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„Ja, ich sehe es ein, zweierlei ist möglich, man kann entweder dieses thun oder jenes;
meine aufrichtige Meinung und mein freundschaftlicher Rat ist der:
thu es oder thu es nicht, beides wird dich verdrießen.“
Søren Kierkegaard

Soviel zum Thema Debattenkultur

Mahlzeit zusammen!

Logisch, dass nach den Zwischenfällen der Silvesternacht nicht nur in Berlin gerade wieder eine heftige Debatte aufkeimt, die – ähnlich wie schon in den letzten Jahren und in anderen Zusammenhängen – auf nichts anderes als gegenseitige Schuldzuweisungen der verschiedenen politischen Lager hinausläuft. aber kaum zu einer nachhaltigen Lösung des Problemes führen wird.

Da schwafeln die einen vom „freien Recht freier Bürger auf ungezügelte Böllerei“ oder von „Traditionen, die es zu schützen gilt“, da reden die anderen von Umweltschutzaspekten ( was wohl auch meine Richtung in der Debatte wäre) und dann gibt es da noch die, die wieder einmal meinen, Migranten als Ursache des Übels erkannt zu haben.
Zunächst noch pauschal wie gestern der nordrhein-westfälische Innenminister Reul, nun aber, nachdem u.A. die Berliner Behörden unglückseligerweise konkrete Zahlen dazu veröffentlicht haben mit zunehmendem und stark pauschalisierenden Fokus auf die Gruppe männlicher junger Migranten, wobei fast untergeht, dass ein gutes Drittel der Festgenommenen offenbar Deutsche waren.

Allerdings denke ich, dass man es sich damit ein wenig zu einfach macht, zumal dabei völlig ausser Acht gelassen wird, dass viele dieser Straftaten erst im Zusammenhang mit der niederschwelligen Möglichkeit des legalen Erwerbs von Sprengstoffen zum Jahreswechsel zustande kommen, der im Rest des Jahres weder möglich noch erlaubt wäre.
Insofern greift auch das Argument zu kurz, dass „die Menschen sich das Zeug ja sonst im Ausland besorgen könnten“, denn zumindest an die gefährlichen Polenböller würde man ohne allzugrosse Verrenkungen wohl das ganze Jahr über kommen…..
Wo ein Wille, da wäre auch ein Weg, zur Not sogar über legale Online-Shops. Umso merkwürdiger, dass der dann im Lauf des Jahres nicht auch beschritten wird?

Aber wie wir alle wissen, ist es ja mitnichten so, dass Feuerwehr und Polizei nun dauernd mit Sprengkörpern und Raketen angegriffen werden – wohl aber (was auch schon schlimm genug ist) mit anderen Dingen, die bei derartigen Krawallen gerade zur Hand sind. Mit Flaschen etwa, oder mit Pflastersteinen oder was sonst als Wurfgeschoss zur Verfügung steht.
Und damit liegt ein Kausalzusammenhang im Falle der Silvesterkrawalle durchaus auf der Hand, wenn es um die Verwendung von Feuerwerkskörpern im Zusammenhang mit derartigen Angriffen geht. Denn die sind ja zu Silvester leicht zu bekommen, wenn man sie legal und niederschwellig im nächsten Laden erwerben kann.

Weshalb ich auch glaube, dass dem Gesetzgeber dabei zumindest eine gewisse Mitschuld wegen Unterlassung zugewiesen werden muss.
Schliesslich leistet der mit der vorübergehenden Legalisierung ansonsten verbotener Sprengstoffe jeweils zum Jahreswechsel ja auch Vorschub für Straftaten, die im Rest des Jahres keine grosse Rolle spielen.
Nicht nur für Angriffe auf auf Einsatzkräfte und andere Personen, sondern auch für vielfältige vorsätzliche oder fahrlässige Sachbeschädigungen und Brandstiftungen, bei denen man nur von Glück reden kann, dass dabei bisher nur wenige Menschen zu Tode gekommen sind und die Zahl der Verletzten nicht höher ist.

Doch darüber liest man ja üblicherweise nichts, schon gar nicht, wenn mit der Gruppe junger Migranten „die Schuldigen“ auf einmal so einfach auszumachen scheinen und der Fokus der Debatte sich auf ganz einfache Art vom den eigenen Unterlassungen weg lenken lässt – dabei offenbar bewusst in Kauf nehmend, das dabei nicht nur Ursache (die leichte Verfügbarkeit der Sprengstoffe) und Wirkung (deren Nutzung für strafbare Handlungen) verwechselt werden, sondern auch noch eine weitere Spaltung der Gesellschaft herbei geführt wird.

