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„Ja, ich sehe es ein, zweierlei ist möglich, man kann entweder dieses thun oder jenes;
meine aufrichtige Meinung und mein freundschaftlicher Rat ist der:
thu es oder thu es nicht, beides wird dich verdrießen.“
Søren Kierkegaard

Es lässt mich nicht los

Tatsächlich hänge ich seit Tagen gedanklich immer wieder an dem Mord an dem Tankwart in Idar-Oberstein fest, der von einem Anhänger der Querdenker erschossen wurde, weil er diesen auf die Einhaltung der Maskenpflicht hingewiesen hatte.

Was für sich genommen ja schon schlimm genug ist – wären da nicht auch noch die perfiden Reaktionen aus den bekannten Szenetreffs der Querdenker im Internet, die diesen Mord teilweise bejubeln oder – zumindest – als „logische Konsequenz“ bezeichnen.
Allerdings finden sich derartige Reaktionen nicht nur bei Telegram&Co , sondern ohne grosse Mühe auch in etwas abgeschwächter Form in den Kommentaren fast aller Tages-Zeitungen mit Online-Angebot, wo sie teils völlig unmoderiert über Tage hinweg stehen bleiben – je länger, je konservativer die jeweilige Ausrichtung der jeweiligen Publikation ist.
Was mir völlig unverständlich bleibt.

Mord als „logische Konsequenz“?
Wegen einem Stück Stoff, dass jemand nur wenige Minuten vor Mund und Nase tragen sollte, weil er auf „sein Bier“ nicht verzichten wollte?
Wo leben wir eigentlich?

Dabei sollte es doch in einem zivilisierten Land eigentlich möglich sein, dass jeder sich an Spielregeln hält, die dem Schutz aller dienen – im Verkehr genauso wie im alltäglichen Umgang miteinander. Rücksichtnahme ist ein Teil dieser Regeln, Rambo-Manieren, ausgefahrene Ellenbogen und Gewalt – einschliesslich Mord – gehören eindeutig nicht dazu. Genau so wenig wie die Aufforderung zu oder das Relativieren und Bejubeln solcher Taten.

Und dabei spielt auch keine Rolle, ob der jeweilige Täter nun eine schwere Kindheit oder ein Trauma in seiner Vorgeschichte hat, wie es gerade im Bezug auf den Täter von Idar-Oberstein kolportiert wird, der im weiteren auch noch als „Eigenbrötler“ und „eine kurze Lunte habend“ beschrieben wird.
Denn das vermag allenfalls den Hintergrund einer solchen Tat ein wenig aufzuhellen, kann aber keinesfalls als Entschuldigung herhalten, aus der sich eine Rechtfertigung ergeben würde.
Genauso wenig übrigens wie das bedenkliche Aufheizen der Stimmung aus der rechten politischen Ecke heraus oder die Fake-News, mit denen faktenresistente Querdenker und Verschwörungstheoretiker düstere Bilder der Zukunft malen.

Mord bleibt Mord, da gibt es nichts zu relativieren.

Insofern bleibt mir ebenso unverständlich, wie der Kanzlerkandidat der U-Parteien dazu kommt, ein derartig windelweiches Statement abzugeben , wie Herr L. es zwei Tage (!) nach der Tat getan hat:

„Heute ist an einer Tankstelle in Idar-Oberstein ein 20-jähriger junger Mann, der nur an der Kasse saß und jemand drauf aufmerksam gemacht hat, er solle bitte eine Maske tragen, von dem ermordet worden. Diese Gewalt wollen wir in unserem Land nicht. Wir verurteilen diese Aggression und fordern jeden auf, das zu lassen.“

Frankfurter Rundschau

Da hätte ich zumindest eine klare Distanzierung und deutlichere Worte erwartet.
Doch stattdessen schwafelt L. weiter davon, dass man „mit solchen Leute“ reden wolle.
Was erhofft er sich denn davon?
Dass er auch nur eine dieser „verlorenen Seelen“ zurück gewinnen kann?

