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„Ja, ich sehe es ein, zweierlei ist möglich, man kann entweder dieses thun oder jenes;
meine aufrichtige Meinung und mein freundschaftlicher Rat ist der:
thu es oder thu es nicht, beides wird dich verdrießen.“
Søren Kierkegaard

Unterste Schublade

Wenn man als ehemals „schwarzer Riese“ in der Parteienlandschaft unseres Landes zunehmend zum Zwerg mutiert, und alle vollmundigen Wahlparolen nichts mehr dagegen helfen, dann hilft nur anscheinend nur noch Eins:

Nachgucken, was früher mal erfolgreich war und, sich daran orientierend den nächsten Versuch starten:
Beispielesweise mit der völlig überkommenen „Rote-Socken“ -Kampagne – um gegen eine inzwischen möglich erscheinende links-rot-grün-versiffte zukünftige Regierungskoalition Stimmung zu machen – frei nach dem Motto: wenn die Argumente fehlen, muss halt Stimmungsmache herhalten.

Was sich so alles im Netz finden lässt:
Replik auf die „Rote-Socken-Kampagne“ der U-Parteien von 1992 – heute wieder hoch aktuell :-)

Und weil die Schublade mit den alten Socken schon mal offen ist, kann man sich auch gleich noch einen weiteren greifen und direkt auch noch gegen das Klientel der „Roten Socken“ Stimmung machen :
Gegen die „Faulen Socken“ – also vor allem gegen Hartz IV-Empfänger, denen mal wieder unterschwellig unterstellt wird, sich als „Sozial-Schmarotzer“ auf Kosten der Allgemeinheit durchs Leben zu mogeln.
Das jedenfalls impliziert eine Meldung, die ich heute im Spiegel gefunden habe:

Politiker von CDU, CSU und Freien Wählern wollen Langzeitarbeitslose zu gemeinnütziger Arbeit verpflichten. Ihm schwebe eine solche Regelung für Menschen vor, »die Leistungen vom Staat erhalten und nicht bereit sind, sich in den Arbeitsmarkt zu integrieren«, sagte der CDU-Vorsitzende von Sachsen-Anhalt, Sven Schulze, der »Bild«. Demnach könnten die Arbeitslosen etwa Laub fegen oder Müll sammeln.

Dabei gehe es vor allem darum, »die Wiedereingliederung von Langzeitarbeitslosen in das Arbeitsleben erleichtern«, sagte Berlins CDU-Fraktionschef Burkard Dregger der »Bild«. Zuspruch dazu kam vom Vorsitzenden der Freien Wähler, Hubert Aiwanger: Viele Langzeitarbeitslose könnten »wieder in ein normales Arbeitsleben zurückkehren, wenn sie gezielt über gemeinnützige Arbeit für den ersten Arbeitsmarkt fit gemacht werden«.

Der CSU-Innenexperte Michael Kuffer erhofft sich für die Arbeitslosen »Wertschätzung und eine persönliche Beziehung zu unserem Gemeinwesen«.Hamburgs CDU-Chef Christoph Ploß verwies laut »Bild« auf einen Gesetzentwurf aus Dänemark, wo die Regierung mit einer Pflicht zum Arbeiten die Integration von Einwanderern forcieren will.

Spiegel.de

Argumente, die beinahe so klingen wie aus dem Munde einiger äusserst arroganter SPD-Politiker kurz nach der Einführung der Agenda 2010 im Jahr 2005.
Da fehlt eigentlich nur noch der herablassende und äusserst geringschätzige Ausdruck „abgehängtes Prekariat“ – seinerzeit wohl von dem unsäglichen Wolfgang Clement geprägt (oder war es doch der nicht minder hochnäsige Franz Müntefehring?)

Aber egal – denn wenn man sich die nun wieder hervorgekramten Socken Argumente dieser als „ach so neu“ präsentierten Vorschläge anguckt, dann wird schnell klar, dass damit auch dieses Mal kein Blumentopf zu gewinnen ist:
Denn im Grunde ist das auch jetzt nichts anders als das, was seinerzeit unter dem Oberbegriff „Fördern und Fordern“ schon mal grandios gescheitert ist:
Neue Sanktionen gegen Menschen, die keinen Job finden und deswegen auf Unterstützung vom Amt angewiesen sind. Genau wie damals ohne langfristiges Ziel und ohne Perspektive für die Betroffenen.

Dabei sollte doch – nach inzwischen mehr als 16 Jahren Hartz IV und kaum messbaren Erfolgen der Agenda 2010 – auch in den Köpfen der borniertesten Politik-Schranzen angekommen sein, dass der Weg aus der Misere für die Betroffenen sicher nicht über schlecht bezahlte Zwangsarbeit (1-Euro-Jobs) führt, sondern über Ausbildung, Fortbildung, gute Qualifikation, sichere (im Sinne von langfristig und ohne zeitliche Begrenzung ) Arbeitsplätze und einen Mindestlohn, von dem man auch leben kann.
Also deutlich mehr, als im schwarzen Wahlprogramm steht oder je von dieser Partei gefordert wurde.