Sehr zur Freude derjenigen, die schon immer etwas gegen Ausländer hatten……

Damit entsteht doch ganz nebenbei auch gleich noch Sprengstoff von deutlich gefährlicher Qualität mit einen Spirale weiterer Ausländerfeindlichkeit, die logischerweise auch zu Gegenreaktionen der (grossenteils zu unrecht) Beschuldigten führen wird.
Selbst, wenn die Zahlen stimmen sollten darf man dabei auch nicht vergessen, dass es auch hier nur eine kleine Minderheit war, die derartig gewalttätig entgleist ist, während die grosse Mehrheit der (wieder einmal) pauschal an den Pranger gestellten Gruppe sicher nichts unrechtes getan hat…

Doch leider steht auch zu befürchten, dass abseits der nun wieder in den Vordergrund gerückten pauschalisierenden“Migrationsdebatte“ zum Thema Silvesterfeuerwerk auch weiterhin wenig passieren wird, bis es nach dem nächsten Jahreswechsel mit ähnlichen Gewalttaten erneut hochkochen wird. Allen Forderungen der gefährdeten Einsatzkräfte oder Umweltbedenken zum trotz, die jetzt konkrete Schritte fordern.
Denn sicher werden ganz schnell wieder andere Themen in den Vordergrund rücken – und bis zum nächsten Jahreswechsel ist ja auch noch unendlich viel Zeit.

Schade, dass man die Gelegenheit nicht nutzt, die sich gerade bietet, solange das Thema noch frisch ist.
Um endlich Nägel mit Köpfen zu machen und den Spuk ein für alle mal zu beenden…


In diesem Sinne:
Habt alle einen wunderbaren Nachmittag und bleibt gesund und behütet!
Wir lesen uns :bye:

Euer Wilhelm,

den dieses Thema noch nicht loslassen will……..


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- 25 Bemerkungen zu “Soviel zum Thema Debattenkultur

  1. Ich wollte das Thema auch schon aufgreifen. Es wird nun diskutiert – oder auch nicht – welche Personengruppen für die Ausschreitungen und Angriffe verantwortlich sind. Es wird gefordert, die Integration voranzutreiben, es muss dies geprüft werden, es muss jenes geprüft werden um solche Vorfälle in Zukunft zu verhindern. Die einzige Konsequenz ist das Verbot von Böllern und des abrennens privater Feuerwerke. Darüber muss man nicht lange diskutieren.

    1. Nachdem ich gestern noch Einiges zu dem Thema gelesen habe bin ich mir nicht mehr so ganz sicher, ob das Verbot der Böllerei die einzige sinnvolle Konsequenz ist.
      Aber als Teil eines Gesamtkonzeptes wäre sie sicher ein wesentlicher Baustein, um Krawalle wie am Wochenende zu entschärfen.

  2. Ausgesprochen praktisch, dass man jetzt gezielt vom Thema Böllerverbot ablenken kann. Das wird übrigens gerade auch von den betroffenen Berufsgruppen gefordert.
    Dabei ist es erst mal völlig wurscht, wer da ausgetickt ist. Ob nun Deutsche oder Migranten da ausgeflippt sind, finde ich da erst mal reichlich nebensächlich. Und wenn man denn jetzt gezielt auf die Migranten abhebt, dann sollte man sich allerdings auch ein paar Fragen stellen, die für uns als Gesellschaft und auch für die Politik nicht so angenehm sein dürften.
    Aber bitte, wenn wir schon dabei sind, dann bitte auch sämtliche AFD Demos, Quarkdenker-Kundgebungen etc. verbieten, weil das fast immer Deutsche sind, die auf Journalisten und Polizeikräfte losgehen.
    Natürlich müssen Debatten um die Verrohung in unserer Gesellschaft geführt werden, aber es ist zu einfach, nur auf „die Ausländer“ zu schielen.
    Wenn ich mir die Begleiterscheinungen auf so einigen rechten Demos so angucke, sollen die, die jetzt zum Hallali auf Migranten rufen, mal lieber ganz still sein.
    Sind übrigens auch die, die gerne rechts und noch rechter stehen. Und Herr Reul tutet fleißig mit, aber das ist ja bei ihm nicht neu. Der gehört auch schon lange aus dem Amt gejagt