Realistisch betrachtet dürfte diese Strategie wohl keine mehr Wirkung zeigen – im Gegenteil.
Wenn überhaupt, dann hätte ein solcher Prozess schon viel eher beginnen müssen, um noch Aussicht auf Erfolg zu haben. Flankiert von „klarer Kante“ allem gegenüber, was von Rechts und aus der Querdenkerszene kommt…..
Aber stattdessen präsentiert sich L. in einem Werbespot der U-Parteien Seite an Seite mit einem Querdenker….. (wohl um seine Gesprächsbereitschaft zu signalisieren?)
Ich fasse es nicht.
Und ich frage mich, was als nächstes kommt – der Schulterschluss der U-Parteien mit den Kackblauen, wenn es darum geht die eigene Macht zu erhalten?

Deshalb nochmal:

Mord bleibt Mord.
Ein Mensch ist gestorben.
Da gibt es nichts zu relativieren und auch nichts, was einen Gesprächsbedarf mit der Gruppe der Täter oder ihrer Unterstützer begründen würde.
Schon aus Mitgefühl für das Opfer.


Habt dennoch einen schönen Tag und bleibt Gesund und behütet!
Wir lesen uns :bye:

Euer (wieder mal sehr nachdenklicher )


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- 18 Bemerkungen zu “Es lässt mich nicht los

  1. Auch Herr Merz hat sich mehr als unpassend geäußert twitter

    und das Frau Weidel nun beklagt, dass die Querdenker diffamiert würden, ist schon ein bisschen skurril, bereichert sie doch jede Debatte mit Worten wie Kopftuchmädchen, Messermigranten usw.

    1. Das kommt davon, wenn man wie dieser unsägliche Herr Merz nur auf „Wirtschaft“ fixiert ist.
      Geld frisst Moral, dass zeigt sich bei dem Typen mal wieder deutlich.

      Und was Frau W. von den Kackblauen angeht, zeigt diese Äusserung mal wieder nur, wie strunzdumm die Trulla ist.

  2. Die Frage, die ich mir stelle: Woher hatte der Mörder, so muss man ihn bezeichnen, auch wenn er noch nicht verurteilt wurde, überhaupt die Waffe? Haben wir demnächst Amerikanische Verhältnisse hier, wo jeder rumballern kann, wie er gerade Lust hat?

    1. Die Frage stelle ich mir auch im Bezug auf manche anderen Menschen, die Waffen haben.
      Wobei die Antwort vermutlich in den meisten Fällen „Darknet“ heissen dürfte.
      Da gibts regelrechte „Versandhäuser“, bei denen man alles mögliche quasi aus dem Katalog bestellen kann.

  3. Diese Aggressivität macht mich sprach- hilflos und entsetzt mich zutiefst. Ich wünsche der Familie viel Kraft.
    Als mein Sohn 20 Jahre alt war, jobbte er auch an der Tankstelle. Wenn ich daran denke…..
    Frau Weidel und Co, Querdenker… nur grausam. Ich bin gespannt, wie die Wahl ausgeht.
    Alles Liebe
    Lina

    1. Herzlich Willkommen Lina :-)

      Da mein jüngster Sohn auch an einer Tankstelle arbeitet, gingen mir genau diese Gedanken auch durch den Kopf. Und nicht nur das, denn Tankstellen sind ja nicht die einzigen Orte, wo das Verkaufspersonal auf die Einhaltung der Maskenpflicht achten muss. Konfliktpotential gibts diesbezüglich überall, wo Menschen aufeinandertreffen – auch im Bus, in der Bahn, ja selbst in meiner Arztpraxis habe ich das schon erlebt, dass Menschen sich so uneinsichtig verhalten und dann auch noch im Recht glauben……< Was den Wahlausgang angeht: Da sind wir wohl alle sehr gespannt, wie sich das morgen ab 18:00 Uhr und in den Tagen und Wochen danach entwickelt.

