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„Ja, ich sehe es ein, zweierlei ist möglich, man kann entweder dieses thun oder jenes;
meine aufrichtige Meinung und mein freundschaftlicher Rat ist der:
thu es oder thu es nicht, beides wird dich verdrießen.“
Søren Kierkegaard

Warum einfach, wenn es auch kompliziert geht?

Diese Frage habe ich mir im Lauf der Woche des öfteren gestellt.
Aber bevor ich darauf näher eingehe – erst einmal:

Doch der Reihe nach:
Da war ja zuerst mal die Sache mit der estnischen Versicherung und deren deutscher Vertretung, welche ich nach einiger Recherche im Netz selbst herausgefunden zu haben geglaubt hatte.
Eine Versicherungsagentur hier in Hamburg, die sich zwar schlussendlich doch für nicht zuständig erklärte, mir aber immerhin dabei behilflich war, endlich den richtigen Ansprechpartner zu finden.
Und dann ging es quasi Schlag auf Schlag:
Unfallaufnahme per Telefon, Erteilung einer Schadensnummer, Klärung der Kostenübernahme durch den estnischen Versicherer, Zusendung diverser Fragebogen per Mail und Beauftragung eines Sachverständigen zur Klärung der Schadenshöhe – das alles war innerhalb weniger Stunden über die Bühne und bis auf ein nicht am Rechner zu bearbeitendes PDF-Formular völlig problemlos, so dass (abhängig eigentlich nur noch vom Tempo der beteiligen Polizeidienststelle) es momentan so scheint, als ob die ganze Geschichte zügig zu einem positiven Ende kommt….
Ein wunderbares  Beispiel an Effizienz also bisher, an dem sich andere Stellen durchaus orientieren könnten.

Wie etwa die deutsche Rentenversicherung (die DRV), bei der ich schon vor einigen Wochen eine Rentenauskunft beantragt hatte, welche allerdings –  entgegen dem Versprechen, dass mir diese in wenigen Tagen zugestellt würde – immer noch nicht vorliegt.

Stattdessen kam nämlich ein weiteres Bündel Formulare, mit denen ich zwecks Überprüfung der Höhe meiner Teilerwerbsunfähigkeitsrente meine Zuverdienste belegen soll – insbesondere für die Leistungen, die ich von der Krankenkasse und vom Arbeitsamt bekomme.
Und das ganze natürlich auf Papier, ganz wie zu alter Väter Zeiten.
Was angesichts der allenthalben  fortschreitenden Digitalisierung ein echter Anachronismus ist, denn alle notwendigen Daten sind bei den entsprechenden Stellen elektronisch gespeichert und müssen nun mühselig per Hand in die Papier-Formulare eingepflegt werden, um dann per Post zur DRV geschickt zu werden, wo sie wieder  händisch eingegeben (samt möglicher Übertragungsfehler)und elektronisch gespeichert und verarbeitet werden. Allenfalls ein vorsintflutliches  Faxgerät(!!) könnte noch zur Datenübermittlung zum Einsatz kommen, um die Versandzeiten zu verkürzen.
Von Emails jedenfalls haben die da noch nichts gehört, genauso wenig wie vom Dokumenten-Upload über ihre Website, wie er sonst fast überall schon üblich ist… selbst beim Arbeitsamt, die ansonsten ja auch nicht zu den Schnellsten im Lande gehören.
Kein Wunder also dass es so lange dauert,  bis die DRV mal mit irgendwelchen Entscheidungen zu Potte kommt…
Und darüber habe ich mich wirklich geärgert, denn dieses Vorgehen ist weder besonders zeitgemäss (Stichwort: papierfreies Büro) und auch aufgrund des ohnehin permanenten Datenaustausches zwischen den beteiligten Stellen relativ sinnfrei. Liegen doch laut Auskunft meiner Krankenkasse  genau die abgefragten Daten schon bei der DRV vor, weil ja vom Krankengeld auch Beiträge zur Rentenversicherung gezahlt wurden und ähnliches auch für die Leistungen des Arbeitsamtes gilt…
Zudem habe ich im letzten Jahr während meiner Reha auch Übergangsgeld von der DRV bekommen, zu dessen Berechnung exakt diese Daten schon mal gesondert abgefragt wurden – weshalb eine simple Datenbankabfrage im eigenen Haus den gewünschen Erkenntnisgewinn bei der DRV wohl auch gebracht hätte.

Welch eine Verschwendung von Ressourcen an Zeit, Arbeitskraft und Energie, um von den für das Papierverfahren gestorbenen Bäumen und dem bei seiner Herstellung verwendeten Wasser und Strom mal gar nicht zu reden….


In diesem Sinne
Bleibt gesund und bleibt behütet!
Wir lesen uns


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- 5 Bemerkungen zu “Warum einfach, wenn es auch kompliziert geht?

