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„Ja, ich sehe es ein, zweierlei ist möglich, man kann entweder dieses thun oder jenes;
meine aufrichtige Meinung und mein freundschaftlicher Rat ist der:
thu es oder thu es nicht, beides wird dich verdrießen.“
Søren Kierkegaard

Frösche schlucken

Moin am Montagmorgen!

Mal Hand aufs Herz:
Wer von uns möchte nicht möglichst „politisch korrekt“ und damit auch sozialverträglich leben – und so auch in seinem Konsumverhalten mit sich und der Welt um uns herum im Einklang bleiben?

Indem er nicht unbedingt die Marken grosser, ausbeuterischer Weltkonzerne nutzt, sondern wenn möglich Alternativen dazu, indem er möglichst Bio (und vielleicht sogar Demeter?)kauft, weils umweltfreundlicher und nachhaltiger ist – oder indem er den lokalen Fachhandel bemüht, statt Bücher und Elektronik usw. im Netz zu kaufen?
Gute Vorsätze in dieser Richtung haben wir doch wohl alle, wohl wissend, dass es auf der Welt nicht ewig so weitergehen wird, so wie wir jetzt leben.

Und doch wird wohl jeder von uns einige dieser Markenlogos finden, wenn er sich mal genauer in seinem Haushalt umsieht:

Denn natürlich gibt es auch immer „gute“ Gründe, weshalb man lieber zu Produkten oder Dienstleistungen greift, die eigentlich gegen die eigenen guten Vorsätze verstossen. Weil es preisgünstiger oder einfach bequemer ist, weil die Auswahl grösser ist oder weil Alternativen nicht das leisten, was man von ihnen erwartet – oder gelegentlich einfach unbezahlbar sind. Unsoweiter, undsoweiter, unsoweiter…..je nachdem, wie weit Anspruch und eigene Komfortzone auseinander klaffen.

Davon machen auch wir im Hause B .aus H. keine Ausnahme:

Ich z.B. kaufe (inzwischen leider fast ohne schlechtes Gewissen) bei Amazon und lese auch völlig schmerzbefreit im Kindle-Universum, weil mich das Angebot, die Lieferzuverlässigkeit und auch (beim Lesen) die Qualität der Hardware überzeugt (und weil mir das stundenlange Einkaufstouren in verschiedene Fachgeschäfte erspart, bei denen nicht mal sicher ist, ob die am Ende wirklich das haben, was ich brauche) – meine Liebste nutzt nach langer Abstinenz wieder Produkte von Microsoft und Adobe, weil sie nur so das optimale Werkzeug für ihr Hobby hat, unsere Handys sind von Google und auch die übrige Elektronik in unserem Haushalt ist fast durchgängig von grossen asiatischen Markenherstellern und zudem auch meist noch online gekauft, weil lokale Produkte oder der lokale Fachhandel bei Preisen und Lieferservice (und leider auch oft genug bei der Qualität) nicht mithalten konnten.
Ja, selbst Erzeugnisse der gescholtenen grossen Lebensmittelkonzerne wird man bei uns finden – nicht nur beim Katzenfutter, sondern auch in unserem Kühlschrank und in unserer Naschzeugschale – gekauft, weil die Alternativen nicht so schmecken wie das Original – oder (wie bei unseren Katzen) sogar auf komplette Ablehnung stossen…

Wobei ich unser Auto oder unsere Roller noch nicht mal erwähnt habe, die mit ihrem Alter inzwischen schon lange klimatechnisch nicht mehr Up-to-date sind, was sich auch eigentlich nicht mehr mit der „Ausrede“ einer nachhaltigen, weil langjährigen Nutzung rechtfertigen lässt…

Viele Baustellen also, obwohl wir ansonsten wirklich so zu leben versuchen, wie in der Einleitung geschrieben – und dafür auch bereit sind, einige Mühen auf uns zu nehmen.

„Bio“ zu kaufen oder Fleisch und Gemüse direkt beim Erzeuger zu erwerben ist für uns zum Beispiel ganz alltäglich und schon lange eine gepflegte Tradition

Doch bei aller sonst herrschenden Harmonie in diesem Punkt geben andere Konsumgewohnheiten leider gelegentlich auch Anlass für kleine Uneinigkeiten, bei denen dann gerne mal Markennamen wie etwa „Amazon“,“Windows“ usw. und sogar schon mal „Nestle“ oder „Oetker“ fallen, die dem Gegenüber ein rotes Tuch sind… wohl wissend, dass es auch gute Gründe für den/die Andere/n gibt, die kaum Alternativen zu dessen Nutzungsverhalten zulassen.

Aber das gehört wohl auch zu den Fröschen, die es zu schlucken gilt, im Kleinen wie im Grossen, wo man zwar grosse gemeinsame Ziele hat, aber jeder für sich auch eigene Vorlieben hegt, die er gerne ausleben möchte, auch wenn die manchmal dem gemeinsamen Ziel zuwider sprechen zu scheinen. Und das ist auch völlig normal und legitim, wie ich meine – denn wer von uns lebt nicht schon sein Leben lang mit kleinen oder grösseren Inkonsequenzen, die ja keinesfalls bedeuten müssen, das grosse Ziel darüber aus den Augen zu verlieren und nicht weiter verfolgen zu wollen?

Ausserdem sind wir doch alle alle keine Engel, was (wieder besseres Wissen?) die Konsequenz unserer Bemühungen um ein „besseres Leben für alle“ angeht – und gewisse Komfortzonen braucht schliesslich auch jeder Mensch, um sich nicht völlig gegängelt zu fühlen. Da muss sich jeder nur mal an die eigene Nase fassen….

Dennoch lohnt es, sich gelegentlich mal wieder bewusst zu machen, wie man selbst so tickt und ob nicht die Anderen in ihren Ansichten vielleicht auch ein wenig Recht haben, wenn sie daran Kritik üben. Denn vielleicht gibt es ja doch noch Potential für Änderungen, ohne sein Komfortbedürfnis ganz aufgeben zu müssen? Für den einen mehr, für den Anderen vielleicht weniger, aber in der Summe halt doch ein Schritt in die richtige Richtung, wenn man alles zusammen nimmt?

Hmm…..


Habt alle eine schöne Woche und bleibt gesund und behütet.
Wir lesen uns :bye:

Euer Wilhelm,

der manchmal „so komische Anwandlungen“ hat…. und diesen Text keinesfalls als Rechtfertigung für sein eigenes Verhalten verstanden wissen will….


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