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„Ja, ich sehe es ein, zweierlei ist möglich, man kann entweder dieses thun oder jenes;
meine aufrichtige Meinung und mein freundschaftlicher Rat ist der:
thu es oder thu es nicht, beides wird dich verdrießen.“
Søren Kierkegaard

Sonntagszitat 23/21

Das Sonntagszitat  –  dieses Mal mit einem Screenshot eines kurzen englischen Textes, den ich auf einer meiner Lieblingswebsites gefunden habe:

Einfach so, aus dem Zusammenhang gerissen und – soweit es mich betrifft –  auch diesmal wieder ohne konkretem Anlass.
Aber mit dem Blick auf einige ähnliche Äusserungen Demenzerkrankter Kunden gerichtet, die ich immer als sehr zu Herzen gehend fand … und mit dem Wunsch, dass auch ich  – sollte ich einmal dement werden – niemals vergessen möchte, wen ich liebe..

Aber sagt, wie sehr Ihr das?

Euch allen einen wunderbaren Sonntag
Bleibt gesund und bleibt behütet!

Wir lesen uns


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- 8 Bemerkungen zu “Sonntagszitat 23/21

  1. Ich bin felsenfest davon überzeugt, dass die Gefühle bis zu einem Punkt am Ende bleiben. So wie mich manche Musik an ein Gefühl erinnert, aber nicht an die dazugehörige Begebenheit. Allerdings bleiben nicht nur positive Emotionen. Viele an Alzheimer Erkrankte durchleben eine Phase, in der sie sehr aggressiv werden. Sind sie in ärztlicher Behandlung, wird dem medikamentös entgegengewirkt. Und am Ende? Vergessen sie zu essen und zu trinken. Der Hunger wird nicht mehr wahrgenommen. Ob in dieser Phase noch Gefühle vorhanden sind? Angst? Hoffnungslosigkeit? Für mich kann ich nur sagen, dass ich vor dieser Krankheit eine Sche…Angst habe.
    Und darum freue ich mich, dass ich mich noch freuen kann. In diesem Sinne wünsche ich euch ein wunderschönes Wochenende!
    Elvira

    1. Ich habe in meinem Berufsleben ja mit sehr vielen – teils auch sehr fortgeschritten – Demenzerkrankten zu tun gehabt und so auch die unterschiedlichen Phasen dieser Erkrankung immer wieder aus nächster Nähe erleben können.
      Wobei ich Deinen Eindruck durchaus teile, dass Gefühle – positive und negative – bei den meisten der Betroffenen bis ganz zum Schluss erhalten bleiben, wenn auch nicht immer wirklich gut zugeordnet zu Personen und Situationen…
      Leider ist es dabei auch manchmal so, dass geliebte Menschen wirklich in Vergessenheit geraten und nicht wiedererkannt werden, selbst wenn die Erkrankten sie Tag für Tag sehen oder in engem Kontakt mit ihnen leben. Mit dem Resultat, dass die betroffenen Menschen mehr und mehr in einem Gefühl der Depression, der Einsamkeit und des Verlassenseins leben.

      Das ist es vor Allem, was mir persönlich in Bezug auf eine Demenz Angst macht, sollte ich jemals daran erkranken. Dagegen erscheinen mir die körperlichen Auswirkungen, die Hilfsbedürftigkeit und die Vergesslichkeit als deutlich leichter ertragbar, selbst wenn dabei viel Selbstbestimmung verloren geht.

      ——

      Und was das Freuen angeht:
      Das empfinde ich genau wie Du vor allem seit ich vor Jahren in Zeiten tiefster Depression erfahren musste, wie dunkel sich die Welt anfühlt, wenn diese Fähigkeit verloren geht…

      In diesem Sinne:
      Dir und Deinem Gemahl auch einen wunderbaren Sonntag!

  2. Das, was bleibt, ist etwas, was man nicht für Geld kaufen kann. Das mutet ob des derzeitigen Runs nach Geld, Macht und Profit schon fast schizophren an, ist aber doch sehr beruhigend.

  3. Dein Sonntagszitat geht zu Herzen, danke dafür. Ich wünsche eine schöne Woche und hoffe für Dich, dass die Oma nun wieder gesund heimkehrt-

  4. Meine Mutter war dement – sie wurde 90 Jahre alt.
    Wir, meine Familie und ich, haben sie versorgt und gepflegt.
    Mama, die uns nie gesagt hatte dass sie uns liebt die uns nie in den Arm genommen hatte – das gab’s bei uns nicht das nannte sich „rau aber herzlich“
    Dass sie uns liebte war immer spürbar.
    Als sie dann dement war, wurde sie ganz kuschelig nahm mich in den Arm. Wir standen manchmal da „Wange an Wange“
    Das hat mir sehr viel gegeben und ihr ganz bestimmt auch.

