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„Ja, ich sehe es ein, zweierlei ist möglich, man kann entweder dieses thun oder jenes;
meine aufrichtige Meinung und mein freundschaftlicher Rat ist der:
thu es oder thu es nicht, beides wird dich verdrießen.“
Søren Kierkegaard

Die Bäume – Roman

Moin zusammen!

Nun ist es also doch noch mal ein Thriller geworden – ein richtig guter und ganz aktueller sogar:
Geschrieben wie ein Filmdrehbuch in kurzen Szenen, teils sehr witzig, teils sehr makaber, manchmal auch ein wenig heftig in der Beschreibung der Szenarien und dennoch mit einem sehr ernsthaften Kern dahinter, welche mir die guten Kritiken über das Buch mehr als gerechtfertigt erscheinen lassen – auch wenn es sicher nichts für zart besaitete Seelen ist und man als Leser bisweilen hart im Nehmen sein muss:

Die Bäume
Von Percival Everett

Dennoch ist es keineswegs ein Splatter-Roman, sondern es erzählt auf teils recht drastische Weise von einer Geschichte, die im Süden der USA lange Zeit ganz alltäglich war und in abgemilderter Form wohl auch immer noch ist:
Vom Rassenhass der weissen Bevölkerung, der in der Vergangenheit immer wieder zu Lynchmorden an Farbigen durch den Ku-Klux-Clan führte, festgemacht an der Geschichte einer alten Frau (Mama Z), deren Vater ebenfalls Opfer eines derartigen Mordes wurde. Was nach Jahrzehnten des Sammelns und Dokumentierens von Schicksalen anderer Lynch-Opfer für sie zum Anlass einer späten Rache wird – an den Söhnen der Täter, die genauso denken wie ihre Väter und ebenfalls dem Clan zugehörig sind.
Danach allerdings läuft die Sache dann etwas aus dem Ruder, als sich überall in den USA ähnlich mysteriöse Racheakte nach ähnlichem Muster ereignen, die offenbar nichts mit Mama Z’s persönlichem Rachefeldzug zu tun haben…

Zudem ist das Buch nicht eindimensional auf diese Handlung ausgelegt, sondern bekommt an einigen Stellen richtig Tiefe, die verdeutlicht, dass die Taten des Ku-Klux-Clan – obschon wohl jeweils Einzelfälle – in der Summe tatsächlich ein über hundert Jahre währender gigantischer Massenmord mit unzähligen Toten (und Tätern) sind, da alle diese Taten auf dem gleichen Motiv rassistischer Verblendung beruhen, die (nicht nur) bei der weissen (Land-)Bevölkerung des amerikanischen Südens als Alltagsrassimus auch in unseren Zeiten immer noch ganz alltäglich ist, ohne dass heute es noch in grossem Umfang zu solchen Taten kommt. Trotzdem zeigt etwa der Umgang mit Gesetzesbrechern, dass besonders dann die Waffen der Ordnungshüter ziemlich locker sitzen, wenn Hautfarbe oder Rasse (bei Latinos) mit ins Spiel kommen….

Womit dieser Kern der Geschichte auch keineswegs nur lokale Bedeutung hat, sondern sich überall hin übertragen lässt, wo sich ähnliches ereignet.
Auch in unser Land, wo es ja ebenfalls Regionen gibt, in denen sich das Gleiche mehr und mehr manifestiert und die Scham immer geringer wird, bestimmte Menschengruppen pauschal herabzuwürdigen und auszugrenzen. Bis hin dazu, dass Vertreter dieser rassistischen Einstellungen schon jetzt in unseren Parlamenten sitzen, erste politische Ämter bekleiden und dies völlig hemmungslos nutzen, um ihr Gedankengut weiterzuverbreiten.
Gewaltakte auch nicht mehr ausgeschlossen, wie wir inzwischen wissen.
Und auch bei uns gibt es ja bekanntermassen „Racial Profiling“ zum Nachteil derer, die offensichtlich anders aussehen als der Grossteil unserer Bevölkerung – selbst wenn das von offizieller Seite noch immer heftig beschönigt wird….

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Und so sind es diesmal nicht nur die spannende Handlung und der bei aller gelegentlichen Drastik trotzdem stets angenehm zu lesende, leichtfüssige Stil des Autors, die in meine Bewertung einfliessen, sondern ganz explizt auch der mahnende Zeigefinger, den er darin erhebt – beispielsweise in einer Liste von hunderten von Namen der Lynchopfer, die sich mitten im Buch über mehrere Seiten hinweg zieht.
Einfach so, ohne weiter kommentiert zu werden – um diesen Menschen ihren Namen wieder zu geben und sie für ein paar Sekunden auf diese Art für die Leser wieder lebendig werden zu lassen.
Alleine das hat mich schon sehr beeindruckt.

Deshalb:

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Der Klappentext:

USA, Anfang des 21. Jahrhunderts: Im Städtchen Money in den Südstaaten werden mehrere Männer ermordet: meist dick, doof und weiß. Neben jeder Leiche taucht ein Körper auf, der die Züge von Emmett Till trägt, eines 1955 gelynchten schwarzen Jungen. Zwei afroamerikanische Detektive ermitteln, doch der Sheriff sowie eine Gruppe hartnäckiger Rednecks setzen ihnen erbitterten Widerstand entgegen. Als sich die Morde auf ganz Amerika ausweiten, suchen die Detektive des Rätsels Lösung in den Archiven von Mama Z, die seit Jahrzehnten Buch führt über die Opfer der Lynchjustiz in Money. Eine atemberaubende Mischung aus Parodie und Hardboiled-Thriller, wie es sie bislang in der amerikanischen Literatur nicht gegeben hat.

Amazon

Habt alle ein feines Wochenende und bleibt gesund und behütet!
Wir lesen uns :bye:

Euer Wilhelm,

der noch bei Genre und Autor bleiben wird…


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