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„Ja, ich sehe es ein, zweierlei ist möglich, man kann entweder dieses thun oder jenes;
meine aufrichtige Meinung und mein freundschaftlicher Rat ist der:
thu es oder thu es nicht, beides wird dich verdrießen.“
Søren Kierkegaard

Das Sonntagszitat 38/21

Das Sonntagszitat für diese Woche , heute mal wieder aus meinem aktuellen Buch, wenn auch für sich alleine stehend und völlig aus dem Zusammenhang gerissen:

„Außerdem ist das Leben einfach und geregelt. Zeit hat nicht die geringste Bedeutung mehr. Wenn es dunkel wird, legt man sich schlafen, wenn es hell wird, steht man auf, und alles, was dazwischen liegt, ist das, was dazwischen liegt.
Mehr nicht.
Es ist herrlich.

….

Wirklich, glauben Sie mir. Man hat keine Termine, keine Bindungen, keine Verpflichtungen und keine Aufgaben, man hat auch keine besonderen Ambitionen, man hat nur die kleinsten, schlichtesten Wünsche, die sich leicht erfüllen lassen. Man existiert in einem Zustand der gelassenen Langeweile, der keine Aufgeregtheit etwas anhaben kann, »endlos fern von den Stätten des Streits«, wie es einer der früheren Forscher und Pflanzenkundler, William Bartram, ausdrückte. „

(aus „Picknick mit Bären“ von Bill Bryson )

Vielleicht fragt ihr Euch, warum ich gerade dieses Zitat ausgewählt habe?
Tatsächlich liegt die Antwort in den paar Sätzen dieses Zitates versteckt.
Denn dessen Kernaussage läuft – kürzer gefasst – auf einen Satz hinaus:

Alles kann – nichts muss

Ein Satz, der ziemlich gut ausdrückt, wie man mein aktuelles „Rentner“-Leben zusammenfassen kann, nachdem ich jahrzehntelang immer Terminen und der Uhr hinterhergehechelt bin und der Rhythmus meiner Arbeit mein ganzes Leben bestimmt hat, so dass ich oft genug nicht mal mehr die Freiheit hatte, selbst zu entscheiden, wann ich Essen oder Schlafen durfte…

Das mag jetzt vielleicht manchem etwas wenig erscheinen, wie ein Dahindümpeln ohne Richtung und Ziel.
Aber braucht man immer Richtung und Ziel?

Ich für meinen Teil denke das nicht, auch wenn es Leute gibt, denen die Aussage des Zitates und der Zusammenfassung als „zu wenig“ erscheinen mag – als „zu Langweilig“, „zu sinnlos“oder „zu eintönig“ und „nicht engagiert genug“…
Was ja im Prinzip auch stimmen mag (zumindest aus ihrer Sicht)

Trotzdem geniesse ich es wirklich, jetzt endlich die Freiheit zu haben, ohne die geringste Spur eines schlechten Gewissens einfach vor mich hin dümpeln zu können, mich treiben zu lassen und keine Verpflichtungen mehr zu haben. Schliesslich ist dieser Zustand doch auch ein Ziel, für dessen Erreichen ich jahrelang (und meist für andere Menschen engagiert) gearbeitet und viele eigene Wünsche und Bedürfnisse in den Hintergrund gerückt habe….
Oder, wie Bill Bryson es im weiteren Verlauf des Buches ausdrückt – (etwas angepasst durch meine in Klammern stehenden Ergänzungen):

„Das einzige, was einem (noch) abverlangt wird, ist die Bereitschaft weiterzutrotten. Eile ist völlig fehl am Platz, weil man nirgendwo (mehr) hin muß. Egal, wie weit oder lange man wandert, man ist immer am gleichen Ort, im Wald. Da war man gestern, und da wird man morgen wieder sein. Der Wald ist grenzenlos in seiner Einzigartigkeit.
Hinter jeder Wegbiegung eröffnet sich ein Ausblick, der sich von allen vorherigen nicht unterscheidet, und ein Blick in die Baumkronen bietet immer das gleiche Gewirr. Es könnte passieren, daß man sinnlos im Kreis geht, man würde es nicht merken.
Aber eigentlich wäre das auch egal.“

Denn es ist tatsächlich egal – solange ich selbst damit zufrieden bin und nicht aus freien Stücken zum eigenen Entschluss komme, mich wieder zielgerichtet in eine Richtung bewegen zu wollen, die über ein „heute“ oder „morgen“ hinausgeht.

Doch soweit bin ich offenbar (noch) nicht – bzw. habe ich auch noch kein Ziel für mich entdecken können (und auch nicht bewusst danach gesucht), das mir so verlockend erscheint, aus meinem bequemen „Hier und Jetzt“ ausbrechen zu wollen…

Aber wer weis?
Vielleicht kommt das ja noch?

Und dann wäre es auch egal, weil auch das in meiner eigenen Entscheidung läge…..


Habt noch einen feinen Restsonntag , bleibt gesund und bleibt behütet!
Wir lesen uns :bye:

der jetzt auf seinem Sofa weiterdümpelt B-)


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- 13 Bemerkungen zu “Das Sonntagszitat 38/21

  1. Ganz genau DAS ist es, dieses „Alles kann, nichts muss“, was mir am Rentner-Dasein so gut gefällt. Früher von Terminen gehetzt, immer auf die Minute alles geplant … Und heute? Herrlich den Druck im Nacken los zu sein!

    Danke für diesen so passenden Beitrag.

    Dein Gruß zum Schluss gefällt mir besonders gut und ich wandle den jetzt ein wenig ab.