    1. Genau:
      Eigentlich ist es Wurst, wer da ausgetickt ist. Denn Unruhestifter gibt es ja nicht nur unter der jetzt als schuldig ausgemachten Gruppe, sondern auch aus allen möglichen anderen Richtungen.
      Und denen ist allen gemeinsam, dass sie keinen Respekt vor anderen Menschen und deren Bedürfnissen haben, sondern – aus welchen Gründen auch immer – vor allem erst einmal darauf aus sind, Randale zu machen.
      Insofern kann die Lösung jetzt also nicht nur darin bestehen, sich auf die paar Männlein zu versteifen, die nun auffällig geworden sind und bezogen darauf auch noch Öl ins Feuer zu giessen, sondern sollte so aussehen, dass man das Thema Gewalt genereller betratchtet und kompromisbereit an den Ursachen arbeitet.
      Denn nur so lassen sich vielleicht einige dieser frei drehenden Menschen wieder „einfangen“ und integrieren.
      Ein Böllerverbot könnte allerdings trotzdem hilfreich sein, alleine schon, um die Gefahr für die Einsatzkräfte zu minimieren….

  3. Ich war heute auch entsetzt, als eine gute Freundin, die ich immer als tolerant und weltoffen erlebt habe, plötzlich in dem Zusammenhang genau von jenen Jugendlichen Migranten sprach und auf ein Buch des ehemaligen Neuköllner Bürgermeisters Heinz Buschkowsky verwies. Vielleicht ist es die Summe alltäglicher Erfahrung, wie auch ich sie z.B. in der U-Bahn mache, die irgendwann die tolerante Grundeinstellung ins Wanken bringt? Mir persönlich ist es scheißegal, welche Nationalität Menschen haben, die sich so dermaßen neben dem Gesetz benehmen. Vielleicht ist das Soziale Pflichtjahr keine schlechte Idee. Können heranwachsende Jugendliche so hautnah erleben, was es heißt, bei Feuerwehr und Polizei zu arbeiten (gilt natürlich für alle helfenden Berufe!). Zum Thema vorschnelle Verurteilung ist das genauso wie bei der Sache mit der verstorbenen Radfahrerin, bei der es ungefiltert sofort auf die Klimaaktivisten losging. Wer wollte mir da nicht alles weismachen, die Leute hätten sich auf der Straße festgeklebt und somit wäre es den Rettungskräften nicht möglich gewesen, zu der Verunglückten zu gelangen. Aber so werden schnell die Schuldigen benannt und vom eigentlichen Thema abgelenkt.
    Für mich gehören, um wieder zur Böllerei zu kommen, sämtliche Knaller und Raketen verboten.Liebe Grüße,
    Elvira

    1. Vielleicht ist es die Summe alltäglicher Erfahrung, wie auch ich sie z.B. in der U-Bahn mache, die irgendwann die tolerante Grundeinstellung ins Wanken bringt?

      Genau die Frage stelle ich mir auch immer wieder, wozu auch noch kommt, dass ich an mir selbst beobachte, dass ich manches von dem nicht mehr wirklich nachvollziehen kann, was manche jungen Menschen heutzutage treibt. Vielleicht auch deshalb, weil ich irgendwie den Kontakt zu dieser Gruppe verloren habe? Um so mehr, je weniger Berührungspunkte es zum kulturellen Hintergrund dieser Menschen gibt gibt?
      Und manchmal ertappe ich mich auch dabei, dass ich mit dieser Überlegung immer näher an meine ehemaligen Kunden rücke, denen es genauso ging…. (und die oft nicht mal mehr meine Generation verstanden haben).

      Dennoch halte ich es für wichtig, deshalb nicht pauschal über irgendwen zu urteilen oder gar mit dem Finger auf eine bestimmte Gruppe zu zeigen.

  4. Es ist schon krass, dass es immer um die „üblichen Verdächtigen“ geht – die übrigens schon im Film „Casablanca“ ihren „Platz“ hatten.

