– – tageweise unsortiertes – –
„Ja, ich sehe es ein, zweierlei ist möglich, man kann entweder dieses thun oder jenes;
meine aufrichtige Meinung und mein freundschaftlicher Rat ist der:
thu es oder thu es nicht, beides wird dich verdrießen.“
Søren Kierkegaard

Herzfaden – Roman

Guten Morgen zusammen!

Bei diesem Buch habe ich mich wieder einmal gefragt, ob es einfach zu dünn ist oder ob es an meinem Lesetempo liegt, weshalb ich für die knapp dreihundert Druckseiten wieder einmal kaum mehr als ein paar Stunden gebraucht habe:

Herzfaden
Von Thomas Hettche

Allerdings – und das hatte ich seinerzeit schon festgestellt, als ich die Pfaueninsel gelesen habe – macht der Autor es mir auch sehr leicht mit seinem gut lesbaren Schreibstil und einer Geschichte, die sich einerseits an realen Ereignissen orientiert und diese anderseits (quasi als Nebenhandlung) in eine sehr phantasievolle Rahmenhandlung einbindet.
Oder umgekehrt, weil manchmal eben auch nicht klar ist, welcher der beiden Erzählstränge eigentlich die Haupthandlung darstellt:

Denn die Geschichte beginnt, als ein kleines, namenloses Mädchen eher zufällig durch eine geheime Tür auf den Dachboden des Augsburger Marionettentheaters (Der Augsburger Puppenkiste) gerät und dort , auf die Grösse der Marionetten geschrumpft, den Helden unserer Kindheit begegnet – dem gestiefelten Kater, dem Urmel, dem kleinen König Kalle Wirsch und wie sie alle heissen, die losgelöst von ihren Fäden dort ein Eigenleben führen .
Und auch der schon lange verstorbenen Schöpferin der Marionetten, Hatü (Hannelore Oemichen-Marschall), deren Lebensgeschichte den zweiten Teil der Handlung bildet und erzählt, wie aus einer kleinen Idee und mit viel Leidenschaft diese Marionettenbühne entstanden ist und welche Widerstände es dabei kurz nach dem Krieg und in der jungen Bundesrepublik zu überwinden gab….

Wobei die beiden Handlungsstränge kunstvoll miteinander verwoben sind und die Übergänge manchmal nur spürbar, weil jedem Strang eine eigene Schriftart zugeordnet wurde.
Was dem Buch streckenweise eine fast märchenhafte Note verleiht, die beim Lesen wirklich Spass macht und mich als Leser förmlich gefesselt hat.
Wie auch der Gedanke, der wohl dahinter steckt und sich in der Person der Hatü kristallisiert:
Das es wichtig ist, seinen Traum zu leben – und sei er auch noch so phantastisch – und dass es manchmal auch Zufälle sind, die einen dabei auf den richtigen Weg leiten können.

Womit sich auch ein Stück weit erklären mag, warum ich dieses Buch nicht aus der Hand legen mochte, bevor ich es zu Ende gelesen hatte. Und auch, dass es dafür natürlich die volle Punktzahl von mir gibt:

-_-_-_-

Der Klappentext:

Ein großer Roman über ein kleines Theater: die Augsburger Puppenkiste.
Ein zwölfjähriges Mädchen gerät nach einer Vorstellung der Augsburger Puppenkiste durch eine verborgene Tür auf einen märchenhaften Dachboden, auf dem viele Freunde warten: die Prinzessin Li Si, Kater Mikesch, Lukas, der Lokomotivführer. Vor allem aber die Frau, die all diese Marionetten geschnitzt hat und nun ihre Geschichte erzählt. Es ist die Geschichte eines einmaligen Theaters und der Familie, die es gegründet und berühmt gemacht hat. Sie beginnt im 2. Weltkrieg, als Walter Oehmichen, ein Schauspieler des Augsburger Stadttheaters, in der Gefangenschaft einen Puppenschnitzer kennenlernt und für die eigene Familie ein Marionettentheater baut. In der Bombennacht 1944 verbrennt es zu Schutt und Asche. »Herzfaden« erzählt von der Kraft der Fantasie in dunkler Zeit und von der Wiedergeburt dieses Theaters. Nach dem Krieg gibt Walters Tochter Hatü in der Augsburger Puppenkiste Waisenkindern wie dem Urmel und kleinen Helden wie Kalle Wirsch ein Gesicht. Generationen von Kindern sind mit ihren Marionetten aufgewachsen. Die Augsburger Puppenkiste gehört zur DNA dieses Landes, seit in der ersten TV-Serie im westdeutschen Fernsehen erstmals Jim Knopf auf den Bildschirmen erschien.

