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„Ja, ich sehe es ein, zweierlei ist möglich, man kann entweder dieses thun oder jenes;
meine aufrichtige Meinung und mein freundschaftlicher Rat ist der:
thu es oder thu es nicht, beides wird dich verdrießen.“
Søren Kierkegaard

Hinter den sieben Bergen

Guten Morgen am Montagmorgen!

Jetzt ist es also passiert, was sich schon lange angebahnt hat und wie ein Damokles-Schwert über unser aller Köpfen hing:

Ein kackblauer Stimmungsmacher (die Bezeichnung Politiker mag ich auf die Mitglieder dieser „Partei“ nicht verwenden) sitzt nun auf dem Sesselchen des Landrates im zweitkleinsten Kreis unserer Republik und darf in den nächsten Jahren die Geschicke seines Kreises leiten.

Was eigentlich keine Überraschung war, weil es irgendwann wohl sowieso passiert wäre, wenn nicht in Sonneberg, dann anderswo östlich der ehemaligen Grenze. Und so ist es wohl nicht vermessen, wenn man davon ausgeht, dass ähnliches in nächster Zeit noch anderswo passieren wird – angesichts der politischen Mehrheitsverhältnisse, wie sie gerade in unserem Land herrschen und angesichts der Ignoranz, mit der die schweigende Mehrheit der politisch Uninteressierten (und auch Politiker aus dem christlich-konservativen Spektrum ) immer noch diesem Phänomen begegnen.
Einem Phänomen im übrigen, des Ursachen schon seit Jahren auch in einer verfehlten Bundespolitik liegen, auf die nun auch noch das zerstrittene Bild aufsetzt, was die Ampel-Koalition in den letzten Monaten liefert. Denn eigentlich wäre (auch schon zu Merkels Zeiten) klare Kante gegenüber dem aufkeimenden kackblauen Rotz notwendig gewesen – inklusive konsequenter Anwendung juristischer Mittel, wo immer das möglich gewesen wäre.

Doch genau das Gegenteil war der Fall:

Man hat die kackblauen Herrschaften machen lassen und sogar noch aus den etablierten Parteien heraus deren Argumente aufgenommen und weiter verstärkt. (in der Hoffnung, ihnen so ihre Sympathisanten wieder abzujagen – man kann es gerade wieder in Bayern beobachten) :

Der Fall Sonneberg illustriert ein grundlegendes Problem: Ohne eine bedeutende Wahl zu gewinnen, eine ernst zu nehmende Kontroverse anzustoßen oder gar ein Vorhaben umzusetzen, ist eine extrem rechte Partei zur Protagonistin der innenpolitischen Debatte geworden. Seit Wochen arbeiten sich Kommentatoren, Politikerinnen, Demoskopen und Forscherinnen an ihr ab, während AfD-Umfragewerte und bundesweite Aufregung im Gleichschritt anwachsen.
Das alles ist das Ergebnis eines kollektiven Versagens. Das Polittheater der leidenschaftlich zerstrittenen Ampelparteien befeuert den um sich greifenden Frust, und die Union um Friedrich Merz und Markus Söder gießt mit ihren populistischen Phrasen ebenso Öl ins Feuer wie manche Linke um Sahra Wagenknecht.

Peter Maxwell in einem Leitartikel des Spiegel
(leider hinter der Bezahlgrenze)

Das musste ja in die Hose gehen und uns allen irgendwann auf die Füsse fallen.

Wobei ein weiteres Zitat aus dem gleichen Artikel auch deutlich benennt, wo es gerade viel mehr brennt als in Sonneberg:

Niemand kann sich damit herausreden, vom Rechtsruck überrumpelt worden zu sein. Die AfD existiert seit nunmehr zehn Jahren und erreichte schon 2018 in einer Umfrage erstmals die 18-Prozent-Marke.
Die derzeitige Empörung über lokale Erfolge dieser Partei ist zudem ziemlich bequem: Die allermeisten Menschen im Land leben nicht in AfD-Hochburgen, sie können das Treiben im fernen Sonneberg wie einen Zoobesuch oder Gruselfilm konsumieren – und sich so der Verantwortung entziehen, das Problem ernst zu nehmen und anzupacken.

ebenda

Dennoch halte ich es nicht für einen Dammbruch, was da jetzt passiert ist. Denn bei genauerer Betrachtung steht der Damm doch noch – und es ist lediglich an einer kleinen Stelle ein wenig braune Brühe drüber geschwappt.
Womit auch noch Zeit bleibt, den Damm zu verstärken und erhöhen, bevor wirklich Schlimmes passiert. Und wenn alle zusammen daran arbeiten, dann sollte das doch auch gelingen können.