  1. Das die Schadensabwicklung dann doch so problemlos über die Bühne geht, ist ja erfreulich. Und das trotz Fahrerflucht. Ich musste gerade denken, wie lange das alles gedauert hätte, wenn wir alles per Post hätten nach Estland schicken müssen. Aber die sind ja uns eh ja um Längen voraus in Sachen Digitalisierung

    1. Darüber habe ich in dem Zusammenhang auch nachgedacht.
      Das hätte wahrscheinlich Wochen – wenn nicht Monate – gebraucht, bis es dann endlich vorwärts gegangen wäre.

  2. Ich denke ja immer, dass das mit der in die Länge gezogenen Abwicklung bei manchen Leistungserbringern volle Ansicht ist. Mir schwirrt da häufig der Begriff des „sozialverträglichen Ablebens“ durch den Kopf. Die Nachbarin unter uns ist schwerbehindert, kann mittlerweile ohne ihren Elektrorollstuhl das Haus nicht mehr verlassen. Bis zum Ende des letzten Jahres bekam sie regelmäßige Verordnungen für Lymphdrainage. Seit Anfang des Jahres gibt es das Feld „Außerhalb des Regelfalls“ nicht mehr auf dem Formular. Solche Langzeitverordnungen müssen jetzt beantragt werden. Meine Nachbarin wartet nun seit fünf Monaten auf die Antwort. Was das papierlose Büro betrifft, sieht es in unserer Praxis kaum anders aus. Trotz Befundübermittlung per Mail oder digitalem Fax, kommt ein Großteil dieser Befunde noch per Post hinterher und manche Patienten bringen dann noch ihr Exemplar mit. Pro Coronaimpfung müssen vier oder fünf Formulare vom Patienten ausgefüllt und dann von ihm und dem Arzt unterschrieben werden. Alles in Papierform natürlich. Dann werden sie gescannt und archiviert. Das passiert auch bei jeder anderen Impfung, dann ist es aber nur ein Blatt. Bei um die 1500 Grippeimpfungen in der Saison sammelt sich da einiges zusammen. Jeden Monat haben wir einen Karton, du kennst sicher die Archive für Karteikarten?, mit gescannten Befunden, der dann 10 Jahre im Keller rumsteht. 12 Monate mal 10 Jahre! Dazu kommen die ganzen Impfaufklärungen, für ALLE Impfungen, wie gesagt. Und auch unser Labor, eines der größten in der Stadt, schickt alle Befunde, die vorab übers Netz bereits in die Patientendatei eingespielt wurden, noch in Papierform. Aus rechtlichen Gründen, wie es heißt. Bei täglich um die 70 – 80 Blutabnahmen kommt auch da einiges zusammen. Und wir werfen diese Befunde in den Schreddercontainer (bis auf die pathologischen, die dem Arzt auch nochmal vorgelegt werden, obwohl die vorher bereits als digitales Fax auf seinem Bildschirm landeten). Wir haben definitiv mehr Papier im Umlauf als vor 10 Jahren. Ich sage nur DMP! Ich bin froh, dass mich das nicht mehr täglich betrifft, sondern ich das Elend nur noch am Wochenende sehen muss (oder wie gestern, als ich als Patient einen Termin bei uns hatte).
    Auf alle Fälle ist es schön, dass das mit der Versicherung so gut geklappt hat!
    Liebe Grüße und ein schönes Wochenende,
    Elvira

    1. Diese Papierflut ist mir auch aus meiner ehemaligen Firma bekannt – samt der zugehörigen Aufbewahrungspflichten und dem jährlichen Entsorgen von einer guten Tonne an geschredderten Kunden-Akten pro Jahr zuzüglich dessen was ansonsten noch so an Altpapier anfiel.
      Unser Chef hatte irgendwann mal ausgerechnet, dass der Papierverbrauch in unserer Firma für unsere ca 250 Kunden pro Jahr bei etwa drei Tonnen läge – alles Daten, die zusätzlich auch noch eingecannt auf mehreren Computern und Back-Up-Servern gespeichert lagen und firmenintern auch nur elektronisch verarbeitet wurden – wobei ein Grossteil des Papierverbrauches alleine schon darin begründet lag, dass seitens des MDK eine Papierform „zu Prüfungszwecken“ unabdingbar war und manche kleineren Arztpraxen „aus Datenschutzgründen“ eine elektronische Übermittlung von Daten nicht wünschten. Was bei grösseren Praxen nie ein Problem war, welche schon aus Effektivitätsgründen stärker auf Elektronische Datenverarbeitung setzten. Da liefen dann die E-Faxe direkt von der Praxis in unsere Firmencomputer – wenn nicht ohnehin gleich nur PDF-Dateien hin und her wanderten. )

      Dazu kam dann auch noch der Schwall an Rezepten und Verordnungen, der ohnehin immer noch anfiel und – meist per reitendem Boten – aus den Praxen in Richtung Apotheke oder Sanitätshaus geschafft werden musste.

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