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Habt alle einen märchenhaften Tag und bleibt gesund und behütet!
Wir lesen uns :bye:

Euer Wilhelm,

der jetzt wohl gleich mit dem nächsten Buch des Autors beginnen wird……


-854-

Die Enthüllung der Welt – Roman

Hallo, liebe Lesende!

Langsam wurde es ja mal Zeit mich lesend wieder anderen Themen zuzuwenden, als denen, die ich in den letzten Wochen und Monaten so auf dem Zettel hatte. Und da traf es sich gut, im Rahmen meiner Amazon- Mitgliedschaft ein Buch kostenfrei vorgeschlagen zu bekommen, dass ich sonst wahrscheinlich nie gelesen hätte:

Die Enthüllung der Welt
Von Stefan Schmortte

„Kannst Du ja mal lesen“ dachte ich, zumal es von der Inhaltsangabe her so schien, als ob dieser Debut-Roman eines mir völlig unbekannten Autors vom Kontext her ganz gut zu einem Genre passen könnte, mit dem ich mich immer mal wieder gerne beschäftige:
Entdeckungen und Erfindungen, die unsere Welt erst zu dem gemacht haben, was sie ist. Wobei es in diesem Buch um die Erforschung des eigentlich unsichtbaren und winzig kleinen gehen sollte, also um die Welt, wie sie nur mit Hilfe von Lupen und Mikroskopen zu sehen ist – allerdings in Form einer Fiktion und nicht orientiert an den realen Erfindern dieser Technik.

(Zum Inhalt verweise ich mal auf den unten angehängten sehr ausführlichen Klappentext),

Tatsächlich spannt die Handlung in diesem Buch aber einen viel weiteren Bogen mit mehreren, parallel laufenden Handlungsträngen, die zusammen beinahe ein Sittenbild der Welt des 17.Jahrhunderts in den gerade erst von der spanischen Herrschaft befreiten Niederlanden ergeben, wie sie sich um die fiktive Hauptperson des Buches herum darstellt.

Allerdings ist der Hauptstrang der Handlung dabei nur ein Teil der Geschichte, die ich durchaus als „grossen“ Roman bezeichnen würde. Denn auch die Nebenstränge sind wichtig, weil sie auch wesentlich zum Verständnis der Geschichte beitragen.

Etwa soweit es die Rolle der Religionen in dieser Zeit betrifft, die untereinander teils spinnefeind sind. Oder die niederländischen Kolonienen in Asien, die wesentlich zum Wohlstand der Niederlande beitragen. Oder die Welt aus Aberglauben, in der die Menschen in diesen Zeiten noch leben…

All das scheint zwar nicht immer wirklich zwingend für den Fortgang der Handlung zu sein, macht aber die Geschichte erst rund , genau wie die grosse und auch tragische Liebe, die Piet van Leuwen erlebt….

Deshalb bin ich auch wirklich froh, den Versuch mit diesem Buch gemacht zu haben, das sich für mich durchaus als eine sehr positive und lesenswerte Entdeckung herausgestellt hat – und Lust auf „Mehr“ machen würde, wenn es den von Schmortte mehr zu lesen gäbe.
Insofern:

-_-_-_-

Der Klappentext der Kindle-Ausgabe:

Piet van Leeuwen ist der scharfsichtigste Mann des 17. Jahrhunderts, aber das Allerwichtigste in seinem Leben übersieht er. Kleinwüchsig zur Welt gekommen und von seiner Mutter verstoßen, ist ihm wie zum Ausgleich eine ganz besondere Gabe in die Wiege gelegt worden. Seine Augen sind ein Wunder. Selbst winzigste Details, für die seine Mitmenschen blind sind, erkennt er mit seinem besonderen Blick. Seine Andersartigkeit macht ihn schon früh zum Außenseiter. Und die Suche nach dem Allerkleinsten wird zu seinem Lebensthema.
Nur mit sehr viel Glück überlebt er seine Kindheit in einem Internat, in dem Gewalt und Missbrauch herrschen. Nach entbehrungsreichen Lehrjahren in Amsterdam eröffnet er in seiner Geburtsstadt Delft ein Tuchhandelsgeschäft. Dort lebt er mit seiner jüdischen Magd Carla unter einem Dach, die er aus einem Hurenhaus freigekauft hat. Keiner in der Stadt ahnt etwas von ihrer geheimen Liebesbeziehung. Und nur die allerwenigsten wissen, was Piet hinten in seiner Werkstatt anstellt, wenn er am Abend seinen Laden schließt.
Als die ersten Gerüchte über seine merkwürdige Apparatur in der Stadt die Runde machen, muss Piet um sein Leben fürchten. In den Kreisen der Wissenschaft erntet er mit seiner unglaublichen Entdeckung bald großen Respekt, aber die Liebe seines Lebens verliert er darüber immer mehr aus dem Blick. Die grausame Wahrheit, die ihm Carla die ganze Zeit über verschweigt, erkennt er erst, als das Unheil seinen Lauf bereits genommen hat. Am Ende sieht er nur einen Ausweg, um sich an der Welt und seinem Schicksal zu rächen.