  4. Ich finde es unfassbar, dass ein Mensch erschossen wurde weil er jemanden auf eine Pflicht – die er nicht erfunden hat- hinweist. Die Maske ist doch wirklich das kleineste Übel. Mir tun die Menschen leid, die die Maske den ganzen Tag tragen und dabei auch noch arbeiten müssen. Aber die paar Minuten beim einkaufen? Und die Kommentare dazu sind unerträglich.

  5. Dem ist nichts mehr hinzuzufügen! Du sprichst mir aus der Seele. Diese Verrohung und das Weichzeichnen sind mir so zuwider. Ich habe das Wort Verschwörungstheoretiker gegen Verschwörungsideologe ausgetauscht. In einer Kolumne las ich, dass eine Theorie etwas seriöses impliziert (was bei den oben genannten eher unwahrscheinlich ist). Dann habe ich bei Wiki nachgelesen. Der erste Satz: Eine Theorie ist im Allgemeinen eine durch Denken gewonnene Erkenntnis im Gegensatz zum durch Erfahrung gewonnenen Wissen.[1] Auch wenn im Wort Querdenker Denken steckt, ist es damit wohl nicht weit her. Wenn die dann auch noch so gebauchpinselt werden von Menschen wie Herrn L.
    Ach, lassen wir das! Schauen wir mal, was morgen um 18:00 los sein wird.
    Liebe Grüße und ein schönes Wochenende,
    Elvira

    1. Ja, schaun wir mal, was morgen passiert.
      Ich hoffe jedenfalls immer noch sehr, dass die U-Parteien mal eine Ausszeit bekommen, dass die Kackblauen, ordentlich verlieren und die Gelben ebenso….. also kurz: Dass der Politikwechsel wirklich stattfindet.

      Dir auch ein wunderbares Wochenende – wo ihr es in Berlin doch gleich doppelt spannend habt.

  6. … in den Nachrichten wurde gestern mitgeteilt, dass in Münster ein Optikergeschäft von einem Mann ohne Maske betreten wurde – die Mitarbeiterin hat ihn auf die Maskenpflicht angesprochen.
    Daraufhin soll der Mann geantwortet haben ‚er könne sie auch jetzt erschießen‘.
    Anschließend hat er es so dargestellt als solle das ein Witz sein. „wer macht denn mit solchen Sachen Witze“ ??? Die Mitarbeiterin fand das überhaupt nicht witzig, sie hatte Angst der Mann wäre noch mal in den Laden gekommen. Das war nicht der Fall.

    1. Das habe ich auch schon gelesen.
      Mal wieder so ein „Witz“, der absolut nicht witzig ist. :-(

      Wobei mein Mitgefühl wirklich der Verkäuferin gilt – konfrontiert mit so einer Äusserung muss man eigentlich immer annnehmen, dass sie ernst gemeint sein könnte. Da wäre zumindest eine Anzeige fällig….

    2. Dieser „Witz“ ist gerade weit verbreitet. Ich habe vorhin schon wieder von so einem Vorfall gelesen. Nein, das ist nicht witzig, überhaupt gar nicht.

  7. Ja, ich denke dann „was haben diese Menschen als Kinder und in ihrem bisherigen Leben erlebt?“ – woher kommt diese
    V E R R O H U N G ?
    Ich staune auch immer noch, dass die Optiker-Mitarbeiterin in Münster nach dem Vorfall im Laden bleiben konnte um in dieser Angst dort aus zuharren. Ich weiß nicht, ob ich das ausgehalten hätte.
    Vermutlich hätte ich den Laden abgeschlossen.

    — Es geht uns allen nicht aus dem Kopf „dieses schreckliche Geschehen“.

  8. Bin da ganz bei dir. Schwer zu ertragen und von einem Möchtegernkanzler muss mehr kommen als weichgespülte Appelle a la „Liebe Kinder, bitte nicht den Rasten betreten“

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