    Hab‘ du noch einen feinen Restsonn(en)tag und sei herzlich gegrüßt von
    Maksi, die sich jetzt zum Mittagsschläfchen auf’s Sofa zurückzieht.

  2. Eigentlich sind es doch wir, die diesen (be)wertenden Begriff „herumdümpeln“ benutzen. Man könnte doch eigentlich auch „richtig /wirklich leben“ dazu sagen. Würde sich schon deutlich netter anhören.
    Ja, das ist genau das, was ich mir mit meinen Wanderungen einmal im Jahr für ein paar Wochen „genehmige“, gönne, „erlaube“. Es ist einfach fantastisch.
    Und: Ich glaube, das ist ein Film, zu dem ich gern mal das Buch lesen würde…

    1. „Picknick mit Bären“ ist auch wieder so ein Beispiel dafür, dass ein Buch den Film um Längen schlägt,obschon der Film für sich alleine genommen durchaus gelungen und sehenswert ist.

      Aber der Film erreicht lange nicht die Tiefe, die Bryson seinem Buch mitgegeben hat, das ganz ungezwungen mit viel Humor – und gelegentlicher Situationskomik nebenbei auch noch eine Menge Fakten vermittelt – und manchmal dabei sogar so weit geht, dass ich mich mehr als einmal bei dem Gedanken ertappt habe, ob nicht etwa der Herr Wohlleben da abgeschrieben haben könnte?
      (Hat er wohl nicht, weil beide die gleichen Quellen benutzen und unabhängig voneinander auch zu den gleichen Schlüssen kommen)

      Auf jeden Fall kann ich Dir aber nur zuraten, denn das Buch ist (trotz des etwas albernen Titels) mindestens genauso lesenswert wie der Film sehenswert ist und hat auch einen guten Unterhaltungswert…. zumal Bryson niemals mit trockenem Ernst oder gar moralinsauer an das Thema herangeht

      ————————

      „Herumdümpeln“ ist in dem Zusammenhang keine Vokabel die ich als negativ empfinde..
      Denn erstens habe ich sie selbst gewählt und zweitens drückt sie für mich durchaus auch etwas positives aus: keinem Druck ausgesetzt zu sein und in keine bestimmte Richtung bewegt zu werden…..

      1. Danke für Deine ausführlicheren Hinweise zu dem Buch. Ja, dann werde ich mir das mal besorgen. Vielleicht gibt es das ja sogar in unserer Stadtbibliothek.
        Wenn „rumdümpeln“ für Dich positiv besetzt ist – umso besser :-)

    1. Och, ein bisschen mehr ist es wohl schon….
      Denn auf Sparflamme lebe ich ja trotzdem nicht – auch wenn ich mich nun nicht mehr jeden Tag auspowere bis zur Erschöpfungsgrenze

      1. Dafür gibt es keinen Grund. Du hast lange genug hart gearbeitet. Ich bin ja auch noch ein paar Jährchen jünger. Ich muss zwar zugeben, dass es mir manchmal schwer fällt, Morgens das Haus zu verlassen, während Du noch selig schlummern kannst, aber ich gönne es Dir von Herzen

  3. In zwei Wochen jährt sich mein Renteneintritt zum zweiten Mal. Er begann sehr aktiv. Jahreskarten für die staatlichen Museen und dem von mir sehr geliebten Tierpark bekam ich von der Familie geschenkt und wollte sie richtig ausnutzen. Ich legte so richtig los, doch dann kam Corona und bremste mich aus. Und zwar bis heute. Ich habe ein schlechtes Gewissen, mir selbst gegenüber. Auf der einen Seite will ich, denn es geht ja fast alles wieder, auf der anderen Seite scheint mich irgendwas in der Wohnung festzuhalten. Mein Herumdümpeln ist absolut negativ besetzt.
    Von Bryson steht „Frühstück mit Kängurus“ in meinem Bücherschrank. Allerdings muss ich gestehen, dass ich mich an den Inhalt nicht mehr erinnern kann. Ich werde es wohl noch einmal in die Hand nehmen – und lesen.
    Liebe Grüße,
    Elvira

    1. Bei mir sind es schon fast drei Jahre, seit ich nicht mehr arbeite – wobei es gesundheitliche Gründe waren, die dafür den Ausschlag gaben, weil ich damals nach einem aktuellen Gefässverschluss nur noch sehr eingeschränkt Laufen konnte (etwa 50 Meter bis zur Schmerzgrenze)
      Insofern war ich da anfangs auch ziemlich eingeschränkt und froh, möglichst schmerzfrei über die Tage zu kommen, ohne noch in grossen Aktionismus zu verfallen.
      Und auch heute bin ich noch sehr Tagesformabhängig, was aushäusige Aktivitäten und Laufstrecken angeht (es sei denn, ich dope mich entsprechend ein paar Tage vorher hoch). Und so plane ich auch wenig voraus, sondern gucke eher , was bezogen auf meine aktuelle Befindlichkeit und ohne zusätzliche Schmerzmittel geht und wozu ich gerade Lust habe….
      Insofern empfinde ich mein Dümpeln auch keinesfalls als negativ, sondern manchmal sogar als hilfreich, weil ich sicher öfter mal an die Frustgrenze käme, wenn es anders wäre und ich dauernd das Gefühl hätte, ich verpasse was….

      ———————

      Das Frühstück mit Kängurus gucke ich mir auf jeden Fall auch mal an. Denn Bill Bryson schreibt wirklich herzallerliebst :-)

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