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Euch allen wünsche ich einen feinen Tag und ein ruhiges und entspanntes Wochenende.
Wir lesen uns :bye:

Euer Wilhelm,

der Euch wie immer , so auch heute wünscht, dass Ihr gesund und behütet bleibt……..


-851-

Die Abenteuer des Röde Orm – Roman

Hallo, Ihr Buchfreunde!

Also damit hätte ich nun überhaupt nicht gerechnet:
Dass es dieses Lieblingbuch meiner Jugendzeit tatsächlich in einer Ebook-Ausgabe gibt:

Die Abenteuer des Röde Orm
Von Frans G. Bengtsson

Seinerzeit wohl aus der Schulbücherei ausgeliehen, habe ich die Geschichte des Orm Tosteson damals förmlich verschlungen, die wirklich alle Zutaten für einen einen guten Historienroman hat:

Eine Geschichte, die mit viel Humor und ohne jegliche moralische Wertung sich an den geographischen und historischen Gegebenheiten ihrer Zeit orientiert, sehr abwechslungsreich ist und von Seereisen, Eroberungen und Begegnungen, von Feindschaften und Freundschaften – aber durchaus auch vom alltäglichen Leben der Wikinger am Beginn der Christianisierung um das Jahr 1000 n.Chr. erzählt.
Dazu ein Protagonist, der auf der einen Seite ein grosser Häuptling und Kämpfer ist, auf der anderen Seite aber auch mit sehr menschlichen Zügen aufwartet und mit gelegentlicher Hypochondrie und Zweifeln auch seine Schwächen offenbart:

Orm Tosteson, als Jugendlicher von einem anderen Wikingerstamm verschleppt und mit auf einen Raubzug an den Küsten Frankreichs und Spanien genommen, wird schnell zum Manschaftsmitglied und sogar zum Häuptling seiner Häscher, muss den Mauren nach einen weiteren Gefangennahme als Rudersklave und später in der Garde des Gross-Vizirs dienen, kann mit reicher Beute entkommen und wird durch ein grosszügiges Geschenk zum Freund und später Schwiegersohn des Dänenkönigs Harald Blauzahn und damit auch zum Feind von Harald Widersachern…
So erzählt es der erste Teil der Geschichte, dem noch drei weitere folgen.

Faszinierend daran ist neben der eigentlichen Handlung auch die besondere Erzählweise und Wortwahl des Autors, die leicht altertümlich und manchmal fast lakonisch wirkend auch mit einer Menge Humor gewürzt ist und niemals versucht, den Leser auf irgendeine Seite zu ziehen:

So stehen etwa der Islam, das Christentum und auch die alten Götter der Nordmänner in der Geschichte immer gleichwertig nebeneinander, ohne dem einen oder anderen den Vorzug zu geben – und es erscheint in der Geschichte ganz normal, das jeder für sich wählen kann, was ihm an besten erscheint.
Genauso normal wie die robuste Umgehensweise der trinkfesten und keinem Streit abgeneigten Wikinger miteinander und mit ihren Feinden, bei der auch schon mal Köpfe rollen können, wenns drauf ankommt, allerdings ohne das dies weiter ausgemalt oder gar zum Hauptthema der Geschichte gemacht wird.
Solche Dinge gehörten halt seinerzeit dazu, um sich in der Welt zu behaupten; und waren Orms eigenen Worten zufolge auch keiner weiteren Rede wert…

So ist denn dieses Buch auch keinesfalls ein sich in Grausamkeiten ergehendes Heldenopus, im Gegenteil:
Die Spannung der Geschichte entsteht weniger durch die aktionreichen Teile als vor allem dadurch, dass sie auch viele ruhige Passagen enthält, in denen man als Leser und Beobachter Orm durch den Lauf seines abwechlungsreichen Lebens begleitet und durch seine Worte und Handlungen viel über ihn selbst und seine Motivation und Entwicklung erfährt:
Weg vom jugendlichen Heisssporn hin zum verantwortungvollen und manchmal auch gefühlsbetonten und von Zweifeln geplagten Führer einen kleinen Gemeinschaft, der als Kind seiner Zeit eben tut, was getan werden muss und dabei auch Gefahren nicht aus dem Weg geht, wenn sie unumgänglich sind.

Wobei auch der Aspekt von „Lebens und Leben lassen“ immer wieder eine Rolle spielt, der sehr deutlich in der Person des älter gewordenen, an Erfahrung reicheren, wenn auch nicht weniger abenteuerlustigen Orm Tosteson in den beiden letzten Teilen der Geschichte angelegt ist, ohne moralisierend in den Vordergrund gerückt zu werden.