Wobei ich mit „alle“ jetzt nicht nur die Politiker meine, sondern wirklich alle, die mit dem kackblauen Gesocks nichts am Hut haben. Also auch uns, die wir viel zu wenig Stellung beziehen und den Mund nicht aufbekommen.
Denn wir sind immer noch viele und wir können das, wenn wir es ernsthaft wollen…

-_-_-_-

Und so denke ich, dass es vor allem die Wähler/innen in Sonneberg sein werden, die in den nächsten Jahren an den Folgen ihrer Wahl zu leiden haben werden:
Denn mit der Wahl „ihres Kandidaten“ wird sicherlich ein weiterer Standortnachteil in dieser ohnehin wirtschaftlich nicht sonderlich gut aufgestellten Region einhergehen, wenn noch mehr Arbeitskräfte und Firmen abwandern (und Touristen ausbleiben) die mit der kackblauen Ideologie nichts am Hut haben.

Und dann beweist sich wieder, das jeder die Politik bekommt, die er gewählt hat…und für das Ergebnis selbst die Verantwortung trägt.


Ein schwieriges Thema am Montagmorgen – ich weis.
Dennoch: bleibt gesund und behütet und habt eine angenehme Woche!
Wir lesen uns :bye:

Euer Wilhelm,

der trotzdem immer noch zuversichtlich ist – und nicht Willens, den Kopf in den Sand zu stecken….


-996-

- 16 Bemerkungen zu “Hinter den sieben Bergen

  1. Ich habe heute Morgen gehört, dass es dem Landkreis Sonneberg ziemlich gut geht. Es also kein wirtschaftlicher Frust ist. Wie überhaupt die Regierung Ramelow die Arbeitslosigkeit in Thüringen auf ein Rekord-Tief gesenkt hat.
    Somit könnten sie die Wähler hier deftig ins Knie geschossen haben, wenn jetzt Firmen abwandern und Fachkräfte dort nicht leben wollen. Ein Problem, das Dresden ja schon massiv hatte (oder noch hat?-ich weiß es gerade nicht).
    Ich bin jedenfalls gespannt, ob dieser AfDler in der Lage ist, eine Verwaltung zu leiten und überhaupt was auf die Kette zu bekommen. Jetzt muss sich zeigen, ob die mehr können, als mit ihrem Populismus die Nation zu spalten. Ich glaube, es ehrlich gesagt nicht. Ob es sie entzaubert oder der geneigte „Protestwähler“ mal aufwacht… ich wage allerdings auch das zu bezweifeln.
    Der CDU Kandidat hat die Schuldigen schon ausgemacht-die Ampel in Berlin. Nicht etwa das eigene Versagen.

    1. Wirtschaftlich ziemlich gut?
      Wer ist denn darauf gekommen?

      Die offiziellen Statistiken aus dem Jahr 2021 sehen ihn in vielen Punkten eher als Schlusslicht, was die zukünftige demoskopische und wirtschaftliche Entwicklung angeht mit einer immer noch anhaltenden Abwanderung von fast 20 % der Bevölkerung unter 65 Jahren seit 1995 und anderen strukturellen Problemen…

      Aber gut..
      Sei dem wie ihm wolle. Fakt ist jedenfalls, dass man die Wahl wohl auch als einen Denkzettel verstehen muss, in dem tatsächlich der Frust über die Bundespolitik eine grosse Rolle gespielt hat – und auch, dass sich das unter Umständen als echter Schuss ins eigene Knie erweisen könnte…

    2. Es gibt keinen einzigen Grund, die Faschisten zu wählen, auch ein Denkzettel ist kein Grund. Man sieht ja, was dabei herauskommt. Die Menschen sind einfach nur dumm. Herr, lass Hirn regnen. Aber die tragen wohl alle noch einen Aluhut, da kommt das Hirn nicht da an, wo es hinsoll.

      1. „Gegen Dummheit ist nun mal kein Kraut gewachsen“

        Klingt banal, aber so ist es wohl auch in diesem Fall.
        Und wenn dann auch noch das dazu kommt, was ich ein paar Beiträge zuvor schon mal angesprochen hatte (Bonhoeffer hat sowas von Recht) dann kann das Ergebnis leider nur so aussehen, wie es jetzt aussieht.
        Umso mehr, je weniger sich die dagegen positionieren, die noch nicht mit dieser Dummheit infiziert sind.

  2. Es steht zu befürchten, dass ein weiterer wirtschaftlicher Abschwung noch mehr Menschen dazu bewegen wird, die Kackblauen zu wählen.

  3. Sehe ich ziemlich genauso!

    Nur ein Einwand: schön wär’s ja, wenn „jeder die Politik bekommt, die er gewählt hat“.
    Damit könnte man leben, wenn nur diese Wähler unter den Folgen zu leiden hätten, aber leider landen wir im Fall des Falles a l l e im Verderben.
    Wie sagte Bertold Brecht so treffend: „Nur die dümmsten Kälber wählen ihre Schlächter selber“

    1. Du hast Recht.
      Das Ergebnis wird in dem Fall wohl leider auch die treffen, die nicht im Kreis der Ja-Sager waren.
      Das hätte ich vielleicht präziser formulieren sollen.

