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„Ja, ich sehe es ein, zweierlei ist möglich, man kann entweder dieses thun oder jenes;
meine aufrichtige Meinung und mein freundschaftlicher Rat ist der:
thu es oder thu es nicht, beides wird dich verdrießen.“
Søren Kierkegaard

Katzenjammer?

Eigentlich hätte ich die Überschrift meines letzten Beitrages gleich nochmal verwenden können – angesichts der Chuzpe, mit der Möchtegernkanzler L. gestern nach der ersten Hochrechnung aus einem Minderheiten-Votum von nicht mal einem Viertel der Wählerstimmen heraus einen Regierungs-Anspruch für die U-Parteien und sich selbst als Bundeskanzler ableiten wollte

„Der hat sie doch wohl nicht alle“

werden da wohl einige gedacht haben – mich eingeschlossen.
Erinnerte das doch fatal an unseren Exkanzler Schröder, der sichtbar angeschickert in der Elefantenrunde nach der Wahl von 2005 auch nicht zugeben wollte, dass Frau Merkel gewonnen und er selbst verloren hatte….
Wobei ich mich damals genauso wie gestern gefragt habe, welchen Lack die wohl gesoffen hatten, um zu so einem Ergebnis zu kommen, obschon die Fakten etwas ganz anderes aussagen:

Aber gut, Schröder ist Geschichte, Merkel bald auch und der luschige Möchtegernkanzler wurde wohl heute Morgen von seinem eigenen Parteivorstand etwas ausgenüchtert.
Denn inzwischen möchte Herr L. seinen Ausspruch von gestern doch etwas anders verstanden wissen:

Der CDU-Vorsitzende Armin Laschet hat den am Sonntagabend erweckten Eindruck relativiert, er erhebe trotz der Wahlniederlage der Union einen Regierungsanspruch. In der CDU-Vorstandssitzung sagte er laut Teilnehmerkreisen am Montagvormittag: „Aus dem Wahlergebnis kann niemand einen Regierungsanspruch ableiten, das habe ich am Sonntag auch nicht gesagt.“

RND.de

Komisch, dass alle anderen das wohl ganz anders verstanden haben?

Inzwischen möchte der feine Herr also nur noch „zur Verfügung stehen“, was möglicherweise darauf zurückzuführen ist, dass sich aus dem Lager der Grünen und der FDP die Anzeichen mehren, dass diese beiden kleineren – wohl als gesetzt geltenden – Partner einer zukünftigen Koalition nun erstmal in trauter Zweisamkeit miteinander reden werden, um unter sich auszumachen, welche der beiden ehemeligen Volksparteien mit ihnen zusammen regieren darf.

Was ich persönlich zumindest für „vernünftig“ halte, zumal es da wohl die grössten Unterschiede zu überwinden gilt, auch wenn ich selbst mit den Wahlergebnissen dieser beiden Parteien alles andere als glücklich bin.

Ich hätte mir deutlich mehr grün und deutlich weniger gelb gewünscht, aber das ist ja kein Geheimnis

Da bleibt also auch die Frage noch ein paar Tage lang ungeklärt wer – von der Gnade der kleinen abhängend – schlussendlich Kanzler werden darf – bzw. welche der beiden ehemaligen Volksparteien sich als flexibel genug erweist, mit dem Ergebnis der Zweiergepräche leben zu können, welches ja in etwa genauso viele Wählerstimmen repräsentieren wird, wie sie die U-Parteien und die alte rote Tante jeweils für sich alleine erhalten haben.

Wobei ich mich jetzt mal etwas aus dem Fenster lehne und behaupte, das sich die Waage wohl eher zu Herrn S. als zu Herrn L. neigen könnte, weil letzterem – trotz der kleinen Trendwende im Endspurt des Wahlkampfes – nicht nur der Geruch eines Verlierers, sondern auch der Druck der bayerischen Schwester-Partei im Nacken anhängt, die sich in vielen Punkten sicher nur ungern oder gar nicht bewegen wird…. wohingegen die S-Partei samt ihrem Kandidaten da deutlich einiger, homogener und anpassungsfähiger wirken (und es auch einer Reihe von Zielen gibt, wo rot und grün sich auch vor der Wahl schon sehr nahe standen)
Und falls es noch einer Entscheidungshilfe bedarf: Da empfehle ich einen sehr lesenswerten Kommentar in der Süddeutschen: Klick

Es ist vernünftig, dass FDP und Grüne erst einmal untereinander ausloten, wie sie zusammen regieren könnten. Bei der Wahl ihres Partners sollten sie allerdings schon sehr genau darauf achten, sich am Ende nicht in Mithaftung für einen einzigartigen Selbstbetrug nehmen zu lassen.

Die Entscheidung bleibt also abzuwarten – wobei ich zumindest hoffe, dass es da schneller ein Ergebnis geben könnte als nach dem Eiertanz vor vier Jahren, an dessen Ende doch wieder nur eine grosse Koalition stand – mit dem bekannten Ergebnis, dass seither in unserem Land kaum noch etwas vorwärts ging.