So gesehen könnte man das Buch also durchaus auch als „Coming of Age“ – Roman mit historischem Hintergrund lesen, wenn man es denn in diese modernere Schublade einordnen will ;-)

-_-_-_-

Bleibt als Fazit, dass ich dieses Buch – das eigentlich mehr eine grosse und teils kunterbunte Erzählung als ein grosser Roman ist – auch nach den vielen Jahren seit meiner ersten Lektüre mit der gleichen Begeisterung wie damals gelesen habe, wenn auch weniger als Abenteuerroman, sondern diesmal aus der Sicht eines Erwachsenen, der eine Entdeckungsreise zurück in eine lange vergangene Zeit unternimmt.
Und auch dabei hat das Buch nichts von seiner Faszination verloren, sondern sich als eine Lektüre entpuppt, die auch viele Bezüge bis in unsere Zeit hinein enthält, wenn man etwas zwischen den Zeilen liest.
Deshalb:

-_-_-_-

Der Klappentext:

Die Lebensgeschichte des jungen Bauernsohns Röde Orm bietet alles, was einen großen Wikinger-Roman auszeichnet: gefährliche Raubzüge, ferne Länder, zarte Poesie, heftige Familienstreitigkeiten und natürlich schöne Frauen. Spannend und mit viel Humor erzählt Frans G. Bengtsson von seinen trink- und liebesfreudigen Helden, die im Europa des 10. Jahrhunderts auf große Fahrt gehen – die letzte echte Wikinger-Saga.

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Euch allen wünsche ich einen wunderbaren Sonntag und dass ihr auch weiter gesund und behütet bleibt.
Wir lesen uns :bye:

Euer Wilhelm,

der nun mal wieder überlegt, was er als nächstes lesen kann……..


-835-

Eine Frage der Zeit – Roman

Und nochmal Hallo, liebe Lesefreunde!

Mit dieser Buchvorstellung ist mein Bücherstapel dann auch abgearbeitet, von dem ich neulich geschrieben habe. Wird ja auch langsam mal Zeit, damit auch wieder andere Themen in den Vordergrund rücken können B-)

Wobei ich lesend-technisch allerdings immer noch im Thema bleibe, das meine Leseinhalte in den letzten Wochen bestimmt hat. Wir sind also mit diesem Buch immer noch am Wasser und sogar in Afrika und damit im Kontext der beiden zuletzt vorgestellten Bücher, in denen es ursprünglich um die „African Queen“ und im weiteren um die Ereignisse am Tanganjikasee in den Jahren 1914/1915 ging und um ein Schiff, das dabei eine Rolle gespielt hat: die Goetzen (heute „Liemba“), die aus über Land transportierten Einzelteilen erst dort zusammen gebaut wurde. Diesmal allerdings beleuchtet aus der deutschen Perspektive, während die beiden vorher gelesenen Bücher meiner kleinen Lesetrilogie ja aus englischer Sicht geschrieben waren:

Eine Frage der Zeit
von Alex Capus

Was natürlich bedingt, dass auch die Protagonisten der Geschichte ( und insbesondere der englische Commander Spicer-Simson) in diesem Buch wieder eine Rolle spielen, obschon es tatsächlich mehr Roman als Tatsachenbericht (wie das Buch von Giles Foden ) ist.

Denn Alex Capus nimmt sich für seinen Roman nicht nur die Freiheit, die historischen Ereignisse etwas zurecht zu biegen, sondern auch ihren Protagonisten ein „Eigenleben“ zu geben. Insbesondere den drei deutschen Schiffbauern , die mit dem „Bausatz“ der Goetzen zusammen von Papenburg nach Afrika reisen mussten, um sie dort zu montieren. Wobei es allerdings im Verlauf der Geschichte immer weniger um deren Arbeit und exotische Erlebnisse geht als um deren sich wandelnde Einstellung zu diesem Job, als während ihres Aufenthaltes in Afrika plötzlich der Krieg ausbricht:

Anfangs voller Abenteuerlust und Stolz auf Ihre so besondere Aufgabe (und die damit verbundene fürstliche Entlohnung) müssen die drei sich nämlich entscheiden, wie sie dazu stehen, dass aus dem ursprünglich als Postdampfer und Handelsfahrzeug geplanten Schiff nun ein Kriegsschiff werden und sie gegen ihren Willen zum Dienst darauf gepresst werden sollen:
Was einer der drei mit stoischer Ruhe über sich ergehen lässt, führt bei den beiden anderen zur Opposition, teils durch offenen Protest gegen die Willkür des Kommandanten, teils aber auch durch bewusstes Verschleppen ihrer Arbeiten und Sabotage (mit Hilfe eingeborener Freunde durch das Verschwindenlassen wichtiger Bauteile)- und damit auch zur Eskalation im Verhalten des Kommandanten, der mit allen Mitteln versucht, die Fertigstellung der „Goetzen“ zu erzwingen und dabei auch vor psychischem Druck den Arbeitern gegenüber und physischer Gewalt gegen die eingeborenen Helfern der Saboteure nicht zurückschreckt….