  5. Unsere Innenministerin ist gegen ein Böllerverbot, die FDP ist schon immer gegen alles, auch gegen Geschwindigkeitsbegrenzung, Frau Lambrecht ist aus verschiedensten Gründen gegen jegliche Klugheit – aber ein Mensch, der sich in der Justiz auskennt, meint, dass mit Verschärfung der Strafen nichts erreicht wird – die noch relativ Unschuldigen werden im Knast erst von den anderen unterrichtet und angesteckt, so dass sie dann nach ihrer Entlassung richtig loslegen.
    Irgendwie macht alles keinen richtigen Spaß mehr.
    Ich habe bei Fb einen Link eingestellt, bei dem man für ein Böllerverbot unterschreiben kann.

    1. Was Du schreibst, trifft sicher zu und bringt mich zu der Frage, ob das nicht schon immer so war ( wenn auch mit anderen Akteuren) ?

      Wenn ich so vierzig Jahre zurückdenke, dann gab es ja auch Zeiten, in denen ich zu den jungen Wilden gehört habe und zu denen, die damals von einem Grossteil der Gesellschaft stigmatisiert und als Krawallmacher bezeichnet wurden, weil sie gegen Aufrüstung und Atomkraft waren.
      Und ich gebe zu:
      Manchmal hat auch bei mir damals nicht viel gefehlt, einen ersten Stein in die Hand zu nehmen und zu werfen, nachdem ich mehr als einmal unfreiwillig vom Wasserwerfer geduscht worden bin.

      Dass es dazu nicht kam ist einfach nur Glück gewesen – und ich bin heute froh, mir deswegen nichts vorzuwerfen zu haben. Aber es hätte auch anders kommen können…..

  6. Ob eine Petition sinnvoll wäre? Da wäre ich dabei, diese zu unterschreiben. Bei FB bin ich erstens nicht und zweitens sind mir die sozialen Medien für so ein ernstes Thema zu unseriös.

  7. Ich bin bei dir, dass natürlich gerade Böller zur Silvester schon eine Steilvorlage sind, die dann auch unverhältnismäßig einzusetzen. Die Gewalt gegen Einsatzkräfte (die aus allen politischen Spektren und Herkünften kommt) gibts aber halt auch die anderen Wochen im Jahr. Da muss man auch mal ran und eben nicht nur mit „Abrüstung“ in der Pyro und „Aufrüstung“ der Polizei sondern auch mit Fragen.
    Warum?

    1. Da bin ich ganz bei Dir, aber das gelingt ganz sicher nicht, wenn es jetzt nur heißt, das waren die Migranten und die gehören abgeschoben

    2. Sehr richtig.
      Deshalb sehe ich Böllerverbote auch nicht als die Ultimative Lösung, sondern als Teil einen Gesamtstrategie, wenn auch bezogen ausf das Gefahrenpotential als einen sehr wesentlichen.

      BTW.:
      Ich hätte gerne Deine letzten Beiträge kommentiert, scheitere aber immer wieder an der Passwortabfrage von WP, die mir dabei in die Quere kommt?

      1. Mhm komisch, ich habe nichts verändert oder gesondert geschützt. Aber ich denke, wir ticken da ähnlich. Es muss ein Mix sein und das Land muss sich auch fragen wie junge Leute auf solche Ideen kommen, und damit meine ich nicht anschieben, sondern fragen, integrieren besser machen.

  8. Da es, wie ich diversen Meldungen entnommen habe, fast ausschließlich junge Männer waren, (egal welcher Nationalität), die da Randale gemacht haben – dann schlage ich einen Hausarrest für alle Männer so etwa unter 30 für die Zeit vom 30.12. Sonnenuntergang bis 1.1. mindestens 10 Uhr vor!
    Und Böllerverbot natürlich sowieso. Krach machen zum Geister vertreiben kann man auch anders!

    1. Tja….. das wäre mal eine gute Idee, wenn sie den umsetzbar wäre.
      Aber vielleicht auch ganz gut, dass sie nicht umsetzbar ist. Denn damit würden ja auch wieder viele in Mithaftung genommen, die gar nichts böses im Sinn haben?

  9. Das ist genau das Problem, wenn man Menschen nach irgendeiner Gruppenzugehörigkeit definiert. Das ist immer sowas wie Sippenhaft.
    Also mehr „Integrationsbemühungen“ (wie auch immer) für Jungmänner aller Nationalitäten…

    1. Jepp….
      Und dafür könnte auch sowas wie ein „Pflichtjahr“ gut sein, um mal noch ein weiteres Stichwort in den Ring zu werfen.
      Denn das würde ja auch die Möglichkeit für diese Gruppen eröffnen, mal eine andere Perspektive auf diesen Staat und seine Leistungen zu gewinnen

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