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„Ja, ich sehe es ein, zweierlei ist möglich, man kann entweder dieses thun oder jenes;
meine aufrichtige Meinung und mein freundschaftlicher Rat ist der:
thu es oder thu es nicht, beides wird dich verdrießen.“
Søren Kierkegaard

Was ich noch erzählen wollte

Neulich, nach meinem letzten Besuch bei der Orthopädin musste ich erst mal ein wenig recherchieren und dann sacken lassen, welche Möglichkeit sich da eventuell als Alternative zu einer (für mich rein gefühlmässig  nicht in Frage kommenden) Rücken-Op auftut:

Denn hier in Hamburg gibt es ein „Rückenzentrum“, d.h. eine Praxisgemeinschaft mit angeschlossener Tagesklinik, welche sich auf Schmerz- und Verschleiss-Erkrankungen der Wirbelsäule spezialisiert hat und diese mit einem multifunktionalen Team aus Orthopäden, Physiotherapeuten, Schmerzspezialisten und Psychologen behandelt – also vermutlich mit einer Kombination aus Fachrichtungen, die gut  passend für mich mit meine  reichlichen  Auswahl weiterer Erkrankungen wäre.
Genau dieses Rückenzentrum hatte die Orthopädin mir nun als Ansprechpartner für eine „zweite Meinung “ bezüglich einer möglichen OP vorgeschlagen, wohl merkend, dass ich auf diese Frage mehr als zögerlich reagiert habe – und nicht ohne mich auch darauf hinzuweisen, dass es seit letztem Jahr  von meiner Krankenkasse ein Pilot-Programm zu OP-Vermeidung gibt, die Kosten für eine „zweite Meinung“ und eine sich daraus eventuell ergebend Therapieform also bis auf eine eventuell notwendige Selbstbeteiligung  bei der Physiotherapie voll übernommen werden.

Also habe ich am nächsten Tag da angerufen, um einen Termin auszumachen, was direkt aber gar nicht möglich war:
Denn vor der Terminvergabe möchten die zunächst einen Scan oder ein Foto der Überweisung per E-Mail haben, um sich dann für eine Terminabsprache und weitere Absprachen zu melden. Was sicherlich auch Sinn macht, denn die Begutachtung  für die zweite Meinung durch Arzt, Pysiotherapeuten und Psycholgen samt anschliesssenden Therapievorschlag dauert wohl insgesamt gut drei Stunden

Da weiss ich jetzt also, wo ich den Vormittag des dritten Februars verbringen und keine Langeweile haben werde

Zudem kamen anschliessend   per Mail auch noch mehrere wirklich umfangreiche Fragebögen, die wesentlich mehr Parameter abfragten, als man das normalerweise von einer schriftlichen Anamnese gewöhnt ist :
So reichten die sehr dezidierten  Fragen dann auch von Krankengeschichte, Diagnosen und Medikamenten  über Schmerzparameter der verschiedensten Formen (wann, wie lange, wie intensiv, in welchen Situationen?) bis hin  zu zur psychischen Befindlichkeit und der Frage, welche Einschränkungen im Alltag, bei der Arbeit und selbst bis hin zum Thema Sexualität sich daraus ergeben.
Hier mal ein Beispiel:Man beachte die Seitenzahlen am obersten Rand des umfangreichsten Bogens – aber auch die anderen drei waren nur unwesentlich kürzer.

Wenn das also keine gute Anamnese ist, was dann?
Ich habe jedenfalls gute zwei Stunden gebraucht, um alle Fragen zu beantworten….

Wobei natürlich zunächst mal noch offen bleibt, was dann am Ende dabei heraus kommt…
Eine in Zusammenarbeit mit der Rheumatologin und den Gefässchirurgen  angepasstere Schmerztherapie wäre sicher ein schon mal ein grosser Fortschritt, aber auch eine vierwöchige  tagesklinische Behandlung in Form einer ambulanten Reha würde ich ganz sicher nicht ablehnen (im Gegenteil!!!!), zumal unter Coronabedingungen Termine für eine gerätegestützte Krankengymnastik kaum zu bekommen sind, weil diese meist als Gruppentherapie angeboten wird (Stichwort „Muckibude„) und es sicher von Vorteil und auch  deutlich effektiver wäre, das Ganze mit einem komprimierterem Programm anzugehen, als wöchentlich ein bis zwei mal zur Krankengymnastik zu fahren.

Schaumeralsomal…..


In diesem Sinne:
Bleibt Gesund und bleibt behütet!