Letztendlich nutzt das aber alles nichts.
Zwar wird die „Goetzen“ doch irgendwann noch fertig, kommt aber nicht mehr zum Einsatz, weil der Kommandant nach dem Verlust seiner beiden anderen Schiffe (durch Angriffe von Spicer-Simsons Truppe) sie für zu wertvoll hält, um ihren Verlust auch noch zu riskieren und sie pradoxerweise schlussendlich lieber selbst versenkt, als sie in die Hände der Engländer fallen zu lassen.

Und damit komme ich zu dem, was mir an Capus‘ Buch wirklich gut gefallen hat:

Obwohl er sich im weitesten Sinne doch an den historischen Tatsachen der Ereignisse von 1914/1915 orientiert, ergeben seine kleinen „Anpassungen“ der Geschichte und die frei gestalteten (und teilweise etwas überzeichneten) Protagonisten in Person der drei Schiffbauer doch ein ganz anders Bild als das, was man anderswo über diese Ereignisse liest:

Denn gerade bei diesen drei Männern spürt man nichts vom Hurra-Patriotismus, der oft mit dem Beginn des ersten Weltkrieges in Verbindung gebracht wird, sondern erlebt an ihrem Beispiel auch die Zweifel, die dabei in vielen Menschen mitgeschwungen haben werden. Wobei natürlich auch ihre eigenen Wünsche und Ziele eine grosse Rolle spielen (nach einem bessern Leben durch das verdiente Geld, nach exotischen Abenteuern in fernen Ländern, nach Anerkennung und Beförderung für gute Arbeit usw. ), aber auch friedenspolitische Prinzipien der Gewerkschaft, der einer von Ihnen angehört – und auch die Tatsache, dass keiner der drei sich zum Helden geboren fühlt oder gar freudig in den Krieg ziehen möchte. Denn im Grunde ist die weltpolitische Lage den drei Arbeitern völlig egal und spielt auf einer ganz anderen Ebene.
Um so spannender ist deshalb, wie sie darauf reagieren:
Einer durch Anpassung, einer durch offenes Widersetzen und einer durch heimliches Handeln im Untergrund, initiiert jeweils vor allem durch ihre eigene Einstellung.
Was wieder einmal die Frage in mir aufwirft, wie ich mich an deren Stelle verhalten hätte?

Insoweit also halte ich Capus‘ Buch für wirklich lesenswert, zumal die Verankerung der Handlung in den Ereignissen am Tanganjika-See der Geschichte nochmal eine ganz besondere Note verleiht, weil keiner der Protagonisten der Situation entkommen kann.
Das mir auch Capus‘ lockerer Schreibstil wirklich gut gefällt mit seiner gelegentlichen Situationskomik und seiner flüssigen Lesbarkeit ist in diesem Zusammenhang nur noch das Sahnehäubchen obenauf und könnte zum Anlass werden, weitere Bücher des Autors zu lesen
Deshalb ohne Wenn und Aber:

-_-_-_-

Der Klappentext:

Eine unglaubliche, doch wahre Geschichte: 1913 beauftragt Kaiser Wilhelm II. drei norddeutsche Werftarbeiter, ein Dampfschiff in seine Einzelteile zu zerlegen und am Tanganikasee südlich des Kilimandscharo wieder zusammenzusetzen. Der Monarch will damit seine imperialen Ansprüche unterstreichen. Zur gleichen Zeit beauftragt Churchill den exzentrischen, aber liebenswerten Oberstleutnant Spicer Simson, zwei Kanonenboote über Land durch halb Afrika an den Tanganikasee zu schleppen. Als der Erste Weltkrieg ausbricht, liegen sich Deutsche und Briten an seinen Ufern gegenüber. Keiner will, aber jeder muss Krieg führen. Alle sind sie Gefangene der Zeit und jeder hat seine eigene Art, damit fertig zu werden.

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Habt alle einen feinen Sonntag und bleibt gesund und behütet!
Wir lesen uns :bye:

Euer Wilhelm,

der hoch und heilig verspricht, Euch in den nächsten Tagen nicht mit weiteren Buchvorstellungen zu quälen….


-829-

Die wahre Geschichte der African Queen – Tatsachenroman

Guten Morgen, Ihr Leseratten!