BTW.: auch eine Groko wäre wieder möglich und könnte tatsächlich zum „Notnagel“ werden, wenn es mit einer Dreier-Koalition nicht klappt. Das wollte vor vier Jahren ja ursprünglich auch keiner – und bisher gibt es auch keine Anzeichen dafür… deshalb blende ich diese Möglichkeit erst mal aus…

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Was das übrige Wahlergebnis angeht, so zeigt es – mal positiv betrachtet – vor allem zwei Dinge:

Zum einen wird Politik in unserem Land bunter und in einer zukünftigen Regierung (egal welcher Colör) eine breiteres Spektrum an politischen Meinungen abbilden, als es in der Zeit der Volksparteien war, die nun (zu Recht) in ihrem Alleinvertretungsanspruch beschnitten sind.
Das wird zwar mehr Konsenz-Lösungen erforden, kann sich aber im Falle eine konstruktiven Zusammenarbeit der Koalitionspartner als deutlich besser für unser Land erweisen, als die Konzentration auf nur einen weltanachaulichen Grund-Tenor, der naturgemäss zu viele Menschen einfach im Regen stehen lässt..

Und es ist gut, dass die Extreme am rechten und am linken Rand in der Bundesrepublikanischen Politik auch weiter keine Rolle spielen werden, weil mir beide nicht wirklich geeignet erscheinen, über ihre Klientelpolitik hinaus zu einen Mitarbeit zu taugen – bzw. diese nur ausbremsen würden, wenn sie denn mitreden dürften.

Dennoch erschreckt mich insbesondere das Wahlergebnis rechts aussen und rechts unten in unserem Land, zeigt es doch, dass da viel zu viele Menschen blauschwarzen und kackblauen Rattenfängern auf den Leim gegangen sind, deren Intention lediglich eine Spaltung der Bevölkerung ist, um am Ende auf Landesebene ihr eigenes Süppchen kochen zu können.

Sinnigerweise wird dies besonders im Ergebnis der drei „Freistaaten“ sichtbar, die sich – mit Ausnahme kleiner Inseln von „Aufrechten“in den grossen Städten – genau entgegengesetzt zum bundesweiten Trend und damit zur Mehrheit der Gesamtbevölkerung unseres Landes bewegen – also vermutlich auch in Zukunft die Bremsklötze bleiben werden, wenn es um tragfähige und effektive Lösungen für drängende Probleme geht:

Zumal – von den reinen Zahlen her – die Kackblauen in ihren Hochburgen inzwischen ähnlich erschreckende Ergebnisse erreichen wie die Blauschwarzen in Bayern.

Und auch das wird ein Problem, dessen sich die zukünftige Regierung deutlich stärker als bisher annehmen muss, wenn es nicht irgendwann zur völligen Spaltung unserer Republik führen soll.

Erfreulicher hingegen, dass sich auf der Karte auch vermehrt grüne Flecken zeigen – selbst in „Gods own Land“ – in Bayern, was für den dortigen Landesfürsten einen echten Stachel im bisher makellosen Fleisch bedeuten mag, wie auch die deutlich abgemagerten Wahlergebnisse seiner Partei, die schon fast eine Majestätsbeleidigung für ihn bedeuten und seinen vermeintlichen Alleinvertretungsanspruch für bayrische Politik stark reduzieren :-)

Erfreulich auch, dass nebenher auch einige Granden der jetztigen Bundesregierung Federn lassen mussten und ihre Wahlkreise verloren haben – zu Recht abgestraft für ihre ungenügenden politischen Leistungen – wie nachzulesen bei meiner Liebsten.

Und ich gebe zu, da kann ich eine mehr als nur klammheimliche Freude nicht verhehlen. B-)

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Bleibt also kurz zusammen gefasst für mich einstweilen die Erkenntniss, dass es wohl hätte schlimmer kommen können, auch wenn ich mit dem Wahlergebnis alles andere als glücklich bin.
Denn zumindest haben die konservativen Kräfte und auch die Kackblauen im Gesamtergebnis deutlich verloren und ausserdem ergibt der aktuelle Trend eine Tendenz, die man wohlwollend als leichten Links-Rutsch bezeichnen kann. Nicht ganz so deutlich, wie ich mir das gewünscht hätte zwar, aber sichtbar….

Und deshalb hoffe ich auch sehr, dass dieser Trend auch nach den endgültigen Koalitionsverhandlungen Bestand hat und die alte rote Tante samt ihrem Kanzlerkandidaten die Chance bekommt, die Regierungsverantwortung mit zu übernehmen – als vollwertiger Partner in einer Dreien-Koalition.

Dann wäre für mein Gefühl immerhin einiges besser als vor der Wahl, wenn auch lange noch nicht alles gut.


In diesem Sinne:
Bleibt gesund und bleibt behütet!
Wir lesen uns :bye:

der etwas hoffnungsvoller in die Zukunft guckt


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