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„Ja, ich sehe es ein, zweierlei ist möglich, man kann entweder dieses thun oder jenes;
meine aufrichtige Meinung und mein freundschaftlicher Rat ist der:
thu es oder thu es nicht, beides wird dich verdrießen.“
Søren Kierkegaard

Die Zeit ist reif

Noch fünf Tage, dann ist endlich das Ende der Wahlkampfzeit gekommen und damit hoffentlich auch ein Ende des politischen Stillstandes, der in den letzten Jahren von der Kanzlerinnenpartei massgeblich mit geprägt wurde:

Nicht nur, was das Bremsen in Umweltbelangen und die sich immer weiter aufspreizende Wohlstandschere angeht, sondern auch, dass in dieser Zeit die massgebliche Grundlage für die wieder aufkeimenden rechten Tendenzen in unserem Land gelegt wurden, weil viele Menschen sich von der Regierung einfach vergessen fühlten und genau diese Regierung es versäumt hat, da gegen an zu steuern, als es noch mit einfacheren Mitteln möglich gewesen wäre – beispielsweise mit konsequentem Durchsetzen der vorhandenen Gesetze, soweit es offen nationalistische und rassistische Äusserungen und Handlungen angeht.
Vielleicht wären dann auch die Kackblauen gar nicht erst in die Parlamente gelangt…

Stattdessen wurde ausgesessen – wie auch bei der neusten politischen Strömung in unserem Land, den sogenannten „Querdenkern“, die inzwischen – nicht nur für mein Gefühl – zu einer echten Bedrohung für uns alle werden.

Denn offenbar haben deren Ideen sich in einigen Köpfen inzwischen soweit verfestigt, dass sie vor ein paar Tagen sogar zum Motiv für einen Mord geworden sind:
Ihr alle habt sicher von dem jungen Tankwart gelesen, der in Idar-Oberstein von einem Kunden erschossen wurde, weil er auf Einhaltung der Maskenpflicht bestand….
Das alleine ist schon schlimm genug.
Richtig schlecht wird mir aber, wenn ich lese, was es dazu in den sozialen Netzwerken an Reaktionen gibt: Klick

Um so dringlicher also, dass in diesem Land ein Wechsel der Politik erfolgt – und damit verbunden auch eine Änderung im Umgang miteinander:

  • Weg von der Rücksichtslosigkeit die sich am Wohlergehen „des Marktes“ und am „Wachstum“ orientiert und hin zu mehr Rücksicht aufeinander und Verantwortung für die Menschen in unserem Land, besonders auf die, die ganz unten in der sozialen Skala stehen
  • Weg von der schonunglosen Ausbeutung der Ressourcen und hin zu einem rücksichtsvollen Umgang mit der Natur
  • Weg von einer Politik, die nur die Interessen wohlhabender Erwachsener bedient und hin zu einem Bildungssystem mit echter Chancengleicheit und echten, einklagbaren Kinderrechten, was deren Zukunft angeht.
  • Weg von einem Hofieren rechter Strömungen und hin zu eine klaren und deutlichen Distanzierung davon – zur Not auch durch deutlich schärfere Sanktionen

Die Liste liesse sich noch beliebig fortsetzen….

Wann also – wenn nicht jetzt – haben wir diese Gelegenheit?
Denn am Sonntag können wir als Wähler massgeblich mitbestimmen, wie es weitergeht in unserem Land – und damit die Lethargie beenden, in der wir uns seit mehr als zwei Legislaturperioden befinden.
Endlich! möchte ich sagen… auch wenn es tatsächlich in vielen Dingen schon später als nur fünf vor zwölf ist uns manche der Fehlentwicklungen der letzten Jahre sich kaum noch zurück drehen lassen werden.
Und selbst, wenn jeder von uns nur zwei Stimmen hat – die Masse wird es bringen, wenn wir uns mehrheitlich dafür entscheiden, dass nun ein echter Wechsel vollzogen wird, der schon seit langem überfällig ist.

Deshalb bin ich froh, dass inzwischen auch viele Künstler Stellung beziehen und diesen Wechsel laut und deutlich einfordern – beispielsweise Herbert Grönemeyer, dessen Appell die Liebste letztens schon verlinkt hatte – oder Heinz Rudolf Kunze, der das Gleiche etwas poetischer ausdrückt:

Hier mal die letzten Verse des wirklich guten Textes:

……
Nur so weiter geht es nicht,
das ist Menschenrecht und -pflicht
Eure Kinder schau’n euch fragend an.
Zwingt euch, dass zusammenpasst
was ihr ihnen hinterlasst
Eine Welt, in der man leben kann!

Es darf nie mehr so wie früher sein! 