Wenn ich schon im Thema bin, dann kann ich ja auch gleich weitermachen und da anknüpfen, wo ich mit der Vorstellung des Romanes African Queen aufgehört habe.
Denn dafür gibt es wohl tatsächlich auch eine historische Vorlage in den Jahren 1914/1915, als die deutschen Kolonial-Truppen unter dem General Lettow-Vorbeck grosse Teile Zentralafrikas beherrschten und auf den grossen Seen im inneren des Kontinentes mit mühselig über Land transportierten Schiffen die militärische Vorherrschaft gewinnen wollten.
Wie etwa mit der bis heute (unter dem Namen Liemba) auf dem Tanganjika-See verkehrenden „Goetzen“, die auf der Meyer-Werft in Papenburg so konstruiert wurde, dass sie aus vielen tausend über Land transportierten Einzelteilen erst vor Ort zusammengebaut werden konnte und damit wohl als Vorbild für das grosse Kanonenboot gedient haben dürfte, auf das Charlie und Rosie aus dem Roman es abgesehen haben.

Allerdings sind diese beiden Figuren und die übrige Handlung des Romanes ansonsten wohl reine Fiktion, obschon es von seiten der Engländer aus tatsächlich Bestrebungen gab, die Goetzen und noch zwei andere deutsche Boote auf dem See zu versenken – mit zwei stark bewaffneten Motorbooten, die eigens aus England zu diesem Zweck herbei geschafft wurden. Und genau davon erzählt dieses Buch:

Die wahre Geschichte der African Queen
von Giles Foden

Wobei – soviel vorweg – der Titel des Buches und auch der Klappentext weit am eigentlichen Thema vorbei führen, denn ausser dem oben beschriebenen Zusammenhang hat die Handlung dieses Buches (bis auf zwei „angeklatschte“ und eigentlich auch überflüssige Kapitel am Ende) mit dem Inhalt des Romans und des Filmes keinerlei Verbindungen. Genausowenig übrigens wie der Titel der englischen Originalausgabe, der ohne das Zugpferd des grossen Namens aus dem Film auskommen muss:

Mimi and Toutou Go Forth: The Bizarre Battle for Lake Tanganyika

Will sagen, da stand wohl beim Titel der deutschen Übersetzung auch ein Marketinggedanke im Vordergrund (und ich gebe zu, ohne diesen Etikettenschwindel hätte ich mir dieses Buch wohl auch kaum besorgt).

Unabhängig davon ist die Geschichte aber auch nicht unspannend, die darin erzählt wird:
Von einem etwas durchgeknallten und grossmäuligen, ansonsten aber eher glücklosen englischen Offizier namens Geoffrey Basil Spicer-Simson, der unerwartet den Auftrag erhält, mit einer bunt zusammengewürfelten Truppe von 28 Männern und enormem materiellen Aufwand zwei hölzerne Motorboote (die „Mimi“ und die „Toutou“) von London aus über Kapstadt bis zum Tanganjikasee zu transportieren, um dort die Vorherrschaft der deutschen Schiffe zu brechen.

Was natürlich nicht ohne Pannen und Spicer-Simsons skurriler Persönlichkeit geschuldete weitere Wirrnisse abgeht, die durchaus auch einigen Unterhaltungswert haben, ohne dabei ins klamaukhafte abzugleiten. Positiv daran auch, dass offenbar der Weg das Ziel dieses fast nach Art eines Road-Movies geschriebenen Buches ist und die kriegerischen Handlungen am See eher nur ganz zum Schluss und am Rande thematisiert werden.
Auch das übrigens ein Punkt, in dem der Klappentext des Fischer-Verlages masslos übertreibt weil er den Krieg so in den Vordergrund stellt, obwohl er eigentlich nur den groben Hintergrund für die Handlung des Buches bietet und ansonsten kaum Relevanz für den Inhalt hat.
Was zusammen mit dem völlig überzogenen Titel auch der Grund für meinen Punktabzug ist, obwohl ich das Buch ansonsten für durchaus lesenswert halte:

Allerdings sollte man an dieses Buch auch nicht mit überzogenen Erwartungen herangehen, denn im Kern ist es eben auch nicht mehr als eine kleine, teils absurde und bizarre Geschichte mit realem Hintergrund vor einer Kulisse der grossen Weltpolitik, wie sie aus heutiger Sicht kaum noch nachzuvollziehen ist – konzentriert auf die Person des glücklosen Commanders Spicer-Simson, dem wider Erwarten einmal in seinem Leben „etwas Grosses“ gelingt.

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Der Klappentext der deutschen Taschenbuchausgabe:

Von der Absurdität des Krieges und von den erstaunlichen Kapriolen der Kolonialmächte handelt das erste Sachbuch des Autors Giles Foden. Es liest sich wie ein Roman, ist aber die wahre Geschichte vom bizarren Kampf der Engländer mit den Deutschen um den Tanganjikasee im Jahr 1915, die wahre Geschichte der“African Queen“.
Mit zwei Motorbooten und einer bunt zusammengewürfelten Truppe von achtundzwanzig Männern begibt sich der exzentrische Commander Spicer-Simson im Auftrag der britischen Royal Navy nach Afrika, um die Deutschen vom Tanganjikasee zu vertreiben. Es wird eine mühselige Reise und ein schier hoffnungsloses Unterfangen, aber trotz aller Widrigkeiten geben die Engländer nicht so leicht auf.

