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„Ja, ich sehe es ein, zweierlei ist möglich, man kann entweder dieses thun oder jenes;
meine aufrichtige Meinung und mein freundschaftlicher Rat ist der:
thu es oder thu es nicht, beides wird dich verdrießen.“
Søren Kierkegaard

Vor dem Fest – Roman

Ich gebe zu:
Anfangs habe ich mich mit diesem Buch etwas schwer getan, aber je mehr und je weiter ich gelesen habe, um so mehr Spannung kam auf und um so besser gefiel es mir:

Vor dem Fest
von Saša Stanišić 

Wobei es vor allem Stanišić’s Stil war, der mir da einige Probleme bereitet hat:
Kleine Episoden, fast wie Puzzleteilchen, in kurzen Sätzen erzählt, immer wieder  in Wortspiele und Assoziationen abschweifend, anfangs scheinbar ohne jeden Zusammenhang. Aber der ergibt sich, je weiter man liest, je deutlicher –  auch die Wortspiele und Assoziationen finden ihren Sinn und sind viel mehr als malerische Ausschmückung des Textes – genau wie die immer wieder eingestreuten Rückblenden die teilweises Jahrhunderte zurückliegende Vergangenheit des Dorfes:

Alles hat mit allem zu tun in diesem fiktiven kleinen, auf einer Landzunge zwischen zwei Seen gelegenen Dorf in der brandenburgischen Provinz und alles steht in Beziehung zueinander in dieser denkwürdigen Nacht vor dem Annenfest:
Die Füchsin auf der Pirsch, der ertrunkene Fährmann, die nachtblinde Malerin, der Glöcknerlehrling, der abgehalfterte NVA-Offizier, die Hüterin des Heimathauses und viele mehr, mit deren Hilfe wir auf den Höhepunkt und Showdown dieser Nacht hingeleitet werden.

Der Klappentext (welcher diesmal viel mehr als nur ein kleiner Einblick ist):

„Es ist die Nacht vor dem Fest im uckermärkischen Fürstenfelde. Das Dorf schläft. Bis auf den Fährmann – der ist tot. Und Frau Kranz, die nachtblinde Malerin, die ihr Dorf zum ersten Mal bei Nacht festhalten will. Ein Glöckner und sein Lehrling wollen die Glocken läuten, das Problem ist bloß: die Glocken sind weg. Eine Füchsin sucht nach Eiern für ihre Jungen, und Herr Schramm, ein ehemaliger Oberst der NVA, kann sich nicht entscheiden, ob er Zigaretten holen soll oder sich in den Kopf schießen. Alle haben sie eine Mission. Alle wollen sie etwas zu Ende bringen, bevor die Nacht vorüber ist.

Keiner von ihnen will den Einbruch ins Haus der Heimat beobachtet haben. Das Dorfarchiv steht aber offen. Doch nicht das, was gestohlen wurde, sondern das, was entkommen ist, quält die Schlaflosen. Die Nacht gebiert Ungeheuer: Alte Geschichten und Erinnerungen, Mythen und Märchen, sind ausgebrochen und ziehen mit den Menschen um die Häuser. Sie fügen sich zum Roman einer langen Nacht, zu einem Mosaik des Dorflebens, in dem Alteingesessene und Zugezogene, Verstorbene und Lebende, Handwerker, Rentner und arbeitslose Halbgötter in Fußballtrikots aufeinander treffen. Und in dem es Herrn Schramm einfach nicht gelingen will, an Zigaretten zu kommen. Wie wird es aussehen das Dorf, wenn das Fest beginnt?“

Das alles sehr unterhaltsam und bisweilen wirklich  komisch erzählt und (wenn man sich erstmal eingelesen hat) ein wirklicher Genuss.
Oder, wie ein Rezensent geschrieben hat:

„Diesen Roman muss man lesen, wie man Schokolade isst:
nicht zu schnell und nicht alles auf ein Mal.“

Das kann ich nur unterschreiben, weshalb es von mir auch die volle Punktzahl  für dieses Buch gibt:


Und wie immer:
Bleibt gesund und bleibt behütet!

Wir lesen uns


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