Wir lesen uns


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Schwitters – Roman

Ich gebe zu, mit diesem Buch habe ich mich manchmal  etwas schwer getan, obwohl die erzählte Geschichte wirklich spannend ist und mich an ein Thema herangeführt hat, mit dem ich mich in der Vergangenheit nur sehr wenig  (eigentlich gar nicht) beschäftigt habe:
Der Kunstrichtung des Dadaismus, mit der eine weitere Beschäftigung sich auch in Zukunft für mich  lohnen wird:
Was aber gleichzeitig für mich auch die grösste Hürde und der grösste Reiz beim Lesen dieses Buches war, denn die Autorin Ulrike Draesner hat auch immer wieder  Passagen des Buches mit collagenhaften, dadaistischen Elementen angereichert, welche die Lesbarkeit und die Verständlichkeit nicht unbedingt erleichtert haben, aber trotzdem notwendig sind, um auch Dada ansatzweise zu verstehen.
Passagen, die ich teilweise mehrfach lesen musste um sie für mich zu entschlüsseln.

Dennoch – oder gerade deswegen? – halte ich diesen biographischen Roman um den Dadaisten Kurt Schwitters für ausgesprochen lesenswert und fesselnd, auch wenn er sich nicht so flüssig lesen lässt wie andere Bücher:

Schwitters
von Ulrike Draesner

Die Geschichte dahinter lässt sich auf vielfältige Weise lesen.:

Zum einen ist es natürlich eine biographische Familiengeschichte, in die viele reale Ereignisse romanhaft aufbereitet und voller Sympathie und mit viel Humor erzählt einfliessen:
Schwitters Kindheit und Jugend ohne grosse finanzielle Sorgen in Hannover, in der er sich weitgehend seiner Kunst widmen kann, seine Verfolgung durch die Nazis (Werke von ihm waren als „entartete Kunst “ gebrandmarkt und führten zu Arbeitsverboten), seine Emigration zunächst nach Norwegen und abschliessend 1940 nach England, eine neue Liebe, die ihm dort begegnet und zu einem neuen Aufblühen seiner Kreatitivität führte – allerdings geprägt und beschnitten durch Sprachprobleme, die seine Wortkunst fast zum verstummen bringen – und schlussendlich sein früher Tod und die Erbquerelen um seine Werke….

Zum anderen erzählt das Buch aber auch eine faszinierende Geschichte von Verlusten und Neuanfängen, von Kreativität auch unter grossen Hindernisssen und von einer Welt, wie sie im Kopf des Künstlers permanent wuchs und ihren Ausdruck nicht nur in Gedichten, sondern auch in wunderbaren Collagen und begehbaren riesigen Skulpturen fand, den MERZ-Bauten,die sicherlich einen wesentlichen Teil von Schwitters künstlerischer Gedankenwelt darstellen.

Der Klappentext – diesmal eine wirklich treffende Essenz des Inhaltes:

„Wie fängt man eine Zukunft an, die eigentlich schon aufgehört hat? Mit einem Streifen Meer zwischen sich und seiner Heimat, seiner Sprache, sich selbst? Kurt Schwitters ist 49, als ihn die Nationalsozialisten zur Flucht aus Hannover zwingen. Sein Erfolg, Werk, Besitz, die Eltern und seine Frau Helma bleiben zurück. Die Kunst weicht der Kunst des Überlebens. In Norwegen, London und endlich dem Lake District beginnt Schwitters‘ zweites Leben in fremder Sprache. Wantee, die neue Frau an seiner Seite, hält ihn auf Kurs und seinen Kopf über Wasser, selbst als der Wortkünstler verstummt. Im Merzbau hat Schwitters einen anderen Weg gefunden, um Himmel und Heiterkeit, das Funkeln der Wiesen und die Durchsichtigkeit der Luft einzufangen. Mit irrwitziger Disziplin, bis zur Erschöpfung. Wer ihn dabei beobachtet, begreift: Kunst bildet die Welt nicht nach. Sie übersetzt sie in Formen, die uns berühren.

In ihrem Roman folgt Ulrike Draesner dem Schriftsteller und bildenden Künstler Kurt Schwitters ins Exil. Es sprechen Kurt, seine Frau, sein Sohn, seine Geliebte. In einer virtuosen Mischung aus Fakten und Fiktion entsteht das Panorama einer Zeit, in der angesichts einer brennenden Welt neu um Freiheit und Kultur gerungen wird. Ein tiefgründiger, dabei humorvoller Roman über die Kraft der Kunst, darüber, wie sie entsteht und was sie vermag.“

Ihr merkt also:
Dieses Buch hat mich wirklich begeistert womit auch ganz klar ist, das es dafür von mir volle fünf Sterne gibt.

(Das Bild ganz oben im Beitrag zeigt übrigens Schwitters letztes, wohl unvollendet gebliebenes Werk – die sogenannte MERZ Barn Wall, die sich heute als letzter noch original erhaltener Teil eines MERZ-Baues im englischen Newcastle in einem Museum befindet)


Euch allen einen wunderbaren Tag.
Bleibt gesund und behütet!

Wir lesen uns


-188-