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„Ja, ich sehe es ein, zweierlei ist möglich, man kann entweder dieses thun oder jenes;
meine aufrichtige Meinung und mein freundschaftlicher Rat ist der:
thu es oder thu es nicht, beides wird dich verdrießen.“
Søren Kierkegaard

Das musste ich erst mal sacken lassen

Guten Abend Euch allen

Während ich mich gestern und heute mit den Absonderlichkeiten künstlicher Intelligenz beschäftigen „musste“, bahnte sich keine zweitausend Kilometer von uns entfernt eine der grössten Katastrophen der letzten Jahrzehnte an – ausgelöst vermutlich vom Grössenwahn und Realitätsverlust des Despoten im Moskauer Kreml und an Perfidität wohl kaum noch zu überbieten, obschon erst nach und nach klar wird, was das für Folgen haben wird.
Und so brauchte auch ich ein wenig Zeit, meine Gedanken dazu zu sortieren und aufzuschreien, obwohl ich diesen Beitrag schon gestern begonnen habe:

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Kachowska-Stausee

Der Name eines Ortes, von dem ich bis gestern morgen noch nie gehört hatte, genauso wenig wie von den Namen Fukushima oder Tschernobyl, bis es an diesen Orten zu grossen, menschgemachten Katastrophen kam, die den Lauf der Welt veränderten und so zum Teil des kollektiven Gedächtnisses der Menschheit wurden.
Wie auch die Angriffe auf das World-Trade-Center vor 22 Jahren und andere Ereignisse aus den letzten Jahrzehnten , die mit der Katastrophe von Kachowska eines gemeinsam haben: Sie wurden absichtlich herbeigeführt und waren nicht wie Tschernoby oder Fukushima „lediglich“ ungeplante Folgen von Bedienung- oder Planungsfehlern….

Die weiteren Folgen allerdings sind und waren bei all diesen Ereignissen beinahe gleich traumatisch – nicht nur für die Menschen vor Ort, die unmittelbar davon betroffen sind, sondern auch für den Rest der Welt, der – wie wir hier im sicheren Deutschland – die Bilder davon im Fernseher, in der Presse oder im Netz sehen konnten oder können. Was auch schon schlimm genug ist, wenn auch bei Weitem ungefährlicher als die Umstände am jeweiligen Ort der Katastrophen.

Link zum Video: —> Klick

Bilder, die bei aller Eindringlichkeit kaum vermitteln können, wie schlimm es vor Ort wirklich aussieht und wie es den Menschen ergeht, die unmittelbar davon betroffen sind.
Bilder, die uns erschrecken (und möglicherweise auch traumatisieren), weil sie uns zeigen, wie fragil es um die Sicherheit in unserer Welt bestellt ist, wenn sich nur einer findet, der bereit ist, den Knopf zu drücken und das Unvorstellbare in Gang zu setzen, egal wieviel Opfer es fordert
Bilder, die uns in den Bann ziehen in unserem Wunsch, verstehen zu wollen, was da passiert ist und warum das passiert ist.

Und deshalb bin ich sicher auch keine Ausnahme, wenn ich voller Betroffenheit seit gestern morgen wieder und wieder diese Bilder oder gar das Video vom Kachowska -Staudamm aufrufe, aus dem der Screenshot oben stammt – und alles aufsauge, was an Nachrichten dazu veröffentlicht wird. In Gedanken auch immer wieder bei der Frage, wie es nun wohl den Menschen unterhalb des geborstenen Staudammes geht, auf die jetzt eine unaufhaltbare Wasserwand zurollt, ohne dass sie auch nur den Hauch einer Chance hätten, daran etwas zu ändern oder mehr viel mehr zu retten als ihr blosses Leben.Menschen, die ohnehin schon seit über einem Jahr unter den Plagen und der Willkür des Putinschen Krieges leiden, wie wir alle wissen.

Um so mehr stellt sich aber jetzt die Frage wie, weit dieser russische Kriegsverbrecher (als Mensch möchte ich ihn wirklich nicht mehr bezeichnen) und seine Schergen noch gehen werden, nachdem nun die nächste rote Linie überschritten ist, die bisher noch ein Tabu war. Schliesslich ist die Zerstörung von Staudämmen als Teil ziviler Infrastruktur in den Genfer Konventionen eindeutig als illegal und Kriegsverbrechen gebrandmarkt.
Denn Rücksichtnahmen scheinen der Despot und seine Offiziere ja nicht zu kennen – weder auf die Zivilbevölkerung , noch auf ihre eigenen Soldaten, noch auf die Folgen ihres Handelns für die Umwelt, noch auf die Genfer Konvention, der auch Russland schon seit langem beigetreten ist, noch darauf, dass sie damit mehr und mehr den Rest der Welt gegen sich aufbringen und die Spirale der Eskalationen sich immer weiter drehen wird?
Was sicher nach dem Jahr des Krieges in der Ukraine (und nach den vorhergehenden Kriegen, die von Russland ausgingen) keine neue Erkenntnis ist, aber mit der Sprengung des Staudammes doch noch mal eine andere Qualität gewonnen hat, die selbst dem grössten Optimisten oder Russland/Putinversteher zu denken geben sollte, die bisher das Verhalten dieser Typen gegen besseres Wissen immer noch verteidigt haben.

Und für sie hoffentlich auch ein Anlass ist, endlich mal über die eigene ignorante Einstellung dazu nachzudenken.

Denn diese Katastrophe auch noch „schön zu reden“ wäre angesichts der Bilder der geborstenen Staumauer und der unabsehbaren und möglicherweise sogar weltweit spürbaren Folgen für die Menschen und die Natur am Djnepr-Delta an Zynismus wohl kaum noch zu überbieten…


Habt dennoch einen angenehmen Abend und bleibt gesund und behütet!
Wir lesen uns :bye:

Euer Wilhelm,

der wieder einmal nicht fassen kann, wie Menschen so mit Menschen umgehen können


-974-

- 4 Bemerkungen zu “Das musste ich erst mal sacken lassen

  1. Martin, mein „Fassungsvermögen“ für Leid, Bombardierung, Elend, Flüchtlinge und all das, was nicht nur in der Ukraine, sondern u.a. auch durch Klimaschäden auf der ganzen Welt passiert, ist eine schon lange, lange am Limit. Es ist mir fast unbegreiflich, wie einen so langen Krieg die Generation meiner Eltern aushalten konnten, denn da gab es ja in Großstädten auch so viele Bombenverwüstungen, wie ich sie mir gar nicht vorstellen kann.
    Wenn ich immer lese, dass Kiew immer und immer wieder neues Ziel von russischen Angriffen ist, denke ich so, das könnte im schlimmsten Fall auch Berlin treffen und so sein.
    Aber das jetzt mit dem Staudamm ist so perfide, dass es mich sprachlos macht.

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