Die Zeit ist reif für ein riesiges Erwachen
Und ein Silberstreif soll den Menschen Hoffnung machen
Lasst euch nie mehr mit Gespenstern ein
……
Es muss anders sein!

https://lyricstranslate.com

Aber ich bin sicher, das habt ihr alles schon selbst bedacht und die Erinnerung wird kaum noch nötig sein – oder?

Weder an die Wahl, noch an das, was davon abhängt….

(und was die Musik angeht, so werde ich das Album von Heinz Rudolf Kunze demnächst noch mal ausführlicher vorstellen)


Habt einen schönen Tag und bleibt gesund und behütet!
Wir lesen uns :bye:


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- 18 Bemerkungen zu “Die Zeit ist reif

  1. Da kommt mir der Kaffee wieder hoch, aber so was von. Wie verroht kann man eigentlich sein… ich komme da kaum noch mit und es erschreckt mich immer wieder auf’s Neue. Es muss mehr Kunzes geben….und die müssen laut sein. Genauso wie jeder von uns.

  2. Es wäre so schön, wenn, ja wenn alle so denken würden. Aber der Kapitalismus wird die Politiker vor sich her treiben. Ich bin leider sehr pessimistisch. Und was die rechtsextremen Individuen betrifft, machen sie mir einfach nur Angst. Angst, die noch größer wird, wenn ich höre, wie Hinz und Kunz deren Phrasen nachplappern. Die alte Stammtisch,entalität eben. Aber vielleicht irre ich mich ja. Vielleicht ändert sich doch etwas. Am Sonntag wissen wir, wie die Wahl ausgegangen ist. Ob sich etwas ändern wird, werden die Jahre danach zeigen.
    Liebe Grüße,
    Elvira

    1. Auch, wenn ich sicher nicht vorhersehen kann, wie das Ergebnis am Sonntag aussehen wird und welche Koalition am Ende daraus entsteht (und schon gar nicht, wie deren Kompromisslösungen aussehen werden):
      Den Pessimismuss gönne ich mir nicht.
      Denn dann würde ich wohl völlig den Mut verlieren.

      Deshalb hoffe ich auch so sehr, dass am Sonntag wenigstens ein kleiner Grundstein für eine Veränderung gelegt wird – und dass die Bremser von den U-Parteien samt FDP möglichst nicht an einer neuen Regierung beteiligt werden. Grüne und SPD werden auch so genug Probleme haben, sich selbst auf kleine Vorhaben zu einigen, um von den grösseren mal noch gar nicht zu reden…. nicht auszudenken, wenn sich dann auch noch jemand sich mit allen vieren dagegen stemmt und schreit „Aber die Märkte“

  3. Dem kann man eigentlich nichts hinzufügen. Ich ringe jeden Tag neu damit, die Hoffnung nicht zu verlieren, denn ohne Hoffnung hätte alles keinen Sinn mehr.
    Neben vielen anderen Dingen brauchen wir wohl auch eine Diskussion darum, was „Freiheit“ wirklich bedeutet. Es gibt keine absolute Freiheit. Menschen können nur im Miteinander mit anderen Menschen UND mit der Natur überleben. Nur in diesem Rahmen kann Freiheit (aus)gelebt werden.

    1. Sehr richtig.
      Freiheit bedeutet ja nicht, dass jeder machen kann, was er will – schon gar nicht auf Kosten anderer.
      Deshalb kann ein Zusammenleben auch nur funktionieren, wenn auch die Grenzen der eigenen Freiheit akzeptiert werden – so wie es ausgesprochene und unausgesprochenen Regeln vorgeben. Dazu gehört auch , Verantwortung für die Freiheit der Mitmenschen zu übernehmen, selbst wenn der Raum für „eigene Freiheit“ dadurch kleiner wird.

      Alles andere ist im besten Fall zumindest Rücksichtslos und führt im schlimmsten Fall zu Krieg ….

  4. Ich befürchte, dass der Herr L. am Ende doch ganz knapp vorne liegt. Egal was passiert, es wird endlose Koalitionsverhandlungen geben mit faulen Kompromissen. Dann stehen sie alle vor den Mikros und sagen, dass es die beste mögliche Lösung war – und es wird sich grundsätzlich nichts ändern.

    1. Ich bin da auch weiterhin Optimist und hoffe, dass es nicht so kommt wie Du befürchtest.
      Vor allem nicht, dass der Worst-Case einer neuen grossen oder gar einer „Deutschland“-Koalition (welch schlimmes Bild) mit Herrn L. an der Spitze eintritt.
      Denn wenn schon die grosse Koalition ein Garant für Stagnation auf niedrigem Niveau war – wieviel weniger wird sich bewegen, wenn auch noch die FDP mitmischt und mit ihren „Zünglein an der Waage“-Spielchen die beiden anderen „vor sich hertreiben“ will?