    Gefühle waren da im positiven und im Negativen. im Negativen: weil sie sich manchmal ihrer (dementen) Situation ganz bewusst wurde und dann tieftraurig war.

    Sie war immer lieb, nie zornig, wütend aggressiv oder bösartig – wie man es von manchen dementen Menschen liest und hört.

    Unsere Mutter wohnte im Hause ihres Enkels und seiner Frau also bei meinem Neffen im Hause.
    Leider hat sie ausgerechnet seinen Namen nicht mehr gewusst meinen wusste sie bis zum Schluss.

    Einmal hat sie mir berichtet: heute war mein Nachbar hier und hat mir Kuchen gebracht.
    Und ich habe dann überlegt wer das gewesen sein könnte – ich kannte auch nicht viele Menschen die dort in der Nachbarschaft wohnten – bis mir klar wurde „sie meinte ihren Enkel im Hause“

    Als sie 90 wurde hatte meine Schwester den Esstisch bei ihr besonders schön dekoriert und meine Mutter sagte „so einen schönen Geburtstag habe ich noch nie gehabt“

    Wie gut, dass es uns möglich war mit einem Familien-Pflegeplan, unsere Mutter zu versorgen und zu pflegen und bei ihr zu sein.

    Das Pflegeteam:
    Meine Schwester, mein Schwager, erster Neffe mit Frau, zweiter Neffe, mein Sohn und ich.

    Es war eine intensive Familienzeit: viele Gefühl bei unserer Mutter und bei uns spürbar.

    Mich interessiert: warum sagen demente Menschen (auch unsere Mutter) immer mal wieder „ich will nach Hause“ suchen Sie dann das Haus ihrer Kindheit oder ist es die Sehnsucht nach dem was noch kommt nach unserem Tod?

    Manchmal gab es auch lustige traurige Momente z.b. als sie mir nachdem ich das Wohnzimmer bei ihr weihnachtlich dekoriert hatte sagte: jetzt wünsche ich dir erstmal frohe Ostern.

    Ich bin dann in ein anderes Zimmer gegangen weil ich so lachen musste und es doch eigentlich ganz traurig war.

    1. So ähnlich ging es mir mit meiner Mutter auch – allerdings mit dem Unterschied, dass zwischen uns auch eine grosse räumliche Distanz lag, weil ich schon seit Jahre im Norden und sie in Bielefeld lebte.
      So war ich dann schlussendlich auch das ihrer Kinder, welches ihr schon lange vor ihrem Tod ein Fremder war – mit ein Grund, warum ich sie zuletzt auch nicht mehr besucht habe.

      Was Deine Frage – warum Demenzkranke so oft „nach Hause“ wollen – angeht:

      Mit zunehmender Vergesslich- und Orientierungslosigkeit verlieren viele betroffene Menschen auch den Bezug zu ihrer alltäglichen Umgebung, fühlen sich verlassen und alleine und sehen sich zurück in ihre Kindheit, zu Geborgenheit und in eine geschützte und liebevolle Umgebung, ohne diese Sehnsucht richtig benennen zu können.
      „Zuhause“ ist also in dem Fall oft auch ein Synonym für diese Bedürftigkeit, häufig auch geprägt von der Trauer über den Verlust von geliebten Personen aus der Vergangenheit – also beispielsweise der eigenen Eltern, der Geschwister oder der Lebenspartner.

      Allerdings kommt es auch vor, dass der Begriff „Zuhause“ – besonders bei sehr gläubigen und sehr kranken und alten Menschen – im Zusammenhang mit dem eigenen Sterben gebraucht wird. Da ist der Tod dann das Ziel, das herbei gewünscht wird…

      Was nun die „lustigen“Situationen angeht, die man immer wieder mit Demenzkranken erleben kann – so könnte ich da auch etliche Episoden erzählen. Und ich finde es auch durchaus nicht verwerflich, dann herzhaft zu lachen, solange man sein Gegenüber dabei nicht auslacht.
      Lachen gehört nun mal zum Leben und – so merkwürdig wie das klingen mag – es sorgt auch bei den betroffenen Menschen in solchen Situationen für einen deutliche Entspannung. Viel mehr jedenfalls als irgendwelche Vorwürfe, die sich daraus ergeben könnten.

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