die Andere nicht nachvollziehen können. Und es impliziert auch immer eine gewisse Leidensfähigkeit, die gerne auch einen negativen Beigeschmack bekommt…
      Insofern gehört es auch nicht unbedingt zu meinem normalen Sprachgebrauch, zumal ich vieles, was ich gerne mache, auch eher als etwas sehe, was ich mir gönne.
      Weil ich es kann und weil ich Spass daran habe. B-)

  4. Die Frage des „antuns“ steckt vielleicht auch oft hinter der Aussage: Ich könnte nicht mit 3000 Menschen (oder auch mehr) auf einem Schiff reisen. Wir tun uns das an wegen der Liebe zum Meer, der Entschleunigung. Denn niemals sitzt man mit 3.000 Menschen in einem Restaurant, niemals sitzt man mit 3.000 Menschen in einer Bar, niemals steht man mit 3.000 Menschen an Deck und schaut sich einen Sonnenuntergang an (ich könnte noch viel mehr Beispiele nennen). Wenn das der Fall wäre, würden wir uns das auch nicht antun.

    1. Auch ein schönes Beispiel, weil es zeigt, was Euch an den Kreuzfahrten reizt – von denen ich für mich sagen würde, dass ich mir nicht vorstellen könnte, eine zu machen.

  5. Dein Beitrag ist toll – vielen Dank :-)
    Beim Lesen kam plötzlich die Frage auf, warum wir eigentlich eine Bezahlung brauchen, wenn wir die Dinge doch aus Lust an der Freude, an der Freude am eigenen Tun etc. machen. Klaro, dass wir in der derzeitigen Gesellschaft Geld brauchen, um das Lebensnotwendige zu kaufen, aber es wäre doch ein schöner Stoff für eine positive Utopie: jede/r macht, was ihm Freude macht, und am Ende ist doch alles erledigt. Hach, schön wär’s.

    1. Das wird vermutlich schon deshalb schwierig, weil nicht immer zusammenpasst, was Leute tun, um es quasi tauschen zu können. Wenn ich Kartoffeln brauche, habe ich kaum eine Gegenleistung anzubieten. Mit einem Photo ist das schwer. Ausserdem würde ich vielleicht auch nicht mehr gerne tun, was ich tue, wenn ich es dann quasi müsste, um dann auch das zu bekommen, was ich bräuchte und was andere gerne tun.

    2. Vielen Dank für das Lob.

      Und auch die Frage nach der Bezahlung kann ich für mich recht einfach beantworten:

      Schlicht und einfach, weil ich von etwas leben muss.

      So war es jedenfalls in Bezug auf meinen Beruf, der als Pflegeberuf ja bekanntlich noch nie so furchtbar gut bezahlt wurde. Was mir aber in weiten Teilen eher gleichgültig war, solange ich dabei mein bescheidenes Auskommen hatte.
      Denn viel wichtiger war für mich , das ich da machen konnte, was ich gerne mache – und dass ich dabei immer das Gefühl hatte, etwas sinnvolles zu tun.

      Hätte ich nach meiner ersten Ausbildung weiter als Teleföner gearbeitet, dann hätte ich zwar sicher mehr verdient, aber ich bezweifle, dass ich damit auf Dauer so glücklich geworden wäre wie es mit meinem zweiten Beruf über Jahrzehnte hinweg war.

  6. Hallo Martin,

    vieles tut man sich an, weil man es muss. Täglich arbeiten gehen oder eine Nachlassgeschichte regeln z.B.

    Bei der persönlichen Freizeitgestaltung ist das was anderes.
    In jungen Jahren stießen wir auf Unverständnis, weil wir statt Strandurlaube zu machen, lieber Bergwandern gingen. Warum machten wir das? Weil es uns Spaß machte und es schön war vom Gipfel runter kucken zu können. Ein Gefühl, das nur die nachvollziehen können, denen das auch gefällt.

    Die Menschen sind alles verschieden. Und so unterschiedlich sind auch ihre Interessen.
    Und das ist gut so.

    Ich wünsche dir einen schönen 1. Advent.
    Liebe Grüße
    Trude

    1. Ja, klar.
      Natürlich gibt es auch Notwendigkeiten im Leben, die nicht die reine Freude sind. Darüber bin ich mir auch klar. Aber auch dann ist es immer eine Frage der Einstellung, die man dazu hat.
      Man kann drüber jammern oder man kann versuchen, es als Herausforderung zu sehen, an der man sich messen will…
      Und schon sieht die Geschichte ganz anders aus, weil man sie positiver betrachtet.

      Das mag jetzt zwar ein wenig abgehoben klingen, aber aus meiner beruflichen Erfahrung in der Pflege heraus weiss ich, dass es tatsächlich funktioniert. Schon weil ich oft genug in Situationen war, mich auch mit Dingen auseinandersetzen zu müssen, die eher unangenehm waren. Etwa beim Umgang mit Wunden oder Ausscheidungen, um nur zwei Beispiele zu nennen.

      Das waren zwar auch nachher nicht immer meine Lieblings-Tätigkeiten, aber zumindest konnte ich im Alltag damit umgehen, ohne dass sie mich aus der Bahn geworfen hätten….

  7. Das Blogführen gehört ja auch dazu, Wilhelm.
    Auch daß man sich die Nachbarin anhört mit ihrem ewigen Klagen – es tut eben sonst keiner.

    Irgendetwas mit Sinn, dann bist Du drin!

    Schönen Tag, hier sonnt es erstaunlicherweise gerade :-)

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