  5. Gestern bei lanz und neubauer wurde einmal mehr klar, dass es nur ein weiter so geben wird !!
    Gesellschaftlich sind härtere massnahmen fürs Klima nicht durchsetzbar.
    Punkt!!

    1. Das sehe ich allerdings ganz anders, zumal es in grossen Teilen der „Gesellschaft“ schon deutliche Bestrebungen gibt, dass es ein „weiter so“ nicht geben kann – was sich sehr gut an den Umfragewerten gerade der U-Parteien ablesen lässt, die gegenüber der letzte Bundestagswahl um mehr als ein Drittel eingebrochen sind.
      Und das dürfte auch in den Köpfen mancher Politiker (mit Ausnahme der Hardliner) angekommen sein, auch wenn die nun so kurz vor der Wahl natürlich keinen öffentlichen Kurswechsel vollziehen.
      Trotzdem gibt es dafür klare Anzeichen – wiei etwa , dass Gorleben als Endlager aus dem Rennen ist. Ganz ohne Grund kam diese endgültige Entscheidung nicht ausgerechnet 14 Tage vor der Bundestagswahl – und sie ist deutlich mehr als nur ein bisschen Green-Washing.

    2. Es geht doch gar nicht notwendigerweise um *härtere* Maßnahmen. Natürlich wäre es flankierend *auch* sinnvoll, wenn die und der Einzelne, insbesondere jene mit besonders ressourcenintensivem Lebensstandard, ihren Konsum deutlich zügelten, was man individuell als Härte empfinden kann. Aber seitens der Politik müsste es vor allem Prioritäten-Verschiebungen geben, die kaum etwas mit Härte zu tun haben (es sei denn, man möchte es als Härte empfinden, wenn Arbeitsplätze von gestrigen zu morgigen Industriezweigen wandern). Wir können unser Wirtschaften auf Nachhaltigkeit umbauen, und wir wären damit in der Welt nicht allein – das wären wir eher, wenn wir noch länger an unserer fossil orientierten Industrie festhalten. Und wenn ein Politiker sagt, das Volk sei noch nicht reif für echten Wandel, dann meint er mit dem Volk wahrscheinlich eher die Finanziers seiner Nebeneinkünfte.

      1. „Und wenn ein Politiker sagt, das Volk sei noch nicht reif für echten Wandel, dann meint er mit dem Volk wahrscheinlich eher die Finanziers seiner Nebeneinkünfte.“

        Da bin ich ganz bei Dir.
        Und ich möchte nicht wissen, was da alles hinter verschlossenen Türen abgehandelt wird, um den Geldfluss zu sichern und stetig wachsen zu lassen.

  6. Wir müssen dringend an die Menschen denken die nach uns auf dieser Welt leben wollen – also muss sich eine ganze Menge verändern, sonst schaden wir den folgenden Generationen.
    Hoffentlich begreifen das die Herren und Damen Politiker auch und setzen das um und denken nicht nur an den eigenen Geldbeutel.
    Meine Wahl ist erfolgt und ich hoffe, die Kreuzchen an Stellen gesetzt zu haben dass ich mich auch später noch gerne an meine Entscheidung erinnere.

    1. Genau so geht es mir auch.
      Wobei es nur eine einzige Wahl gibt, bei der ich meine Entscheidung im Nachhinein bedauert habe – nämlich die vor acht Jahren, bei der ich mit beiden Stimmen dazu beigetragen habe, dass damals eine grosse Koalition zustande kam…
      Da hätte ich doch ersten meinem Impuls folgen und statt rot lieber grün wählen sollen…

  7. Widerlich die Kommentare auf dem verlinkten Tagesspiegel-Artikel!
    Und der arme Kerl in der Tanke, der da seine EUR verdienen wollte und sich zum Erfüllungsgehilfen für eine der Corona-Regelungen gemacht … der ist jetzt tot.
    Es ist beschämend und ich bin entsetzt, welche Kommentare aus unserem doch so „christlich“ geprägten Abendland zu lesen sind.

    1. Wobei sich diese Art von „Stellungnahmen“ ja nicht nur auf Telegram finden lassen, sondern vermehrt auch in den Leserkommentaren bestimmter Zeitungen, durchgewinkt von der Kommentarmoderation und manchmal bis über die Schmerzgrenze gehend, wenn sie in das Stimmungsbild und politische Kalkül passen, dass diese Zeitungen auch in ihrem redaktionellen Teil vermitteln wollen….
      (Was mir momentan am stärksten in den Blättern auffällt, die auch eine mögliche Rot-Grün-Rote Regierung als Schreckenszenario aufbauen wollen – wie beispielsweise bei der Welt)

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