  4. Es ist ja leider so, dass die, die es angehen sollte, in unseren Blogs gar nicht lesen. Wenn ich meine Bloggerliste ansehe und die Kommentare bei euch und bei mir, bewegen wir uns ja in einer Blase, in der wir weitgehend einer Meinung sind. Die anderen kennen uns nicht, wissen vielleicht gar nicht, was ein Blog ist. Die tauschen sich bei Twitter und sonstigen Kanälen aus. Wir können nur hoffen, dass ein Fünkchen überspringt, den einen oder anderen inspiriert, der jemanden kennt, der die Faschisten wählt, und versucht, ihm mit Argumenten beizukommen, die in unserem Sinn sind. Unsere Blogs dienen doch oftmals dazu, uns Luft zu machen, uns unsere Sorgen von der Seele zu schreiben. Die Informationen und Meinungen die wir verbreiten, lesen die richtigen Menschen, die richtigen aber, die es wirklich angeht, lesen das leider nicht.
    Ich hoffe, dass ihr mein kleines Wortspiel im letzten Satz versteht.

    1. Natürlich leben wir all in einer Blase Gleichgesinnter, dessen bin ich mir klar – und vieles läuft darauf hinaus, dass wir uns gegenseitig verstärken.

      Aber – und deshalb mache ich mir die Mühe:
      Beim Blick auf die Zugriffszahlen derartiger Beiträge sehe ich auch immer, dass sie deutlich höher sind als bei dem üblichen Alltagskram und oder dem, was ich hier über Musik oder Bücher schreibe, auch ohne dass die Resonanz darauf grösser ausfällt (die letzten Beiträge in dieser Richtung machen da echt schon eine Ausnahme). Da sind also eine ganze Reihe stille Mitleser, die ich so zumindest auch auf das Thema lenken kann, selbst, wenn die nichts dazu schreiben oder kommentieren. Weder im Positiven noch im Negativen.

      Wobei ich (es mag blauäugig sein) ein wenig auch die Hoffnung hege, dass davon dann auch mal jemand aufwacht und selbst Stellung bezieht, idealerweise auch da, wo wieder andere es lesen, die nicht zu meinem Leserkreis gehören. Wie das funktionieren kann, haben wir ja damals erlebt, als der Spinner aus Japan uns alle drangsaliert hat….Da war es dann plötzlich eine grosse Gruppe von 50,60 Leuten, die das Thema aufgegriffen und weiterverteilt hat. Wobei wohl auch oft die eigene Betroffenheit eine Triebfeder war.

      Und darum geht es mir mit solchen Beiträgen wie diesem auch, denn von der Wahl in Sonneberg sind ja nicht nur die Leute in dem Landkreis betroffen, sondern auch wir alle, die da jetzt erschrocken hingucken. Auch wenn das momentan noch keiner wahr haben will und sich deswegen nicht aus seinem selbstgemachten Idyll heraustraut.
      Und irgendwann ist es dann wohl auch zu spät, wenn nicht noch mehr Leute endlich mal aufwachen…

      BTW.: diesen Facebook-Fund hat mir gerade meine Liebste geschickt:

  5. Die stillen Mitleser habe ich gar nicht auf dem Zettel, ich schau mir auch nur äusserst selten meine Zugriffszahlen an. Twitter und Facebook haben allerdings eine viel grössere Reichweite.

    1. Richtig – Twitter und Facebook.
      Aber beide Plattformen nutze ich nicht mehr und bin auch froh darum, den Klotz am Bein nicht mehr zu haben.
      Also muss das reichen,was ich hier erreichen kann….

  6. Das Problem ist leider das sich viele Wähler abgehängt fühlen, von den Regierungsparteien. Da sind Parolen wie „Denen da oben einen Denkzettel verpassen“ sehr beliebt. Und gefährlich, wie wir an dem Wahlergebnis sehen.
    Denn so ist eins ein gewisser A.H. an die Macht gekommen.
    Die Regierung in der Weimarer Republik war total zerstritten ….
    🌈😘😎

    1. An die Weimarer Republik dachte ich beim Schreiben auch – und auch an die Anfänge der Nazi-Diktatur hier in Deutschland, die einen ihrer grossen Ausgangspunkte ende der zwanziger Jahre ausgerechnet auch in Thüringen hatte.
      Und ja, Du hat auch Recht mit der Anmerkung, dass viele Menschen sich nicht mehr wahrgenommen fühlen in unserem Land.

      Aber das rechtfertigt trotzdem nicht, Nazis zu wählen, die ausser hohlen populistischen Parolen nichts konstruktives zu bieten haben,…
      Doch scheinbar haben viele der Wähler dieser „Partei“ das immer noch nicht begriffen und schaufeln per trotzigem Kreuz auf dem Stimmzettel lieber ihr eigenes Grab, als sich auch konstruktiv einzubringen und etwas für eine positive Veränderung zu tun.

Zu spät! Leider kannst Du hier nichts mehr anmerken.