Kurz zusammen gefasst in einem einfachen Satz – und um mal einen altgedienten Bundes-Kanzler und Parteivorsitzenden genau jener U-Parteien zu zitieren, aus deren Ecke gerade die Kampagne kommt:

Leistung muss sich wieder lohnen

Helmut Kohl, Wahlslogan zur Bundestagswahl 1982

Das wäre die richtige Parole gewesen, wenn es um die Opfer der Agenda 2010 geht!
Angefüllt mit konkreten Massnahmen, die den nötigen Leistungswillen auch anspornen und befeuern.

Man müsste es halt nur wollen – und die dazu notwendigen finanziellen Mittel eben bei denen einsammeln, die nun auch noch mit Steuergeschenken belohnt werden sollen, statt sich an den Kosten eines wirklich sozialen Staates umfangreicher als bisher beteiligen zu müssen.

Und möglicherweise hätte sich damit sogar schon lange vor Beginn des Wahlkampfes die „Trendwende“ eingestellt, die nun, kurz vor der Wahl und angesichts der ins bodenlose fallenden Umfragewerte auf Seiten der U-Parteien, so sehnlichst herbei gewünscht wird?
Wie sich vermutlich eben soviel hätte bewegen lassen, wenn es von Anfang an klar erkennbare Grenzen gegen die „stinkenden braunen Socken“ in den eigenen Reihen gegeben hätte – wie etwa gegen den Ex-Verfassungsschützer Maassen, der auch gerade wieder rumstänkert, weil er nicht allen anderen Parteimitgliedern willkommen ist und sich im Zukunftsteam des Möchtegern-Kanzlers unterrepräsentiert fühlt.

Aber der Zug ist wohl abgefahren und kaum noch einzuholen – um so mehr, je tiefer in die Schublade mit den alten Socken gegriffen und nicht endlich mal aussortiert wird, was da nicht rein gehört oder einfach der Zeit nicht mehr entspricht.

Dass das geht, hat ansatzweise sogar schon die SPD demonstriert mit ihrer immer deutlicher wahrnehmbaren Abkehr von den alten Agenda 2010-Idealen.
Auch wenn diese Abkehr in meinen Augen als ehemals (aus Krankheitsgründen ) ebenfalls davon Betroffenen immer noch nicht weit genug geht. (Aber das ist dann wieder ein anderes Thema….)

Deshalb finde ich es auch zutiefst unanständig, nun dieses Fass in einer Form wieder auf zu machen, wie sich das gerade abzeichnet – und damit Menschen anzugehen, die (schon mangels echter Möglichkeiten zur Einflussnahme) am allerwenigsten Schuld an den „Zuständen“ in unserem Land tragen.
Wenn man schon meint, das unselige Hartz IV-Dilemma im Wahlkampf instrumentalisieren zu müssen, dann sollte man sich stattdessen doch besser mit dem dahinter steckenden System befassen, welches auch von der eigenen Partei 16 Jahre lang und ohne grössere Ansätze zu einer Reform goutiert wurde (Unions-gestützte Sanktionen gegen die Schwächsten dieser Gesellschaft inklusive) und wirklich konkrete Vorschläge zur Verbesserung der Situation dieser Menschen anbieten, statt erneut auf ihnen herumzuhacken und ihnen mit weiteren Zwangsmassnahmen zu drohen…

Denn in Einem bin ich mir sicher:
Die grosse Mehrheit dieser Menschen würde lieber für ein erträgliches und ausreichendes Einkommen arbeiten gehen, als von einem staatlichen Almosen zu leben, das zum Leben zuwenig und zum Sterben zuviel ist.
Und auch die wenigen, die sich bewusst für ein Leben in Abhängigkeit von Sozialleistungen entschieden haben, werden diesen Staat sicher nicht in den Ruin treiben….

-_-_-_-

Stellt sich allerdings noch die Frage, warum Politiker des schwarz-gelben Spektrums gerade jetzt und in dieser Form mit diesem Thema an die Öffentlichkeit gehen – als wäre die Schere zwischen Arm und Reich noch nicht weit genug geöffnet?
Um Eindruck bei der eigenen Klientel zu schinden?
Wer von Hartz IV-Leitungen abhängig ist, dürfte wohl auch vorher schon kaum in Erwägung gezogen haben, ausgerechnet bei diesen Parteien sein Kreuzchen zu machen…..
Und wird s jetzt ganz sicher nicht mehr tun.


Mit nachdenklichen Grüssen

der Euch wie immer wünscht, dass ihr gesund und behütet bleiben möget.
Wir lesen uns :bye:


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