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Bleibt noch anzumerken, dass es von diesem Buch keine E-Book-Ausgabe gibt
und es deshalb das erste Buch war, dass ich seit langem mal wieder auf Papier gelesen habe


Euch allen einen feinen Samstag – und bleibt gesund und behütet!
Wir lesen uns :bye:

Euer Wilhelm,

der immer noch „im Thema“ ist und gerade ein Buch von Alex Capus vor der Nase hat, das sich auch mit dieser Materie beschäftigt


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African Queen – Roman

Moin, Ihr Freunde gepflegter Literatur!

Ich glaube, über meine heutige Buchvorstellung muss ich nicht viele Worte verlieren, weil vermutlich jeder von Euch die Verfilmung mit Humphrey Bogart und Katharine Hepburn schon irgendwann in seinem Leben gesehen habe dürfte:

African Queen
von C.S. Forester

Und tatsächlich war es auch dieser Film (der letztens mal wieder irgendwo im Spätprogramm lief), der mich animiert hat, das Buch auch mal wieder zu lesen. Beide – Film und Buch – sind von der Handlung her weitgehend deckungsgleich und unterscheiden sich lediglich zum Ende der Geschichte hin:

Kurz nach dem Beginn des ersten Weltkrieges, irgendwo in Afrika bilden der etwas schlunzige Schiffer Charlie Allnut und die alternde Missionarsschwester Rosie Sayer eine Notgemeinschaft, nachdem die Missionsstation von deutschen Truppen überfallen und Rosie’s Bruder dabei getötet wurde.
Beide flüchten auf Charlie’s altem Dampfboot namens“African Queen“ zunächst mal auf den Fluss, ohne ein festes Ziel zu haben, bis Rosie auf den Gedanken kommt, aus Rache für den Tod des Bruders ein deutsches Kanonenboot zerstören zu wollen, das weiter flussab einen der grossen innerafrikanischen Seen beherrscht.
Kein einfaches Unterfangen, denn auf dem Weg dahin gilt es heftige Stromschnelle zu überwinden und sich durch Mangroven- und Schilffdickichte zu schlagen, weshalb sich Charlie zunächst weigert, aber sich nach sanftem Druck durch Rosie doch breitschlagen lässt, nachdem er keine Alternative dazu sieht und seine Gegenargumente bei Rosie auf taube Ohren stossen.
Also kommt was kommen muss:
Die beiden machen sich auf den Weg, wachsen dabei zu einem guten Team zusammen, das alle Hindernisse überwindet – und werden sogar zum Liebespaar, wenn sie auch ihr Ziel erst mal nicht erreichen. Denn ihr Boot sinkt kurz vor dem Ziel auf dem grossen See in Sichtweite des deutschen Kanonenbootes im Sturm.
Dennoch gibts ein Happy End – im Film eher süsslich, im Buch etwas schroffer , aber in beiden Fällen so, dass auch das Kanonenboot am Ende sinkt, nachdem es zufällig doch noch auf das Wrack des alten Dampfbootes aufläuft, während Rosie und Charlie glücklich in den Hafen der Ehe einlaufen…..

Tja……

Eigentlich ist das ja eine eher platte Geschichte, bei der am Anfang (sowohl im Buch als auch im Film) der Ausgang schon absehbar ist. Aber dennoch habe ich mich bei der Lektüre und auch beim gucken des Filmes gut amüsiert, sind doch beide auf ihre Art auch Zeitdokumente mit eher zurückhaltenden Bildersprache auch in Action-reichen Szenen und ihren schamhaften und absolut jugendfreien Umschreibungen in Bezug auf die junge Liebe von Charlie und Rosie. Heutzutage würde man damit wohl niemanden mehr hinter dem sprichwörtlichen Ofen hervor locken können…

Anderseits macht aber genau das für mich auch den Charme der Geschichte aus (die, wie ich beim Nachlesen herausgefunden habe, sogar einen teilweise realen Hintergrund hat – aber dazu mehr in meiner nächsten Buchbesprechung).
Und deshalb gibts von mir für das Buch auch die volle Punktzahl, alleine des nostalgische anmutenden Unterhaltungswertes wegen, den es aussstrahlt:

-_-_-_-

Der Klappentext der Kindle-Ausgabe:

Als der Erste Weltkrieg auch in den Dschungel Afrikas vordringt, finden sich Charlie Allnut, ein Mechaniker aus Londons Unterschicht mit zweifelhaftem Ruf, und Rose Sayer, die gestrenge, unverheiratete Missionarin, in einer unverhofften Schicksalsgemeinschaft wieder. Sie sind einander zutiefst fremd, und doch bleibt ihnen nichts anderes übrig, als mit dem maroden Dampfboot African Queen den Fluchtweg den gefährlichen Ulanga-Fluss hinunter anzutreten, wobei ihnen neben Malaria, Gewehrschüssen und Stromschnellen auch allerlei gegenseitige Spannungen zu schaffen machen. Und doch entwickelt Rose eine überraschende Zuneigung zu ihrem lästigen Weggefährten …

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Und nochmal:
Habt alle ein feines Wochenende und bleibt gesund und behütet!
Wir lesen uns :bye:

Euer Wilhelm,

der noch mehr in der Richtung auf der Pfanne hat….


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Das Floss der Medusa – Roman

Hallo, Ihr Bücherfreunde!

Auch, wenn ich zwischen Weihnachten und Silvester nicht gebloggt habe, habe ich natürlich fleissig weiter gelesen – so dass sich inzwischen ein ganzer Stapel Bücher angesammelt hat, die ich Euch gerne noch vorstellen möchte.
Will sagen, dass es in den nächsten Tagen relativ dicht getaktet noch einige Buchvorstellungen hier geben wird – wobei ich erst mal noch im Weitesten im Thema bleibe, mit dem ich mich zuletzt schon beschäftigt habe: Maritime Historie, nun aber nicht mehr in den Eisigen Zonen unseres Planeten, sondern in den sonnigen und heissen Zonen am Aquator.

Und dafür fand ich dieses Buch ganz passend dessen Handlung in Romanform über ein Schiffsunglück berichtet, das sich tatsächlich am Beginn des 19. Jahrhunderts ereignet hat:

Das Floss der Medusa
von Franzobel

Wobei die eigentliche Geschichte schnell erzählt ist:
Ein Schiff mit mangelhafter Sicherheitsausrüstung und einer unfähigen Führung läuft vor der afrikanischen Küste auf Grund und muss evakuiert werden. Allerdings reichen weder Rettungsboote noch Proviant, so dass insbesondere die einfachen Matrosen und Soldaten gezwungen sind, sich bis zu den Knien im Wasser stehen und dicht gerdrängt auf ein notdürftig zusammengezimmertes Floss zu retten, während die besser gestellten Offiziere und Passagiere noch recht komfortabel in den Booten Platz finden.
Allerdings geht der ursprüngliche Plan nicht auf, das überladene Floss ins Schlepp der Boote zu nehmen und an die Küste zu bringen und so werden schlussendlich die Leinen gekappt, so dass die 150 Menschen darauf sich irgendwann selbst überlassen bleiben. Was nach wenigen Tagen zu gnadenlosen Kämpfen der Zurückgelassenen um Wasser und Bewegungsfreiheit führt – und irgendwann auch zu Kannibalismus, nachdem es die ersten Toten gegeben hat.

Kein appetitliches Thema, aber dennoch ist das Buch sehr lesenswert, weil es dem Autor gelingt, der Geschichte bei aller Drastik der Handlung und viel Kritik am gesellschaftlichen System dieser Zeit durch seine wenigstens zum Teil sehr emphatische Sicht auf die handelnden Personen auch immer wieder sehr menschliche Züge zu geben – die mich beim Lesen wiederholt zu der zu der Frage führten, wie ich selbst mich wohl in ähnlicher Situation verhalten hätte.
Dennoch ist es natürlich harter Tobak, der einem da serviert wird und sicher nichts für zart besaitete Leser

Trotzdem, ganz subjektiv betrachtet:

-_-_-_-

Der Klappentext:

18. Juli 1816: Vor der Westküste von Afrika entdeckt der Kapitän der Argus ein etwa zwanzig Meter langes Floß. Was er darauf sieht, lässt ihm das Blut in den Adern gefrieren: hohle Augen, ausgedörrte Lippen, Haare, starr vor Salz, verbrannte Haut voller Wunden und Blasen … Die ausgemergelten, nackten Gestalten sind die letzten 15 von ursprünglich 147 Menschen, die nach dem Untergang der Fregatte Medusa zwei Wochen auf offener See überlebt haben. Da es in den Rettungsbooten zu wenige Plätze gab, wurden sie einfach ausgesetzt.
Diese historisch belegte Geschichte bildet die Folie für Franzobels epochalen Roman, der in den Kern des Menschlichen zielt. Wie hoch ist der Preis des Überlebens?

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Habt alle noch einen angenehmen Nachmittag und bleibt gesund und behütet!
Wir lesen uns :bye:

Euer Wilhelm,

der inzwischen schon drei Bücher „weiter“ ist …….


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